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pulsrüherTageblait Dienstag, 2. April 1»2» Beilage W Nr. 7« ß 81^Jahrgang Aach dem Fest. „Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von zuten Tagen." — Wieder einmal kommt uns dieses Sprich wort ganz eindeutig zum Bewußtsein, wenn wir blitzartig )ie Osterfeiertage an unseren Augen noch einmal vorüber- liehen lassen. Bor allen Dingen ist es unser Magen, das im meisten Leid und Freud' tragende Organ unseres Körpers, »er uns rebellisch an die Strapazen erinnert, die wir ihm ugemutet haben. Er ist immer noch mißgrimmig über die »ielen süßen Eier, die wir in ihn hineingewürgt haben, zu- nal wir ihm obendrein als Krönung dieser Speisenkette auch aoch eine Portion Schlagsahne, die für eine ganze Kom- sagnie Soldaten ausgereicht hätte, zugedacht haben. Und »er saftige Lämmchenbvaten, der Rosinenkuchen, die Marzipan eier, an die denkt ihr nicht mehr, räsoniert der Magen weiter, und bleibt verstimmt. Aber rachsüchtig, wie er nun in mal ist, dreht er seine Wände so lange, bis unser Kopf mit einem einzigen Brummen erfüllt ist und unser Gehirn nach Salzgurken und Heringen schreit. Strafe muß sein Mr all das Schöne, das uns die Feiertage gebracht haben. Am schönsten war die Vorfreude, waren die kleinen Vorbereitungen zu dem Fest. Mit welchem Eifer stürzten sich die Hausfrauen und -töchter in der Küche auf den Kuchenteig, formten und kneteten ihn zu den leckersten Gebilden, während der Herr des Hauses, mit dem Spaten bewaffnet, aus der Pfeife blaue Wölkchen dampfend, die winterliche Erde der Märzsonne zukehrte. Ueberall Vor freude: bei den einen hatten sich liebe Verwandte angesagt, die anderen machten eine Tour in die Berge. Dann kam »er Ostermorgen mit Glockengeläute und verstohlenem Sonnenblinkern. Die große Eiersuche der Kinder begann. Wo es das Wetter erlaubte, tummelten sich die Kleinen in den Gärten, suchten zwischen dem Gestrüpp und den Boden mulden die farbigen Eier oder kehrten in den Stuben das Unterste zu oberst, wenn es galt, einen Schokoladehasen hinter der Kommode hervorzuziehen. Jeder war glücklich an diesen Tagen. Die Kinder strahlten über die Gebelaune des Hasen, die Hausfrau freute sich an den wohlgelungenen Produkten ihrer Koch- und Backkuust, während der Haus herr, in Spiegelnähe gehend, immer wieder von Zeit zu Zeit seinen neuen Anzug kritisch musterte, im übrigen aber eitunglesend die verschiedenen Aprilscherze über sich er gehen ließ. Lachend stellte er fest, daß ein April-Professor auf chemischem Wege Hühnereier in Kinderkopfgröße her- gestellt hatte oder ein Gesangverein vom Mars auf der Erde eingetroffen war. Mit guter Lektüre, Wanderungen, Besuchen vergingen die Tage im Fluge. Je nach Veranlagung wählte der ünzelne seine Lieblingsbeschäftigung, denn an diesen Tagen stand kein Bürozwang, keine Feldarbeit oder Fabrik- beschüftigung hinter ihm. Ostern ist nun einmal das Fest der Freude, der Ausspannung und Erholung. Vorbei ist der Winter, auch wenn er noch die letzten krampfhaften Ber- suche macht, sich zu behaupten. Wenn auch noch an den Ufern der Kanäle das Eis hängt oder der Schnee in den Mulden liegt, so treiben doch überall die Knospen an den Gesträuchern. Nichts kann den Frühling mehr aufhalten. Das Osterfest war seine Ouvertüre: mit seinen Freuden und seiner obligatorischen — Magenverstimmung. — — Or.?. Oeutschnattonaler Wahlaufruf. Die Deutschnationale Volkspartei Ostsachsens er läßt zu den bevorstehenden Wahlen einen Wahlaufruf in dem es u. a. heißt: „Deutschland befindet sich in einer ernsten Krise des Staates, der Wirtschaft und der Kultur. Gegenüber diesem Niedergang ist eine große nationale Front in der Bildung begriffen. Zu ihr gehören die Deutschnationale Volks partei unter Führung von Dr. H u g e n b e r g, die Neichs- baucrnfront unter Führung vonSchiele, die vaterländi schen Verbände, in vorderster Linie der Stahlhelm. Die Landtagswahlen sind ein wichtiger Abschnitt im Kampfe dieser Front um den Staat. Wir wissen, daß Splitterparteien nichts erreichen können. Sie hindern ge schlossenes Vorgehen und nehmen deshalb am Kampf um die großen Fragen nicht teil, sie können aus gleichem Grunde nicht einmal Sondervorteile für die von ihnen vertretenen Gruppen ereichen. Die Deutschnationale Volkspartei hat durch ihre Taten bewiesen, daß sie den Kampf um den nationalen Staat ausgenommen hat. Es ist falsch, um vergangener Dinge willen beiseite zu stehen. Es handelt sich nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft. Mitzukämpfen ist Pflicht jedes einzelnen, der nicht feig am Staate verzweifelt. Wählt am 12. Mai deutschnational! * Die Deutsche Volkspartei zu den Landtagswahlen. Wie man erfährt, besteht bei der Volkspartei die ernste Absicht, in dem bevorstehenden Wahlkampf alle kleinlichen trennenden Punkte zurückzustellen und dafür einzutreten, daß die für alle bürgerlichen Parteien maßgebenden staats bürgerlichen Gesichtspunkte in den Vordergrund zu treten haben, so daß eine gewisse Zusammenarbeit der bürger lichen Parteien gewährleistet ist. Die Deutsche Volkspartei wird in allen drei sächsischen Wahlkreisen am 7. April Vertretertagungen abhalten, um zu der durch das Urteil des Staatsgerichtshofes ge schaffenen Lage Stellung zu nehmen. Gleichzeitig werden die Kandidatenvorschläge besprochen. Wie erinnerlich, sind zurzeit die sächsischen Wahlkreisorganisationen zu einer ständigen Arbeitsgemeinschaft zusammengetreten, die u. a. die Aufgabe haben, für die Landtagswahlen die Vor schlagslisten aufzustellen. Cif Prozesse des Kreises Liebenwerda. Nachdem alle gegen den Kreis Liebenwerda geführten Prozesse erledigt sind, teilte am Mittwoch der Landrat dem zur Haushaltsplanberatung zusammengetretencn Kreistage mit, daß die Gesamtbelastung des Kreises Liebcnwerda durch die bekannten Geschäfte des ehe maligen Landrats Vogl und seines Sparkassendirektors Mcrris einschließlich der Verzinsung und Tilgung, die auf zehn Jahre verteilt ist, rund 1 552 VOO Mark beträgt. Richt eingerechnet sind dabei die dem Kreise durch die An beraumung von Gerichtsterminen zu Verhandlungen usw. entstandenen Kosten sowie die unendliche Arbeit und Mühe, die geleistet worden sind, um eine günstige Ab wicklung der gegen den Kreis angestrengten elf Prozesse herbeizuführen. Der Kreistag billigte die Beilegung sämtlicher Prozesse und sprach dem Landrat einmütig (mit Ausnahme der Kommunisten) seinen Dank für die ge leistete Arbeit aus. 70 ZahreJittau-Aeichenberger Bahn. Die ursprünglich vom Sächsischen Staat gebaute Wichtige Eisenbahnlinie von Zittau i. Sa. nach Reichen- liüwQrü^insnuTQsr^insnststiASN Lis ^ctoek im Qsröinsnksus Wunösriiok, ttsuptmsrstt berg i. B. wurde vor 70 Jahren als „Zittau- Nerchenberger Eisenbahn" am 2. April 1859 eröffnet. Ihre Länge beträgt in Sachsen 4,97 Kilometer, in Böhmen 26,61 Kilometer. Man baute die genannte von 1857—1859 zur Verbindung des schon damals sich schnell erweiternden Reichenberger Fabrikgebietes mit Sachsen. Ihr Erbauer war der Sächsische Staat, der die Eisenbahn jedoch nicht für eigene Rechnung, sondern auf Kosten der 1857 gebildeten „Zittau-Reichenberger Eisen bahn-Aktiengesellschaft" erbaut Hai. Den Betrieb dieser Bahn übernahm dann gleichfalls Sachsen, da die Aktien gesellschaft nicht mehr die genügenden Mittel für dessen Fortführung aufbringen konnte, zumal auch solche für den erforderlichen Umbau des damaligen alten Reichen berger Bahnhofs fehlten. Da die Aktiengesellschaft dessen Kostenanteile zu übernehmen nicht in der Lage war, so wurde schließlich der Sächsische Staat voller Betriebs unternehmer der dann später an Österreich abgetretenen Eisenbahnlinie. Die wirtschaftliche Lage des Handwerks im März. Leichte Belebung des Geschäfts. Die Geschäftslage des Handwerks im Monat März hat zegenüber dem Tiefstand der vorangegangenen Monate eine eichte Belebung erfahren, wobei jedoch die Zunahme der Auftragseingänge in den einzelnen Hanüwerkszweigen sehr verschieden blieb. Durch das Nachlassen des Frostes lud die zunehmende warme Witterung war die Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Bautätigkeit ge- ,eben. Allerdings hielt sich ihr Umfang noch in bescheidenen Srenzen. Das Bestreben weiter Kreide des Handwerks, nach »er langen Winterstille unter allen Umständen wieder Arbeit M bekommen, wirkte sich naturgemäß auf die Preisgestaltung m Handwerk in sehr bedrohlicher Weise aus, da die Ver- nenstspanne dadurch z. T. eine beträchtliche Einengung er- uhr. Auch das Borgunwesen Mit infolge der unzureichenden kinkommensverhältnisse der Kundschaft zugcnommen. Die rnverändert hohen Zinssätze sowie die häufig geforderten Sicherheiten setzten nach wie vor einer Darlchnsaufnahme »es Handwerks größte Schwierigkeiten entgegen. Zur Einreise ins besetzte Gebiet nur Personalausweis nötig. Zu Beginn der Reisezeit sei darauf hingewiescn, daß der Reiseverkehr in das besetzte Gebiet und der Aufenthalt dortselbst keinerlei Behinderung durch die Besatzung erfahrt. Erforderlich ist lediglich für Personen über 16 Jahre ein von der zuständigen deutschen Behörde ausgestellter P e r - sonal ausweis mit Lichtbild. Hierzu kann der übliche deutsche Reisepaß benutzt werden. Es genügt jedoch ein besonderer, vereinfachter Ausweis mit Lichtbild, der von der jeweils zuständigen deutschen Behörde für den Verkehr mit dem besetzten Gebiet kostenlos ausgestellt wird. Für geschlossene Personengruppcu (Gesellschaften, Vereine usw.) begnüat sich die Interalliierte Rheinlandkommission auf An trag an Stelle der Einzclausweise mit Lichtbild in der Regel mit einem Sammelausweis, den der Führer der Gruppe bei sich zu tragen hat, während der einzelne Teilnehmer nur eine von dem Veranstalter unterschriebene und gestempelte Bescheinigung zu besitzen braucht, aus der seine Teilnehmer eigenschaft hervorgeht; die Anträge müssen an den Reichs kommissar für die besetzten.rheinischen Gebiete in Koblenz gerichtet werden und sollen Angaben über den Veranstalter^ Zahl der Teilnehmer, Zweck, Ziel und Zeitdauer der Reise enthalten. Rationalisierung des Kongreßwesens. Zu den Er scheinungen der Nachkriegszeit gehört auch die Häufung vo» Koman von ?ritr Tornexz Lopxrlxdt dx Ukutto koucktvsozer, NsUe 143 „Und jetzt?" rief die jüngere der der kaukasischen Rasse angehenden Damen. „Der Diener sollen bringen anderen Kleid!" Sie sprang nochmals in das Becken, ging auf einen wasserspeienden Fisch zu, der im Arm eines Tritonen zappelte, und lenkte den Strahl durch die vorgehaltene Hand derart ab, daß er die ganze Terrasse mit einem kühlen Sprühregen überschüttete. Die Damen kreischten auf. Parker nahm der Zofe das gebrachte Kleid und ein Frottiertuch ab, und trug es hinunter. Er hielt das Bade tuch ausgebreitet in die Höhe, um abfällige Blicke vom Schloß her abzuhalten; die Negerin streifte das nasse Kleid von ihren Gliedern, und hüllte sich in das Tuch. Dann warf sie das Tuch ungeniert ab, und schlüpfte in die neue Hülle. „Raffiniert, was?" raunte Elinor Violet zu. Albert war unabsichtlich zum Zeugen dieser extravagan ten Szene geworden. Daß die Negerin Parkers Geliebte war, stand ja längst außer allem Zweifel. Vergebens fragte er sich aber, welche Stellung die beiden anderen, sich sehr familiür-gebenden Geschöpfe in diesem Hause einnehmen mochten. „Kommst du mit zum Teich. Frank? Wir wollen die schwane futtern", sagte Violet. „Tut mir leid. Mutz wieder arbeiten." „Ach geh'! Die ekelhaften Chinesen können doch warten!" „Japaner, nicht Chinesen!" „Mir gleich! Sie werden es nicht so eilig haben." „Hilft nichts. Ich habe heute noch mächtig zu tun, wenn ich bis zum Diner fertig sein will. Kommen die Russen heute?" „Freilich! Wir freuen uns schon darauf." „Also... Auf Wiedersehen!" Albert war aufgesprungen, um Parker folgen zu können. Die Diener erschienen, um abzuräumen. Die Tür blieb offen. Es gelang Albert ohne Schwierigkeit, in den Speisesaal zu kommen, der sich an die Terrasse anschloß. Es war gut, daß dicke Teppiche die Schritte dämpften. Denn Albert Mußte einmal rasch beiseite springen, als ihm einer der Diener entgegenkam. Der trug das Teeservice. Es war zu spät. Das Tablett stieß an Alberts Ellen bogen. Da lag das Ganze auf dem Boden. In tausend Scherben. Der Diener fluchte und biß sich aus die Lippen. Dann gab er sich selbst eine Ohrfeige, daß es klatschte Der andere Diener kam hereingestürzt. „Schnell alles aufputzen! Morgen nehmen wir das andere Service. Kein Mensch merkt was davon", tröstete er seinen Kollegen. Der schien nicht solange in den Diensten des Hauses Parker zu stehen, und machte pessimistische Einwendungen. „Ach was! Glaubst du, die Herrschaften haDen dieses Service jemals so genau betrachtet? Wir haben doch genug anderes Porzellan! Meißner, Alt-Wiener, chinesi sches. Wir wechseln einfach ab. Mach' dir keine Sorgen!" „Aber es muß doch sehr wertvoll gewesen sein." „Laß dich nicht auslachen! Was heißt wertvoll bei Herrn Parker? Für den gibt's überhaupt nichts Wert volles aus der Well. Wett er eben alles haben kann. Ich sage dir: das ist gar nicht das Richtige. Was soll ihn noch reizen, was soll ihn freuen? Wir sind arme Teufel und haben unsere Wünsche ... Aber er? Er kann sich ja Mes kaufen? Schlösser, Pferde ... Alles!" „Pst! Sprich doch nicht so laut! Du bist ja wahn sinnig!" „Ach was. Der gnädige Herr ist längst in seinem Arbeitszimmer. Und die Damen sind draußen. Wer sollte uns hören? Aber wahr ist es. Stell' dir das einmal vor! Und schau' ihn an! Wozu plagt er sich fortwährend? Wo zu ärgert er sich mit dem ausländischen Gesindel herum? Er hätt' es doch nicht nötig. Was will er denn noch ge winnen oder erreichen? Er weiß ja gar nicht mehr, was er besitzt. Sollte lieber für seine Gesundheit etwas tun. Einmal tüchtig ausspannen. Ans Meer gehen. Aber da langweilt er sich jedenfalls zu Tode. Manchmal tut er mir direkt leid. Ja, ja, du kannst mir's glauben. Er hat be stimmt schon einen Ueberdruß an allem! Und da hetzt er sich selbst in seine Sorgen und Plagen, bloß, um nicht aus Langweile und Ekel zugrunde zu gehen!" „Ich hab' ihn noch nicht so genau beobachten können. Spricht er denn jemals über das, was er fühlt?" „Ausgeschlossen! Nie! Der Mann spricht überhaupt nicht. Der ist uns allen ein Buch mit sieben Siegeln. Das einzige, was wir wissen, ist, daß er wie von Dämonen ver folgt wird. Eine ewige Unrast! Ein ewiges Hin-und-her- jagen. Bald im Auto, bald im Flugzeug. Ganze Nächte hindurch. Er muß sich ja zugrunde richten. Das halten die Nerven auf die Dauer nicht aus. Und schließlich" — jetzt senkte er die Stimme — „diese Weiber! Die Schwarze allein! Mensch, stell' dir das vor! So ein Naturweib, ein hitziges! Der liegt das im Blut! Klar, daß sie an ihm allein nicht genug hat! Wart', das erzähl' ich dir ein andermal..."