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Nr. 7. Pulsmtzer Tageblatt. — Mittwoch, trn 9) Zarwar t^29 Seite 2 Kranken betreuen können. In einem Cunewalder Be triebe sind von einer Belegschaft von 150 Mann 47 er krankt. Dresden. ,Um den Posten des Volksbil dungsministers.) Wie der Telur.ion-Sachsendienst aus zuverlässiger Quelle erfährt, haben zwischen Angehörigen der Fraktionen der Wirtschaftspartei, der Volksrechtspartei und der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei unverbind liche Besprechungen stattgefunden. Dabei ist auch der Fall Hickmann wiederholt behandelt worden. Man legte sich ge meinsam auf folgende Richtlinien fest: Da bis zum gegen wärtigen Augenblick ein Rücktrittsgesuch des derzeitigen Volks- bildungsministers Or. Kaiser noch nicht vorliegt, aber bereits von anderen Parteien öffentlich dazu Stellung genommen worden ist, geben die Fraktionen der Wirtschaftspartei, der Volksrechtspartei und der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei ihre Meinung dahingehend kund, daß sie sa gen: Der Grund der Demokratischen Partei für die Ableh nung des Landtagsabgeordneten l). Hickmann als Volksbil dungsminister, der in seiner bisherigen Anstellung schon den Belangen der Kirche diente, wird nicht gebilligt. Lunzenau. (Beim Rodeln schwer ver unglückt.) Mehrere Kinder fuhren die steile Heinrich- straße, die in die Altenburger Straße einmündet, hinab. In diesem Augenblick fuhr ein Personenkraftwagen stadt einwärts. Der Rodelschlitten der Kinder Jscht kam dabei unter das Auto, wodurch die Kinder erhebliche Ver letzungen davontrugen. Während das jüngere Kind mit schweren Knie- und Nasenprellungen davonkam, erlitt das ältere einen schweren rechtsseitigen Unterschenkelbruch. Die Mutter hat vom Fenster aus das Unglück kommen sehen, konnte es aber nicht mehr verhindern. Niederbobritzsch. (Wohnhausbrand.) Hier brannte das dem Schneidermeister Häbelt gehörige Wohn haus vollständig nieder. Der Geschädigte ist nicht ver sichert. Plauen. (Kein überfall im Bergener Walde.) Von amtlicher Seite wird mitgeteilt, daß der Bauarbeiter Pflug aus Stöckigt, der bei Theuma mit einer schweren Schußverletzung aufgefunden wurde und angegeben hatte, daß er von zwei Männern angefallen worden sei, sich selbst die Schußverletzung in fahrlässiger Weise mit einem Taschenterzerol beigebracht hat. Nach einer Zecherei hatte er sich auf den Heimweg begeben und die zu seinem eigenen Schutze mitgenommene Waffe beim Heraustreten aus dem Walde in die Tasche gesteckt. Dabei hat sich die Waffe entladen. Chemnitz. (Wachsende Arbeitslosigkeit.) Infolge des Auftragsmangels in der Industrie ist die Arbeitslosenziffer in Chemnitz fortwährend gestiegen. Ende November 1928 belief sich die Zahl der Arbeitsuchen den auf 4450, Ende Dezember waren es schon 9070, An fang Januar wurden 9860 Arbeitslose gezählt. — Die Zahl der Unterstützungsempfänger ist gegen Ende De zember 1927 auf das Fünffache gestiegen. Sachsens Klage gegen das Reich. Die sächsische Regierung hat beim Staats- gerichtshos des Deutschen Reiches nunmehr den Antrag gestellt, die Klage wegen Besetzung des Postens im Ver waltungsrat der Reichsbahn, deren Durchführung durch den sensationellen Appell des Reichsgerichtspräsidenten Dr. Simons an den Reichspräsidenten unterbrochen worden war, beschleunigt durchzuführen. Dem Vorgehen Sachsens hat sich die württembergische Regierung angeschlossen und es steht zu erwarten, daß Bayern und Baden das gleiche tun werden. Wiederbeginn des Landtags. Die erste Sitzung des Landtages im neuen Jahre findet am Dienstag, den 15. Januar, nachmittags 1 Uhr, statt. Schweres Siraßenbahnunglück. Infolge des herrschenden dichten Nebels ereignete sich auf der eingleisigen Strecke der Leipziger Straßen bahnlinie 4 in der Risaer Straße zwischen Taunsdors und Engelsdorf ein schwerer Zusammenstoß zwischen zwei Straßenbahnzügen, und zwar einem von der Stadt kommenden Straßenbahnzug mit zwei Anhängewagen und einem von Engelsdorf kommenden Straßenbahnzug mit einem Anhänger. Die beiden Triebwagen wurden etwa einen halben Meter ineinandergefahren. Der Hinter perron des von der Stadt kommenden Triebwagens wurde von dem hinter ihm fahrenden Anhänger ein gedrückt. Siebzehn Personen wurden ver letzt, davon fünf schwer. Die Schwerverletzten wurden mittels eines zufällig vorüberkommenden Privat autos nach dem Krankenhaus gebracht, während die Leichtverletzten von den Rettungswagen der Feuerwehr ausgenommen wurden. Der von Engelsdorf kommende Wagenzug hatte an einer Weiche, die vom zweigleisigen zum eingleisigen Be trieb führt, ein Warnungssignal überfahren, wodurch der Unfall herbeigeführt worden ist. Der Wagenführer war bei der Abfahrt in Engelsdorf auf die große Gefahr aufmerksam gemacht worden, die der herrschende dichte Nebel für den Verkehr bildete. Es war ihm zur Pflicht gemacht worden, besonders vorsichtig zu fahren. Wie sich das Unglück trotzdem ereignen konnte, ist noch nicht festgestellt, da die Wagenführer der beiden Wagenzüge, die zusammengestoßen sind, schwerverletzt im Krankenhaus liegen und noch nicht vernehmungs fähig sind. Großer Schmuckdiebstahl. Seit Ende Dezember ist aus dem Villenhaushalt des Geheimen Kommerzienrats Weißenberger in Dresden der in den 40er Jahren stehende Diener Hans Berndt ver schwunden und mit ihm verschiedene zum Teil recht kost bare Schmucksachen. So werden goldene Uhren, darunter eine im Werte von weit über 10 000 Mark, ferner mit Brillanten besetzte Manschettenknöpfe, vergoldete Tisch bestecke und andere Sachen vermißt. Der Wert der ge- Durchgreifende Maßnahmen in Serbien Jede politische Propagands «ntersagt — TZdesstrsfe Mr politische» Mord Zum Umschwung in Südsiawien. König Alexander hat die ge fährliche Krise des südslawi schen Staates, in dem sich Kroaten und Serben in schein bar unversöhnlichem Gegensatz befanden, durch einen Staats streich beendet. In einer Pro klamation an das Volk hat der König erklärt, daß der Paria- mentarismus, so wie er sich heute zeige, zu einer Ausein andersetzung führe, die die staatliche und nationale Ein heit im größten Maße ge fährde. König Alexander hat deshalb das Parlament, die Skupschtina, aufgelöst und ein Kabinett aus Mitgliedern außerhalb der Parteien er nannt, die einerseits sein volles Vertrauen, andererseits die volle Autorität im In- und Ausland genießen — GenerÄ Sivkovitsch (oben links), der neue Ministerpräsident. Die neuerbaute Skuptschina (im Bilde), die nun vorläufig un bewohnt bleiben wird Festigung der Diktatur König Alexanders Agram. Anläßlich der orthodoxen Weihnachtsfeiertage herrscht in politischen Kreisen Südslawiens vollkommen Ruhe, insbesondere auch deshalb, weil die Zeitungen erst Donnerstag früh wieder erscheinen. Zu verzeichnen ist nur die Berufung des Ehefs der bosnischen Mohammedaner, 0r. Spaho, und des Agramer llniversitätsprofessors vr. Sur- m i n, der im Kabinett Paschitsch im Jahre 1925 Handels- Minister war. Man vermutet, daß die beiden in das Ka binett eintreten werden. Dadurch wären dann fünf Kro aten und ein Mohammedaner in der Regierung. Die meisten Minister haben Belgrad verlassen, " ir Iustizminister vr. Srskitsch ist in der Hauptstadt verblie ben, da er einige dringende Gesetzentwürfe bearbeiten muß, die in der nächsten Zeit dem König und dem Ministerrat unterbreitet werden sollen und die sich auf die Regelung einer Reihe wichtiger politischer, verwaltungsmäßiger und wirtschaftlicher Fragen beziehen. Vor allem soll möglichst bald der Gesetzentwurf über die Errichtung eines Wirtschafts rates in Kraft treten, damit ein Forum geschaffen wird, das das Land aus der seit Jahren bestehenden Wirtschaftskrise herausfuhren soll. Däs 'von der neuen Regierung veröffentlichte Gesetz zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ruhe im Staate enthält zum Teil ganz außerordentlich scharfeBe- stimmungen. So wird beispielsweise mit dem Tode bzw. mit 20 Jahren Kerker bestraft, wer: Bücher, Zeitungen oder Plakate druckt oder irgendwie verbreitet, mit denen Auf reizung zur Gewaltanwendung gegen staatliche Behörden oder überhaupt die Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Ruhe bezweckt wird. Sogar jede mündliche Propaganda zur gewaltsamen Aenderung der politischen oder gesell- schaftlchen Ordnung im Staate wird mit der gleichen Strafe bedroht, ebenso wie jede Unterstützung kommunisti scher, anarchistischer oder terroristischer Propaganda über haupt. Weiterhin wird jede Zusammenarbeit mit Personen oder Bereinigungen im Auslande zum Zwecke der Vorbe reitung einer Revolution oder sonst eines gewaltsamen Um sturzes mit der Todesstrafe belegt, desgleichen jede Propa ganda unter dem Heere zum Zwecke von Meutereien oder Gehorsamsverweigerung. Schließlich steht die Todesstrafe noch selbst auf Vorbereitung und auf den Versuch eines Mor des an irgendeinem staatlichen Organ. Wichtig ist eine weitere Bestimmung des neuen Staatsschutzgesetzes, durch die jede Dienstverweigerung zum Zwecke des Streikes von Staatsbeamten, Angestellten der Militärverwaltung sowie der autonomen Körperschaften mit Gefängnis bis zu drei Jahren und hohen Geldstrafen bedroht wird. 4 stohlenen Gegenstände wird aus über 30 000 Mark geschätzt. Der verschwundene Diener hat sich als aus Berlin gebürtig bezeichnet. Er soll schon früher gleiche Straftaten begangen haben. BeftiebsftiUegungsanzeigen. Im Monat Dezember 1928 sind beim sächsischen Arbeits und Wohlfahrtsministerium 161 Anzeigen über beabsichtigte Stillegung von Betrieben eingereicht worden. Gegenüber dem vorhergehenden Monat, der 182 solcher Anzeigen aufweist, ist also ein Rückgang um 21 Anzeigen zu verzeichnen, jedoch ist der Stand vom Oktober (122 Anzeigen) noch nicht wieder er reicht. An der Spitze steht im Dezember der Maschinen bau mit 22 Anzeigen, ihm solgt die Gewinnung und grobe Be- z arbeitung natürlicher Gesteine mit 13 und die Herstellung von Holzwaren mit 11 Anzeigen. Die Herstellung von Eisen- und Stahlwaren ist mit 10 Anzeigen beteiligt, die Baumwoll industrie und die Musikinstrumentenherstellung haben je acht Anzeigen eingereicht. Je sechs Anzeigen rühren her von der Eisengießerei, der Herstellung von Metallwaren (außer Eisen- uud Stahlwaren), der elektrotechnischen Industrie und der Schuhindustrie, je füns von der Papiererzeugung und per Spielwarenherstellung und vier von der Gardinenindustrie. Je drei Anzeigen sind eingelaufen vom Vervielsältigungs- gewerbe und der Wollindustrie. Der Rest verteilt sich mit je zwei bzw. einer Anzeige auf verschiedene andere Industrien. Ein Siebenbürger Sachse Generalmusikdirektor in Rumänien. Professor Paul Richter-Kronstadt, der auch in Deutschland durch seine Kompositionen bekanntgewor- den ist, wurde zum städtischen Generalmusikdirektor er nannt. Da Paul Richter als erster Siebenbürger Sachse diesen Titel erhielt, der bisher nur den Rumänen Georgescu und Botez verliehen wurde, erregt seine Er nennung lebhaftes Aufsehen. Kampf mit Zigeunern. In Dresden kam es in einem Tanzlokal am Fischof- platz zu einem Zusammenstoß mit Zigeunern, die sich des Hausfriedensbruches fchuldig gemacht hatten, so daß poli zeiliche Hilfe angefordert werden mußte. Die Beamten» welche von vier Zigeunern tätlich angegriffen wurden, mußten vom Gummiknüppel Gebrauch machen. Dem her beigerufenen Überfallkommando gelang es schließlich, zwei Zigeuner festzunehmen und dem Polizeipräsidium zuzuführen. Auflösung des Berliner Verbrecher-Vereins „Jmmertreu". Berlin. Der Polizeipräsident hat den „Lotterie- und Vergnügungsverein Norden" und den „Sport- und Geselligkeitsverein Immer- treu" auf Grund des 8 2 des Reichsvereinsgesetzes auf gelöst, weil die Zwecke dieserVereinedenStraf- > gesehen zuwiderlaufen. Wie Polen über den Korridor denkt. Reue Unverschämtheiten des polnischen Außenministers. Warschau. Das halbamtliche Blatt „Epok a" gibt eine Unterredung wieder, die der Außenminister Zaleski dem „Anglo-americav Newspaper Service" erteilt hat. Der Minister erklärte danach u. a., daß Polen die Wilnafrage als endgültig erledigt ansehe. Die polnischen Westgrenzen seien als unantastbar zu betrachten. Man werde alle deutschen Ansprüche auf den Korridor stets zurückmeise». Die deutschen. Behauptungen von der Notwendigkeit der geo graphischen Bereinigung Ostpreußens mit dem übrigen Reich seien gegenstandslos und unaufrichtig, da sich der Verkehr zwischen Deutschland und Ostpreußen über polnisches Gebiet ohne alle Störungen abwickle (!), so daß von einer Erschwe rung der wirtschaftlichen Beziehungen keine Rede sein könne (!)» Ferner sei es natürlich viel wichtiger, einem 30-Millionen-Volk den Zugang zum Meer zu sichern, als eine Provinzbevölkcrung von zwei Millionen mit dem Mutter lande geographisch zu verbinden. Außerdem aber sei der sogenannte Korridor in ethnographischer Hinsicht rein pol nisch (!). Was die Minderheitenfrage anlange, so befleißige sich Polen einer weitgehenden Duldsamkeit: Die Minder heiten, die sich dem polnischen Staat gegenüber loyal ver hielten, fänden bei der Regierung alle Unterstützung (?). Am schwierigsten gestalteten sich die Beziehungen zur deutschen Minderheit, die ausgezeichnet organisiert sei und vom Deutschen Reich in jeder Hinsicht, besonders auch finanziell, unterstützt werde. Die Lage dieser Minderheiten sei vorzüglich, und keine andere völkische Minderheit in der Welt besitze größere Rechte (?). Trotzdem bekunde diese Minderheit stets ihre Unzufriedenheit, keineswegs jedoch aus tatsächlicher Notwendigkeit, sondern vielmehr zum Zwecke der politisch^ Propaganda. * Die Ausführungen Zaleskis über den polnischen Korri dor sind eine Unverschämtheit, die als solche festgestellt und gebührend zurückgewiesen ist. Was der polnische Außen minister weiter über die Minderheiten sagt, ist so unsinnig, daß eine Widerlegung nicht schwerfällt. Beweise für Zale skis platte Lügen sind reichlich vorhanden. Es mag genügen, zu erwähnen, daß allein über 15 000 deutsche Kinder polni sche Schulen besuchen müssen, daß Tausende von Hektar deutschen Bodens enteignet wurden, daß beispielsweise nicht weniger als über 200 Schankkonzessionen den Deutschen im letzten Jahre entzogen wurden, daß allein im letzten Jahr der Deutsche Volksbund in Oberschlesien sich veranlaßt gesehen hat, über ein Dutzend Klagen beim Völkerbund einzureichen usw. Wieder heftige Kämpfe im Lande Amanullahs? London. Nach einem unbestätigten englischen Bericht aus Kalkutta soll ein ehemaliger Oberst der afghanische« Armee namens GholumNobistch den Aufständischen an geschloffen und eines der Außenforts Kabuls eingenommen haben. Die Rebellen bombardieren angeblich erneut die Stadt