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Nr. 55. Pulsnitzer Tageblatt. — Mittwoch» den 6. März 1229. Sette 2. messener Form ausgestaltet werden können bzw. daß die ent gegenstehenden Verordnungen aufgehoben werden möchten. Beide Kirchen haben den Antrag abgelehnt. Kamenz. «Der amtliche Bericht) des Landes gesundheitsamtes über den Stand von Viehseuchen in Sach sen am 28. Februar d. Js. verzeichnet für den Bezirk der Amtshauptmannschaft Kamenz: ansteckende Blutarmut der Einhufer in 1 Gemeinde und 1 Gehöft; Bienenseuchen (Faul- brut) in 2 Gemeinden und 2 Gehöften. Kamenz. (Nach dem Monatsbericht der Gendarmerie sind im Monat Februar) von den Gendarmeriebeamten des amtshauptmannschastlichen Bezirks Kamenz 468 Anzeigen erstattet worden, die sich auf Unter schlagung, Urkundenfälschung, Brandstiftung, Jagdvergehen, groben Unfug, straßenpolizeiliche Uebertretungen, Verletzung sonstiger Bestimmungen und Ausschreiben in Fahndungs blättern beziehen. Von Diebstählen kamen 2 schwere und 6 einfache zur Anzeige, die durch Ermittelung der Täter ihre Erledigung fanden. Geleua». (Selbstmord.) Aus Lebensüberdruß hat sich hier am Freitag der im 47. Lebensjahre stehende Schlosser Karl Kunze mit einem alten Armeerevolver erschossen. Kunze war seit Jahren schwer leidend und trug sich deshalb schon längere Zeit mit Selbstmordgedanken. Königsbrück. (Die Not des Wildes.) Am vergangenen Sonntag machten mehrere hiesige Bewohner eine Partie nach dem Keulenberg. Auf dem Rückwege bemerkten sie ein Rudel Rehe, das sich bei ihrem Nahen schleunigst in den Wald zurückzog. Nur ein Rehböckchen, daß vor Mattig keit nicht weiter konnte, blieb stehen Man brachte das Tierchen, das sich willig tragen ließ, nach Gräfenhain zum Jagdvorstand, (der es füttern und nachdem es genügend ge kräftigt, dem Walde wieder anvertrauen wird. Bischofswerda. (StädtischeWohnungsbau- pläne.) Da auch trotz der vielen Neubauten in unserer Stadt noch großer Wohnungsmangel vorhanden ist, so wurde in einer von der Stadt einberufenen Einwohnerversammlung zum Problem der Wohnungsnot Stellung genommen. Die Zahl der Wohnungsuchenden ist auf 517 angewachsen und trotz der Neubauten gegen das Vorjahr um 111 gestiegen. Um der vorhandenen Wohnungsnot zu steuern, erfolgte die Gründung einer gemeinnützigen Baugenossenschaft unter Be teiligung der Stadt mit 30000 M; mit den Einlagen der übrigen Genossen sollen hiervon sofort 40 Wohnungen er richtet werden, während insgesamt ein Bauvorhaben von 50—70 Wohnungen geplant ist. Bautze«. (Ein originelles Preisausschrei ben) hatte der historische Bautzener Ratskeller, der nach einem grundlegenden Umbau und künstlerischer Instandsetzung auch eine neue Bewirtung erhalten hat, veranstaltet. Bei dem Umbau waren sieben Nischen eingebaut worden, für die durch das Preisausschreiben an die Hetmatgeschichte an knüpfende Bezeichnungen gesucht wurden. Der Erfolg war überraschend. Es beteiligten sich insgesamt 64 Personen mit zusammen 491 Vorschlägen, so daß das Preisgericht unter Vorsitz von Stadtrat Dr. Krüger eine mühevolle Ar beit zu bewältigen hatte. Den 1. Preis erhielt Schneider meister Mütterlein auf „Renatustisch" (zur Erinnerung an den Lausitzer Schriftsteller Johann Renatus jFreiherrn von Wagnerj, der durch fein „Allerlei aus der Aeberlausitz" wei teren Kreisen bekannt geworden ist); den 2. Preis Korrektor Fritz Jaeschke auf „Lusatia-Eck"; den 3. Preis Ehrenober meister Lehmann auf „Matthiasbau" (zur Erinnerung an den Besuch des Ungarnkönigs Matthias Corvinus in Bautzen); den 4. Preis Kaufmann Oßwald auf „Ausfallpsorte" mit Bezug auf die auf der Bautzener Ortenburg befindliche Aus- fallpjorte; den 5. Preis Stadtverwaltungsinspektor Partzsch auf „Jahnklause" (im Hinblick darauf, daß in dieser Nische die Bautzener Turner schon seit 80 Jahren ihren allwöchent lichen Stammtisch halten); den 6. Preis Eberhard Michaelis auf „Czorneboh Nische"; den 7. Preis Hanskarl Leuner auf „Burgverlies". Einen Trostpreis erhielt Stadtarchivar Dr. Nagel auf „Schmollwinkel", der auch sein Publikum haben wird. Dresden. (Großer Pelzdiebstahl.) Bei einem Einbruch in ein Pelzgeschäft in Berlin wurden etwa 50 Per sianermäntel und Silber-, Blau- und Rotsuchsfelle im Werle von 80 000 Mk. gestohlen. Von den Tätern fehlt bisher jede Spur. Sollten die Pelzwaren hier zum Kaufe ange boten oder sonst etwas über deren Verbleib bekannt werden, wird Mitteilung nach dem Kriminalamt Zimmer 74b erbeten. Leipzig. (Einen Ersatz für die Leipziger Messe gidtes nicht!) Der „Deutsche Handelsdienst" schreibt am Schluß einer Betrachtung über die Leipziger Messe: Soweit man es bisher übersehen kann, hat auch die diesjährige Frühjahrsmesse trotz der schwierigen Zeit, in die sie fällt, den Beweis erbracht, daß sie ein unentbehrliches Instrument der deutschen Wirtschaft ist. Geklagt wird über die vielfachen Bestrebungen anderer Städte, durch Fach ausstellungen usw. die in Leipzig durchgeführle Konzentration zu stören. Der Aussteller ist vielfach gezwungen, diesem Ruf zu folgen, und er legt sich hiermit widerwillig Unkosten auf, die zu sparen wären. Einen Ersatz für die Leipziger Messe findet er nicht. Der Meffe-Dienstag Leipzig, 5. März. Uebcr den Verlaus des Messe-Dienstag Verbreitel das '.Vießamt u. a. die folgenden Erlassungen: Im Messegeschäft herrscht weiter der Exportcharakter vor. Auf der Texnlmesse sind Wäsch-stickereien von Indien, Holland und Schwe den gesragr. Die Wolldeckenindustrie hat u. a. umfangreiche Aufträge aus Persien zu verzeichnen In Gardinen und Deden fragt amerika nische, holländische, skandinavische und Schweizer Kundschaft nach Neu heiten aller Ari. Auf der Möbelm-sse treten u. a. Grossisten aus Frankreich, der Schweiz, Italien und England als Käufer für Korbmöbel auf. Das Geschäft in Ditzmöbeln hat sich gut entwickelt und bleibt weiter belebt. Das Exportgeschäft in Kunstmöbeln wird durch die Zollschranken > des Auslandes erschwert; das Inland kaust möglichst billige Ware. I rung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den durch den polnischen Korridor in ihrer Entwicklung gehemmten Ge- bieten. Die Reichsregierung hat die Absicht, dem Reichstag einen Gesetzentwurf zu unterbreiten, sie hält es aber nicht für richtig, bevor dieser Entwurf vorliegt, in den Haushalt einen Betrag einzustellen. Ausbreitung -er mexikanischen Revolution. Zehn Staaten im Ausruhr. — Mexikos Hauptstadt umzingelt. New Jork. Die Revolution in Mexiko breitet sich immer mehr aus. Zehn Staaten werden von den Aufstän dischen beherrscht. Die Regierungstruppen, die unter dem Befehl des zum Kriegsminister ernannten früheren Präsiden ten Calles stehen, haben schwere Niederlagen erlitte« nnd viele Gefangene verloren. Die Aufständischen haben «m die mexikanische Hauptstadt einen Halbkreis gezogen, so daß die Stadt nur uoch nach dem Stillen Ozean offen ist. Sämtliche an die Vereinigten Staaten und den Golf von Mexiko an grenzenden Staaten find in Händen der Aufständischen. Die Rebellen befinden sich von Veracruz und vom Norde« her im Anmarsch auf die Hauptstadt. Infolge der Zensur wider sprechen sich die Meldungen natürlich außerordentlich. — Einmal heißt es, die Auf ständischen hätten den Staats präsidenten Portes Gil, den Generalstabschef der mexikanischen Armee und den Kriegsminister Calles gefangen genommen. Eine andere Meldung widerruft diese Nachricht. Die Hauptstadt rüstet fieber haft gegen die Rebellen. Während dauernd Truppen transporte die Stadt durch ziehen, tagt das mexikanische Kabinett ständig, um sich über die Maßnahmen zur Bekämpfung der Revolution schlüssig zu werden. Die Regierung hofft, daß Alexiko-City durch das Gebirge genügend gegen die Rebellen geschützt ist. Den Rebellen ist es durch einen geschickten Appell an die Indianerstämme im Norden gelungen, daß sich diese mit der Regierung bereits seit längerem unzufriedenen Indianer den Aufständischen angeschlossen haben. Die Rebellen sind davon überzeugt, daß die Aufstandsbewegung glückt. Durch Wiedereröffnung aller Kirchen in den von ihnen beherrschten zehn Staaten versuchen sie auch die kleri kale Partei ausihre Seite zu ziehen, die ebenfalls die jetzige Regierung in Mexiko bekämpft. Karte zur Revolution in Mexiko. Zwei grotze Schlachten in Mexiko Die Flotte zu den Aufständischen übergegangen London, 6. März. In Mexiko sind augenblicklich zwei große Schlachten im Gange und zwar bei Monterry und im Staate Verakruz. Eine Entscheidung ist bisher noch nicht gefallen. Die Verluste sollen auf beiden Seiten sehr groß sein. Escobar will von Mittwoch an die Kämpfe im Norden persönlich leiten. Bei Montperry stehen bis jetzt 10000 Mann Regierungstruppen gegen die Aufständischen. Gegen Verakruz sind 15 000 Mann ausgezogen. In Vera kruz hat sich die Flotte den Aufständischen angeschlossen. Scharfe Schüsse aus Streitende in Griechenland U Berli«, 6. März. Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Athen ist in Eleusis ein Streik ausgebrochen. Die Polizei hat 15 Verhaftungen vo. genommen. Darauf zogen Aufständische vor die Polizei und verlangten die so fortige Freilassung der Verhafteten. Als der Polizeichef sich weigerte, dem Verlangen nachzukommen, unternahmen die Streikenden einen Angriff auf die Polizei, wobei die Beamten mit Steinen beworfen wurden. Die Polizei schoß in die Menge. Dabei wurden 2 Personen getötet und 8 verwundet. Auch von der Polizei wurden mehrere verletzt. Mehr Schuh den deutschen Kulturgütern! Gege« den Verkauf des Welfenschatzes an Amerika. Berlin. Der Tag für Denkmalspflege und Heimatschutz, der Deutsche Verein für Kunstwissenschaften, der Deutsche Museumsbund und die Tagung für christliche Kunst haben als berufene Vertreter des Schutzes der Denkmäler deutscher Kunst in letzter Stunde eine Eingabe an die zuständigen leitenden Stellen des Reiches und Preußens in der Ange legenheit des Welsenschatzes gerichtet, dessen Verkauf nach Amerika bekanntlich droht. In dieser wird die ungewöhn liche Bedeutung des Schatzes für die deutsche Kunst und Kultur nachdrücklich hervorgehoben. In Anbetracht seiner Unersetzlichkeit und Einmaligkeit wird die dringende Bitte ausgesprochen, es möchten keine Mittel unversucht gelassen werden, um den Verlust abzuwenden. Es erscheine nach Lage der Dinge durchaus gerechtfertigt, in einem solchen Falle äff ent- liche Mittel aufzuwenden, in dem der Verlust wertvoll sten Kulturgutes zu befürchten sei. Ein finanzielles Ein treten des Reiches und Preußens würde sicher auch andere öffentliche Körperschaften und private Kreise trotz der Not der Zeit veranlassen, das ihre dazu beizutragen, um diese nicht wieder gutzumachende Abwanderung deutschen Kunst besitzes zu verhindern. Belgien bloßgestelli. Frank-Heine kein Dokumentenfälscher. Brüste!. Nach den neuesten Nachrichten wird Frank- Heine nicht mehr beschuldigt, die belgisch-französischen Ge. Heimverträge gefälscht zu haben. Es wird ihm nur zur Last gelegt, in seinem Auslandspaß Abänderungen vorgenommen zu haben. Weshalb wurde er verhaftet? Frank stand im Dienste der belgischen Spionage. Es wird in eingeweihten Kreisen angedeutet, daß die belgische Staatsanwaltschaft mit der Verhaftung Franks einen Fehler begangen habe, da Frank für den belgischen Spionagedienst unmöglich gemacht worden sei. Schuldig an einer „Fälschung" sollen nun Ward Herman und flämische Nationalisten gemacht wer den. Herman soll angeblich an der holländischen Grenze sich i das Leben genommen haben. Die Bestätigung hierfür fehlt. Der frühere belgische Minister für Landesverteidigung, De Broucksre, bestätigte gegenüber Pressevertretern die Richtigkeit einiger Stellen des belgisch-französischen Militarvertrages. Das sei für die belgischen Generalstabsoffiziere sehr unange nehm, da sie nunmehr neue Mobilisierungspläne ausarbeiten i müßten. In Amsterdam ist man jetzt davon überzeugt, daß j die Veröffentlichung der Geheimdokumente indirekt durch die^ ! niederländische Regierung veranlaßt worden ist. Man nimmt j an, daß, wenn die Dokumente gefälscht sind, der Auftraggeber ; Heines der belgische Spionagedienst gewesen ist, der damit ein großzügiges Hetzmanöver gegen Deutschland planmäßig vorbereitet habe. Der „Nieuwe Rotterdamsche Courant" ver öffentlicht eine Unterredung mit dem Präsidenten der Steen- kolen-Handelsvereeniging, van Beuningen, in Rotter dam, der die veröffentlichten Geheimdokumente erworben hat. Herr van Beuningen erklärte: „An der Echtheit des Dokumentes war leider n icht zu zw eifeln. Ich habe mich in dieser Hinsicht nach jeder Richtung hin verge wissert." Der Absatz dieser Erz ugn st- leidet nach wie vor empfindlich unter dem Wohnungsmangel. Auf der Sportmesse interessieren Neuheiten in ge- Gtmmangriff in den Straßen Leipzigs. Reklamegehen mit Staubschutzmasken auf der Leipziger Messe, strickt-r Sportbekleidung, ferner in imprägnierter Sportbekleidung; Aus- landsuachsiage besteht aus Amerika, Jmben und Indien In Spielwaren herrscht Auslandsinterksse für Neuheiten in mechanischen Spielwaren, besonders auch in preiswerten Bazarartikeln. In Stapel und Lvxosporzellan sind zu den bisherigen Auslandsinte- klstenten im Laufe des MefledimslagS auch italienische Käufer hinzu» gekommen. Das Geschäft in Lederwaren ist uneinheitlich; das Aus- land verlangt vor allem Neuheiten. Auf der Süßwarenmesse ist da- Geschäft im allgemeinen nicht unbefriedigend. Auf dem Ausstellungsgclände erweist sich die Baumesse als gro« her Erfolg. Die Ziegelindustrie konnte bedeutende Neuverbindungen anknüpfen. Das Geschäft in Ocfen und Herden ist befriedigend. Für Baumaschinen aller Art besteht lebhafte Nachfrage, die zu größeren Ab schlüssen führen dürfte. In der Gruppe der Ebktrotechnik werden gute Umsätze in elektrischen Haushaltsartikeln und Jnstallationsbedarf erzielt. Die Radiotechnik ve-kaufte Radioeinzelteile in großem Umsange. WaS Spezialmaschinen betrifft, so wird u. a. das Geschäft in Waschmaschinen als recht gut bezeichnet. Auf den Besuch der Großen Technischen Messe und Bäumest- werden in den kommenden Tagen die am Mittwoch be ginnenden Bortragsv ranstaltungen zweifellos weiter anregend wirken. Tagungen in Sachsen Jubiläumsfeier des Evangelischen Bundes. Die 40jährige Jubiläumsfeier des Evangelischen Bundes in Sachsen findet nicht, wie erst geplant war, am 4. Mai in Meißen statt. Die Jubelfeier soll im Herbst in Zwickau ab gehalten werden. Vortragsveranstaltungen des Landesmilchausschusses. Der Reichsmilchausschutz hat in Verfolg seiner Be strebungen auf Förderung des Verbrauches von Milch und Milchprodukten angeregt, im Februar und März in 20 Groh- städten des Reiches Vortragsveranstaltungen abzuhalten. In Sachsen find diese im Zusammenwirken mit dem Sächsischen