Volltext Seite (XML)
Neulich hörte ich, wie eine Mutter ihre Erziehungsversuche an einem Sprößling mit der verzweifelten Drohung abschloß: „Wenn du jetzt nicht gehorchst, Walter, dann rufe ich den Schupo dort drüben." Daraus antwortete Walterchen, etwa fünf Jahre alt: „Au fein, Mutti, das ist der Schupo Schulze, das ist mein Freund." Erschlagen, streckte Mutti die Waffen. Dieser Wachtmeister Schulze ist der Freund des kleinen Walter, und viele Wachtmeister sind die Freunde von Kindern, kleinen und großen. Nicht etwa in dem Sinne, daß sie auf du und du stehen und daß die Freundschaft für die Zivilisten mit besonderen Vorrechten verknüpft wäre, die auf dem bekannten „Auge-zudrücken" ba sierten, nein, die Freund'-^'-Ü beruht aus einem gegenseitigen V ^nis, wobei man das größere Verstand -s der Seite des Trägers der Uniform, H...ers der Ord nung, findet. Ohne Zweifel war der Polizeibeamte von einst tüchtig; daß er nur in strengem, dienstlichem Tone sprechen konnte und diesen Ton — der Autorität wegen— gerne noch etwas schärfer wählte, als er selbst wollte Und als es der Verkehr zwischen Publikum und Polizei erforderte, lag an der Er ziehung. Der Hüter der Ordnung von einst war ja zuerst Unteroffizier, er war erzogen worden, nur Vorgesetzte oder Untergebene zu sehen, und niemand konnte von ihm ver langen, daß er diese Erziehung bei seinem Übertritt in die Polizei vergaß. Tas ist heute grundlegend anders. Der junge Mann erwählt den Beruf eines Polizeibeamten, er erstrebt nicht eine Ver sorgung im Sinne früherer Zeiten. Die Erziehung und Ausbildung ist auf dieses Ziel abgestimmt, und da der nationalsozia listische Staat größtes Gewicht darauf legt, daß unbeschadet der Achtung vor dem Ge ¬ setz jeder Bürger den Staat als seinen organisatorischen und völkischen Zusammen schluß betrachten soll, weist er dem Polizei beamten die Aufgabe zu, die Beachtung der Gesetze zu überwachen, aber auch den Bür ger für den Staat zu erziehen. Polizei muß sein, solange es Miß achtung vor den Gesetzen gibt, und die Ge schichte aller Staaten und Völker lehrt, daß die Mißachtung eine unausrottbare Er scheinung im Staate ist. Daraus ergibt sich die Existenzberechtigung der Polizei. Je nach der Stärke des Staates, je nach seiner Fundierung als autoritärer oder so genannter liberaler Staat findet er sein Verhältnis zum Bürger, wobei auffällig ist, daß der autoritäre Staat trotz der un erbittlichen Verfolgung der Gesetzesver ächter sich eine echt liberale Form erlauben darf, während der sogenantne liberale Staat nirgends stärker die Autorität im üblen Sinne betont und betonen muß als in den Organen der Exekutive. Welche Form Staat und Bürger inniger verbindet nnd welche Form deshalb dem Bürger und dem Staate dienlicher ist, das zu entscheiden erlauben die zahlreichen Beispiele. Es sind die Überbleibsel einer längst vergangenen Zeit, wenn hier und da noch heute die Polizei als Vollstrecker der strafen den Gerechtigkeit (oder Ungerechtigkeit-, als rächendes Organ des Staates betrachtet wird. Ohne Polizei keine Ordnung; schon diese Tatsache macht den Polizeibeamten zum Freund der Allgemeinheit. Darüber hinaus hat der Polizeibeamte als Einzel person längst die Verbindung zum Bürger gefunden, und zwar auf der Basts des menschlichen Verstehens. „Der Schupo ist mein Freund", sagt das Kind. Und sprechen nicht gerade Kinder die Wahrheit? Paul Deparade. Schupo — das ist heute ein Wort, vor dem auch das kleinste Kind keine Angst hat, zu dem es vielmehr hinläuft, wenn es sich verirrt hat und den es voll—Vertrauen zu bitten imstande ist, die zugeklemmte Früh stücksbüchse auszumachen. Erwachsene, wenn ste kein schlechtes Gewissen haben, sind so vertrauensvoll wie die Kinder zu diesem Manne, der auch äußerlich keine Ähnlichkeit hat mit seinem Vorgänger, dem Schutz mann. Was hat diese Verwandlung bewirkt? Es ist zum großen Teil die Ausbildung, die den angehenden Polizeibeamten einen ganz neuen Blick schafft für ihre Aufgaben. Während früher der gewiß sehr tüchtige Polizeibeamte aus dem Militärdienst kam und gewohnt war, entweder Vorgesetzte oder Untergebene zu sehen, dementsprechend sein Benehmen mißverstandenerweise dem Publikum gegenüber oft den Feldwebel der damaligen Zeit herauskehrte, wird den jun gen Beamten heute von vornherein ein anderer Begriff von ihrem Dienst beigc- bracht. Sie sind nicht nur dazu da, das Publikum zu bewachen, sie sollen ihm helfen, wo sie können. Die Ausbildung der Polizeibeamten findet auf Provinzialschulen und Land- lägerschulen statt. Das Haupt dieser Schulen aber befindet sich in Berlin-Charlottenburg und stellt eine Art Hochschule dar. Nicht leder eignet sich zur Ausbildung für den Polizcidienst. Gewandtheit, Selbstdisziplin, Energie und schnelle Auffassungsgabe, das und Dinge, die man heute von einem An wärter auf diese Schulen verlangt. Und so ist es kein Wunder, wenn von 40 000 Be werbern nur 3000 für tauglich befunden werden. Diese Auslese gibt nun aber Ge wißheit, daß besonders geeignete Männer in einen Beruf kommen, der nicht nur körperlich und geistig eine volle Persönlich keit erfordert, der auch besondere Anforde rungen stellt mit seinen vielen unberechen baren Ereignissen — angefangen von ge nauem Auskunftgeben, Hilfsbereitschaft, Sprachgewandtheit gegenüber Ausländern, Verfolgung von Verbrechern bis zur Fähigkeit, ganze Menschenmassen in Schach zu halten. , Die Charlottenburger Polizeihochschule bildet vorzugsweise fortgeschrittene Beamte aus. Es sind dort Kurse eingerichtet, in denen sie unter anderem auch in schwieri geren Fächern unterrichtet werden, wie ge richtliche Medizin, Staatswissenschaft, Poli zeirecht, Zivilrecht, Sprachen. Die Grund bedingungen der kriminalistischen Technik müssen dem Beamten zur Kenntnis gebracht werden, damit er imstande ist, sich einen um fassenden überblick zu verschaffen und nicht in den Fehler verfällt, einseitig auf einem persönlichen Standpunkt zu verharren. Die praktischen Übungen in Krimina listik, welche die jungen Sherlok Holmes durchmachen, sind außerordentlich vielseitig. Da ist eine Puppe in Menschengröße, von Kugeln durchlöchert, aus denen herauszu lesen ist, ob Mord, Unfall oder Selbstmord vorliegt. Da sind Spuren, die Aufgaben stellen; Überbleibsel am fingierten Tatort, die logisch erklärt werden müssen; Zeichen von Angriff und Abwehr und vieles andere mehr. Tie Lehrmittelsammlung, ein wahres Lehrbuch des Verbrechens, stellt ein ganzes Museum dar. Verschiedene Säle und Galerien sind angefüllt mit Licht bildern, Modellen und Zeichnungen, die große Verbrechen und ihre Aufklärung schildern. Selbstverständlich findet man hier auch eine Sammlung von Einbruchs werkzeug. Zur Ausbildung des Erkennungs dienstes ist es notwendig, ein Organ zu studieren, das in vielen Fällen den Beruf eines Menschen verrät: das Gebiß. Der Bäcker z. B. hat Zähne, die fast immer schadhaft sind am Ansatz des Zahnfleisches; der Fleischer zeigt einen vorstehenden Vorderzahn, der Dekorateur hat eine Zahn lücke, weil er gewohnt ist, mit den Zähnen seine Nägel festzuhalten, und so gibt es eine Menge Verräter unter den Zähnen. Zum Erkennungsdienst ist es weiterhin notwendig, photographieren zu können. Das Verfahren der Daktyloskopie, der Fingerabdruck, muß ebenfalls erlernt wer den. Was an technischen Neuerungen in irgendeinem Lande versucht wurde, wird an die Polizeibehörden der anderen Staaten berichtet. Dieser Austausch ist Wohl dazu geeignet, den Verbrechern das Leben schwer zumachen. Mähend die Schule des Polizeiinstituts Charlottenburg eine Bildungsanstalt für Fortgeschrittene ist,. übernehmen die Pro vinzialschulen die Grundausbildung. Hier werden den theoretischen Fächern ebenfalls praktische zugeordnel. Der Sportgeist unserer Polizei ist bekannt genug. Sie be stand auf manchem öffentlichen Wettbewerb ausgezeichnet. Reiten, Turnen, Schwimmen müssen nicht obenhin, sondern gründlichst beherrscht werden. Sprachen werden hier ebenfalls gelehrt, und das Glanzstück des Sprachunterrichts ist der Schupo, der zwölf Sprachen beherrscht nnd der von einem Berliner Jungen gefragt wurde: „Herr Schupo — sprechen Sie auch deutsch?" Außerdem ist da noch eine Schule, in der die Beamten des Reichswasserschutzes aus gebildet werden. Jeder dieser Beamten ist genau so für den Land- wie für den Wasser dienst ansgebildet. Der Reichswasserfchutz zählt tkür verhältnismäßig wenig Beamte, aber hier findet sich.das beste und gesündeste Menschenmaterial. Die spezielle Ausbil dung bedeutet eingehenden Unterricht im Segeln und Motorbootfahren, im Bergen von Leichen, Uferdienst und Schiffahrts schutz. Erwähnt man noch, daß die berittene Schutzpolizei in besonderen Schulen ausge bildet wird, so saun r- daraus ersehen, daß der Ausbildung des Polizeibeamten im neuen Deutschland tatsächlich die größte Sorgfalt zugewendet wird. Unter diesen Umständen ist es erklärlich, daß das Be- am, 'material der Schutzpolizei zum besten gehört. Hans Hansen.