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Nr. 27. Pulsnitzer Tageblatt. — Freitag, den I Februar 1929. Seite 2 zu sehen, um durch Abschlagen der Zapfen die Gefahr zu beseitigen. — Die Stadtverwaltung Dresden hat in diesem Winter für die Schneebeseitigung bereits einen Betrag von 350 000 Mark ausgeben müssen. Außer den 900 städtischen Straßenarbeitern sind 1700 Hilfsarbeiter mit Schneebeseiti gung beschäftigt. Außerdem wurden 9 Motorpflüge, 41 große und 29 kleinere Pferdeschneepflüge eingestellt. Mit dem Wegsahren des Schnees sind täglich 300 gemietete Pferdegeschirre beschäftigt, was einen täglichen Kostenauf wand von rund 9000 Mark erfordert. An persönlichen Aus gaben für die Hilfskräfte hat die Stadt täglich etwa 19- bis 20 000 Mark aufzuwenden. — (Um den Volkstrauertag.) Die Nachrich tenstelle in der Staatskanzlei teilt mit: Das Gesamtministe rium hat wie im Vorjahr auch für das laufende Jahr beschlossen, von der Festsetzung eines bestimmten Tages als Volkstrauertag für das Gebiet des Freistaates Sachsen ab zusehen, da eine einheitliche gesetzliche Regelung dieser An gelegenheit sür das gesamte Reichsgebiet immer noch aussteht. — (Bekämpfung des Kartoffelkrebses.) Die Pressestelle der Landwirtschaftskammer macht darauf auf merksam, daß die Verordnung über die Verhütung der Aus breitung des Kartoffelkrebses am 1. Januar d. I. in Kraft getreten ist. Da nach dieser Verordnung von 1930 ab auf Grundstücken, deren Kartoffelanbaufläche geringer als 1000 Quadratmeter ist, krebsfeste Sorten angebaut werden müssen, so möge man zweckdienlich in diesem Jahre schon krebsfestes Saatgut ankaufen. Der Landessaatbauverein erfüllt alle Bedingungen, die die neue Krebsverordnung fordert und ver mittelt auch die krebsfesten und anerkannten Pflanzkartoffeln. Anfragen und Aufträge auf zum Anbau zugelassene Kartoffeln werden durch die zuständige landwirtschaftliche Genossenschaft erbeten. Ohor«. tDie Mütter-Beratung) findet am Mittwoch, den 6. Februar, nachmittags 2 Uhr im Rathaus statt. Arzt wird anwesend sein. Kamenz. sWochenmarkt - Preise.) Auf dem gestrigen Wochenmarkt kosteten u. a. Rosenkohl 65 und 70, Grünkohl 40, Blumenkohl 60—100, Spinat 50, Sellerie 40, Schwarzwurzel 60, Rotkraut 20, Weißkraut 15, Möhren 20, Zwiebeln 20, Tomaten 60, Wein 120, Aepfel 20—40, Walnüsse 70—80, Haselnüsse 70 Pfg. das Pfd, schwarze Rettiche 10—15 Pfg. das Stück, Endivien 15 und 20, Kohlrabi 10 und 15 Pfg. das Stück. Kamenz. (2 Brände.) Am Mittwoch abend er eigneten sich in unserer Stadt fast zu gleicher Zeit zwei Brandfälle, die leicht größeren Umsang annehmen, zum Glück aber von den Hausbewohnern und anwesenden Personen noch rechtzeitig gelöscht werden konnten. Gegen 6 Uhr er tönte Feueralarm, dem ein Stubenbrand im Hause Bismarck straße 6 zugrunde lag. Dort waren in einem verschlossenen Zimmer im zweiten Stock glühende Kohlen aus dem Ofen gefallen und hatten den davorstehenden hölzernen Kohlen kasten mit seinem Inhalt an Briketts in Brand gesetzt. Das Wettergreifende Feuer hatte schließlich den ganzen Raum ver qualmt und die Decke zum ersten Stock durchgebrannt. Kaum war die Feuerwehr eingerückt, als sie aufs neue alarmiert Wurde. Diesmal galt es einem in der 7. Abendstunde aus- gebrochenen Feuer in der Wattesabrik Beeg Messerschmidt, frühere Beegsche Färberei. In den Reißwolf war vermutlich ein Fremdkörper geraten, wodurch Funken entstanden sein müssen und die leicht brennbaren Materialien in Brand setzten. Das Feuer, das auch nach der Krempelei Übergriff, konnte jedoch infolge tatkräftigen Eingreifens aller An wesenden bald gelöscht werden, sodaß großer Schaden ver hütet wurde. Bautze«, 31. Jan. (Ueber 7 00 arbeitsun fähige Grippekranke in Bautzen.) Die Zahl der Grippeerkrankungen ist wieder gewachsen. Die Ortskranken - kasie klagt über eine außerordentlich große Jnan,pcuchnahme ihrer Leistungen. Die Zahl der bei der Ortskrankenkasse angemeldeten arbeitsunfährgen Kranken beträgt 1364, darunter befinden sich 704 Grippekranke. Dresden. (Neuer Landtagsabgeordneter.) Für den verstorbenen Abg. Menke wird der Schlosser Gütt ler-Neugersdorf als Mitglied der Sozialdemokratischen Frak tion in den Landtag eingetreten. Leipzig, 30. Januar. (Weiteres Ansteigen der Arbeitslosigkeit im deutschen Buchdruck gewerbe.) In der ersten Januarwoche war die Zahl der arbeitslosen Buchdruckergehilfen in Berlin auf 127v ange wachsen, und zwar 732 Setzer, 180 Maschinensetzer, 273 Drucker (darunter 2 Rotationer), 39 Schweczerdegen, 27 Ste reotypeure und 24 Korrektoren. Außerdem waren noch 35v Hilfsarbeiter und 395 Hilfsarbeiterinnen in Berlin ar beitslos, insgesamt 753. Innerhalb eines Monats stieg die Zahl der arbeitslosen Buchdruckergehilsen in Leipzig von 280 auf 502, in München von 270 auf 301, in Hamburg von 174 aus 293, in Breslau von 69 auf 131, in Frank furt a. M. von 88 auf 134 und in Stuttgart von 89 aus 130. Im November 1928 hatten die Buchdrucker 5,5 «/, Arbeitslose und 0,2»/, Kurzarbeiter. In diesem Monat zahlte der Verband der Deutschen Buchdrucker für 78 831 Arbeits losentage 119 459.31 Mark Unterstützung. Im November 1927 kamen nur 35 080 Tage in Betracht, also 43 751 Tage weniger. Im Dezember 1928 hatte der vorgenannte Ver band bei rund 83 000 Mitgliedern (ohne Saargebiet unv Freistaat Danzig) 5443 Arbeitslose (gegen 4454 im Monat November). 79 Mitglieder arbeiteten verkürzt (gegen 123 m Nove-ber). Aunaberg. (Großseu er in Kühberg.) Am Dienstag abend in der 9. Stunde brach in der Pofamenten- f Fabrik Kampf in Kühberg Feuer aus, das in dem, im Dach- j stuhl befindlichen Lagerraum naturgemäß eine reiche Nahrung s fand. Die Lüjcharbe.ten gestalteten sich von vornherein üu- - erst schnurrig. Gleich zu Anfang platzten infolge des Frostes > sewn erheblich zurückgegangen. Diese Entwicklung dauere sogar noch bis zum Berichtsdatum fort. Schwer gelitten hätten die Werften und die Eisen- und Stahlindustrie durch Aussperrungen und Streiks. Der Zinsfuß sei h'o ch geblieben, zum Teil wegen des fundamentalen Mangels an Inlands- anlagekapital, wodurch insbesondere das Baugewerbe und ganz allgemein der Prozeß der Rationalisierung der deutschen Industrie behindert werde. Die Zahl der Konkurse und der Geschäftsaufsichten fei erheblich höher als 1927 gewesen. Der Außenhandel habe sich günstig entwickelt, zeige jedoch immer noch eine starke Passivbilanz und bilde weiterhin ei» schwie riges wirtschaftliches Problem. Coolidge erteilt letzte Instruktionen. NewUork. Wie aus Washington gemeldet wird, sind die Reparationsbesprechungen zwischen Owen Pöring, Mor- gan, Coolidge, Kellogg und Mellon zum Abschluß gelangt. Präsident Coolidge hat bei Viesen Besprechungen die Sach verständigen ausführlich mit der amerikanischen Reparations- Politik vertraut gemacht und die letzten Instruktionen er teilt. Coolidge brachte zum Ausdruck, daß die amerikanische Regierung trotz des privaten Charakters der amerikanischen Sachverständigen Wert darauf wgt, daß die Sachverständi gen mit der Regierung in engster Fühlung bleiben. Coo lidge vertrat weiter die Ansicht, daß Deutschlands Verpflich- tungen nach dem Studium der Tatsache«, aber nicht im voraus festgesetzt werden sollen. AriM am SteuervereinhettlkhungSgesetz Deutscher Reichstag. 36. Sitzung, Mittwoch', den SL Januar^ Im Reichstag kam bei der Fortsetzung der- ersten Beratung des Steuervereinheitlichungsgesetzes der Abg. Takosser von der Wirtschastspartei zu Wort und erklärte, seine Partei werde dem Entwurf nur zustimmen können, wenn wesentliche Verände rungen vorgenommen würden. vr. Horlacher lehnte für die Bayerische Volkspartei den Gesetzentwurf als verfassungsändernd atü Seine Partei müsse sich besonders scharf gegen Versuche wenden, die großen Betriebe auf Kosten der kleineren und mittleren zu entlasten. Erster Grundsatz, so hob der Abg. v. S y b e l von der Christ- lichnationalen Bauernpartei hervor, einer vernünftigen Steuer politik müsse die Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Steuer zahlers sein. Diesem Grundsatz werde der Gesetzentwurf nicht gerecht. Nachdem zum Schluß noch die Abgeordneten A r t e l dt und l)r. Best für die Deutsch-Hannoveraner und di« Dolksrechts- partei ihre Bedenken geäußert hatten, wurde die Aussprache ab geschlossen. Der Gesetzentwurf ging an den Steuerausschuß. Das Haus vertagte sich auf Freitag 3 Uhr zur dritten Beratung des Wartestandsbeamtengesetzes und der Handwerksnovelle. * Der Haushaltsausschuß beschäftigte sich mit dem ihm vom Plenum erneut überwiesenen Gesetzentwurf über die Rechts- Verhältnisse der Wartegeldempfänger. Dem Gesetz wurde mit einigen Aenderungen zugestimmt. mehrere Schläuche. Weitaus schwieriger war aber das Her ankommen an das Feuer selbst. Plauen. (Schneegänse.) Am Montag vormittag zog über Plauen ein Schwarm von etwa 25 Schneegänsen in der bekannten Keilform. Das Auftreten der Schneegänse bringt nach dem Volksmunde strenge Kälte. Nachklang der Kamenzer Lesfingfeier Die Lesfingfeier in Kamenz gehört nunmehr der Vergangen heit an. Wer sie aber mit erlebt hat, in dessen Herzen wird sie nachkltngen lebenslang. Er wird das, was er erlebt hat, nie vrr- gcssen. Die Tage der Kamenzer Lesfingfeier haben bei jedem Teil- nrhmer unauslöschliche Eindrücke hinterlassem. Sie find mit ihrem Geschehen mit goldenen Lettern eingetragen in di« Stadtchronik und werden den künftigen Generationen Zeugnis ablegen von dem, wie man am 22. Januar 1829 den größten Sohn der Stadt in dankbarem Gedenken ehrte. Der aufmerksame Beobachter erkannte sehr bald, daß den biederen Kamenzern die Lesfingfeier ein Herzensbedürfnis war, und daß man wieder gutmachen wollte, was früher versäumt worden ist: Dem berühmtesten Kamenzer ein würdiges Denkmal zu errichten! Niemand wollte in diesem Bestreben dem anderen nachfteheu. Jeder tat, was ihm möglich war. Und wie harmonisch ist die Lessing - feier ausgeklungen, mit welchem Stolze erfüllt es die Kamenzer, daß ihr Lesstng überall im Reiche und weit darüber hinaus so hoch geehrt worden ist. Die Augen der ganzen Welt waren ja in jenen Tagen aus das bescheidene Städtchen am Eingänge zur Wendei gericht t. Kamenz ist wieder in aller Munde. Mancher, der vielleicht das erste Mal bei Gelegenheit der Lesfingfeier in Kamenz war, hat aber auch erkannt, daß die Lessingstadt und ihre reizvolle Umgebung in landschaftlicher Hinsicht anderen vielgeprie senen Gegenden nicht nachsteht. Dir Kamenzer Landschaft hat so manchem der auswärtigen Festteilnehmcr die Augen geöffnet, und eia Nachklang der Lessingstier wird der sein, daß Kamenz in Zu kunft reicher besucht werden wird. Sie hat entschieden dazu vei- getragen, den Fremdenverkehr zu heben. Und wie haben Berufene fich bemüht, durch Wort und Bild in v rschiedenen Schriften den Fremden das Lob der Lesfiagstadt Kamenz zu fingen, und die meisten der Gäste haben wohl auch «ine der vorzüglichen Schriften erworben und mit heimgenommen, um fie ihren Angehörigen vor zulegen. Auf seine Rechnung kamen von den auswärtigen Fest teilaehmern aber nicht nur der Naturfreund, sondern auch der Ge< Seschichtsfreund. Was weiß da doch die alte Eechsstadt zu er zählen. Es raunt und flüstert die Sage in allen Gaffen und Gäßchen, und fie umrankt gerade in Kamenz mit ihrem immer - grünen Efeu die jahrhundertealten Gebäude und das verwitterte Gemäuer, das noch da und dort an die Zeit erinnert, da Kamenz wohlbewehrt war Eine besondere Anziehungskraft wird aber in Zukunft das Kamenzer Lesfinghaus ausüden, in dem nach feiner Vollendung alles, was an die vergangenen Tage der Lessingstadt durch Kunst und Altertumsschätze erinnert, den künftigen Genera tionen ausbewahrt werden soll Spätestens in 2 Jahren dürste da» Lesfinghaus vollendet sein Was an solchen Schätzen noch in Kamenz vorhanden ist, das hat die Lcffingausftellung im Bürger saale des Rathauses gezeigt. Durch sie find wohl auch vielen Kamenzern die Bugen geöffnet worden und hat bei ihnen das In teresse geweckt. Es dürste daher den ausländischen Aufkäufern heute wohl recht schwer werden, in Kamenz Kunst und Altertums - schätze wieder zu erlangen. Es kann darum jenen Männern, die fich um das Zustandekommen der Lesstngausstellung in Kamenz bemüht haben, nicht genug gedankt werden. 8t. Ein offener Brief an die deutsche Presse Eisenach, 31. Januar. Eine bemerkenswerte Aus lassung in Form eines offenen Briefes an die deutsche Presse veröffentlichte in diesen Tagen die Schriftleitung der „Eise nacher Zeitung". Sie fordert darin die deutsche Presse auf, ihre gewichtige Stimme eindringlich zu erheben und mit al lem Nachdruck eine Regelung der Kriegsschuldlüge Angelegen heit zu verlangen, ehe die Sachverständigen für die Endre gelung der Reparationen zusammentreten. Der Aufruf schließt mit folgenden Worten: „Tun wir in dieser Frage nichts, so sind wir für die nächsten Generationen rettungslos versklavt, wenn nicht überhaupt sür immer erledigt. Die hohe Aufgabe und der Ernst der Lage erfordern gebieterisch, daß wir uns alle zu einer einzigen Abwehrstimme erheben, die nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig läßt. Es kann nicht angehen, daß- wir für Nationen, die den Krieg von langer Hand durch ! Einkreisung Deutschlands vorbereiteten, die Schuld auf uns ! nehmen und die Kosten bezahlen. War es die Absicht un- i scrcr Feinde, uns niederzuzwingen, so sollen sie auch die - Kosten ihres ruchlosen Treibens bezahlen. An der deutschen - Presse liegt es nun, bis in die äußersten Winkel der Welt j vernehmbar zu verkünden, daß wir nicht gewillt sind, die un- i geheuerliche Beschuldigung von der Allemverantwortung am ! Ausbruch des Krieges auf uns sitzen zu lassen und daß wir i die Streichung dieses erlogenen Kriegsschuidparagraphcn mit aller Energie fordern. Erst daun werden wir bereit fein, ' übec dre finanziellen Fragen, die dann ein ganz anderes Ge- j sicht bekommen, zu verhandeln. Oie Klut -er Reichstagspetiiionen. Eigenartige Wünsche aus Sachsen. Daß das in der Verfassung sür den deutschen Bürger festgelegte Petitionsrecht an den Reichstag reichlich ausge nutzt wird, beweist die Tatsache, daß sich die Reichstags- ausschüffe im Dezember wieder mit mehr als 500 Peti tionen aller Art zu beschäftigen hatten. Im November waren es rund 400. Meist handelt es sich um Einzelwünsche, die dem Reichstag unterbreitet werden, und bei denen der Reichstag gar keine Möglichkeit zur Einwirkung hat. Daneben wird in vielen Fällen das Petitionsrecht durchaus verkannt. So kommt es, daß der überwiegende Teil der Petitionen durch Übergang zur Tagesordnung erledigt werden muß, bzw. wird festge stellt, daß die Petitionen sich für die Beratung im Reichs tag nicht eignen. Bei den meisten Petitionen handelt es sich immer wieder um Beamten-, Renten- und Entschädi gungsfragen sowie um Wünsche auf Rechtsschutz und Straferlaß. Daneben gibt es aber auch Bittschriften von allgemeinerem Interesse und solche, die eines heiteren Beigeschmackes nicht entbehren. Mit den merkwür digsten Dingen wird der Reichstag befaßt. Ein Stadtver ordneteninspektor in Wandsbek macht beispielsweise Vor schläge sür Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen von Kindern, die durch Hinunterrutschen auf Treppengelän dern entstehen. Ein Häusler aus Oberschlesien wendet sich an den Reichstag, um eine Untersuchung durch einen beamteten Arzt zu erreichen. In einer anderen Petition ans Oberschlesien ersucht jemand um Unterstützung bei der Aufklärung über die Ursache des Todes seiner Frau. Ein Mechanikerobermeister verlangt vom Reichstag die Prüfung seiner Forschungsergebnisse. Zahlreiche Einsen der glauben, sich aktiv an der Regierungspolitik beteili gen zu müssen, und machen Vorschläge für die Rettung Deutschlands und sür den Wiederaufbau. Eine Petition besaßt sich mit der Herbeiführung eines wirklichen Frie dens. Ein Einwohner von Wiesbaden geht sogar so weit, seine eigenen Dienste für die Außenpolitik anzubieten. In einer Bittschrift aus einem kleinen Städtchen des Erz gebirges werden Vorschläge für die Ernennung der Reichsminister durch den Reichspräsidenten im Falle des Nichtzustandekommens einer Reichsregierung gemacht, in einer anderen Bittschrift Vorschläge zur Sanierung der Wirtschaft und der Finanzen des Reiches und der Län der. Ein Bittschriftsteller aus Leipzig wendet sich um Wiedereinführung der Monarchie an den Reichstag, ein anderer wegen Schaffung einer Reichskontrollgewalt. Eine macht Vorschläge zur Verhütung von Eisenbahn unfällen usw. In einer Petition wird sogar Beschwerde über den Reichspräsidenten geführt. Unbedingt an die falsche Stelle dürfte sich aber ein Herr aus Mexiko ge wandt haben, der dem Reichstag Vorschläge zur Be wässerung und Kultivierung der Wüste Sahara macht. Rieseneinbruch in eine Zellmer Bankfiliale. Durch einen unterirdischen Gang in die Tresorräume gelangt. — Werte von mehreren Millionen geraubt. Berlin. In die Depositenkaffe der Disconto-Gesell- schäft in der Kleiststraßr am Wittenbergplatz im Westen Ber lins wurde ein Einbruch in die Schrankfachanlagen und die Silberkammer verübt. Die Einbrecher sind auf einem unter irdisch gegrabenen Wege in einen Lichtschacht gelangt, haben die schwere eiserne Vergitterung durchgeschweißt und den Luftzusührungsschacht erweitert. Sie drangen in die Silber kammer ein, indem sie an dem die Schrankfächer enthaltenden Ncbenraum mehrere eiserne Stäbe der schweren Vergitterung durchschweißten. In dem Schrankraum wurden die Fächer, Koffer und Pakete erbrochen und beraubt. Die Tresortür haben die Einbrecher von innen derartig verrammelt und ver klemmt, daß sie nicht zu öffnen war. Erst durch eine 15 Stun den beanspruchende Stemm- und Schweißarbeit konnte eine kleine Oeffnung in eine Ssitenwand gebrochen und so Ein blick in den Tresor geschaffen werden. Da der Inhalt der Fächer, Koffer und Pakete der Bank unbekannt ist, so hat sich der Umfang der Beute noch nicht feststellen lassen. Es scheint, daß die Einbrecher nur bares Geld und Schmucksachcn ent wendet haben, da sie Effekten und Silber in erheblichem Um fange zurückließen. Der Nieseneinbruch bei der Filiale der Disconto-Gesell- schaft beschäftigt einen großen Teil der Berliner Kriminal beamten. Polizeikommissar Zapfe hat mit seinen Beamten festgestellt, daß der Einbruch zweifellos in der Zeit vom Sonnabend nachmittag bis Sonntag ausgcführt worden ist. Es kann sich nur um eine Einbrccherkolonne von etwa 3 bis 4 Mann handeln, denn mehr hatten kaum die Möglichkeit, sich unausfüllig in dem schmalen Gang zwischen den Heiz-