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VulsvHerIageblait Dienstag, den 12. März IS2S Beilage zu Nr.«« 81. Jahrgang Ser Anschluß Ostthüringens an Sachsen undurchführbar. Das Ergebnis einer Rundfrage. Veranlaßt durch die in Aussicht genommenen Spar- , Nachnahmen der thüringischen Regierung, welche einen Allwau am Altenburger Landestheater und eine Ver legung des Landgerichts Altenburg nach Gera zum Ziele haben, ist in der Öffentlichkeit die Frage einer Loslösung des äußersten Ostens Thüringens vom Freistaat Thüringen aufgeworfen worden. Da die Gefahr besteht, daß die Ver drossenheit in Thüringen anwächst, hat die Altenburger Zeitung in einer Rundfrage die führenden Persönlichkeiten der Politik, Wirtschaft und Verwaltung in Ostthüringen anfgefordert, zu dem Problem der Loslösung des ehe maligen sachsen - altenburgischcn Ostkreises vom Staate Thüringen und des evtl. Anschlusses an Sachsen Stellung zu nehmen. Das nunmehr veröffentlichte Ergebnis dieser Rund frage läßt erkennen, daß man einen Anschluß des thürin gischen Ostens an Sachsen nicht für eine glückliche Lösung hält, weil dadurch an den tatsächlichen Verhält nissen nichts geändert würde. Die organische Verbunden heit mancher Wirtschaftszweige Ostthüringens mit West sachsen wird zwar erkannt, doch berechtigen diese nicht ein vollkommenes Lossagen von Thüringen. Außerdem stehen diesen Loslösungsbestrebungen nocb unüberwind liche rechtliche Hindernisse im Wege, so daß ein Anschluß an Sachsen zurzeit praktisch nicht ourchführbar ist. Landtagsabgeordneter Oberregierungsrat Dr. Geier kommt zu der Überzeugung, daß sich bei oem derzeitigen Rechtszustand eine Loslösung Ostthnringeus kaum ermög lichen lassen wird, da es dazu entweder eines verfassung ändernden Reichsgesetzes oder eines einfachen Reichs gesetzes, verbunden mit der Zustimmung der unmittelbar beteiligten Länder, also Sachsens und Thüringens, be dürfte. Nach Ansicht Dr. Geiers ist das Schicksal Ost thüringens und des ehemaligen Ostkreises bis auf weiteres unlösbar mit dem des übrigen Thüringens ver knüpft. Außerdem erscheint es Dr. Geier als ein großer Irrtum, zu glauben, durch eine Verbindung mit Sachsen würden die beiden lokalen Fragen — Landgericht und Landestheater — bei einem Teilanschluß an Sachsen eine günstigere Lösung finden. Dr. Geier hält für Thüringen als das Gegebene eine Reichsprovinz Thüringen mit Erfurt als Mittelpunkt. Der Erste Bürgermeister von Schmölln, Dr. Pfaffrath, untersucht vom Standpunkt des Kommunalpolitikers aus die Frage, ob Thüringen überhaupt seine eigene staatliche Selbständigkeit erhalten könne, ohne daß das Leben der Städte und Gemeinden darunter leidet, und kommt zu dem Schluß, daß Thüringen als Land noch lebt, aber auf Kosten seiner Selbstverwaltungskörper (der Städte und Kreise). Dr. Pfaffrath ist der Auffassung, daß die Aufgabe der Selbständigkeit Thüringens durchaus zu begrüßen wäre und daß versucht werden müsse, den Anschluß an ein leistungsfähiges Nachbarland zu finden. Falsch er scheint Dr. Pfaffrath die Propagierung des Anschlusses Ostthüringens an Sachsen, welcher Gedanke wohl lediglich aus einer Art Verärgerung entspringe. Mit einer solchen Absplitterung und einem Teilanschluß dürste für das große Ganze nichts gewonnen sein. Der Landtagsabgeordnete Dr. Schulze erklärt: Eine Loslösung des Altenburger Ostkreises von Thüringen und sein Anschluß an Sachsen erscheint, als Einzelmaß nahme gedacht, weder nötig noch zweckmäßig. Der frühere Altenburger Oberbürgermeister Achilles hält das Land Thüringen nicht für lebensfähig und eine Gesundung der Finanzen Thüringens nicht für möglich. Er ist der Anschauung, daß sich das Auseinanderstreben der einzelnen Teile Thüringens von selbst ergeben würde, wobei es für Ostthüringen kein Zweifel sein könne, den Anschluß nach Wechsachscn zn suchen, denn die ein zelnen Teile Thüringens würden dorthin streben, wohin sie die geographischen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinlenken. Der Vorsitzende des Atlenburger Vürgerbundes, Dr. Küttler, und der Führer der bürgerlichen Fraktion im Stadtrat, Dr. Patz, erklären eine Loslösung Ostthüringens I für ein Ding der Unmöglichkeit, da Verträge gehalten I werden müßten. Oie Osterferien des Landtags. Die Osterferien des Sächsischen Landtages beginnen am 22. März und dauern bis zum 9. April. Vor den Ferien sollen noch vier Vollsitzungen abgehalten werden. Inkrafttreten -es Landeslehrplanes für die Volksschulen. Nach einer Verordnung im Sächsischen Gesetzblatt werden die Landeslehrpläne für die Volksschulen m 27. November 1876 und vom 5. November 1878 mit dem 31. März 1929 außer Kraft gesetzt. Vom 1. April 1929 an gilt der unter dem 10. Mai 1928 veröffentlichte Landes lehrplan für die Volksschulen Sachsens in Verbindung mit den auf Grund dieses Planes von den Bezirksschulräten genehmigten Einzellehrplänen. Zusammenstoß zwischen Rotfront und Polizei. Die Gruppe Dresden-Kaditz im Verband für Frei- denkertum und Feuerbestattung, der unter kommunisti schem Einfluß steht, veranstaltete anläßlich der Einweihung der neuen Apostelkirche in Dresden-Trachau in diesem Stadtteil eine Gegendemonstration. Die Polizei hatte Sicherungsmaßnahmen getroffen, fo daß es nicht zu einer Störung der kirchlichen Feier kam. Als jedoch seitens der Polizei die Entfernung gewisser bildlicher Darstellungen aus dem Zuge verlangt wurde, kam es zu einem Zusam menstoß zwischen den Zugteilnehmern und den Beamten. Letztere führten die Entfernung der bildlichen Darstellun gen mit Gewalt durch und da sie Widerstand fanden, waren sie zur Anwendung des Gummiknüppels und zur Festnahme von zwei Zugteilnehmern gezwungen. Die Girafaniräge im Hemesprozeß. Angeklagter Bergfeld einem Schlaganfall erlegen Stettin. Zu Beginn der Montag-Sitzung im Rosen felder Prozeß teilte der Vorsitzende mit, daß der Angeklagte Administrator Bergfeld am Morgen einem Schlaganfall erlegen ist. Dann wurde General v. Weber aufgerufen. Auf dis Frage des Vorsitzenden, ob im Wehrkreiskommando damals oie Ansicht geherrscht habe, daß das Reichswehrbataillon 37, die Roßbacher, im Jahre 1920 dem Wehrkreiskommando unter, stellt war und ob der Transport nach Pommern befehlsgemäß geschah, antwortete General v. Weber, er hätte die Truppe von General v. Lettow-Vorbeck übernommen und sie schließlich I Ilirs Qskckinsn u. Qsrctinsnslanssn ksutsn Sis Ickoast im Qsi^insnksus Wun^srliok, »suptmsrstt in Güstrow aus Beseht des Reichswehrminrsteriums aufgelöst. Das Wehrkreiskommando habe es aber als seine Aufgabe am« gesehen, sich um diese Arbeitskommandos zu kümmern. Dar über, ob und wie die Roßbach-Formation nach ihrer Auf lösung in Güstrow bewaffnet gewesen sei, vermöge er keine Auskunft zu geben. Es könne kein Zweifel sein, daß die Roßbacher bewaffnet gewesen waren, was aber nicht mit seinem Willen und mit seiner Zustimmung geschehen sei. Im Anschluß an die Vernehmung des Generals v. Webev begann der Oberstaatsanwalt sein Plädoyer. Er betonte, daß es zwei wichtige Fragen seien, auf die es ankäme: War dergetöteteSchmidteinVerräter und hat Heines ihn auf der Flucht erschossen, bzw. hat er die Absicht zur vorsätzlichen Tötung gehabt. Der Oberstaatsanwalt ist der Meinung, daß er Heines der vorsätzlichen Tötung, also des Mordes für schuldig hält. Darauf wird der Anttag auf Todesstrafe erfolgen muffen. Die Angeklagten Ottow, Fräbel, Bähr, Vogt und Krüger seien der Beihilfe zur vorsätzlichen Tötung schuldig. Das ergebe in diesem Falle Zuchthaus- strafen. Der Angeklagte Bandemer gelte als nicht überführt, und in diesem Falle wird wahrscheinlich der Anttag auf Frei sprechung erfolgen. —' Posträuber Hein begnadigi. ' Die bayerische Regierung hat beschlossen, den zum Tode verurteilten Posträuber Hein zu lebenslänglichem Zuchthaus zu begnadigen. Damit entspricht die bayerische Regierung der Bitte des Reichsjustizministers Koch, welche dieser an die Länderregierungen gerichtet hat mit dem Inhalt, vor der Entscheidung über die Beibehaltung der Todesstrafe im neuen Strafgesetzbuch kein Todesurteil mehr zu vollstrecken. Es dürste wirklich zu weit führen, wenn man heute jeden Schwerverbrecher, der kaltblütig einige Menschen er mordet, begnadigt. Die Todesstrafe stellt immerhin noch ein großes Abschreckungsmittel dar und mit ihrer Abschaffung würde dem gemeinen Verbrechen Tür und Tor geöffnet. Nur noch einige 30 Beschuldigte im Berliner Einspon- Prozeß. In dem großen Berliner Einspon-Prozeß, der seit langer Zeit in Moabit in zweiter Instanz verhandelt wird, verringert sich die Zahl der Angeklagten, die ursprünglich die Nekordziffer von 88 betrug, sozusagen von Tag zu Tag. Es sind jetzt „nur noch" etwa 3ö Angeklagte im Ver handlungssaal, da über 50 allmählich ihre Berufung zurück- genommen haben, so daß die Entscheidung des Schöffen gerichts rechtskräftig geworden ist. Viele haben die Be rufung zunächst auf das Strafmaß beschränkt, aber dann überhaupt aus jedes Rechtsmittel verzichtet. Damit hat der Prozeß einen einigermaßen normalen Umfang gewonnen, und es kann damit gerechnet werden, daß er etwa zu Ostern zu Ende gehen wird. —a M .Isek mUsil rlcli »In Wimum IVv " M üsr „kulrnitrsi'Isgsblsll" Die amtlich« Großhandelsindexziffer steigt weiter. Die auf den Stichtag des 6. März berechnete Großhandelsindex- ziffer des Statistischen Reichsamts ist gegenüber der Vor- woche um 0,4 V.H. gestiegen. Von den Hauptgruppen hat die Indexziffer für Agrarstoffe um 1,1 v. H. angezogen. Gleichzeitig ist die Indexziffer für Kolonialwaren um 0,3 v.H. zurückgegangen. dx lUsiUo beucktivmiAer, »alle (SaslÄ Er vernachlässigte sein Studium, was zur Folge hatte, daß ihm sein Stipendium entzogen wurde. Das bessere Leben, einmal gewöhnt, wollte er nun nicht mehr lassen, und so verringerte sich die geerbte Bargeldsumme mit er schreckender Geschwindigkeit. Beim Alkohol suchte er Ablenkung, Anregung, Erheite rung. Bald hatten sich ihmZechgenossenzugesellt,die mit ihm ganze Nächte beim Wein verbrachten. In Kürze war das graue Elend bei ihm eingezogen. Schulden begannen sich aufzuhäusen. Seine Zimmereinrichtung, die kostbaren Bücher wurden gepfändet, und so sah er sich genötigt, sein letztes zu Geld zu machen, um wenigstens aus ein paar Monate hinaus sich wieder verpflegen zu können. In dieser Zeit hatte er sich auch an Albert um Rat und Hilfe gewendet. Dieser, herzensgut und freigebig, hatte ihm sofort einen kleinen Betrag zur Verfügung gestellt, hatte ihn wiederholt an den Mittagslisch gebeten. Bis Frau Mühlenkamp, im Hinblick auf die eigene Notlage, sich gezwungen sah, hiergegen Einspruch zu erheben. Albert hatte Balthasar öfter um seine Meinung in schwierigen Problemen gefragt, und den klugen Nat des scharfsinnigen Kameraden gut verwenden können. Balthasar hatte eine Beschäftigung als Laborant am chemischen Institut der Technischen Hochschule gefunden, und half sich so seither mehr schlecht als recht durchs Dasein. Seit jenem bedeutungsschweren Augenblick hatte er keine ruhige Stunde mehr. Seine Steyung gab er sofort auf. Sein letztes Bargeld setzte er daran, die Konstruk tionen brauchbar durchzuführen. Auch erhielt er, zu seiner eigenen Verwunderung, bei einzelnen Firmen etwas Kredit; und so gelang es ihm, ohne erhebliche Schwierig keiten, das erforderliche Material zusammenzubringen. Die Probe im Laboratorium war glänzend gelungen. Die „Tarn" bestand aus einer, einem Tropenhelm ähn lichen Armatur'für den Kopf, einem Gürtel und einem kleinen Tornister. Die isolierten Verbindungsdrähte liefen als seidenumsponnene Schnüre vom Helm über die Schul tern zum Gürtel, und von da wie Tressen die Beinkleider hinab bis zu den Schuhen. Je ein gläserner Bügel über spannte die Füße am Rist. Die Akkumulatoren konnten im Tornister untergebracht oder am Gürtel, wie Patronen taschen, getragen werden. Sie lieferten genügend Strom für mehrere Stunden ununterbrochener Benutzung. Balthasar stellte sich vor den Spiegel und schaltete ein. Sein Spiegelbild verblaßte. Der Schimmer, der seine ganze Gestalt überflutete, gab ihr etwas Unwirkliches, Geisterhaftes; Balthasar erschauerte selbst vor seinem Ab bild im Spiegel. Albert aber fühlte sich geradezu erschüttert beim Anblick dieser Entkörperlichung auf halbem Wege. Balthasar stellte auf Vollstrom, und verschwand vor seinen eigenen wie vor den Augen des Freundes. Also auch die „Tarn" selbst konnte nicht mehr gesehen werden, und zwar, wie sich bald herausstellte, solange nicht, als ihre Bestandteile dicht am Körper festgehalten wurden. Streckte Balthasar einen Arm vor, so wurde die Hand allein sichtbar, ein gespenstischer Anblick, der Albert beinahe das Gruseln gelehrt hätte. Es schien also geboten, auch die Hände am Gelenk mit gleichen Glasbügeln zu umgeben, wie sie für die Füße vorgesehen waren. Zog man diesen Armreif zurück, so gelangte die ausgestreckte Hand eben außerhalb des Strahlenbereichs, und wurde von den Fingerspitzen aus zunehmend deutlicher wahrnehmbar. Ergriff Balthasar einen Gegenstand, so konnte er, je nach der Art des Anfassens, diesen Gegenstand ganz oder teil weise mit unsichtbar werden lassen! Unsichtbar schritt Balthasar im Zimmer auf und ab. Er fragte Albert allerlei. Dieser starrte.dem Klange der Stimme nach. Nur aus dem Geräusch der Schritte konnte er erraten, wo sich Balthasar eben befand. „Unheimlich", sagte er, „man könnte sich fürchten." Da zog ihn etwas rückwärts am Aermel. Er wandte sich um. Jetzt kniff es ihn in die Wange. Seine Abwehr versuche glichen dem Tasten eines Blinden oder dem Spiel eines Knaben, der sich die Augen verbinden ließ und von den Umstehenden geneckt wurde, die er durch seinen Schlag erreichen sollte. Nach jedem gelungenen Scherz lachte es laut inmitten des Zimmers auf. Albert konnte den Uebermut seines Mitarbeiters nicht dämpfen. Er wollte zur Tür, da stol perte er über ein Bein, das er nicht sah. Fast wäre er zu Boden gefallen, wenn ihn nicht unsichtbare Arme auf gefangen hätten. Im nächsten Augenblick war ihm eine Pappschachtel über den Kopf gestülpt, und noch ehe er sie abnehmen konnte, sah er seine Taschenuhr vor sich in der Luft baumeln. „Willst du der König aller Taschendiebe werden?" fragte Albert. „Möglicherweise! Wir werden noch größere Dinge voll bringen!" Und sich wieder sichtbar werden lassend, reichte Balthasar seinem Freunde die „Tarn", um ihn nun seiner seits die Art und Weise dieser Dematerialisationen studie ren zu lassen.