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Nr. 19. Puismyer Tageblatt. - Mittwoch, oen 23 Januar t»2d Lette 6 usw. kn Frage komme, den Ortsausschüssen zur Last fallen werde. Die Durchführung der Ruwo in den Betrieben, die Vertei lung von Werbematerial an Orts- und Unterausschüsse, Presse und dergleichen, die Versendung und Verleihung von Filmen für öffentliche Veranstaltungen, Briefverschlußmarken und des Ruwo-Plakates erfolgt zu Lasten der Berufsgenossenschaften durch den Kreis-Bezirks-Ausschuh. Lediglich der sehr wirksame Trickfilm des Ruwo-Plakates kann nicht kostenlos zur Ver fügung gestellt werden, es wird aber den Ortsausschüssen empfohlen, denselben für 35 RM. käuflich zu erwerben. Hierauf wurde in die Erörterung von Einzelfragen einge treten. Es wurde festgestellt, das; in einzelnen Städten und Ortschaften die Vorarbeiten für eine erfolgreiche Durchführung der Ruwo noch nicht in dem erforderlichen Mähe von dm Orts- und Unterausschüssen geleistet worden sind, insbesondere stehe die Beantwortung des unter dem 21. Dezember ausge sandten Fragebogens noch mehrfach aus. über die Mitwirkung der Schulen teilte Herr Oberschulrat Krahl mit, dah das Volksbildungs-Ministerium bereits eine Verordnung erlassen habe und dah auf Grund dieser Verord nung in den Volks- und Berufsschulen alles das geschehen werde, was je nach den örtlichen Verhältnissen geschehen könne. Der Herr Vorsitzende stellte anheim, seitens der Bezirks schulräte die einzelnen Schulbezirke noch ihrerseits auf die Be deutung der Ruwo hinzuweisen und die Ausführung der Mi- nisterial-Verordnung zu unterstreichen, da auf die Mitwirkung der Schulen schon deshalb besonderer Wert gelegt werden müsse, weil durch die Kinder auch die Eltern auf die Veran staltung der Ruwo aufmerksam gemacht werden möchten., Herr Lichtspiel-Direktor Heuer kn Bautzen gab'5re Erklä rung ab, dah aus Grund der von ihm genommenen Fühlung die gröheren Lichtspiel-Theater sämtlich bereit seien, gegen ganz geringe Kosten, ja meist sogar völlig kostenlos, ihre Theater usw. für Schulen und öffentliche Aufführungen zur Verfügung zu stellen. Der anwesende Vertreter des Zentralausschusses ostsächsi scher Arbeitgeber, Herr Rechtsanwalt Israel, erklärte sich bereit, die Arbeitgeber auf die Mitwirkung bei den Veran staltungen der Ruwo in den Betrieben empfehlend hinzuweism. Die Presse wird durch Herrn Baumeister Leupold fort laufend mit eingehenden Werbematerial versorgt werden. Be richte über Veranstaltungen der verschiedenen Orts- und Unter ausschüsse werden hiervon nicht berührt, diese müssen der Presse von den betreffenden Vorsitzenden zugeleitet werden. Die Ärzte und die Samariter-Kolonnen, die Feuerwehr, Schwimmvereine und dergleichen wurden vom Herrn Vor sitzenden um ihre Unterstützung ersucht, die darin bestehen kann, dah während der Ruwo irgendwelche Veranstaltungen, z. B. sine Übung der Kolonnen, eine Feuerwehrübung unter beson derer Berücksichtigung der Unfallverhütungs-Maßnahmen, ein Rettungsschwimmen der Schwimmvereine usw. statifinden. Der Vertreter der Reichspost, Herr Postdirektor Wünsche- Bautzen, weist auf die umfassenden Werbemahnahmen der Reichspostverwaltung hin, insbesondere darauf, dah Postkarten zu 5 und 8 Pfennigen mit dem Ruwo-Plakat versehen, ver kauft werden, denen überdies zweifellos ein gewisser Sammel- wert innewohnen wird. Nachdem weiter auf die rechtzeitige Beschaffung von Un fallbildern zur Ausstellung in öffentlichen Räumen, Schuten, Rathäusern usw. empfehlend hingewiesen und die Erscheinung des Strahensicherheitsdienstes während der Ruwo durch Ver kehrs-Schutzleute als besonders wünschenswert erachtet wurde, wurde die sehr anregend verlaufene und interessante Versamm lung nach Klärung verschiedener Einzelfragen mit der Bitte um tatkräftigste Unterstützung der Ruwo vom Herrn Vor sitzenden geschlossen. Oer Gtaaishaushali für 1929. Dem Landtag ist der Gesetzentwurf über den Staats haushalt für das Rechnungsjahr 1929 zugegangen. Beim ordentlichen Staatshaushalt werden die Gesamt einnahmen aus die Summe von 416 319 780 Mark, die Gesamtausgaben auf die Summe von 431819 780 Mark und der durch die Gesamteinnahmen nicht gedeckte Betrag der Gesamtausgaben (Fehlbetrag) aus die Summe von 19 500 000 Mark festgestellt. Zu außerordentlichen Staatszwecken wird überdies ein Gesamtbetrag von 50 418 950 Mark angesetzt. Streiklage in den sächsisch-thüringischen Webereien. Wie vom Verband sächsisch-thüringischer Webereien mitgeteilt wird, hat der Verband Sächsisch-Thüringischer Webereien bisher eine Aussperrung nur in den Städten Gera, Glauchau und Meerane verhängt, und zwar als Gegenmaßnahme gegen die Bestreitung der Textilfabriken in diesen Städten. Eine Aussperrung in Greiz ist nicht verhängt worden. Hingegen dehnt sich in Greiz die Be streitung der Textilindustrie weiter aus. Jetzt sind auch Fabriken in Elsterberg und Reichenbach im Vogtland be streikt worden. WH öle MMS öW-MM! Börse und Handes Amtliche sächsische Notierungen vom 22. Zanuar. Dresden. Weitere Abschwächungen überwogen. Die Kurs rückgänge betrugen durchschnittlich 1 bis 2 Prozent, während Steigerungen nur selten vorkamen. Am Bankenmarkt waren besonders Reichsbank und Sächsische Bank gedrückt. Maschinen aktien erfuhren einige Schwankungen um 2 Prozent. Erheb liche Rückgänge erlitten darüber hinaus Sondermann u. Stier Lit. H., die 13 und Schubert u. Salzer, die 6 Prozent ein- bützten. Von Textilwerten gaben nur Dittersdorfer Filz und Dürfeld nach. Bei den Verschiedenen lagen besonders Che mische Heyden schwächer neben einigen anderen geringen Ein bußen. Elektrowerte veränderten sich nur wenig. Am Papier markt wurden Dr. Kurz, Verein. Photogenußscheine und Mimosa in größerem Umfange heruntergesetzt. Von kera mischen Werten lagen besonders Keramag und Triptis nied riger. Der Geschäftsumfang war gering. Spore. Ein Vlitzsieg SA/melings. Am Montag schlug in New Dark unser Europameister Max Schmeling das österreichische Schwergewicht Pierto Corri in der ersten Runde k. o. Unter brausendem Beifallssturm der Zuschauer brachte Schmeling seinen Gegner bereits nach 62 Sekunden durch einen rechten Kinn haken für die Zeit zu Boden. Der neue Gegner Schmelings dürfte der bekannte Schwergewichtler Jonny Risko sein, und hier steht Schmeling vor einer schwereren Aufgabe. Kein zweites Frankfurter Sechstage-Nennen. Auf der Sitzung des Vereins deutscher Radrennbahnen in Hannover wurde einem Einspruch gegen ein zweites Frankfurter Sechs- tage-Rennen entsprochen. Der neue Europameister im Schnellaufen. B a l l a n g ru d - Norwegen nach seinem großen Siege in Davos auf den Schultern seiner Freunde. Ballangrud ge wann die Europameisterschaft im Schnellaufen mit einem ganz geringen Punktvorsprung vor dem Titelverteidiger Thunberg. Berliner Produktenbörse: Weizen fest. Amerika kabelte festen Börsenschluß. Die Cif-Angebote des Auslandes lauteten vom Pool kaum verändert, von süd amerikanischen Abladern nur wenig teurer. Dessen ungeachtet zeigte sich hier vermehrte Nachfrage nach der mäßig an gebotenen Ware. Besonders die Müller und einige Provinz firmen nahmen Deckungen vor. Roggen etwas mitgezogen. Gerste und Mais kaum verändert. Hafer eher fester, Mehle in den Forderungen teurer bei vermehrtem Umsatz. Amtliche Notierung Ler Mittagsbörse ab Station. Mehl und Kleie brutto einschl. Sack frei Berlin. ') Hektolitergewicht 74,50 kg. 's do. 69 kg. IM tg Weiz. mark. 22. 1. 2 t. 1. 29 100 kg Mehl 70 22 1. 21 1.29 213.0-215.0 211.0-213.0 Weizen 26.0-29.0 25.7-28.7 März 231.-231 2Z 228.0-229 5 Roggen 27.15-29.0 27.0-28.8 Mai 242.0 241.5 236.5-238.5 Weizenkleie 15.10 15.00 Juli Nogg. mrk.^) 247.5-247.0 244.0-245.0 Roggenkleie Weizenkleie- 14.70 15.00 1460 15.00 208 0-210.0 207.0-209 0 melaffe März 226.00 225.50 Raps (1000 kg) — —— Mai" 236.0-236.7 235 5 235.0 Leinsaat (do.) —» —— Juli Gerste Brau 236.0-236.5 236.0-235 5 Erbsen, Viktoria 40.0-46.0 40.0-46.0 Kl. Speiseerbsen 300 35.0 30.0 35.0 218.0-237.0 218.0- 237.0 Futtererbsen Peluschken 21.0-23.0 22.0-24.0 21.0-23.0 22.0-24.0 Futt.-, Indust 192.0-200.0 192.0-200.0 Ackerbohnen Wicken 21.0-S3.0 26.0-28.0 21.0-23.0 26.0-28.0 Wint. — Lupinen, blau 15 8-16.5 15.8-16.5 Hafer 201.0 207.0 „ gelb 18.0-18.5 18.0-18.5 märk. 201.0-207.0 Seradella 40.0-45.0 40.0-45.0 März — — Rapskuchen 19.9-20.3 19.9-20.3 Mai 237.0-238.0 235.00 Leinkuchen 25.0-25.2 25.0-25.2 Juli 2^3 5-243.7 242.25 Trockenfchnitzel 13.2-13.6 13.2-13.6 Maks Soya-Extrakt. 22.2-22.4 22.2-22.4 Berlin 237.0-238.0 235.0-237.0 Schrot Kartoffelflocken 18.5-19.2 185-19.2 Berliner amtliche Notierung für Rauhfutter. Draht- gepreßtes Roggenstroh (Quadratballen) 1,10—1,25, drahtgepreßtes Weizenstroh (Quadratballen) 1,00—1,20, drahtgepreßtes Hafer- stroh (Quadratballen) 1,35—1,55, drahtgepreßtes Gerstenstroh (Quadratballen) 1,15—1,35, Roggenlangstroh (zweimal mit Stroh gebündelt) 1,05—1,40, bindfadengepreßtes Roggenstroh 0,95 bis 1,05, bindfadengepreßtes Weizenstroh 0,85—1,00, Häcksel 1,60 bis 1,75, handelsübliches Heu (gesund und trocken, nicht über 30 Pro zent Besatz mit minderwertigen Gräsern) 3,00—3,70, gutes Heu (desgl. nicht über 10 Prozent Besatz) 5,00—5,20, Tymothee lose 5,50—6,10, Kleeheu lose 5,30—6,00, Mielitzheu rein gesucht, lose Warthe 3,00—3,50, lose Havel 2,50-3,00 Rm. Drahtgepreßtes Heu 40 Pfg. über Notiz. Die Preise verstehen sich als Er- zeugerpreise ab märkischen Stationen, frei Waggon, für 60 Kilo gramm in Rm. Berliner Buttertzrerse. Amtliche Notierung im Verkehr zwischen Erzeuger ..nd Großhandel, Fracht und Gebinde gehen zu Käufers Lasten: 1. Qualität 182, 2. Qualität 173, abfallende Sorten 157 Rm. Tendenz: Stetig. ! Sonne und Mond. 24. 1. Sonne A. 7.57, U. 16.28; Mond A. 15.04, U. 7.51 OoMriAdl 1928 b? Karl Köhler L Co., Berlin-Zehlendors 3 ,R^din"t ett-nten.i Ehe Frau Lena, der diese Töne doch an das Herz drangen, einen Ton sagen konnte, schnitt ihr der Gatte das Wort ab. „Laß die Mutter aus dem Spiel. Sie kennt nur meinen Willen, weiß nur nach meinen Vorschriften zu leben." Kurz und hart lachte Franz auf und sagte mit einem höh nischen Zug in seinem hübschen Gesicht: „Arme Mutter! Und von dir hoffte ich Unterstützung!? Nun, dann muß es auch ohne deine Hilfe gehen. Also — ich weigere mich entschieden, mich deinem Willen zu fügen, Vater. So, und nun mach', was du willst!" „Du willst nicht?" Lauernd sah der Geheimrat seinen Sohn an. „Nein!" Wie ein Messer schnitt dieses „Nein" durch die Lust. „Dann . . . dann bist du nicht mehr . . ." „Sprich es doch aus, Vater! Zögere doch nicht! Oder soll ich dir helfen? Dann bin ich nicht mehr dein Sohn nicht wahr? Das wolltest du doch sagen?!" Hell lachte Franz auf. „So mußte es ja kommen. Wer sich deinem Willen nicht fügt, der muß weg. — — Gut, Vater, ich gehe schon so, ehe du mich verfluchst! Das laß lieber wegen der Mutter, die würde drunter leiden, denn Frauen nehmen solche Sachen immer wichti ger, als sie sind. Auch würde es schlecht in deine vornehme Linie passen! Also wir sind fertig miteinander. Ich gehe meiner Wege. Ab^r nie wieder werdet ihr von mir hören, es sei denn, daß es mir einmal sehr, sehr gut geht." Bitter lachend sah er seinen Vater an, dann ging er zur Mutter, umarmte sie und küßte sie, die zum erstenmal ganz still hielt bei diesem Kuß. Er sagte mit leise zitternder Stimme: „Lebe wohl, Mutter. Denke in den einsamen Jahren, die nun für dich kommen werden, darüber nach, ob du mir eine richtige Mutter ge wesen bist!" Ohne den Vater noch einmal anzusehen, ging er dann zur Tür, die er heftig aufstieß. Draußen stürzte Joseph, der beim Lau schen gründlich die Tür an den Kopf bekommen hatte, taumelnd davon. Hell lachend rief Franz ihm nach: „Lauf' nicht davon, Joseph, ich hab' hier nichts mehr zu sa gen und werde dir die menschliche Regung der Neugier nicht ver- ..rgen!" Und fest warf er die Tür hinter sich zu! — Frau Lena wollte aufspringen und dem Sohn nacheilen, aber ein eiskalter Blick des Gatten bannte sie auf ihren Sessel, und sie weinte nur leise vor sich hin. Nichts sah sie mehr von dem Sohn, nur um Mitternacht, als sie am Fenster stand, sah sie durch den mondbeschienenen Gar ten den Schatten eines schlanken, jungen Mannes eilen, der einen kleinen Koffer trug. Das war das letzte, was sie von dem Sohn sah. Hilflos wie ein Kind hatte sie die ganze Nacht geweint, aber doch den Mut nicht gefunden, für den Sohn einzutreten. Und so blieb es in all den Jahren. Sie lebte in starrer Linie, wie sie der Gatte wünschte, neben ihm her, langsam immer tieser in seine Geisteswelt sinkend — ohne eine Regung klaren Empfin dens für die Leere in sich und um sich. — Nach langen Jahren war dieser Bries, den sie hier in den schmalen Händen hielt, wie ein Blitzschlag in das Haus gekom men. Etwas wie ein großmütterliches Gefühl wollte sich in ihr regen, erstarb aber sofort im Keime, als der Gatte, in dem der Brief nur all seine Wut wieder geweckt hatte, sich einbildete, daß ihn die Aufregung über den „Wisch" schwer stank gemacht habe. Im Grunde genommen war es aber eine unmäßige Mahlzeit ge wesen, die er am Abend vorher zu sich genommen hatte. Aber das wollte er doch nicht eingestehen, denn es paßte ihm sehr gut, daß er alles, was der Brief vielleicht bei seiner Frau Hervorrufen konnte, sofort im Keime ersticken konnte. Wieder gingen dis Jahre dahin, einförmig, ohne Ereignisse, ohne Erlebnisse. Der Geheime Kommerzienrat Studebach gab die Arbeit in seinen Werken aus und übertrug die Führung einem alten Beamten, auf den er sich verlassen konnte. Er selbst zog mit seiner Gattin und der alten Dienerschaft zum ständigen Auf enthalt nach Larolahos, wo man sonst nur in den Sommermona ten gewohnt hatte. Er häufte Reichtümer auf Reichtümer und wußte doch nicht, wen sie einst glücklich machen sollten. Sv war das Leben auf Carolahof. Lustigsein oder gar Lachen gab es dort nicht. Dienstboten, Herrschaft und Hunde, das war alles in einer Linie. Alt, vertrocknet, freudlos und gräm lich. — In diese Ruhe hinein kamen nun plötzlich vom anderen Ufer herüber aus der Ruine der Efeuburg, die sonst Carolahof noch an Ruhe Überboten hatte, Laute von Leben, Tätigkeit, Lachen und Arbeit. Und ein kleiner Junge mit krausem Haar störte, ohne daß er es wußte, die jahrelange Ruhe einer alten, verknöcherten Frau. Rührte auf, was lange geschlummert hatte, rief alte, eingesargte Gefühle und Erinnerungen herauf und quälte die einsame Frau. — Frau Lena erhob sich müde von dem Sessel, legte den Brief, über den ihre schlanke Hand noch einmal wie streichelnd hinglitt, wieder an seinen Platz, schloß die Kassette und ging langsam durch das Zimmer hinauf nach ihrem Schlafzimmer. Sie vermied ängst lich wieder jedes Geräusch; denn die Furcht vor den Fragen des Gatten war zu stark in ihr. — — — 4- * 4- „Du, sieh' mal, aus Fritz's Arm sitzt 'ne Mücke." „Lasse sitzen, dann sticht sie ihn, und dann wird er wütend, und das ist fein!" Flüsternd tauschten zwei kleine Knirpse im Badeanzug diese Beobachtungen aus. Baby und Boby oder Boby und Baby — im Badeanzug konnte man die Zwillinge nie mit Bestimmtheit unterscheiden, hockten im dichten Gebüsch am Ufer des weich fließenden Flusses und beobachteten ihren Onkel Fritz, den allerdings das Alter noch nicht drückte, der aber doch seine Onkelwürde schon sehr ernst nahm und von den Zwillingen deshalb teils schwärmerisch geliebt, teils innig gehaßt wurde. Fritz hatte auch nur seine Würde und einen Badeanzug an und lag malerisch hingegossen auf seinem Badetuch. Stumm, ohne sich um die Zwillinge zu kümmern, lag er nun schon bald eine halbe Stunde in der herrlichen Sonne und blinzelte hinaus in die wun derschöne Landschaft. Wie ein breites, herrliches Band zog sich die Lahn durch die schönen Täler, vorbei an kleinen Dörfern und Ruinen, eingesäumt von bewaldeten Bergen. Aber Gegend und Umgegend kümmerten jetzt Fritz nicht. Er ärgerte sich, und zwar noch dazu ohne Aussicht, je seinem Aerger Luft machen zu können. Er ärgerte sich nämlich über Carolahos und seine Einwohner, ohne zu ahnen, daß diese sich zum minde sten schon ebenso aussichtlos über ihn und sein kleines Auto geär gert hatten. Also Fritz ärgerte sich, und das besorgte er meist mit viel Hingabe, wenn er eben kein Ventil fand, um sich von seinem Aer ger zu befreien. „Dämliche Gesellschaft, dort drüben!", dachte er, „sollen doch froh sein, wenn ein anständiger Mensch sich um sie kümmert!" Zum größten Aerger von Fritz hatte man ge" rn aus Carolahos den Antrittsbesuch seiner Schwester nicht angenom men — mit dem Vermerk, die Herrschaften empfangen nicht wegen des leidenden Zustandes des Herrn Geheimrates. „Pöh, dabei läuft der alte Trottel den ganzen Tag im Garten herum und sieht, ob er nicht mit einem neugierigen Blick mal hier hüben etwas erwischen kann. Na, denn nicht, dann gibt es eben keinen nachbarlichen Verkehr, Herr Geheimrat! Aber leicht soll Ihnen die Erde nicht werden, dafür werden wir sorgen!" Er sprach's und legte sich auf den Bauch, um sich auch mal von der anderen Seite besonnen zu lassen. Und nun schlichen zwei kleine, stramme, blonde Indianer aus dem Busch heran und warteten, bis sich die in ihrem Morgen frühstück gestörte Mücke wieder irgendwo aus Onkel Fritz's braun gebranntem Körper niederlassen würde. „Guck, jetzt setzt sie sich auf seine Wade." „Au, was sür'n Spaß, da kann man sie ja sein erwischen," kam es leise zurück. (Fortsetzung folgt.)