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Erzgebirgischer Volksfreund : 07.11.1942
- Erscheinungsdatum
- 1942-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-194211076
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19421107
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19421107
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1942
-
Monat
1942-11
- Tag 1942-11-07
-
Monat
1942-11
-
Jahr
1942
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 07.11.1942
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recht sparsam mit den Kohlen umzugeben. Dann sprach Schulungsredner Juchem über die Aufgaben des Ortsringes. Mit dem Aufruf zu aktivem Einsatz in der kommenden Win terarbeit schloß der Ortsgruppenleiter den Appell. — Der hierher versetzte Verw.-Obersekretar Klötzer hat das Amt des Ortsverbandsleiters im Reichskolonialbund übernommen. ** Chemnitz. Auf der Bernsdorfer Straße sprang eine 70 Jahre alte Frau von einer fahrenden Straßenbahn. Sie wurde vom Anhänger erfaßt, mitgeschleift und schwer verletzt. " Bühlau. Im Alter von 67 Jahren starb Bürgermeister Martin Richter. Eine nicht genügend beachtete kleine Kopf verletzung führte durch Blutvergiftung zum Tode. E ÄaiiL 188000 Mütter fände« Erholung» In seinem Rechenschaftsbericht über da» letzte Kriegs winterhilfswerk hat Reichsminister Dr. Goebbels die hohen Aufwendungen hervorgehoben, die insbesondere der NSD. aus dem Aufkommen der Sammlungen und Spenden für da« Hilfswerk „Mutter und Kind* zugewiesen wurden. Einer der vielen Arbettszweige de» tzilfswerks ist die Mütter erholungspflege. Al« Maßnahme zur Erhaltung unserer Dolkskraft wird ste auch im Kriege weitergeführt. Trotz aller zeitbedingten Schwierigkeiten ist es möglich gewesen, während des Krieges acht neue gaueigene Heime für die Müttererholung zu eröffnen, so daß die Gesamtzahl dieser Heime jetzt 265 be trägt. Es ist selbstverständlich, daß bei der Erholungsver- schickung Soldatenfrauen und -witwen bevorzugt werden, ferner Mütter, die in der Kriegswirtschaft stark eingesetzt sind, außerdem nach wie vor kinderreiche und werdende Mütter. Für die Auswahl sind gesundheitliche Gesichtspunkte maß gebend. In Ergänzung der verschiedenen Erholungswerkei der Deutschen Arbeitsfront und der Rentenversicherung führt auch die NSV. eine besondere Verschickung von Rustungsarbeiterin- nen durch 158 000 Mütter fanden seit Kriegsbeginn Er holung durch die NSD. In Sonderfällen werden auch Mütter mit Kindern einzeln verschickt, oder man gibt ihnen Beihilfen für Erholungsfahrten zu Verwandten. Im Winter sollen nach Möglichkeit auch Landfrauen in die Verschickung einbezogen werden, die im Kriege in der Regel innerhalb der Heimatgaue erfolgt. Daneben hat die örtliche Erholung»- pflege steigende Bedeutung erlangt. Die Mütter kehren nach sorgsamer Betreuung in Tageserholungsstätten abends in ihre Häuslichkeit zurück. Auch auf diese Weise können vier wöchige Kuren durchgeführt werden, und zwar mit Klein kindern. Ueberall im Reich sind solche Stätten geschaffen worden, in denen die Mütter ohne Bahnfahrt und völlige Trennung von der Familie ausspannen können. Auch für dieses Müttererholungswerk geben wir morgen, am Opfersonntag, unsere Spende. Sie ist ja nur ein geringer Beitrag, gemessen am Opfer unserer Soldaten, die mit ihrem Blut und Leben den Frieden der deutschen Mütter und Kinder schützen. * Der S. November ist in diesem Jahre allgemeiner Arbeitstag. Daher fällt auch der Unterricht in den Schulen nicht aus. Der Bedeutung des Tages ist in den einzelnen Klassen in feierlicher Weise zu gedenken. — Die am 9. Nov. übliche Beflaggung der Gebäude unterbleibt in diesem Jahr. * Au, dem Kaukasus sendet der ff-Mann Manfred Ebert, Aue, allen Freunden in der Erzgebirgsheimat durch den „Erz- gebirgischen Volksfreund* herzliche Grüße. * Jugendarbeit im Kriege. In der Gauschule der DAF. Bermsgrün hatten sich unter Leitung des von der Wehr macht zurückgekchrten Gaujugendwalters, Bannführer Holz mann, ausgesuchte Jugendwalter und Mädelwalterinnen der Betriebe sowie die Kreisjugendwalter der Deutschen Arbeits front aus dem Gau Sachsen zur Arbeit zusammengefunden. Es galt nicht nur die Winterarbeit festzulegen, sondern darüber hinaus Wege zu finden, die trotz des Krieges eine Belebung und Verstärkung der Jugendarbeit sowie eine straffere Führung der Jugend im Betrieb gewährleisten. Vor allem wurden die Fragen der Iugendberufserziehung, des Iugendschutzes, der Gesundheitsführung und des Jugendrechtes — Jugendarrestes — behandelt. Betont wurde, daß das Iugendschutzgesetz auch im Kriege oder gerade wegen des Krieges die Grundlage der sozialen Jugendbetreuung darstellt. Ganz besonders wurden die Aufgaben der Gemeinschaftserziehung herausgestellt. Die Führungskräfte der HI. werden im Betrieb zur Aufmunte rung aller noch brachliegenden Kräfte zusammengefaßt wer den. U. a. sprach im Nahmen der Tagung Gauobmann Peitsch. Klar stellte er die Aufgaben der Jugend im Arbeitsleben heraus und wandte sich vor allem an die Mädelwalterinnen, denen er ihren besonderen Auftrag, die Masse der in den Be trieben tätigen Mädel zur aktiven Mitarbeit heranzuziehen, aufzeigte. Eine Morgenfeier und eine Dichterlesung mit Wolfgang Zenker gaben dem Kulturwillen der schaffenden Jugend Ausdruck In einem Schlußappell betonte der Eau- jugcndwalter nochmals die Verantwortung aller Erziehenden der Jugend. Bedingt durck den Krieg fehlen d*e Führer der HI., und mancher Aeltere ist aufgefordert, an den Aufgaben der Jugend mitzuarbeiten. Unsere Jungen und Mädel haben sich in vielen Kriegsaufgaben bewährt. Jetzt gilt es, sie durch richtige Führung und Betreuung so zu «zieh«, daß st« jeder warte, vielfach auch Hausmeister oder Hausmann genannt, find nach dem 6. Gesetz über Aenderungen in der Unfallver sicherung vom S. März 1S42 unfallverstcherungsvflichtig. Das gilt nicht nur für di« hauptberuflichen Hausmeister, sondern auch für di« Hauswart« im Nebenberuf und solch«, die nur stundenweise mit Hauswartarbeiten beschäftigt find. Die Kür Anmeldung bet der Berufsaenossenschaft für ntchsgesetzltch« Unfallversicherung erforderlichen Anmeldekarten können in den Dienststellen der Deutschen Arbeitsfront, Hauptabt. Heim stätten, angefordert werden. * Di« offenes Werkst« «he» der NS^Franenschast erfreuen sich größten Zuspruch«. Spielsachen au» Holz, Pavier und Stoff entstehen unter den fleißigen Händen. E» wird gemalt, gesägt, geschnitzt und mit Nadel und Faden geschasst. Da» „Auer Püppchen* hat die Herzen aller Mütter'aewonnen. Alle wollen und können e» nacharbeiten. Bi» Weihnachten muß noch viel fertig werden. Nützt die offenen Werkstunden, di« im Hitlerhau», Aue, Carolastr. 16, Erdgeschoß, Zimmer 2, jeden Montag und Mittwoch von 15—17 Uhr und jeden Donnerstag von 20—22 Uhr durchgeführt werden. Auf An fragen sek den großen Brüdern verraten, daß auch ste gern kommen dürfen. Die Schnitzmesser liegen bereit. * Der Erzgebirgszweigverei« Frankfurt «.M. veranstal tete mit seinem alten Stamm von Heimatfreunden und Gästen einen Heimatabend, -er recht stattlich besucht war. Al» Gast war Heimatdichter Artchur Schramm au» Annabevg zu einer Lesung aus eigenen Werken gewonnen worden. Er wußte seine Vorlesungen al» Stimm« au» der Heimat zu einer schönen besinnlichen Stunde zu gestalten. Bereinsführer Gustav Georgi (Aue) brachte den Dank an Archur Schramm zum Aus- druck. Ein paar gemütlich« Stunden, gewürzt durch lustige Schnurren von Herbert Stoll (Aue), «r-göbirgische Erzählungen von Herbert Edelmann (Aue) sowie gemeinsam gesungene Anton-Günther-Lieber schlossen sich an, bi» da» „Feieroymd- lied* den Ausklang brachte. Aue, 7: Nov. Gefreiter Heinz Klaumünzner, Mozart straße 10, hat das E. K. II erhalten. Aue, 7. Nov. Bei -er Sparkasse der Stadt betrugen im 3. Vierteljahr di« Einzahlungen 2 579 315 RM., denen 762 719 RM. Rückzahlungen gegenüberstehen. Der Elnlagenbefiwnd hat sich auf 25,6 Millionen echöht. Seit 1. Ian. beträgt der Ein- lagenzuwachs über 6 Millionen RM. Schneeberg, 7. Nov. Uffz. Martin Bochmann, Auer Str. 81, der das EK. II besitzt, wurde im Osten mit dem EK. I aus- gezeichnet. Schneeberg, 7. Nov. Die Gedenkfeier der Ortsgruppe Schneeberg der NSDAP, für di« Toten de» 9. Novembers, verbunden mit der Ehrung der Gefallenen des ersten und zweiten Weltkrieges, findet am Montag, 9. Nov., pünktlich bereits 19.30 Uhr in der „Goldenen Sonne* statt. Lößnitz, 7. Nov. Wieder hat das Deutsche Rote Kreuz hier einen Grundausbildungslehrgang zu Ende geführt. Nach gründlicher Vorbereitung konnten zwei DRK.-Anwärter und 22 Anwarterinnen von Obermedizinalrat Dr. Kockel-Schwar zenberg geprüft werden. Alle Prüfling« bestanden und er- hielten die Note „gut*. Dereitschaftsführer Unger-Aue nahm die Vereidigung vor und dankte den Ausbildern Zugführerin Gerstner und Oberwachtführer Bunge-Lößnitz. DRK.-Haupt- führerin Preibisch-Schwarzenberg nahm die neuen Helfer und Helferinnen ins DRK. auf und wies sie auf ihre künftigen Pflichten hin. Der Vertreter des Ortsgruppenleiters, SA.- Oberscharführer Klötzer, erläuterte die wichtige Arbeit des DRK. im Aufbauwerk des Führers und gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß sich immer wieder DRK.-Nachwuchs findet. Der Prüfung schloß sich ein kameradschaftliches Bei sammensein an. Zschorlau, 7. Nov. Dem Gefreiten Harry Bochmann, Sohn des Fabrikarbeiters Max Bochmann, Adolf-Hitler-Str. 120 H, wurde im Osten das E. K. II verliehen. Lauter, 7. Nov. Die Ortsgruppe der NSDAP, veran staltet am Sonntag, 8. Nov., 10 Uhr im Gefolgschaftshaus der Sächs. Emaillier- und Stanzwerke eine Heldengedenkfeier für die Toten der Bewegung und des jetzigen Freiheitskampfes. — Beim Standesamt wurden im vergangenen Monat fünf Ehe- sckließungen (darunter eine Ferntrauung), vier Geburten und elf Sterbefälle beurkundet. Carlsfeld, 7. Nov. Die Ortsgruppe der NSDAP, veran- flaltete einen Ausmarsch nach dem Gasthof Weitersglashütte, wo sich ein Mitgliederappell anschloß. Ortsgruppenleiter Klötzer berichtete über Tagesfragen und Bürgermeister Lötzsch gab Ausschluß über die Kohlenversorgung 1942/43. Er mahnte, E V-esirv AK»» D Di» Schlacht t« Aegypten. Dt«^rBU« D«utfch« Wochenschau bringt einen «in- druckovoÜeN »«richt von der Abwehr d«, britischen Groß- angriff«» in Aegypten. Di« Bilder zeigen un», mit welchem Heldenmut unsere Soldaten hier gegen einen an Zahl und Material weit überlegenen Feind «impfen. Wir sehen Mar schall Rommel, wie er die Abschnttt»komman-eure in ihr« Aufgaben «inweiht, wi« deutsche und italienische Fallschirm jäger, di« an der Gl-Alamein-Front im Erdkampf eingesetzt stm>, di« ihnen zugewlesenen Derteibigungsabschnitte beziehen, und wie «in örtlich begrenzter Einbruch der Briten von italie nischen Verbänden bereinigt wird. Hart tobt der Kampf Mann gegen Matm. Di« verloren«» Stellungen werden zu- rückerobert und di« überlebenden Briten gefangen genommen. Unsere Ponzer entlasten durch- kühn geführte Degenarmriffe die schwer kämpfende Infanterie. Bilder von -erschossenen und zertrümmerten britischen Pcmzerkampfwogen werden zur bildhaft«» Ergänzung -er OKW.-Meldungen, nach denen schon in den ersten Tagen der großen Offensive über 310 Panzer- kampfwagen vernichtet wurden. — Und dann die Ostfront. In vielen neuen Perspektiven sehen wir da» Ruinenfeld von Stalingrad. U«ber Trümmer- und Schutthaufen kämpfen sich unsere Grenadier« an die Werkhallen der Deschützfadrik „Kraßny Barrikad* heran. Schüsse peitschen durch die zerstörten Hallen. Bolschewistische Scharfschützen suchen, hinter Steinhaufen ver- borgen, ihr Ziel. Infanteristen reißen die Gewehre hoch. Jede» einzeln« Widerstandsnest muß durch Stoßtrupps aus- geräuchert werden. Au» kurzen, aber eindrucksvollen Bildern entsteht di« ganz« KompfatmosphSre von Stalingrad. Lange Tvuvp» von Gefangenen ziehen an d«r Kamera vorüber; sie wurden au» Kellerlöchern und Bunkern herausgeholt. Der deutsche Soldat bleibt auch in diesem härtesten und schwierig- ste» Häuserkampf Sieger. — Dann folgt die Kaukasus-Front: Kampf um einen 4100 m hohen Gipfel. Einzigartig ist die Schönheit dieser Berg- und Gletscherwelt; hart und schwer aber auch hier der Kampf. Unsere Gebirgsjäger verjagen einen feindlichen Spähtrupp, der sich dem Gipfel nähert. Die Stellungen werden gehalten. Auch im ewigen Eis und Schn«, im Fel» und Gestein de» Hochkaukasus behauptet sich der deutsche Soldat. — Aufnahmen von Einheiten der japanischen Kriegsmarine im Südpazifik zeigen uns di« Kraft und Große der japanischen Flotte, während am Anfang der neuen Wochen schau Bilder aus Italien von den Feiern vom 20. Jahrestag de» Marsche» auf Rom zu sehen sind. Ganz Italien feiert den Duce, den Schöpfer des Imperiums. Deutschland, Italien und Japan stehen Seite an Seite im Kampf um eine neue, gerechte Weltordnung. * „So ei« Früchtchen* (Abler-Lichtspiele, Aue, E.-G.- Platz). Das Früchtchen in diesem Filmschwank ist Lucie Eng lisch — also keine Angst, ihr ewigen Nörgler und Weltver besserer! Zwei Schwestern (Maria Andergast ist die liebens würdige Partnerin der Genannten) ringen sich schlecht und recht durch den Alltag der Großstadt, bi« . . . ja, bis eben dem Früchtchen die Idee kommt, ein tanztüchtiges Schulmädel und altkluges Kind ihrer Schwester zu spielen. Und mit Hilfe dieses Schwindels klappt mit einem Male alles vorzüg- lich. Lucie bekommt ihr „Engagement*, die falsche Mutti einen Mann und das Früchtchen einen Verlobten. Ende gut, alles gut, und da dem bekannten „Schwesternpaar* so" tüchtige Leute wie Rudolf Platte, Fit» Benkhoff, Erich Fiedler und Paul Hörbiger schicksalfügend zur Seite stehen, kommt ein Film zu stande, der dem Zwerchfell ebensogut bekommt wie dem Herzen, das auch seine Labung findet. — Toller jedenfalls treiben es „Die lustigen Vagabunden*, die in den Adler-Lichtspielen in der Bahnhofstraße ein lachendes Publikum finden. kckmlät. Der Ruhelose. Eine Erzählung zum 9. November. / Bon Eitel Kap«» NSK. Im kargen, unguten Sommer von 1923 ist damals an das Johanneum, die alte, fast behäbige Lateinschule der norddeutschen Handelsstadt, ein seltsamer Mann gekommen. Niemand hat ihn groß angekündigt, ganz plötzlich ist er vor der Prima gestanden — ein Lehramtsbewerber wie viele andere auch — und hat sich als der Doktor Jessen den langbeinigen „alten Herren" vorgestellt, die es gewohnt waren, alle Dinge mit Gelassenheit zu nehmen. Man behandelte diese Bewerber mit einer jovialen Großzügigkeit und war es gewohnt, daß gewisse Spielregeln im Umgang gewahrt blieben. So galt es als unmöglich, daß einer der jungen Lehrer in der Art des Rektors und der alten Professoren zu regieren anhub. Im Handumdrehen war solch ein Eifriger umgetauft und hatte es nun zu spüren, wie rauh der Wind hier wehen konnte. Der Doktor Jessen nun, er trug mit einer bestimmten Hartnäckigkeit noch immer den umgearbeiteten grauen Waffen rock des Frontsoldaten und als einzigen Schmuck das Eiserne erster, unterrichtete Geschichte. Das war damals ein Fach, bei dem sich man sich schwer vorstellen konnte, daß es einmal ein Hauptfach werden könne. Die Lehrpläne wechselten ständig, und die Behörde sah es wohl nicht ungern, wenn der Stoff möglichst harmlos und nachlässig behandelt wurde. Irgend etwa» fesselte un» alle an der Persönlichkeit Jessens. Wir sahen ihn an freien Tagen oft draußen vor der Stadt auf langen, einsamen Wanderungen. Und der Instinkt zwang uns, dem Rätsel diese» ernsthaften, ruhelosen Manne» nachzustnnen. Es gab ein paar Schüler, die auch am Doktor Lessen, dem Mann mit der fadenscheinigen grauen Joppe, ihren Witz probierten. Aber die Scherze klangen schal und fanden kein rechtes Echo. Und als uns der feldgraue Doktor die große Tragödie Bismarcks vor die Seele rückte, und als er, ganz schlicht und in freier Rede, vom Opfergang der Millionen vor Verdun, an der Somme und in Flandern berichtete, da war es totenstill in der Klasse. Was hier angeknüpft wurde, bas spann sich fort auf den Spaziergängen, zu denen Jessen immer bereit war. Da sahen wir freilich, daß im Herzen diese« ! hageren, beherrschten Mannes ein Feuer brannte, da» sich nicht , löschen ließ Und niemals zuvor hörten wir bessere Worte - über die Erbärmlichkeit der Zeit und über die faule Feigheit ! der Allzuvtelen als auf solchen Gängen. Es gab in jener Seestadt ein übles pazifistische» Skpndal- blatt, das seine ganze Wut gegen Kräfte richtete, die eine Be legung in die Starre der Zeit brachten. Diese» Blatt war e» natürlich, das am schnellsten den Doktor Jessen aufspürte und verriet. Ein Landsknecht und ruheloser Revoluzzer, so schrieb die Zeitung, sei mit Duldung der schimmerlosen Schulbehörde am Johanneum tätig, um hier in der Still« Umstürzler und Militaristen zu züchten. Am nächsten Tag kam der alte Rektor mit Jessen in die Geschichtsstunde, nachdem ste zuvor lange konferiert hatten. Nie werden wir e» vergessen, wi« der kletnz» weißhaarige Mann zu un» sagte: „Der Doktor Jessen hat mein volle» Vertrauen. Sie wissen, daß er fich sein Amt nicht leicht macht. Danken Sie e» ihm mit Vertrauen und tätiger Mit arbeit!* Er sah nur leuchtende Augen, al» er da» Klaffen- zimmer wieder verließ, und er wußte fich verstanden. Im Spätherbst 1928, in den ersten Tagen de» NovemLer, geschah e» dann, daß Doktor Jessen nicht zum Unterricht kam. E» hieß, er sei mit unbekanntem Ziel verreist. Wir aber spürten, al» dann die Zeitungen au» München berichteten, da müss« unser feldgrauer Doktor dabet sein. Von ihm zuerst hatten ja alle den Namen Adolf Hitler» gehört, von ihm etwa« über die junge Bewegung im Süden oe» Reiche» erfahren. Doktor Lessen hatte uns von einer Kundgebung im Zlrku» Krone berichtet, die er erlebt hatte. „Ich habe t» j«n«r Stund« alle die wiederaesehen, mit l denen ich draußen im Graben gelegen hab^. mit denen ich zur Frühjahrsoffenstv« antvat. Auf einmal waren sie gar nicht tot und auegelöscht; sie lebten und grüßen uns: Wir beißen euch hoffen!* Ja, so hatte der Doktor erzählt und hatte dabei einen sonderlichen Glanz im Gesicht gehabt. Wir hielten es kaum aus, die fünf Stunden Unterricht; dann stürzten wir zu den Aushängekäst^n der Zeitungen und lasen, was es Neues zu melden gab aus München. Das pazifistische Blatt überschlug sich in Verdammungen und heulte triumphierend, der Putsch sei zusammengebrochen. Jetzt werde das Gericht sprechen. An einem nebligen Novembertag stand Doktor Jessen noch einmal vor der Klasse. In fünfundvierzig Minuten gab er un» ein Bild des deutschen Schicksals vom Aufbruch 1914 bis -mn Novemberverrat. Und al» dann die Glock« läutete, da ging keiner hinau», da mußte unser Lehrer aus München berichten. Bitter zuerst, fast stockend erwähnte er den Wort- bruch, dann aber ächtete er den Blick in« Weite. ,/k» mag mancher denken, wir seien abermals gescheitert*, so sagt« er und wog jede» Wort. „Ich aber sag« euch, daß dies« Fackel niemal» mehr auegelöscht werden kann. Die Zeugen find aufgestanden, un- wir wissen nun wenigstens, wie sehr un« die Ketten schmerzen. Da« läßt un» keine Ruhe, und wenn ich nun fortgeh«, w«il ich hier nicht m«hr bleiben kann, dann hinterlass« ich euch etwa», da» ihr zu wahren habt. S» ist da» beste Erb, «ine» Volk«» und ,» tst ein wirk- sicher Auftrag. Di« Flagge, di« da» Mut der Opfer getrunken hat, wird niemand m«yr einholen, so mächtig sich auch die Widersacher blähen und spreizen!* Mr haben danach vom Doktor Jessen Abschied genommen, der nun landauf und landab wettemog, einer ungewissen Zukunft entgegen, vergessen hat ihn niemand in den langen Jahren, so wenig man ferm Mahnung pergessen konnte. Sein ernste», schmales Antlitz hat vor uns gestanden, denn er war nur einer unter vielen, aber er war uns ein Sinnbild der deutschen Seele geworden, die ruhelo» ist, bis der Tag thtes Volke« anbrlch1.(. ., , -
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