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Dienstag, den 26. März 1929. Sette 3. Nr. 72. Pulsnitzer Tageblatt. — ZMH Yams Sine Sitzung -er Landtagspräsi-enten. Wie die Landtagskanzlei mitteilt, findet am Diens tag, den 26. März eine Sitzung der drei Landtagsprä sidenten statt, in der vor allem die Frage erörtert werden dürfte, ob und wann der Landtag vor der Zustellung des Urteils des Staatsgerichtshofes noch einmal ein berufen werden soll. das Geld öffentlich sehen zu lassen. Dies wurde ihm zum Verhängnis. Als er die Schankstelle verließ, folgten ihm zwei unbekannte Gäste. Nicht weit von der Gastwirtschaft wurde er von der nichts gutes ahnenden und hinterhersehen den Wirtin auf der Straße liegend aufgefunden. Sie konnte gerade noch sehen, wie einer der beiden Unbekannten auf ihm kniete; das Geld war dem Ueberfallenen geraubt wor den: die Räuber konnten leider entkommen. Neuer Skandal auf dem Leipziger Schlachthof. Noch ist der Skandal nicht vollkommen geklärt, in den eine Anzahl von Fleischern, Fleischergehilfen und auch von Angestellten des Leipziger Städtischen Schlachthofes verwickelt ist, da hat man schon wieder einen neuen Skandal im Leipziger Schlachthof aufgedeckt. Es sind nämlich Fleischdiebstähle in der Verteilungsstelle für Erwerbslose verübt worden. Zunächst scheinen die Diebe sich damit begnügt zu haben, für ihren eigenen Bedarf zu stehlen, später aber sind die Diebstähle auch verübt worden, um das gestohlene Fleisch weiterzuver kaufen. Acht verdächtige Personen sind nach Wochen- langer Beobachtung durch die Kriminalpolizei fest- gcnommen worden. . Automobilunglück mit tödlichem Ausgang. Auf der Bornaischen Landstraße ist ein von einer Frau gesteuertes Personenautomobil gegen einen Baum gefahren. Eine mitsahrende Frau, die ihr Kind aus Grötzsch in die Osterferien holen wollte, wurde getötet, ein Chauffeur und die Führerin des Autos wurden ver letzt. Der Unfall ereignete sich, als das verunglückte Auto einen vor ihm fahrenden Wagen überholen wollte. Um einem entgegenkommenden Auto auszuweichen, riß die Wagenführerin das Steuer ihres Wagens nach rechts, verlor aber dann die Herrschaft über den Wagen. * In Flur Dölzschen an der Gitterseebrückc wurde der dort wohnhafte Rentner Grütze von einem Motorrad angefahren und auf die Straße geschleudert. Auch der Motorradfahrer und ein mitfahrender Holzbildhauer, -beide aus Freital, stürzten. Alle drei Personen er litten zum Teil sehr schwere Verletzungen. Di« Ver unglückten kamen in die Klinik in Freital. Dort ist der 77jährige Grütze, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, gestorben. Oer Räuber mit -er Maske. Im Stadtteil Dresden-Räcknitz erschien in einem Grundstück Ecke Berg- und Zeunerstraße ein junger, mit schwarzer Gesichtsmaske versehener Mann, klingelte dort an der Tür einer Witwe Illgen, die ein Kolonialwarcngeschäft betreibt, und drang beim Offnen der Tür sofort mit vorgehaltener Schußwaffe in die Wohnung ein. Auf die Hilferufe der erschrockenen Frau eilte sofort deren Sohn hinzu. Mit dem frechen Ein dringling entspann sich ein heftiger Kampf bis in den Hausflur. Es gelang dem Räuber zu entkommen. Das sogleich alarmierte Überfallkommando durchstreifte als bald die ganze Gegend, doch war eine Spur von ihm nicht mehr zu erlangen. AeWechung eines schwer beschuldigten Regierungsrats. Ein« ungewöhnliche Strafsache beschäftigte seit Herbst 1927 bereits mehrfach die verschiedenen Instanzen der Gerichte und die Öffentlichkeit. Der in Radebeul Wohn hafte Regierungsrat vr. jur. et pM. Rudolf Hoffmann war bis Ende 1924 Geschäftsführer des Wohnungsver- bandcs Dresden-Neustadt-Land, der öffentlich-rechtliche Funktionen ausübte und den Zweck eines Wohnungs amtes erfüllte. Aufgabe dieses Verbandes war es, die Wohnungszwangswirtschaft durchzuführen und ausgleichend zu wirken unter den Landgemeinden mit stärkerer oder geringerer Wohnungsnot. Die Mittel mußte der Verband selbst aufbringen. Dazu standen ihm Einnahmen bzw. Zuwendungen aus Abfindungs- oder Abstandssummen für etwa zu erteilende Zuzugsgenehmi gungen, Befreiung von der Zivileinquartierung usw. zur Verfügung. Als Geschäftsführer jenes Verbandes — der sich 1924 wieder aufgelöst hat — sollte Regierungsrat Dr. Hoffmann einige Beträge bestimmungswidrig verwendet und unterschlagen haben. Mitte Oktober 1927 verhandelte das Gemeinsame Schöffengericht Dresden gegen ihn. Der Angeklagte bestritt, strafbare Handlungen begangen zu ÜEN und rechtfertigte dies u. a. auch damit, daß die frag- Uchen Gelder m einen von ihm gebildeten Dispositions- geflossen seien. Das Gericht sah aber seinerzeit die Schuld als erwiesen an und verurteilte Regierungsrat Dr. "cm"" Urkundenvernichtung und Untreue zu Man sprach ihm weiter auch w Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von drei Jahren ab. Gegen diese Verurteilung Angelegt worden. Am 28. Februar blaßte sich die dritte Große Strafkammer mit der Angelegenheit. Nach vielstundiger Beweiserhebung kam das Land- i?« n a " dcren rcchtlichen Beur - urteiluim^^cEnkk^"^'wurde verworfen und die Ver- Untreue^ ^^en Amtsunterschlagung und gesvrockei? zehn Monaten Gefängnis aus- NL 9§viü^ Verteidigung Dr. Hoffmanns war Juli 1928 worden, mit der sich im Auf Antraa des ReÄ^^ Reichsgerichts beschäftigte. Umfange ? u s a^ lwurde das Urteil in vollem getroffenen Begründung, daß die keiner Weise rccbtsort?a-n erfolgte Verurteilung in Verhandlung an da^ c^ ^w Sache zur nochmaligen wiesen, das aus ^ir^A."dger,cht Bautzen zurückver- lungen des MfchuldwV^ da strafbare Hand- — schuldigten nicht festzustellen waren. MWes W UM! öes ötaats-6MtsWs Der „Sächsischen StaatSzeitung" wird aus Juristen-Kreisen u. a. geschrieben: „Der Staatsgerichtshof hat die Frage der Passivlegitimation bejaht, weil die Klage gegen das Land, also den Gesamtorganismus, gerichtet sei, der durch den Ministerpräsidenten vertreten würde. Diese RechlSaussassung §es Staatsgerichtshoses wird der Sachlage nicht gerecht, die in vorliegendem Falle bestand. Die Klage der Sozialdemokratischen Landtagssiaktion zielte auf die Ungültigkeitserklärung der letzten Land» tagswahl und die Auflösung des Landtags ab. lieber die Gültigkeit der Landtagswahlen entscheidet der Landtag allein. Die Regierung, bezw. dem Ministerpräsidenten geht nicht die Befugnis zu, den Landtag auf zulösen. Die Klage bezog sich demnach ausschließlich auf Maßnahmen, die verfassungsmäßig zur Zuständigkeit des Landtags gehören. Der Landtag hat erst kürzlich durch Mehrheitsbeschluß vom 19. Februar 1929 die angefochtenen Wahlen erneut für gültig erklärt und die Anträge auf Auflösung des Landtags abgelehnt. Als Gegenpartei konnte nur der Landtag in Betracht kommen und nicht daS Land als Gesamtorganismus. ^Die Klage hätte demnach zurückgewiesen werden müßen, weil sie nicht 'gegen die richtige Gegenpartei gerichtet worden war. W Wver StaatSgerichtShos hat weiter die Frage der Aktivlegitimation bejaht. Daß im vorliegenden Falle die Klägerin, weil sie durch die fehlerhaft» GesetzeSvorschrift nicht betroffen worden war, kein Rechtsin- ieresse hatte, hat der StaatSgerichtShos ausdrücklich festgestellt, wenn er trotzdem die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht hat, so hat er damit den Standpunkt «usgegeben, den er bisher in ständiger Rechtsprechung aufrechterhalten hatte. wische Untersuchungsgeft Hem York meldet, ist «er r -MU- Ltnb<m-erolterie Zigarren. Das Landgericht Chemnitz verurteilte am 6. No vember 1928 den Kaufmann Ernst Oskar Müller wegen Vergehens gegen das Tabaksteuergesetz zu fünf Monaten Gefängnis. Die in seinem Geschäft beschäftigte Kontoristin Heinrich wurde wegen Vergehens gegen § 66 des Tabaksteuergesetzes zu drei Monaten Gefängnis und der Geschäftsführer Lämmel wegen des gleichen Vergehens zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Die bei Müller beschlagnahmten Zigarren wurden eingezogen. Müller besaß in Chemnitz ein Zigarrengeschäft. Er war infolge Geldmangels nicht mehr in der Lage, die für seinen Betrieb nötigen Steuerzeichen anzuschaffen und seine Geschäftslage war für ihn sehr ungünstig. Er hat nun in der Zeit vom 1. April 1926, um seine finanziellen Schwierigkeiten zu beseitigen, Zigarren in den freien Jn- landsverkehr gebracht, und zwar 5746 Stück o h ne die vor geschriebenen Banderolen, mindestens 750 Stück, deren, Packungen mit gefälschten Steuerzeichen versehen waren, ferner 550 Stück, deren Packungen mit bereits ver wendeten Banderolen beklebt waren und etwa 75 Stück, die zu gering versteuert waren und die Müller an Bekannte weitergegeben oder für sich verbraucht, hatte. Die Fälschungen der Steuerzeichen wurden in der Weise vorgenommen, daß verschiedene Banderolen zer schnitten und die zerschnittenen Teile falsch zusammen gesetzt wurden. Während die Angeklagten Lämmel und Heinrich sich dem Urteilsspruch widerspruchslos gefügt hatten, hatte Müller Revision eingelegt. Der erste Straf senat des Reichsgerichts hat diese Revision jetzt verworfen. Laudeswetterivarte Dresden Teils stark wolki erheblichen Niederschläge. ""ch zeitweise ausheiternd, keine über mild, schwach? bis wenig geändert. TagS- — — Winde aus Süd bis Ost. A.ZbLlM -kuaenbberberaen veranstaltet in Gemeinschaft mit dem Lättbes- Ausschuß Sachsen Ser Zug-ndverbänd- Zue Werb-Woche, die. vom W. April bis zum 5. Mai durchgeführt wird. Reichsansschuß für hygienische Volksbelehrung. Der Reichsausschuß für hygienische Volksbelehrung wirb «eine diesjährige Jahrestagung am 16. und 17. Mai in Bad Mergentheim abhalten. Gleichzeitig mit der Tammg wird eine Ausstellung stattfinden, zu der auch die Öffentlichkeit Zu tritt hat. Englisch - amerikanischer Zwischenfall. W-g-« d« a«, «lick» geschafft. Me man übe, der englische Botschafter, Sir Tagungen in Sachsen Werbewoche des Reichsv^rb^ für Deutsche Jugend- Der Gau Sachsen vom Reichsverband für Deutsche Der Gesichtspunkt, dem der StaatSgerichtShos Entscheidende Be deutung b-igim.ff-n hat, nämlich, daß Artikel 17 d-r R-ichsv-rfaffung ein Fundamentatsatz des Wahlrechts sei, ist nicht duEch fehlerhafte GesetzeSvorschrift bezog sich nur auf di- Zulassung gewisser Wahlvorschläge. Nur -in geringfügiger Teil d-r gesamte« Wah er schäft ist von ihr betroffen worden. Und auch diesem Teil« der Wahler schäft ist der eigentliche Wahlakt, die Stimmabgabe, w keiner Weise beeinträchtigt worden. Auf den weitaus überwiegenden Teil der Wähler, die sich an der Wahl beteiligt haben, nachweislich über SO v. H>> hat die beanstandete Gesetzesvorschrift überhaupt kerne Anwendung gefunden. Die Abstimmung dieser Wähler ist daher in jeder Beziehung durchaus gültig gewesen. Diese Wähler hatten auf Grund .ihrer gültigen Ab stimmung ein berechtigte- Interesse, daß die Wahl mcht einfach wie ein unwirksamer Akt behandelt wird, noch dazu, da nur bei einem einzelnen Akte der Wahlvorbereitung eine fehlerhafte Durchführung der Wahl überhaupt tn Betracht kommen konnte. Im übrigen hätte man erwarten dürfen, daß der Staatsgerichts. Hof seinen grundsätzlichen Standpunkt in dieser Rechtsfrage schon in seinen Entscheidungen vom 17. Dezember 1927 zum Ausdruck gebracht hätte. Daß er das nicht getan, hat zur Folge gehabt, daß sich in den einzelnen betroffenen Ländern eine Unsicherheit der Rechtslage ergeben hat, die als unerträglich bezeichnet werden muß. Im übrigen drängt sich auch im Hinblick ans ander- staatsrecht, liche Entscheidungen der letzten Zeit immer ernster die Frage auf, ob es für das Deutsche Reich ertragbar ist, daß in einem parlamentarischen Staatswesen ein „Sieben.Richter.Kollegium" ganze Landtage verschwin den lassen kann. Vertrauenskundgebung Italiens für Mussolini. Das Ergebnis der Wahlen. Rom. Das am Sonntag an die Wahlurne gerufene Volk Italiens, rund 10 Millionen Mann, hat ein „Ja", abgegeben für Mussolini, für das faschistische Regime und für die Liste der 400 Abgeordneten der neuen Kaminer. Me vom Großen Rat ausgearbeitete Wahlliste konnte nur im ganzen ange nommen oder verworfen werden. Die übliche Wahl nach Ab geordneten oder Parteien war durch das neue System gänz lich ausgeschaltet, und infolgedessen verlief der Wahlsonntag in größter Ruhe. Die italienische Presse begrüßte das Ergeb nis dieser einzigartigen Volksabstimmung als den hinreißenG den Beweis für die Einigkeit des Volkes unter dem Liktorenbündel. Die Wahlen trugen durchaus den Charakter eines Volks entscheides für oder gegen Mussolini. Das Bild Mussolinis prangte überall im ganzen Lande. Die Wahlbeteiligung war stark, da Stimmenthaltung aufs schärfste gebrandmarkt und auf einen Maueranschlag der Kriegsteilnehmer als Lan- desverrat bezeichnet wurde. Die faschistischen Verbände führten ihre Mitglieder in geschlossener Reihe zur Abstim- mung. Das italienische Innenministerium teilt folgendes Ge- samtergebnis der Wahlen mit: Stimmberechtigt waren 9 650 570, gestimmt haben 8 650 740, davon mit Ja 8 506 576 und mit Nein 136198. Der Wahltag hat sich in Bozen und im übrige» Südtirol im Zeichen des Terrors vollzogen. Die Behörden drängten rücksichtslos viele von ihnen Anhängige zur Beteiligung an der Wahl. Besondere Der- stimmung hat hervorgerufen, das; der Fürstbischof Endrici von Trient ein Schreiben an alle Dekane seiner Diözese er lassen hat, damit „sie und alle Untergebenen zu den Urnen gehen, damit die neue Kaminer, deren erster Akt die Ratifi- kation und Anwendung des Konkordats zwischen Kirche und Staat sein werde, die volle Zustimmung der Katholiken habe" Nur unter dem faschistischen Wahldruck ist so das folgende Wahlergebnis in Deutsch-Südtirol zu verstehen- Die Wahl- betelUgung betrug in Südtirol 80 Prozent, in der Provinz 52078 Wahlberechtigte. Davon gingen 41139 zur Wahlurne. Von diesen stimmten 38 243 mit ja 2809 mit nein. Ungültig waren 87 Stimmen. In der Stadt mit 1a ^45 Personen. Don ihnen stimmten 7042 mit ja, 371 mff nein. In Meran sttimiiten 3682 mit ja, 242 Niemand wird glauben, daß die „Ja"-Stimmen nn Beweis für die italienische Gesinnung Südtirols sind S--» D-Mch.