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Sonnabend, S. Januar LASS 2. Beilage M Nr» 4 Blinklichter und Warnkreuze. Neue Sicherungen an Bahnübergängen. Keine Woche vergeht, ohne daß aus irgendwelchen Teilen des Reiches gemeldet wird, daß an einem Bahnüber gang ein Gespann oder ein Kraftwagen von einer Loko motive erfaßt wurde. Und wenn man die Fahl der Opfer auf ein Jahr zusammenzählt, muß man mit Erschrecken fest stellen, daß jährlich Hunderte von Toten, Tausende von Schwerverletzten Opfer der Bahnübergänge werden. Ins gesamt gibt es in Deutschland 70 000 Bahnübergänge. Weit mehr als die Hälfte von ihnen ist nicht durch Schranken ge sichert. Und die Reichsbahn bedauert, die Millionen nicht zur Verfügung zu haben, die für den Aufbau und die Be dienung der Schranken notwendig sind. Immerhin hat sich die Reichsbahn dem nicht verschlossen^, daß etwas geschehen muß. Deshalb hat sie in der neuen 1. Warnkreuz an Bahnübergängen mit Schranken. 2. Warnkreuz an schrankenlosen Uebergängen über ein Gleis. 3. Warnkreuz an schrankenlosen Uebergängen über mehrere Gleise. grauer Pfahl weiß null rotem Ende Eisenbahn - Betriebs - Verordnung grundlegende Verbesse rungen angeordnet: an die Stelle der oft versteckten, immer zu kleinen Schilder „Halt, wenn das Läutewerk . . sollen weithin sichtbare Warnkreuze in der Form treten, wie sie unsere Abbildung zeigt. Diese Kreuze sollen in Weiß mit roten Enden gehalten sein. Diese Verbesserung ist sehr begrüßenswert. Aber sie genügt noch nicht. Das ist auch der Reichsbahn klar. Des halb läßt sie gegenwärtig Versuche mit einer Vlinkschutz- Anlage unternehmen: Durch einen Kontakt an den Schienen setzt jeder herannahende Zug automatisch ein rotes War nungslicht in Betrieb, das erst dann erlischt, wenn der Zug den Uebergang passiert hat. Während das rote Licht zur Straße zugewendet ist, leuchtet die Lampe gleichzeitig durch eine grüne Seitenscheibe dem Zug entgegen, so daß sich der Lokomotivführer davon überzeugen kann, ob - die Anlage funktioniert. Andernfalls muß er bremsen, Schritt fahren und auf der nächsten Station Melduna erstatten. Wenn sich diese Versuchsanlage bewährt, soll sie an allen stärker bel nutzten Bahnübergängen eingerichtet werden. Beides, die Andreaskreuze und die Blinklichter, sind natürlich nur Teillösungen, die nicht jedes Unglück aus schließen werden. Aber man muß der Reichsbahn-General- direktion Anerkennung dafür zollen, daß sie wenigstens end lich versucht, zu tun, was sich nur irgend trotz ihres Dawes- Lasten tun läßt. Hafa. Mr -ie Mußestunden. Gastfreundschaft km Orient. Schon seit dem Mittelalter ist die Gastfreundschaft des Orients im Abendland bekanntgeworden und hat manchen Abenteurer bewogen, diese zu erproben und auszunutzen. Karl XII. von Schweden — der Held dieser Nation — hat nach dem unglücklichen Ausgang seiner Feldzüge die türkische Gastfreundschaft Anfang des 18. Jahrhunderts in Anspruch genommen und erhielt vom Sultan Achmed III. die zu seiner Lebensführung nötigen Gelder, mit denen er durchaus nicht sparsam umging. Er dachte deshalb nicht daran, in sein Heimatland zurückzukehren, trotzdem er hierzu mehrfach höf lich aufgefordert, da er mit der Zeit dem Sultan zu teuer wurde. Karl XII. war eigensinnig und verbrauchte selbst die wiederholt zu seiner Rückreise zur Verfügung gestellten Sum men — man kann ruhig Unsummen sagen — zu anderen Zwecken. Als Achmed III. ihn durch Waffengewalt aus dem Lande entfernte, hatte er die gesamte öffentliche Meinung gegen sich, die laut gegen den Bruch der Gastfreundschaft protestierte, trotzdem Karl XII. wegen seines Verhaltens von dem Volke den Beinamen „Demir Basch" (Eisenkopf) erhal ten hatte. Die Heiligkeit der Gastfreundschaft zeigt das Verhalten des Kalifen Mufadid. Als 700 Gefangene hingerichtet wer den sollten, verlangten sie den Kalifen zu sprechen und baten ihn als letzten Wunsch um Wasser. Nachdem ihnen dieses gereicht war, sagte einer der Sklaven: „Herr, es geziemt sich nicht, daß man seine Gäste tötet; denn in deinem Hause und durch dich ist ihr Durst gestillt worden." Mufadid ließ hier auf die Gefangenen frei. — Auch heute noch ist die Gast freundschaft im Orient zu Hause und wird von den „euro päischen Wanderburschen" weidlich ausgenutzt. Aberglaube beim Wiener. Ein Wiener plaudert: Es ist eine alte Geschichte — wer einem Rauchfangkehrer begegnet, hat Glück. Kommt der schwarze Mann von der linken Seite, so ist das Glück groß, hat er außerdem noch eine Leiter auf der Schulter, dann gibt's einen Glücksfall von umwälzender Bedeutung. Die Geschichte vom Rauchfangkehrer weiß jedes Kind. Was aber nicht jeder Mensch in Wien weiß, ist zum Beispiel die angebliche Tat sache, daß derjenige, der sich am Karfreitag vor Sonnenauf gang ins Sitzschaffel setzt, das ganze Jahr schön bleibt. Also eine Art Sympathiemittel für alternde Wienerinnen. Wenn ein Messer Uber Nacht am Speisezimmertisch 81. Jahrgang liegenbleibt, ist das Haus von einem Feinde bedroht. Wer von der Zahl 33 träumt, macht im selben Jahr zuverlässig einen Hauptreffer. Auf wen eine Katze, die sich die Pfote leckt, zuerst den Blick wirst, der kommt in andere Umstände. Was einem Mann passiert, wenn ihn eine Katz' anschaut, ist nicht bekannt; vermutlich wird er irgendwo lediger Papa oder so. Wenn ein rohes Ei zu Boden fällt und nicht zer bricht, so gibt es eine glückliche Ehe. Wenn es das erstemal im Jahr donnert, muß man sich an einen festen Gegenstand anhalten und diesen schütteln; denn das gibt Kraft. Wer am Silvesterabend Schweinssulz ißt, lebt das ganze Jahr in Frieden. Wer auf Ler Gasse ein Geldtascherl findet, welches leer ist, wird stier sein, ein ganzes Jahr lang. Wird auf einem Tische ein volles Weinglas umgeworfen, so be kommt der, auf dessen Seite sich der Wein ergießt, ein kleines Kind — ein kleines Kind, bitte ausdrücklich. Das soll ein mal der sechzigjährigen Fürstin Pauline Metternich passiert sein, das mit dem Wein — die Fürstin fand das sehr originell —, aber die Geschichte ging nicht in Erfüllung. Wer einen Kamm fallen läßt, erlebt einen Streit mit der ehelichen Hälfte. Der Mann mit den Z20 Paffen. Armand Louis Eaubiers führte ein saltsames Leben. Er war in den vornehmsten Pariser und Londoner Hotels zu Hause, besuchte regelmäßig auch die großen Seebäder. Nir gends trat er unter seinem eigenen Namen auf. Seine Beschäftigung war es, jeden zweiten oder dritten Tag einen Hoteldiebstahl zu verüben und nebst Perlen, Diamanten und Geld, den Paß und die Papiere des Bestohlenen sich anzu- eigncn. Hatte er dies getan, so tauchte er unter einem anderen Namen in einem anderen Hotel auf. Schon vor vier Jahren übte der heute Dreißigjährige diesen lohnenden i „Beruf" aus. Während dieser Zeit hatte er etwa 800 Ein brüche durchgeführt und insgesamt 320 Legitimationspapiere erbeutet. Und da seine Dokumente vollkommen in Ordnung waren, wähnte er sich in Sicherheit. Die Polizei konnte seiner auch nicht habhaft werden. Sein Prinzip war es, nie Damen zu bestehlen. Nicht etwa aus Ritterlichkeit, sondern weil Damen die schlechte Gewohn heit haben, wenn jemad nachts ihr Zimmer betritt, sofort Lärm zu schlagen. Er besaß auch ein prachtvolles Auto. Dieses Auto hatte nun auf dem großen Boulevard in Paris einen Zusammenstoß mit einem Motorrad. Und da Eaubiers keinen Führerschein keinen Führerschein basß, wurde er zur Polizeiwache geführt. Dort forschte man nach seinem Vor- leben, und alles kam ans Tageslicht. In seinem Hotelzimmer fand man einen großen Koffer und darin, fein säuberlich geordnet, 319 Pässe. Den dreihundertzwanzigsten hatte er bei sich. Lesen Sie Meister s Buch-Noman! Schützt Leben «nd Gesundheit! Ueber 1 Million Unfälle wurden im letzten Jahre allein in den gewerblichen und landwirt schaftlichen Betrieben gezählt. Insgesamt haben sich in Deutschland in diesem Zeitraum sicher über 2 Millionen Unfälle ereignet. Fast 24000 Men schen, davon etwa ein Drittel in den bei den Berufs genossenschaften versicherten Betrieben, haben dabei ihr Leben verloren. Also täglich 84 Lote durch Unfall! Welche Unsummen von Schmerz, Kummer und Elend, zerstörtem Eheglück, vernichteten Existenzen, gescheiterten Zukunftshoffnungen und verlorenen wirtschaftlichen Wer ten stecken in diesen Zahlen! Behörden, Berufsgenossenschaften, Verkehrsorganisa tionen, Gewerkschaften, soziale, wirtschaftliche und tech nische Verbände sind bestrebt, Aufklärung zu schaffen und Einrichtungen zu treffen, um Unfälle zu verhindern. Manches ist schon erreicht — vieles bleibt noch zu tun! Es gilt die in Haus und Beruf, im Verkehr, in der Werkstatt und im Betriebe drohenden Gefahren zu er kennen und abzuwenden. Ein großer Teil der Unfälle ist vermeidbar, aber nur, wenn jeder bestrebt ist, sich und andere zu unfallsicherem Verhalten zu erziehen! Nicht Verbote und Bestimmungen sind das All heilmittel gegen Unfälle! Zeder mich mthelse» Wälle zu verhüten. Der moderne Mensch soll freiwillig und verantwor tungsbewußt an der Unfallverhütung Mitwirken. Dieses Verständnis und Verantwortungsgefühl zu verbreiten und zu vertiefen, ist das Ziel einer großen, von den Ver bänden der Berufsgenossenschaften ausgehenden Ver anstaltung. Dom 24. Februar bis 3. MSr, 1S29 :. , wird die Reichs-Unfallverhütungs- Woche (RUWO) stattfinden. In allen beteiligten Kreisen hat dieser Ge danke sofort lebhaften Widerhall gefunden. Während dieser Woche soll möglichst in allen Orten des Reiches mit allen Mitteln der Aufklärung, Belehrung und Werbung die Aufmerksamkeit auf die Unfall verhütung hingelenkt werden. Zweck und Ziel der Reichs-Unfallverhü- tungs-Woche ist die dauernde und freudige Mit arbeit jedes Einzelnen im Kampfe gegen die Unfallgefahren. Es geht um das Wohl aller Volks genossen, es geht um Leben und Gesundheit jedes Ein zelnen! Der Wahlfpruch der Reichs-Unfallverhütungs-Woche „Helft Unfälle verhüten!" muß für alle Zeiten jedermanns Wahlspruch werden. An alle Vevölkerungskreise ergeht der Ruf, mitzu wirken. Wissel, Reichsarbeitsminister. Schäffer, Präsident des Reichsversicherungsamtes. Prof. Dr. Adam, Reichsausschuß für hygienische Volksbelehrung. Arbeitsgemeinschaft für Unfallverhütung: Verband der Deutschen Berufsgenossenschaften. Verband der deutschen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften. Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten. Zentralverband der deut schen elektrotechnischen Industrie. Allgemeiner Deutscher Ee- werkschaftsbund. Deutscher Eewerkschaftsbund. Gewerkschafts ring Deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände. Arbeitsgemeinschaft Deutscher Betriebsingenieure. Verband Deutscher Elektrotechniker. Verein Deutscher Eewerbeaufsichts- beamten. v. Spiecker, Verband der Deutschen Berufsgenoffenschaften. Dr. Schroeder, Verband der deutschen landwirtschaftlichen Berufs genossenschaften. UnfoNvewotunaskiki QmdN boimVerdonv clsr Deuts vir» fin- »t- 3 offizielle« AuWriurgS'VroMrev zur Reichs- Unfallverhütung^- Woche («uw») vom 24. Februar bis Z.MH>MV!rv Ser hefte hat 04 Seiten illustrierte« Inhalt ünS einen bunten Anfragen sind zu richten an das Organisationsbüro der Reichs-Unfallverhütungs-Woche beim Verband des Deutschen Berufsgenossenschaften, Berlin W. 9, Köthens Straße 37.