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Nr. 24. Pulsnitzer Tageblatt. — Dienstag, den 29. Januar 1929. Seite 3. Tagungen in Sachsen Hauptversammlung des Verbandes Sächsischer Industrieller. Die diesjährige Hauptversammlung des Verbandes Säch sischer Industrieller wird am Freitag, den 15. März, vormittags 10 Uhr, im Vereinshaus zu Dresden, Zinzendorsstraße 17, stattfinden. Jahreshauptversammlung des Sächs. Verkehrsbundes. Zum 28. Male hatte der Sächs. Verkehrsverband seinen Ge samtvorstand und seine zahlreichen Mitglieder aus allen Teilen des Landes, die Vertreter aller Verkehrsorganisationen Sach sens, der Städte, der Bäder, der Kurorte und der Gemeinden, des Handels, des Gewerbes und der Industrie zu einer Jahreshauptversammlung nach der „Warte des Erzgebirges", dem freundlichen Städten Augustusburg, eingeladen. Ver treter der Landesbehörden bekundeten durch ihre Anwesenheit deren reges Interesse an den Bestrebungen und den Arbeiten des Verbandes. In zweitägiger ernster Arbeit ward unter der Leitung des langjährigen bewährten Vorsitzen Dr. Jäger ein umfangreiches Arbeitspensum erledigt. Aus der sehr reich haltigen Tagesordnung erregten besonderes Interesse die Punkte: Teilnahme an der Jahresschau, Winterwettermeldun- gen, Werbemaßnahmen, unbewachte Bahnübergänge, Fragen des Grenzverkehrs, Förderung der Erzgebirgsschau u. a. Aus dem Geschäftsbericht, der gedruckt vorliegt, geht hervor, daß der Sächs. Verkehrsverband seinen Mitgliederbestand im Jahre 1928 um 22 neue aus rund 300 Mitglieder vermehren konnte. Der Verkehrstag 1929 des Sächs. Verkehrsverbandes wird in Bad Elster abgehalten werden, als Ort für die nächstrahrlge Jahreshauptversammlung wurde Stolpen gewählt. Eine Vertricbstechnische Tagung. Während der Leipziger Frühjahrsmesse veranstaltet der Verein Deutscher Ingenieure (Fachgruppe Verirrebj-mgent- eure) eine Vertriebstechnische Tagung. Am 9. Marz 1929, 10 Uhr Vorm., werden im Haus der Elektrotechnik eine Reche von Vorträgen gehalten, die den Aufgabenkrers „Vcrtrrebs- technische Er»euanisse" behandeln. Gleichzeitig wird auf die Dauer der Leipziger Meße die Wanderschau „Der Vertriebs ingenieur" gezeigt. Der Ausklang -er Ooorner Feier. Doorn. Am Sonntag abend erstrahlte Schloß Doorn anläßlich des 70. Geburtstages des ehemaligen Kaisers von tausend elektrischen Glühlampen. Weithin vernehmbar hob sich ein großes „W" vom Hausdache ab. Zu dieser Zeit ging ein Glückwunschtelegramm vom König von Eng. land ein. Ein großer Tag ist für Doorn vorbei. Aus allen vier Windrichtungen hatten sich die Presse der Welt und ihre Ka mera- und Kurbelmänner eingefunden. Es wimmelte direkt von Presseleuten, und fast alle Weltblätter waren vertreten. Aber von all den vielen Journalisten gelang es nur einem Eine Abordnung der Einwohner von L>oorn uvervrachte Wilhelm ll. zu seinem 70. Geburtstag ein Geschenk und trug einiae Lieder vor dem Schlosse vor. jungen Dänen und einer Amerikanerin, in das Schloß einzu- dringen. Die Amerikanerin wandte sich an Wilhelm II. in L-er Empfangshalle: „Majestät, darf ich um einen Gruß an das amerikanische Volk bitten?" Der Kaiser, knapp und entschieden: „Ich bin ei n Pr i v a t m a nn und habe keine Botschaften zu geben." Die beiden Reporter wurden darauf« hin von dem Diener hinauskomplimentiert. Bedeutungsvoll ist ein Trinkspruch des ehemaligen Kronprinzen Rupprecht von Bayern, den er bei einem Frühstück der Bayerischen Offiziersverbände in München ausbrachte: „Fern von der Heimat feiert Seine Majestät Kaiser Wilhelm II. sein Geburtstagsfest. Als alte Soldaten gedenken wir seiner am heutigen Tage und ge denken der Zeiten, in denen unter seinem Oberbefehl Seite an Seite mit ihren Kameraden bayerische Truppen auf allen Schlachtfeldern des Krieges kämpften in Treue, todesmutiger Erfüllung ihres Fahneneides. Wir gedenken jener glück lichen Zeiten, in denen die Kaiserkrone das Symbol war eines aus in sich freien Bundesstaaten gefügten ninigen, kräftigen und in friedlicher, gedeihlicher Entwicklung befindlichen Reiches. Möchten solche Zeiten wiederkehren, und möge es S. M. vergönnt sein, in gesegnetem Atter die Morgenröte eines schöneren Deutschland zu erblicken." Oie Weltpresse zum 21. Zanuar. Paris. Die Pariser Presse berichtete in einem längeren Telegramm über die Geburtstagsfeier des früheren deutschen Kaisers. Die französische Presse ist entrüstet dar über, daß der Kaiser sich gegen die alleinige Schuld Deutsch, lands am Weltkriege gewandt hat. In Paris kann man es nicht begreifen, daß Deutschland den Vorwurf, es sei schuld am Weltkriege, mit Recht zurückweisen muß. London. Die englische Presse berichtete sachlich über die Doorner FÄer. Das Buch des ehemaligen Kaisers „Meine Vorfahren" wird aus Anlaß des Geburtttages ziem, lich freundlich behandelt. Kopenhagen. Die dänische Presse schreibt, Wilhelm H. wurde der große Sündenbock, wurde zum teuflischen Herrn des Krieges selbst und sein Urheber, sowohl für die Feind« wie sein eigenes Volk. Die jetzige Forschung hat jedoch ge» zeigt, daß Wilhelm II. gar nicht so viel Macht be- saß, um allein eine Welt in Brand stecken zu können. Wil helm II. war jedoch Kin gewöhnlicher Monarch. Man muß die Erschaffung der deutschen Kriegsflotte und der deutschen Kolonien als seine wirklich große staatsmännische Leistung bettachten. Stockholm. Die gesamte schwedische Presse ist sich dar- über einig, daß das Bild des Kaisers in gehässiger Weise entstellt worden ist. Wilhelm II. war aber nicht der plan mäßige Friedensstörer, wie man es immer darstellt. Es war gewiß Ernst in seinem Gelöbnis, die deutsche Nation „Herr- lichen Zeiten" zuzuführen. Bochum. In einem Leitartikel rühmt der holländische „Telegraaf" den Kaiser als stillen Wohltäter, der in Doorn manchem Elend gesteuert habe. Der Kaiser habe außer ordentlich viel Gutes getan. Noch vor einigen Wochen ließ sich der Kaiser über die Lags einer Anzahl bedürftiger Fa- mitten in Doorn informieren. Einen Tag später hielten Lastwagen mit Holz und Kohlen vor den Wohnungen der Bedürftigen, deren Brennstoffversorgung während des Winters der Kaiser sicherstellen ließ. Uebereinstimmend stellt die niederländische Presse bei der Gelegenheit des 70. Ge burtstages des Kaisers mit Genugtuung fest, daß die nieder- ländische Regierung das aus Haß und Rachsucht entspringende Auslieferungsbegehren der Entente in würdiger Weise zurückgewiesen habe. Katte und Schnee in ganz Deuischland. 11 500 Schneeschipper in Berlin. Berlin. Aus allen Teilen Deutschlands wurden Mon tag starke Schneefälle gemeldet, besonders aus West-, Mittel und Norddeutschland, wo die Schneehöhe durchweg 3V Zentimeter erreicht hat. Vom Brocken werden 188 Zentimeter und von der Z « gspitze 1K 2 Zen timeter Schnee gemeldet. Gleichzeitig hat auch große Kälte eingesetzt, so in Schlesien bis —14 Grad Celsius, in München — 9 Grad nnd in Berlin zeigte das Ther- mometer in den Morgenstunde« des Montag —4 Grad Cel sius. In Berlin hat der starke Schneefall große Verkehrs hindernisse mit sich gebracht. Die Sttaßenreinigung hat an läßlich der anhaltenden Schneefälle der letzten Tage besondere Maßnahmen getroffen. Die 300 Schneepflüge (50 Kraft schneepflüge und 250 bespannte) sind ununterbrochen in Betrieb. Die Kraftfahrer, Kutscher und Gespanne wer den von Zeit zu Zeit abgelöst. Die Anzahl der Hilfsarbeiter ist auf 7200 erhöht worden, so daß zur Zeit mit Einschluß der Stammarbeiter sowie der Führer und Begleiter der Schnee- pflüge und der Kutscher der Abfuhrwagen insgesamt rund 11 500 Mann bei der Städtischen Sttaßenreinigung tätig sind. Budapest. Der starke Schneefall, der zwei Tage hindurch in ganz Ungarn anhielt, hat verschiedene Eisenbahn- unsälle zur Folge gehabt. Einige Personen erlitten leichtere Verletzungen. Sämtliche Züge treffen mit großer Verspä tung ein. Auf einzelnen Strecken hat der Schnee eine Höhe von 3 m erreicht. Stellenweise mußte der Verkehr ganz eingestellt werden. Militär ist eingesetzt worden, um die Strecken wieder sreizumachen. Warschau. Infolge gewaltiger Schneeverwehungen, die zum Teil mehrere Meter hoch sind, mußte der Eisen bahnverkehr mit Lemberg während 24 Stunden vollkom men eingestellt werden. Die Schneepflüge konnten nicht zur Freilegung der Strecke benutzt werden, da sie trotz ihres Ge wichtes aus den Schienen sprangen. Die täglichen Ausgaben der Cisenbahnverwaltung für die Beseitigung der Schnee massen belaufen sich auf etwa 100 000 Mark. Rettung deutscher Frauen aus dem umkämpften Kabul Die Hauptstadt Afghanistans ist der Mittelpunkt der hefti gen Kämpfe um den afghani schen Königsthron. Chabib- ullah, der Führer der Auf ständischen, der Amannllah zum Rücktritt zwang, wird jetzt, wenn man den letzten Meldungen folgt, von Aman ullah angegriffen und zur Uebergabe Kabuls aufgefor dert. Heiße Kämpfe stehen der afghanischen Hauptstadt noch bevor. Da sich die Europäer in Kabul nicht mehr sicher fühlten, von der Belage- runa aber größtenteils über rascht wurden, so mußten sie mit Flugzeugen aus der Stadt gebracht werden. — Unser Bild zeigt die Ankunft eines .englischen Militärflugzeuges, das deutsche Frauen aus Ka- bul rettete, auf dem Flug platz in Peschawar, der Haupt stadt Nordwestindiens. Der Breslauer Doppelraubmord aufgeklärt. Breslau. Di« Kriminalpolizei hat nunmehr den Doppel- mord aufgeklärt, der in der Nacht vom 15. zum 16. Januar in der Breslauer Gastwirtschaft der Witwe Grosser verübt wurde. Zwei Banditen waren nach 12 Uhr mit vorgehalte nem Revolver und weißen Masken vor dem Gesicht in das Lokal eingedrungen, hatten auf Lie überraschten Gäste blind- lings 15 Schüsse abgegeben und damit zwei von ihnen, zwei Viehhändler, getötet. Darauf ergriffen sie Lie Geldkasse, in der sie 400 Mark Bargeld und eine Anzahl Wertgegenstände fanden. Der eine der beiden Banditen konnte nunmehr in der Person des wiederholt vorbestraften 33 Jahre alten Kellners Oskar Breuer verhaftet werben. Sein Mit täter, Ler 24jährige Bürogehilfe Fritz Vieluf, ist aus Breslau in einem Kraftwagen geflüchtet. Beide hatten sich erst etwa acht Tage vor Weihnachten kennen gelernt. Breuer gab nicht nur die Anregung zu dem Ranbüberfall, er hat di« Gelegenheit auch ausbaldowert und sich zu diesem Zweck wiederholt als Gast in dem Lokal der Witwe Grosser auf- gehalten, so daß er mit den dortigen Verhältnissen durchaus vertraut war. Breuer, der inzwischen verhaftet wurde, legt» ein Geständnis ab, erlitt jedoch bei seiner Vernehmung eine«! Nervenzusammenbruch und erklärte, über die Tat ein schüft-' liches, ausführliches Geständnis anzufertigen. Meluf konnte noch nicht gefaßt werden. Patentbericht vom 24. Januar 1929. Mitgeteilt vom Patentbüro Eduard M. Goldbeck, Beilin SW 16, Gitschtnerstraße 5. Patenterteilungen: P. 56523. FirmaI.S.Petzold,Freital- Döhlen b. Dresden. „Vorrichtung zum Verfeinern von Kakao-und Scho koladenmassen u. dgl." Gebrauchsmuster-Eintragungen: R. 75661. Johannes Riedel, Pulsnitz i. S. „Hosenträger-Kreuzteil für Gummibiese mit Wäscheschutz". B. 24840. Vereinigte Graba» und Schregerwerke, Mei ßen a. d. E. „Blechdose mit oberem, nach außen umgerolltem Dosenrand". Ü. 9236. Ungar L Taegtmeyer, Meißen i. S. „Puderpolster für farbige» Schuhwerk". B. 131884. Bautzner Stanz- und Emaillirwerk Akt.-Ges. Bautzen. „Reinigungsapparat für Oelwischer u. dgl." K. 122072. Arno Kretzschmar, Niedergruna b. Nossen. „Dekorationsgreiser". Die Weltreifende»» Gebr. Anfferman« an» Ziel angelangt Am Sonntag, dem 27. Januar 1929, mittag gegen 1 Uhr trafen, von Berlin kommend, die beiden DKW-Welt- reisenden Gebr. Austermann in Chemnitz ein, wo sie auf dem Theaterplatz von Vertretern von Behörden, Ver tretern der VKW-Werke I. S. Raßmussen A.-G. in Zscho pau und einer zahlreichen Menschenmenge begrüßt wurden. Die Weltreisenden, die in 4 Monaten auf dem steuer- und führerscheinsreien 200 ccm DKW-Motorrad durch 21 Lan- LexrUkuuA ller OLIV-Weltrersencken Oebr. Ankermann in cler arabiscdea Wüste ckurck äie Oesancklen äes Königs ^bäuittü. desteile von Europa, Asien und Afrika, insgesamt 25000 km zurückgelegt haben, mochten einen frischen Eindruck. Nach kurzen Ansprachen an die beiden Weltreisenden wurde unter Vorantritt der DKW-Werkskapelle und in Begleitung zahl reicher Autos und Krafträder eine Rundfahrt durch die Stadt gemacht. Das Bemerkenswerteste an dieser Leistung der beiden Weltreisenden ist, daß der Motor vor der Abfahrt in Dresden vom ADAC, vierfach plombiert wurde und die Plomben bei der Ankunft in Berlin als in ordnungsmäßigem Zustande befunden worden sind. Es sind keinerlei Repara turen oder Veränderungen während der ganzen Fahrt vor genommen worden. Die Zuverlässigkeit und Betriebssicher heit der Maschine ist also ein glänzendes Zeugnis der deut schen, speziell der sächsischen industriellen Arbeit. Am Montag abend wurde den Gebr. Austermann in den DKW-Werken in Zschopau eine Schlußfeier bereitet. Voraussichtliche Witterung Landeswetterwarte Dresden (Nachdruck verboten) Heiter bis zeitweilig schwach wolkig, nachts örtlich starker Strablllngsfrost (nm minus 10 Grad) tagsüber bis aus schwa chen Frost ansteigend. Winde aus östlicher uud in höheren Lagen auch aus südlicher Richtung an Stürbe zunehmend. Literatur Lernt fliegen! — Wie werde Ich Flieger? Unter die sem Titel ist im Beilage von Martin Salzmann (Dessau) ein Büchlein erschienen, das erschöpfende Auskunft und Beratung üb-r alles Wissenswerte von der Fliegerei gibt. In welchem jungen Menschen ist noch nicht, wenn er die Riesenvögel hoch in der Luft daherziehen sieht, der Wunsch laut geworden, auch fliegen zu können! Rei der Erfüllung dieses Wunsches unterstützt ihn dieses Buch. Es gibt ihm einen Ueber- blick über die deutschen Fliegerschulen, die Dauer der Ausbildung in denselben und über die Kosten. ES ist nicht immer nölig, daß man über einen großen Geldbeutel verfügen muß, wenn man Flieger werden will. Auch dem unbemittellen, begabten jungen Menschen wird die Ausbildung ermögllcht. Falls das Buch am Platze nicht lieferbar ist, erfolgt sofortige Zusendung vom Verlag Martin Salzmann, Des sau. Das Werk mit 80 Seiten Text und 8 verschiedenen Kunstdruck- Aufnahmen der bekanntesten Flugzeuglypen kostet Mk. 1,50.