Volltext Seite (XML)
pulsrützerZd-eblait Mittwoch, 23 Ianuar1829 Beilage zu Nr. 18 » 81. Jahrgang Sächsischer Landtag. ? (101. Sitzung.) OL. Dresden, 22. Januar. Vor Eintritt in die Tagesordnung gibt Vizepräsident Dr. Eckardt bekannt, daß sich infolge der Krise in der K. P. D. eine Änderung in der Besetzung der Ausschüsse nötig gemacht habe. Abg. Rötzscher (K. BP.) gibt eine Erklärung ab, in der er eine Behauptung des kommunistischen Battes Kämpfer in Chemnitz, nach der er Unterschlagungen begangen habe, richtig stellt. Anschließend hieran gibt Abg. Opitz (Komm.) eine dieselbe Angelegenheit betreffende Gegener klärung ab. , Die Vorlage über den Verkauf des zum Borstendorfer Staatsforstreviers gehörenden Revierteiles des Seiden hölzes an die Stadt Chemnitz findet einstimmige Zustim mung. Von dem Geschäftsbericht der Landesbrandver sicherungsanstalt für das Jahr 1927 nimmt das Haus zustimmend Kenntnis. Hierauf begründet Abg. Liebmann (Soz.) einen Antrag seiner Partei betr. die Mitgliedschaft des Ministers Dr. Kaiser im Aufsichtsrat der Sächsischen Boden kreditanstalt. Ministerialrat Wänting verliest ein Schreiben des Vor sitzenden des Aufsichtsrates der Sächsischen Bodcnkreditanstalt vom 5. März 1927, aus dem hervorgeht, daß Dr. Kaiser die damals erfolgte Wiederwahl in den Aussichtsrat der Gesellschaft mit der Maßgabe angenommen hat, daß seine Funktionen als Aufsichtsratsmitglied solange ruhen, als er als sächsischer Minister im Amte ist. Dr. Kaiser habe auch erklärt, daß er in der Tat seit seiner Wiederwahl weder Funktionen ausgeübt noch Tantiemen oder sonst Vergütungen von der Sächsischen Bodcnkreditanstalt bezogen habe. Abg. Renner (Komm.) meint, Dr. Kaisers Schreiben stelle nur eine formelle Deckung dar. Abg. Dr. Blüher (Vp.) erklärt, es liege keine Verletzung der Verfassung vor. Der Antrag geht an den Rechtsausschutz. Auf eine Anfrage des Abg. Tittmann (Nationalsoz.) über das Vorgehen des Rektors der Universität Leipzig gegen die Hochschulgruppc Leipzig des Nationalsozialisti schen Stube ntenbundcs wegen Entfernung des Haken kreuzabzeichens von Kränzen am Denkmal der Gefallenen er klärt Minister Kaiser, er beabsichtige, anzuordnen, datz die Verordnung von 1922 nur soweit aufrechterhallen werde, datz weder Hakenkreuz und Stahlhelm, noch Sowjetstern inner halb der Universitätsräume getragen werden dürfen, daß die Verordnung aber nicht angewendet werden dürfe auf die Ehrung von Gefallenen bei der Niederlegung von Kränzen. Er erwartet aber, daß auch bei solchen Gelegen heiten mit dem nötigen Takt vorgegangen werde. Im Zusammenhang damit begründet Abg. Neu (Soz.) einen sozialdemokratischen Antrag auf Verbot von Reichs Gründungsfeiern an den Hochschulen. Die Deutsche Republik habe mit der Erinnerung an monarchistische Gedenktage nichts zu tun. Ein demokratischer Antrag ersucht die Regierung, ihren Einfluß geltend zu machen, daß den Ausland sdeutschen auch bet den höheren Fachschulen Sachsens die gleiche Behand lung zuteil wird, wie den Angehörigen des Mutterlandes. Abg. Fritzsche (Dtn.) begründet eine Anfrage seiner Partei wegen der Beseitigung religiöser und monarchistisch- aesckicktlicber Abzeichen in den Schulen. Darauf ant wortet ein Regierungsvertreter, datz das Bild „Einsegnung der Freiwilligen 1913" seilens des Schulleiters entfernt worden sei, weil ein Lehrer daran Anstoß genommen habe, daß ein Geist licher auf ihm abgebildet sei. Das Ministerium werde an ordnen, daß das beseitigte Bild solange an seiner Stelle zu bleiben hat, bis es aus Gründen der Verfügung über die Lehr mittel seinen Platz zu ändern habe. Fälle ähnlicher Art seien dem Ministerium nur vereinzelt zur Kenntnis gekommen. Abg. Hartsch (Soz.) begründet eine Anfrage seiner Partei über den politischen Kampf gegen den sozialdemokra tischen Lehrer Wernes in Brunndöbra und betr. die Bestätigung des Lehrers Vogelin Niederlungwitz als Schul leiter. Zu den letzten Anfragen erklärte die Regierung, es treffe nicht zu, daß das Äezirksschulamt Glauchau die Be stätigung des Lehrers Vogel veranlaßt und das Ministerium die Entscheidung des Bezirksschulamtes aufgehoben hätte. Bezüglich des Lehrers Wernes erklärt ein Regierungsvertreter, das Bezirksschulamt Auerbach habe berichtet, daß aus den von ihm geführten Ermittlungen sich ergeben habe, daß die tieferen Gründe für das Mißverhältnis in Brunndöbra zum großen Teil in dem bestehenden Gegensatz politischen und religiöser Art zu suchen seien. Auf eine sozialdemokratische Anfrage über die Schüler vorst elluntzen der Reichswehr im Dresdener Zirkus Sarrasani-Gebäude antwortete die Regierung u. a.: Die Kom mandantur Dresden hat die Dresdener Schulen durch Rund schreiben vom 2. November zu einer Wohuätigkeitsveranstal- tung der Reichswehr eingeladen, die in reiterlichen und sport lichen Vorführungen mit Militärkonzert bestand und am 5. No vember im Zirkus Sarrasani stattgefunden hat. Das Ministe rium kann es vom Standpunkt feiner Verordnung aus nicht beanstanden, wenn der Stadtrat, wie er sagt, unter Würdigung der besonderen Umstände und der veranstaltenden Stelle die Entschließung über die Teilnahme an der Veranstaltung den einzelnen Schulen mit ihren Lehrerversammlungen überließ, denn der Stadlrat konnte mit Recht davon ausgehen, daß die Veranstaltung der Reichswehr mit ihrem sportlichen, musikali schen und historischen Gehalte von Bildungswerte für die Jugend sein werde und eine Schädigung für sie nicht befürchten ließ. In der Aussprache bemerkte Minister Kaiser, er habe keine Veranlassung, die üblichen Reichsgründungsfciern zu ver bieten. Sie dürften nur nicht zu politischen Kundgebungen ausgestaltet werden. Abg. Siegert (Dtn.) bedauert das Vorgehen des Rektors gegen das Abzeichen der Nationalsozialisten. Den letzten Punkt der Tagesordnung bildet die national sozialistische Anfrage über die Gründe des Weggangesdes Kammersängers Vogel ström von der Staatsoper. Minister Dr. Kaiser erklärte, für die Nichterneueruna des Ver trages mit Vogelstrom seien Sparsamkeitsgründe und nicht das Urteil der künstlerischen Leitung der Oper maßgebend gewesen. NächsteSitzung Donnerstag,den 24. Januar. Nuwo-ReichsunsallversicherunMoche in der Kreishauptumnnschast Bautzen. Wie durch frühere Pre-se-Notizen bereits bekannt, findet i der Zeit vom 24. Februar bis 3. März 1929 in ganz Deutschland eine Reichsunfallverbütungswoche (Ruwo) stati. Diese Veranitaltuna wird vom Verband der Deutschen Be rufsgenossenschaften organisiert und abgesehen von rein ört lichen Veranstaltungen für die Öffentlichkeit, auch finanziert. Um diese Veranstaltungen nachdrücklichst und erfolgreich auszugestalten, fand am Freitag, den 18. Januar, in Bautzen im Bürgersaale des Gewandhauses unter dem Vorsitz des Herrn Kreishauptmann Richter als Vorsitzender des hierzu gebildeten Kreis-Bezirksausschusses eine Sitzung statt. Hierzu hatten sich dis Amtshauptleute sowie die Bürgermeister der Städte und größeren Gemeinden aus dem ganzen Kreise als Vorsitzende der hierfür gebildeten Orts- und Unterausschüsse eingefunden. Außerdem waren vertreten die Leiter der ver schiedensten Behörden, Schulleiter, Vezirksmedizinalrat, Ver treter der Arbeitgeber und Arbeitnehmerorganisationen, des Landbundes, Vertreter des Roten Kreuzes, der Arbeitorsama- riterhilfe usw. Rach einleitenden begrüßenden Worten des Herrn Kreis hauptmann Richte erläuterte derselbe zunächst im allge meinen die Notwendigkeit und die Ziele der Ruwo und nahm darauf Bezug, daß sowohl die Reichsrezierung wie auch die Länder-Regierungen sowie alle in Frage kommenden Spitzen- organisationen die Förderung der Ruwo angelegentlichst emp fehlen. Er schilderte weiter den Organisationsplan und bat die Erschienenen, sich als Mitglieder des für den Regierungs bezirk Bautzen eingesetzten Bezirksausschusses zu betrachten, als dessen Geschäftsführer Herr Baumeister Leupold tätig ist. Der Schwerpunkt der Organisation liege selbstverständlich in den Ortsausschüssen. Er bat die anwesenden Organisations vertreter, ihren Bruder- und Schwesterorganisationen vom Ergebnis der Verhandlungen Mitteilung zu machen und sie ihrerseits um Förderung der Ruwo zu bitten. Herr Baumeister Leupold erstattete hierauf ein einleiten des Referat über die Entwicklung, Zweck und Ziel der Unfall verhütung im allgemeinen und über deren Auswirkung im Rahmen unserer Volkswirtschaft im besonderen. Er wies darauf hin, daß zwar Menschenmögliches getan wird, um Un fälle zu verhüten, daß Maschinen-Schutz und Betriebseinrich tungen einen Hohen Grad von Unfallverhütungstechnik auf weisen, daß aber noch vieles zu tun übrig bleibe. Insbesondere sei es notwendig, daß Verständnis und das Verantwortungs gefühl zu erwecken, zu vertiefen und in weiteste Kreise hinein zu tragen. Das Verantwortungsgefühl zu verbreiten und zu vertiefen, sei das Ziel der Ruwo, die als eine Aktion größten Stiles, hineingetragen in die Werkstätten und Betriebe, in die Schulen rind Hörsäle, ja bis in die Familie, das öffentliche Gewissen einmal aufrütteln soll. Es dürfe und könne hier keinen Stillstand gehen, da tagtäglich durch neue Maschinen, durch die Verkraftung der Verkehrsmittel usw. täglich neue Gefahrenquellen entstehen. Prüfe man den Hergang der ein zelnen Unfälle nach, so sei festzustellen, daß die Unfälle vor wiegend auf die physische Einstellung der Verletzten, selten aber auf das Fehlen von Schutzvorrichtungen zurückzusühren seien. Hier gelte es, den Hebel anzusetzen und während der Ruwo auf die Massen einzuwirken. Wenn es gelingt, durch die Ruwo dauernde Werte in der angedcuteten Form zu er zielen und die Unfallzisfern um nur 1 °/° zu senken, so haben sich die Aufwendungen an Kraft, Zeit und Geld hierfür reich lich gelohnt. Im Anschluß hieran erörterte der Redner im einzelnen die Mittel und Wege, um der Ruwo zum Erfolge zu verhelfen, erläuterte insbesondere die Finanzierung der zu ergreifenden Maßnahmen, die nur insoweit, als die Vertei lung von Werbematerial in Form der bekannten Druckschriften und die Veranitaltuna öffentlicher Vorträge. Vorführungen Oopzirikkl 1928 dy Karl Köhler L Co., Berlin-Zehlendorf 2) .Nachdruck »erböte» Die breite Anfahrt zur Eseuburg hinauf fuhr ein schöner, großer Mercedeswagen und hielt vor der Rampe, die für die Neugierigen von Carolahof deutlich sichtbar war Zwei junge, ele gante Herren und eine schöne, schlanke Dame stiegen aus dem ge räumigen Wagen, gefolgt von zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädel, allem Anschein nach Zwillingen. Bei dem Anblick des schlanken, kräftigen Knaben, dem dichte, schwarze Locken um das hübsche, frische Gesicht standen, zuckte Frau Geheimrat leicht zusammen und sagte unwillkürlich: „Sieh doch, Adolf, der Junge dort, sieht er nicht genau aus wie. . ." „Wie wer?" unterbrach sie Adolf in eiskaltem Ton. „Nichts - nichts, nur eine flüchtige Aehnlichkeit erinnerte mich." „Ich wüßte nicht — an wen, meine Liebe! Und will nicht hof fen daß du an irgend jemand gedacht hast!" Schneidend kalt war diese Stimme, und man hatte Mitleid mit der schlanken Frau, die fast verschüchtert zu dem Manne auf sah, dessen kalte Natur in all den langen Jahren auch aus ihrem Herzen jede warme Regung vertilgt hatte. „Genug jetzt von denen da drüben. Ich will nichts mehr sehen und hören! Das dort drüben bringt uns nur die neue, traditions lose Zeit in unsere Gegend und wird hier allen möglichen mvder- r-en Kram einführen wollen. Jedenfalls wünsche ich keinen Ver- kehr mit den Herrschaften, und sollten sie die Taktlosigkeit besitzen und hier Besuch machen, dann sind wir für diese Leute nicht zu Heuse! Verstanden Joseph?" „Sehr wohl, Herr Geheimrat." Joseph war auch wieder starre Linie, und alles Leben war wieder bescheiden zurückgekrochen in die finstersten Winkel. * * -i- Eine wundervolle Mondnacht folgte diesem aufregenden Nachmittag. Frau Lena Stubebach hatte sich in ihren kleinen Salon zurückgezogen und las einen Roman. Aber viel Teilnahme nötigte er ihr nicht ab, denn wieder und wieder ließ sie das Buch sinken und starrte vor sich hin. Solche Sommerabende wie dieser heutige waren für sie im mer voll schmerzlicher Erinnerungen, die sie nie gewagt hätte, ihrem Mann einzugestehen. Und heute quälte sie etwas ganz be sonders. Wenn sie so vor sich hinstarrte, sah sie immer einen fri schen Knabenkopf mit lachendem Mund und warmen, leuchtenden Augen vor sich. Wieder versuchte sie, die Bilder zu scheuchen und griff nach dem Roman, aber der Knabenkopf lag auf jeder Seite und lachte sie an. Kurz entschlossen legte sie das Buch beiseite, erhob sich und ging vorsichtig jedes Geräusch vermeidend, hinunter in das Ar beitszimmer ihres Mannes. Dort trat sie erst noch einmal auf- atmend an das Fenster und sah hinüber nach der Efeuburg, die im Hellen Mondschein lag, dann strich sie sich aufseufzend über die Stirn. „Mein Junge!" Unwillkürlich formten ihre Lippen dieses Wort, und fast erschrocken sah sie sich um, als fürchte sie, daß je mand dieses Wort gehört habe. Dann ging sie — wie unter einem Zwang handelnd — nach dem Schreibtisch und hob die schwere, geschnitzte Kasette herab, die darauf stand. Die Kassette war nicht verschlossen, und so suchte sie mit nervösen Fingern zwischen den darin liegenden Papieren herum, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. Es war ein großer, starkpapierener Umschlag mit aus ländischer Marke. Sie zog den Brief heraus, der darin stecke, und drückte ihn für einen kurzen Augenblick an ihr Herz. Dann drehte sie das Licht der Schreibtischlampe an und las den kurzen, für sie so inhaltsreichen Brief. „Liebe Eltern! Mir geht's gut! Denkt also nicht, daß ich reumütig zu Kreuze kriechen will. Ich habe mehr Geld als Ihr. Ein Rest deutscher Empfindsamkeit zwingt mich aber, Euch mit zuteilen, daß heute ein Baby bei uns angekommen ist, woraus Ihr wohl entnehmt, daß ich verheiratet bin. Das Baby ist sehr komisch und sieht aus wie alle Babys der Welt. Euer Sohn Franz Studebach." Keine Adresse stand auf dem Briefbogen, kein Anhaltspunkt, woher der Brief war, außer dem unleserlichen Poststempel eines süt amerikanischen Ortes. Nachdem Frau Lena diese kurzen Zeilen gelesen hatte, zogen längst vergangene Tage im Geist an ihr vor bei. Franz, der einzige Sohn des Geheimrats Studebach, war mit jungen Jahren von seinem Vater in ein Internat geschickt worden, da die Eltern fürchteten, daß sie den wilden, unbändigen Jungen nicht so erziehen könnten, daß er in die starre Linie passen würde, die bei den Studebachs Familiensitte war. Als Franz die Schule durchlaufen hatte und, ehe er auf die Universität ging, noch ein mal für einige Wochen nach Carolahof kam, machte sich schon die Verschiedenheit seines Charakters so sehr bemerkbar, baß alle Teile das Ende der Ferien herbeisehnten. In Franz lebte keine tiefe Liebe für feine Eltern. Er zollte ihnen wohl Achtung und Verehrung — aber Liebe, nein, die empfand er nicht für sie. Wie oft hatte er es nicht versucht, in feiner wilden Art seine Mutter zu umarmen und zu küssen. Aber immer war er zurückgewiefen worden mit der Bemerkung, er solle sich beherrschen und nicht so wild sein. Denn Frau Lena war ja in den Jahren ihrer Ehe genau so erstarrt wie ihr Mann, und regte sich wirklich einmal ein warmes Gefühl in ihr, dann hatte sie Angst, es vor ihrem Manne eingestehen zu müssen. Und so blieb der junge Studebach ein innerlich einsamer Mensch, der nirgends mit Heimatsgefühlen wurzelte. Sein freier, frischer Sinn stieß sich dauernd an den engen Grenzen, die ihm im Sinne seines Vaters gesteckt waren. Abenteuerlust und Freiheits durst waren dann natürlich die Erfolge der Erziehungsgrundsätze des Herrn Geheimrats, und so kam es denn auch eines Abends zum Zusammenstoß. Es war nie der Wunsch von Franz gewesen, ernsthaft zu stu dieren, aber er mußte sich dem Willen seines Vaters fügen. An einem Sommerabend, kurz vor seiner Abreise, kam sein Vater auf seine Studienjahre zu sprechen und legte einen kleinlich ausgear- beiteten Arbeitsplan dem Jungen vor. Da war es aus mit der Beherrschung des Jungen. Aufspringend rief er erregt: „Vater — es tut mir leid — aber ich kann nicht!" „Was kannst du nicht?!" Eiskalt war der Ton dieser starren Stimme, und ebenso eiskalt waren die Augen, die in das erregte Gesicht des Sohnes sahen. Fast sank Franz der Mut zusammen, aber er wußte, kämpfte er jetzt seine Sache nicht durch, dann war er für alle Zeiten erstickt und erstarrt in der Studebachlinie. „Ich kann nicht studieren, Vater!" „Du kannst nicht? Ein Studebach kann alles, was von ihm verlangt wird! Merke dir das — und störe jetzt den Lauf ber Mahlzeit nicht." Ganz blaß wurde Franz in seiner Erregung, aber dieselbe Energie, die im Gesicht des Vaters lag, trat nun auch in seinem jungen Gesicht hervor. Hart auf hart ging es, das fühlten beide, als sie sich in die Augen sahen. „Vater, ich will dich noch einmal bitten. Laß mich nicht stu dieren, laß mich Landwirt werden oder ein Handwerk lernen, aber sperre mich nicht in eine Schule ein, das ertrage ich nicht!" „Was du erträgst oder nicht, ist hier nicht wichtig. Mein Wille gilt! Ich will, daß du studierst, deinen Doktor machst und dann in die Studebachwerke eintrittst." „Und ich will es nicht! So, Vater, nun mach', was du willst!" Immer lauter und erregter wurden bie Stimmen, immer höher stieg bei beiden die Wut und der Zorn, und dazwischen saß Frau Lena, sah den Sohn flehend an und sah den Mann flehend an. Sie hatte aber nicht den Mut, für ben Sohn einzutreten, trotzdem er sie bittend ansah und sagte: „Mutter, hilf du mir doch! Gönnt mir doch ein wenig Freiheit. Meine ganze Jugend habe ich in der fernen Schule verbringen müssen, hab' nicht gewußt, was ein Elternhaus ist! Ich bin nur immer in diesem scheußlichen, alten Kasten von Internat gewesen. Laßt mich doch hinaus in die freie Natur! Ich will ja fleißig sein und fest arbeiten. Glaub' mir, Mutter, ich kann arbMyf Aber frei muß ich bei»."