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Bis /,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das rr Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgcrichtSbezir«: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weihbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdvrf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-DittmannSdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, «lbertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von S. L. F ö, ll " « E r S en (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. M o h r in Pulsnitz Nummer 66 Donnerstag, den 7 MSrz 1829 81. Jahrgang Das Wichtigste Reichswirtschaftsminister Curtius ist an einer leichten Trippe er krankt und muß einige Tage dar Bett hüten. Thea Rasche ist am Mittwoch aus Deutschland in New-Dark ein getroffen. Sie hofft, wie sie bei ihrer Ankunft erklärte, tn diesem Jahre einen Transatlantikflug durchführen zu können. Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Sangesur in Armenien, ist ein Gebirgsdors durch einen Bergsturz verschüttet worden. Dreizehn Bauern wurden getötet, vierzehn verletzt. Die mexikanische Regierung gibt bekannt, daß die Ausständischen auf allen Fronten im Rückzüge begriffen find. Ser Reichstag hat das Wort! Bemerkungen zum Reichshaushalt 1929. ' Nachdem die neuen Steuern, denen die um ihre Existenz schwer ringende deutsche Wirtschaft mit gemischten Gefühlen entgegensteht — bedeuten sie doch eine außerordentliche neue Belastung —, vom Reichsrat angenommen worden sind, wird sich nunmehr der Reichstag nach seinem Wiederzusammen- tritt am 13. März mit dem ReichshaushaU 1929 beschäf tigen müssen. Die Rvichsregierung wird eine Doppelvorlage zum Etat einbringen, da sie sich nicht mit der Stellungnahme des Reichsrats in allen Punkten einverstanden erklären kann. Der Reichsetat, der eine Gesamthöhe von 9 825 300 000 Rm. erreicht, hat ein Defizit von 797,1 Millionen. Hier spiegelt sich die Not der deutschen Reichsfinanzen wider, die unter den Milliardenlasten der Reparationen keinen Aufschwung nehmen können. Das wirtschaftlich und finanziell danieder- liegende Deutschland kann sich keine großen sozialen oder „luxuriösen" Sprünge mehr erlauben, und im Reichstag wird nunmehr die große Sparmaschine einsetzen müssen, um noch größere Abstriche am Etat vorzunehmen. Die Kassenlage des Reiches macht allen Parteien und der Reichsregierung ernsteste Sorgen. Ultimo März werden der Reichskasse erheblich mehr als 1 Milliarde greifbare Mittel schien. Davon kann nur eine halbe Milliarde durch Schatz wechsel und Reichsbankkredit beschafft werden. Für den größeren Rest muß das Reich kurzfristige Darlehen zu be kommen suchen, wo es kann. Wir sind jetzt tatsächlich so weit, daß über die zulässigen Betriebskredite hinaus die ge samten offenen Anleiheermächtigungen im Wege kurzfristigen Kredits voll flüssig gemacht werden müssen. Zwar ist im Reichsrat eine etwaige Mithilfe von Länderseite zur Ueber- Windung des Quartalswechsels angeboten worden, und es ist empfohlen worden, alle Reichsbehörden zu ersuchen, im März Wit Rücksicht auf die verzweifelte wirtschaftliche Lage jede irgendwie verschiebbare Ausgabe über den 1. April hinaus ZU verschieben, aber trotzdem bleiben die Sorgen des Reichsfinanzministers für den 1. April sehr groß. Das Erfordernis der Stunde ist brutale Sparsamkeit bei allen deutschen Ministerien, bei den Behörden, den Ländern, den Städten und Gemeinden. Melleicht läßt sich dann das Reichsdefizit noch etwas vermindern. Hier kann der Reichs tag etwas ausrichten. Unser armes Land muß sich eben unter der Geißel der Reparationen auf das äußerste in seinen ^sgaben beschränken. Ist es nicht furchtbar, daß die neuen erhöhten Steuern (Biersteuer, Erbschaftssteuer, Vermögens- Mwachssteuer) eine sichere Deckung der Reichsausgaben nicht parsteUen, daß es sich nach den Ausführungen Or. Brechts ^7-EAsrat trotz der hohen neuen Steuern nur um eine 7" ,"ftge Balance des Reichshaushalts mit der Gefahr eines neuen Fehlbetrags handelt? Dazu kommt die bedauerliche Siurzung der Steuerüberweisungen an die Länder, über deren große Verwaltungsausgaben man sich klar sein sollte. Es ist eine Verschleierung unserer wahren wirtschaftlichen Notlage, wenn das dem Reich drohende Defizit auf Lie Länder abge wälzt wird. Zn den notwendigen Aufgaben der Länder und Gemeinden gehören: 1. Das Schulwesen mit 1,75 Milliarden; 2. die Justiz mit 0,25 Milliarden, 3. die Polizei (über den Reichszuschuß hinaus) mit 460 Mil lionen, 4. allgemeine W 0 hl fahrts p fleg e mit 1,5 Mil liarden, 5. Wohnungs- und Siedelungswesen mit 0,75 Milliarden, 6. Straßen- und Verkehrs wesen mit 700 Millionen, zusammen also mit Mil liarden im Jahr, eine Summe, die wesentlich größer ist als die allgemeinen Steuerüberweisungen von 3,2 Milliarden. Das sind doch alles keine Luxusausgaben, die die Länder zu bestreiten haben. Aber es ist eben so weit bei uns gekommen auf Grund der Daweslasten —, daß wir die Hilfsmaß nahmen in sozialer Beziehung oder zur Stützung der Wirt schaft, der Industrie, -es Handels oder der Landwirtschaft, des Handwerks und Gewerbes auf das äußerste beschneiden müssen. Ist es nicht ein warnendes Menetekel für unsere Wirtschaftslage, dm, die Invalidenversicherung sich aus eigenen Mitteln nicht erhalten kann, sondern Millionendar lehen vom Reiche anfordern muß? Der Reichsrat hat schon gestrichen: 2,7 Millionen beim ' M M MMWMUWk lll Seil! klWkt Der deutsche Reichs nutze «Minister spricht vor dem Völkerdnndsrat Chamberlin und Briand gegen Stresemann — Die Berliner Presse zur Minderheitenaussprache in Genf — Die Aufnahme der Stresemann-Rede in der Berliner Presse — Die Lage in Genf verworren Genf. In der riesigen Versammlung, die den großen Glasfaal vis aus den letzten Platz füllte, wurde die Aus sprache über die Minderheitenfrage durch den kanadischen ' Ratsvertreter Dandurand eingeleitet. Er verlas sein Mlnderheitenmemorandum, in dem er von dem Standpunkt ° ausgeht, daß die Minderheitengarantien nicht dazu geschaffen s seien, ein Aufschlucken der fremden Volksteile vorzubereiten, ' sondern bezweckten, das Zusammenleben verschiedener Raffen in kultureller und ethnologischer Freiheit zu gewährleisten. Die Rede vr. Stresemanns Kang in einer scharfen Kritik aus, als er erklärte, Laß der Völkerbund sich selbst auf geben würde, wenn er die Grundsätze aufgebe, von denen er bei Annahme des Minderheitenschutzes ausgegangen sei. Nach der englischen Uebersetzung der Stresemann-Rede wurde die Sitzung auf drei Stunden unterbrochen. Danach gab Zaleski als «Sprecher der Gegenpartei eine Erklärung ab. Stresemanns Zwanzig-Minuten-Rede. Am Mittwoch mittag kam vr. Stresemann zu Wort. Er las in deutscher Sprache deutlich verständlich. Er schilderte die moralische Notwendigkeit desMinderheiten- schußes, hielt sich im praktischen Teil innerhalb der Vor- schlage von Dandurand und gipfelte in einem Vorschlag auf Schaffung einer besonderen Studienkom mission, die so zusammengesetzt wäre, daß sie über die notwendige Autorität und Sachkunde verfügt. Sie mühte eine angemessene Zeit Angewiesen erhalten, nm ihren Bericht zu erstatten. Die Rede dauerte zwanzig Minuten. Es folgte die Uebersetzung ins Französische. Die Ratsmitglieder, die fast alle der deutschen Sprache mächtig sind, hörten mehr oder weniger interessiert zu. Zaleski setzte seine bekannte hochnäsige Miene auf. Die Vorschläge des Reichsaußenministers. vr. Stresemann gab einen Rückblick auf die Behandlung der Minderheitenprobleme und kam zu dem Schluß, daß die Feindschaft zwischen den Völkern dadurch viel schneller be seitigt werden könnte, wenn jene Volksteile, die zu einem anderen Lande gekommen seien, sich gegen ungerechte Be handlung und Unterdrückung geschützt wüßten. Dem Völker bund sei seinerzeit Lie Pflicht auferlegt worden, die Unantast barkeit der Schußbestimmungen für die Minderheiten zu garantieren. Der Völkerbund hätte aber auch die Pflicht, sich von der fortdauernden Durchführung der Schutzbestim mungen zu vergewissern. Leider seien Theorie und Praxis hier nicht miteinander in Einklang zu bringen, und es sei eine unleugbare Tatsache, daß die Minderheiten in schwerer Sorge um ihr kulturelles Schicksal seien. Durch diese Enttäuschungen sei die scharfe Kritik an den Einrichtungen des Völkerbundes nur allzu leicht ver ständlich. Man habe im Völkerbund über den Zweck der Mindecheitenschußbestimmungen und den Zweck der Ga rantie des Völkerbundes zu deuteln versucht und es ruhig mit angesehen, daß die Minderheiten langsam über haupt verschwinden und in die Mehrheit der Staatsbevölke rung aufgehen. Das widerspreche entschieden dem Gedanken, daß der Minderheitschutz ein dauernder und nicht nur ein vorübergehender Schutz sein solle. Es sei unbedingt notwendig, daß sich der Völker bund darüber klar werde, wie er sich fortlaufend über die Lage der Minderheiten unterrichten könne. Es sei un bestreitbar, daß die Zugehörigkeit zu einer Minderheit nicht im Gegensatz zur Erfüllung der allgemeinen staatsbürger lichen Pflichten stehe. Werde diese aber anerkannt, so könne man es nicht als eine unzulässige politische Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines fremden Staates ansehen, wenn ein Land sich für die Minderheiten in einem anderen Lande interessiere. Daraus dürfe man nicht gleich die Folge rung ziehen, daß das Minderheitenrecht dazu führen könne, eine JrreLenta-Bewegung herbeizuführen. vr. Stresemann faßte seine Ausführungen schließlich dahingehend zusammen, daß er vvvschlug: 1. Besserung des normalen Verfahrens bei der Be handlung von Petitionen, 2. Hinzuziehung der beteiligten Nationen, 3. Prüfung der Garantiepflicht dts Völkerbundes, 4. Klärung der grundsätzlichen «Seite der Völkerbund garantie. Als bestes Mittel zur Bewältigung dieser Arbeit schlug ' vr. Stresemann die Einsetzung einer besonderen Studien kommission vor, die über die notwendige Autorität und Sach kunde verfügt und der zugleich die Möglichkeit geboten werden müsse, alle bei dem Problem in Betracht kommenden Gesichtspunkte geltend zu machen. Der frühere Staatssekretär der Vereinigten Staaten ! Eliou Root, der zur Zeit in Genf weilt, hat dem Generals ! sekretär des Völkerbundes und verschiedenem Ratsmitgliedern! ! einen Vorschlag unterbreitet, den Vereinigten Staaten zum internationalen Berichter im Haag die Wege zu ebnen. Auch Briand lehnt Stresemanns Vorschläge ab Genf, 6. März. Im weiteren Verlauf der Aussprache des Rates ergriff der französische Außenminister Briand das Wort zu einer längeren Rede, in der er jegliche Aen- derung des gegenwärtigen Standes des Minderheitenschutzes durch den Völkerbund ablehnle, falls hierdurch die Sou veränität der Staaten und die Angleichung der Minderheiten an die Mehrheitsvölker in Frage gestellt würde. Briand ging von der Feststellung aus, daß der Völkerbund niemals versucht habe, sich seinen Verpflichtungen gegenüber den Minderheiten zu entziehen. Der Völkerbund habe jedoch über alle Erwägungen den Schutz der nationalen Souveräni tät der Staaten zu stellen. Dieser Grundsatz habe allen an deren voranzugehen. Die große Schwierigkeit, in der sich der Rat befinde, sei dir Aufrechterhaltung sowohl dieses Grundsatzes als auch der den Minderheiten gewährten Rechte, Stresemann habe in einer philosophischen Rede ein sehr weit gehendes Ideal vorgeschlagen, während Chamberlain eine Art mehr praktisch gerichteter Auffassung vertreten habe. Man müsse jedoch dem Rechnung tragen, daß der Völker bund es mit der traurigen Wirklichkeit und nicht mit dem Ewigen zu tun habe. Es sei nicht Aufgabe des Völker bundes, sich hier mit der Ewigkeit zu befassen. Er zweifle nicht daran, daß die Verteidigung der Minderheiten rechte von ehrlichen Absichten ausgehe, aber Menjchen bleiben immer Menschen. Es gebe aber Menschen, die einen ver achtungswürdigen und sonderbaren Geschmack in der Politik hätten und es als ihre Aufgabe ansehen, die Minderheiten fortwährend aufzuhetzen, statt sie zu beruhigen. Dies diene nicht dem Weltfrieden, da hierdurch nur ein Block von Un zufriedenen geschaffen werde. Auch Chamberlain gegen Stresemann Genf, 6. März. Die große Aussprache im Völker bundsrat über die Minderheitenfrage am Mittwoch nach mittag nahm einen sehr lebhaften Verlauf. Die Vertreter Polens und Rumäniens lchnten in Form von Gegenan trägen die deutschen Vorschläge grundsätzlich ab. Großes Aufsehen erregte die außerordentlich schroffe Weise, in der der englische Außenminister Chamberlain sich im Gegensatz zu dem GM und Inhalt der Rede Stresemanns stellte und sich vorbehaltlos dem polnischen und rumänischen Stand punkt anschloß unter völliger Mißverkennung der ganzen Tragweite der Minderheitenfrage für den Völkerbund und den europäischen Frieden. Die Berliner Presse zur Minderheiten aussprache in Gens Berlin, 7. März. Zu der Minderheitenaussprache in Genf nehmen vorläufig nur w-nige Blätter ausführlich Stellung. Die DeutscheAllgemeine Zeitung sagt, «S sei im gewissen Sinne ein historisches Ereignis, daß Deutschland vor der internationalen Weltöffentlichkeit als ein Anwalt der großen und unaufhaltsamen Idee der kulturellen Gleichberechtigung und der Gerechtigkeit auch gegenüber den Schwachen und Bedrückten aufgetreten sei. Der Börsen kurier schreibt, der moralische Erfolg der deutschen Ver teidigung sestgelegter Minderheitenrechte könne schon heute