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Nr. 67. PulSnrtzer Tageblatt. — Mittwoch, dm 20. Marz 1929 Sette 2. keit zu erleichtern. Da gewöhnlich von den Stellenbewerbern I die Vorlage von Zeugnissen und insbesondere das des letzten Arbeitgebers verlangt wird, der Arbeitgeber aber zur Aus kunftserteilung nicht verpflichtet ist, so dürfte die Erlangung einer neuen Arbeitsstelle besonders erschwert werden, wenn die Erteilung eines vorläufigen Zeugnisses verweigert würde. Das liegt in Rücksicht auf die Belastung der Arbeitslosen versicherung auch nicht im Interesse der Arbeitgeber. Ein Mißstand ist jedoch bei der Ausstellung von Zwischenzeug nissen, wie der Deutsche Jndustrieschutzverband Dresden in seiner Stellungnahme vorlegt, natürlich unvermeidbar. Es kann sehr wohl Vorkommen, daß der Empfänger des Zwischen zeugnisses sich nach Erhalt desselben von ganz anderer Seite zeigt, als vordem, wie es auch denkbar ist, daß Verfehlungen, die bereits in der Zeit vor Ausstellung des Zeugnisses vor gekommen sind, erst hinterher entdeckt werden. Das wird dann zu einer anderen Beurteilung des Zeugnisempsängers durch den Aussteller des Zeugnisses führen und vor allem auch zu einer solchen von Seiten desjenigen, der den Zeug nisinhaber neu einstellen will. Es ist deswegen notwendig, daß der Arbeitgeber, der eine Einstellung auf Grund des Zwischenzeugnisses vorgenommen hat, sich vor dem definitiven Stellungsantritt auch das endgültige Zeugnis noch vorlegen läßt und daß er sich bet der vorläufigen Anstellung aus drücklich Vorbehalt, daß diese nur Geltung haben soll, wenn das endgültige Zeugnis keine Umstände von wesentlicher Be deutung erkennen läßt, die zur Nichteinstellung geführt hätten, wenn sie dem Arbeitgeber schon vorher bekannt ge wesen wären, oder wenn das entgültigc Zeugnis im Gegen satz zum Zwischenzeugnis überhaupt keine Angaben über die Führung des Arbeitnehmers enthält. Der Deutsche Jndu strieschutzverband vertritt die Ansicht, daß auf Fälle solcher Art die Bestimmungen der W 78 HGB, 124 g GO anzu wenden sein würden. Trotzdem aber würden Vorsichts maßregeln der vorgeschlagenen Art von Seiten der Arbeit geber angesichts der vielfach eigenartigen Rechtssprechung der Arbeitsgerichte auf jeden Fall zu empfehlen sein. Großnaundorf. (Sitzungsbericht.) Am gestri gen Dienstag fand in der Schule zu Großnaundorf unter Leitung des Schulleiter Martin eine vereinigte Sitzung des Berufsschulvorstandes und des Ausschusses statt. Man be faßte sich mit der Jnventarbeschaffung für die nunmehr im Bau befindliche Lehrküche, insbesondere mit der sich nötig machenden Beschaffung der Möbel und der Kochgeräte. Man beschloß, für die Beschaffung der Möbel aus den einzelnen Verbandsdörfern durch die Tischler Kostenanschläge einreichen zu lassen. Des weiteren beschäftigte man sich mit dem An kauf und der Ausstellung eines gediegenen Kochherdes. Man beschloß nach längerer Aussprache, das Angebot der Firma Reinhold Richter, Pulsnitz zu berücksichtigen und diese mit der sofortigen Erstellung des Lehrküchenherdes nach Maßgabe des gemachten Angebotes zu beauftragen. Im zweiten Punkt der Tagesordnung beriet man über die Einzelposten des Haushaltplanes, der in seiner Gesamthöhe von reichlich 800 Mark einstimmig Annahme fand. Eine ziemlich lange und teilweise erregte Aussprache lösten die vorgekommenen Versäumnisse einiger Berufsschülerinnen aus. Man beschloß, in Anerkennung besonderer Umstände nur diesmal noch von einer strengeren Bestrafung der Schülerinnen abzusehen und faßte den einstimmigen Beschluß, die Dienstherren und Arbeit geber anstelle der Schülerinnen mit einer mäßigen Ordnungs strafe zu belegen. Schluß der Sitzung Uhr. HäSlich. (Diebstahl.) Vergangene Nacht wurde im Stcinbruch der Firma Friedrich Rietscher, Häslich, Galg- berg eingebrochen und dabei 1 Treibriemen, 11,50 m lang, 15 cm breit, 1 Handbohrmaschine und 1 Patentschrauben schlüssel gestohlen. Sachdienliche Mitteilungen, die vertraulich behandelt werden, werden an die nächstliegende Gendarmerie- oder Kriminalpolizeistelle erbeten. Die Firma hat für solche Mitteilungen eine Belohnung in Höhe von 50 Mk ausgesetzt. Kamenz. (Einweihung der Fachschule für Tuchmacher.) Einen wichtigen Markstein in der Geschichte der Tuchmacher Innung zu Kamenz bedeutete am Sonnabend die Einweihung ihrer neuen Schulräume für den praktischen Unterricht. Bereits vor reichlich Jahresfrist konnte das von der Tuchmacher-Innung zusammen mit der Kaufmanns-Innung erworbene Hauptgebäude des ehemaligen Sporthotels „Stadt Berlin", das die Schulräume für den theoretischen Unterricht der Fachgewerbeschule der Tuchmacher-Innung und dec öf fentlichen Handelsschule enthält, seinem neuen Zwecke zuge- sührt werden. Es war jedoch nicht möglich, gleichzeitig auch den praktischen Unterricht der Tuchmacher-Fachschule in das neue Schulgebäude zu verlegen, und so wurden bis vor kurzer Zeit nebenher noch die Räumlichkeiten in der Elstraer Straße benutzt, die der Fachgewerbeschule seit Jahrzehnten Unterkunft geboten hatten. Nunmehr ist das jahrelang geplante Werk zum Abschluß gekommen und die Tuchmacher-Innung zu Kamenz kann mit berechtigtem Stolze auf das blicken, was sie sich unter großen Opfern geschaffen hat. Kamenz. (Der amtliche Bericht des Lan desgesundheitsamtes über den Stand von Tierseuchen in Sachsen) am 15. März d. I. verzeich net für den Bezirk der Amtshauptmannschaft Kamenz: an steckende Blutarmut der Einnufer in 1 Gemeinde und 1 Ge höft; Bienenseuchen (Faulbrut) in 2 Gemeinden und 2 Ge höften. Bautze«. (Disziplinarstrafe gegen einen Stadtrat.) Der sozialdemokratische Stadtrat Oberstudien rat Professor Schuster wurde vom Stadtrat in eine Diszi plinarstrafe von 50 Mk. genommen. Schuster hatte in einer öffentlichen Stadtverordnetensitzung ungebührliche Zurufe aus dem Stadtverordnetenkollegium gegenüber dem Stadtrate durch Zurufe seinerseits bestätigt und unterstrichen. Bautzen. (Wiener Sängerbesuch) Ein Er eignis, dem man in Bautzener Sängerkreisen mit großen Unstimmigkeiten im Reichskabinett. Ueber die Einreiseerlaubnis für Trotzki. Das Reichskabinett hat am Dienstag keine Sitzung ab gehalten. Vermutlich wird die Kabinettsberatung über den Fall Trotzki erst am Montag nächster Woche stattfinden. Soweit man erkennen kann, sind das Auswärtige Amt, der Reichswirtschaftsminister, der Reichspostminister, der demo kratische Reichsernährungsminister und der sozialdemokrati sche Finanzminister Hilferding gegen die Einreise Trotzkis. Der Reichsjustizminister hat sich noch nicht entschieden, wäh rend der Reichskanzler, der Reichsarbeitsminister und der Reichsinnenminister Severing offenbar im Sinne der Wünsche der preußischen Regierung Trotzki einen Aufenthalt in Preußen für eine dreimonatige Kur gestatten wollen. Herbeiführung der Weimarer Koalition? Hilferding verhandelt mit den Parteien. Der Reichsfinanzminister hat noch vor Ostern die Be mühungen ausgenommen, mit Finanzsachverständigen der Fraktionen eine gewisse Einigung über den Etat und das Steuerprogramm zu erreichen. Vorläufig beziehen sich die Besprechungen nur auf taktische Fragen. Der Reichsfinanz minister scheint aber die Absicht zu haben, festzustellen, ob er überhaupt mit der Deutschen Volkspartei zu einem Ueberein kommen gelangen kann oder ob er eine festere Basis für die Etats- und Steuerberatungen bei den Sozialdemokraten, den Demokraten und dem Zentrum, dem Bayerischen Bauern bund mit Unterstützung durch die Bayerische Volkspartei, also auf der Basis der Weimarer Koalition, suchen muß. Das Verbot -es Gaskrieges. Im Auswärtigen Ausschuß des Reichs tages nahm Staatssekretär v. Schubert vom Auswär tigen Amt das Wort, um über den Gesetzentwurf zu sprechen, der das Genfer Protokoll wegen Verbots des Gaskriegs vehanidelt. Ratifiziert sei es bisher von acht Mächten. Die Reichsregierung lege besonderen Wert darauf, die Rati fikation noch vor der Tagung der Vorbereitenden Ab- rüstungskommifsion vorzunehmen, um damit auf einen neuen Schritt im Sinne der Abrüstung Hinweisen zu können. Die Frage der Schutzmaßnahmen gegen den Gaskrieg sollten ruf einer Ende April in Rom stattfindenden Sachverstän- digenkonferenz, die durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz einberufen würde, behandelt werden. Die Ra tifikation werde nicht hindern, die Frage des Gas- und Luft schutzes praktisch weiter zu behandeln. Der Gesetzentwurf wurde angenommen. Auch zu den Verhandlungen über die letzten Ratssitzungen des Völker- bundes erstattete Staatssekretär v. Schubert das Referat. Kampfziele der deutschen Landwirtschaft. R e i ch s t a g s ab g e o r d n e te r Hepp auf dem Danziger Landbundtag. Danzig. Auf dem Danziger Landbundtage, der am 19. März in der Sporthalle in Danzig abgehalten wurde, ührte der Präsident des Reichs-Landbundes, Reichstags- ibgeordneter Hepp, in einer Versammlung etwa folgen- -es aus: „Der Reichs-Landbund mit seinen Landbünden in Danzig und Oesterreich ist eine lebendige Verneinung der Zerstückelung des Deutschen Reiches durch den Versailler Knechtungsvertrag, ist eine festere Klammer des größeren -Reiches, das aus dieser Zerrissenheit entstehen mutz. Der- zangenheit und Zukunft zwingen den deutschen Blick nach dem Südosten «nd Osten Europas, als dem politischen Lebensraum des deutschen Volkes. Von einer zielbewußten Ostpolitik wird daher in stärkstem Maße die Zukunft Deutschlands abhängig sein. Nur auf inen starken Binnenmarkt gestützt läßt sich eine erfolgreiche Exportpolitik aufbauen. Es besteht die Gefahr, daß )er bevorstehende deutsch-polnische Handelsvertrag gegen liefen Grundsatz in besonders verhängnisvoller Weise ver- toßen wird. Dieser Widersinn einer Politik, für eine geringe Export steigerung ein Vielfaches an innerer deutscher Kaufkraft zu opfern, muß sich auch unmittelbar gegen Danzig richten; denn die raffinierte Abwürgungspolitik Polens gegenüber Danzig würde dadurch einen neuen Antrieb be kommen. Möglichste Beschränkung der Ausgaben seite durch Senkung der Steuern und sozialen Abgaben ist daher das Kampfziel der deutschen Landwirtschaft. Mit der Ausgabenbeschränkung muß eine Steigerung der Ein nahmenseite der deutschen Landwirtschaft Hand in Hand gehen. Besonders wichtig und Voraussetzung für die Wirk samkeit aller anderen Maßnahmen ist eine scharfe Drosse- lung der überflüssigen fremden Lebensmittel einfuhr. „Sühne" für das Besatzungssterben. Paris. Gegen die drei Offiziere der französi schen Besatzungstruppen hat das Kriegsministerium wegen der Vorgänge in Trier, durch die die zahlreichen Todesfälle unter der Besatzung hervorgerufen worden sind, folgende Strafen verhängt: Der Divisionsgeneral de Partou- neaux, Platzkommandant von Trier, sowie Oberst Mar- mi n i a werden ihres Kommandos enthoben; der Befehlshaber des 30. Armeekorps in Mainz, General Gou - beau, erhalt einen ministeriellen Verweis. Die Echtheit der Utrechter Dokumente. Amsterdam. In einer Rede betonte der Flamenführer Ward Hermans, daß er die Schriftstücke über den französisch-belgischen Militärgeheimpakt nach Holland ge bracht habe, um dem großen niederländischen Ideal und dem Friedensgedanken zu dienen. Er habe die Dokumente von Frank Heine bekommen, obwohl Heine zunächst gegen die Veröffentlichung gewesen sei, weil einige der Schriftstücke Len Namen des belgischen Generals Mahieu trügen. Die Schriftstücke seien echt. Es sei erwiesen, daß in den Doku- menten eine Verletzung von Holländisch-Limburg vorgesehen gewesen sei. Vom mexikanischen Kriegsschauplatz. General Calles läßt Deutschland grüßen. Mexiko. General Calles gab einem deutschen Presse- i Vertreter in seinem Salonwagen ein genaues Bild über die militärische Lage in Mexiko. Danach stehen 25 000 ReKe- ' rungstruppen 6000 Aufständischen im Norden gegenüber. Der Vorstoß der Regierungstruppen richtete sich gegen den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Torreon im Staate Du rango, der von den mexikanischen Regierungstruppen nun mehr erobert worden ist. Die Aufständischen befäüden sich auf der ganzen Linie auf Ler Flucht. Calles erklärte dem deutschen Pressevertreter gegenüber, er bitte, Berlin und Deutschland zu grüßen, das ihm unvergeßlich bleiben werde. Die mexikanischen Aufständischen haben der mexikani schen Regierung ein Friedensangebot gemacht, das jedoch von der Bundesheeresleitung abschlägig beschieden wurde — —— Erwartungen entgegensieht, steht für Ende Mai dieses Jahres bevor: Der „Wiener Männergesangverein", neben dem Wiener Sckubert-Bund der bedeutendste Männerchor der Donaustadt, wird am 29. Mai in Bautzen beim MGV. „Sängerbund" zu Gast weilen. Alljährlich unternimmt der genannte Wiener ...jWnöpaket lLLreiner koket imnÄKs. VievÄ können SledannZkrem Aarerr/ Verein Reisen ins befreundete Ausland. Die diesjährige soll nur eine kleine Sär.gerfahrt sein. 250 Mann wollen sie im Sonderzug unternehmen und dabei, von Deutsch böhmen kommend, in Sachsen allein die Stadt Bautzen und ihren „Sängerbund" besuchen, um darauf nach Görlitz und Breslau weiter zu fahren und dann wieder heimzukehren. Es ist selbstverständlich, daß man in Bautzen alles tun wird, um die Freunde aus dem deutschen Oesterreich gastlich auf zunehmen, das im vorigen Jahre die deutschen Sänger während des großen Sängerbundessestes in Wien so liebevoll beherbergt hat. Wie verlautet, ist ein festlicher Empfang der am Vormittag in Bautzen eintreffenden Gäste geplant. Man wird ihnen dann die Schönheit unsrer alten Stadt zeigen und am Abend ein großes Konzert von ihnen hören. Ein Sängerkommers soll sich anschließen. Der Tag, auf den wir jetzt schon Hinweisen möchten, verspricht also B- deutsames. Kuckav. (Zusammenstoß zwischen Auto und Kraftrad.) Am Montagnachmittag gegen 3 Uhr stieß beim Restauranl Natusch, wo die Gemeindestraße in die Ka menz—Bautzner Straße einmündet, ein von Bautzen kommen des Motorrad mit dem die Dorfstraße herkommenden Kraft wagen des Gestütsbesitzers Porak in Höflein zusammen. Beide Fahrzeuge wurden leicht beschädigt. Die Insassen des Autos sowie der Motorradfahrer, Ingenieur Herrmann aus Bautzen, blieben unverletzt. Dagegen erlitt Frau Herrmann, die sich auf dem Sozius befunden hatte, Fleischwundcn am linken Knöchel, so daß sie mittels Kraftwagens ihrer Behau sung zugeführt werden mußte. Die Schuldfrage ist noch nicht geklärt. Löbau. (EinOpfer des Hochwassers.) Iw Schönau an der Eigen fiel ein fünfjähriger Junge bei« überspringen des Baches ins Wasser und wurde mttge- rissen. Obwohl sehr schnell Hilfe zur Stelle war, war da» Kind bereits ertrunken. Dresden. (Der Fehlbetrag im Freitaler H a u s h altp l an.) Die Stadtverordneten nahmen in ihrer letzten Sitzung den ordentlichen Haushaltplan für das Rech nungsjahr 1929, der mit einem Fehlbetrag von 307392 RM abschließt, gegen die Stimmen der Kommunisten an. Der Fehlbetrag soll, soweit er nicht eingespart werden kann, durch Darlehnsaufnahme gedeckt werden. Pirna. (Ein Loch auf der Straße.) Am Sonntag nachmittag kurz vor Eintritt der Dunkelheit konnte man auf der Güterbahnhofstraße in Heidenau einen eigen artigen Vorgang beobachten. Dort entstand plötzlich vor den Augen der Straßenpaffanten ein Riß auf der Straße, der sich in ganz kurzer Zeit zu einem Loch in einer Breite von 1 Meter, einer Länge und einer Tiefe von je anderthalb Meter erweiterte. Merkwürdig dabei war, daß weder Gas geruch noch Wasser in dem Loch bemerkt wurde. Wenige Sekunden zuvor hatte ein Auto die Stelle passiert. Bärenstein (Bez. Chemnitz). (DieArbeitslosen- kasse gestohlen.) Von noch unbekannten Tätern wurde die hiesige ArbeitNosenkasse mit 8000 Mark, die am nächsten Tage zur Auszahlung gelangen sollten, gestohlen. Chemnitz. 100 jähriges. Bestehen des Chemnitzer Hand Werker Vereins.) Der Chem nitzer Handwerkerverein begeht in diesem Jahre sein 100jähriges Bestehen. Der Gründungstag ist der 26. April. Als Auftakt zur 100-Jahr-Feier fand im Vereinshause des Handwerkervereins in Gegenwart hon Vertretern