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Montag, dm 8. Juni 1936 Pulsnitzer Anzeiger Nr. 131 Seite 7 Hochwalser in Bayern Die starken Regenfälle in der Nacht zum Sonntag haben in großen Teilen Bayerns Hochwasser und Ueber- schwemmungen verursacht. Besonders schwere Niederschläge sind im Bayerischen Wald zu verzeichnen. Wie beim Ka tastrophenhochwasser vom Mai 1932 ist das Chamer Becken überschwemmt und gleicht einem See. Die Straße Cham- Straubing ist überflutet. Auch Isar und Donau sind erheb lich gestiegen. Oie „Bremen" im Edison-Museum Die endgültige Heimstätte des deutschen Ozcanflugzcugs. New Aork, 8. Juni. Der deutsche Eindecker „Bremen", das erste Flugzeug, das 1928 mit Hauptmann Koehl, Freiherrn von Hünefeld und dem irischen Flieger Fitz maurice den Atlantischen Ozean erfolgreich von Ost nach West überquerte und seither in verschiedenen Städten des Landes ausgestellt war, wird jetzt eine bleibende Stätte im Museum des Edison-Instituts in Grenfield Pillage, Dearborn, im Staate Michigan, finden, in dem zahlreiche andere historische Flugzeuge, u. a. das Flugzeug „Floyd Bennett", das Admiral Byrd aus seiner Südpol-Erpe- dition benutzte, und die Maschine „Pride of Detroit", mit der William S. Brock und Edward F. Schlee ihren Weli- flug unternahmen, ausgestellt sind. Eine Million sür Liebestranke In Frankreich und namentlich in Paris führen Wahr sager und Zauberinnen noch ein gutes Leben. Daß Leute abergläubisch sind, kommt auch in anderen zivilisierten Ländern vor. In Paris herrschen unter vielen Leuten aber noch reichlich mittelalterliche Ansichten. So existier! z. B. ein schwunghafter Handel mit Liebestränken, und unter den „Zauberinnen", die den Trunk zubcreiten, mit denen man angeblich Helenen in jedem Weibe sieht, gibt es sogar Prominente, deren Honorarforderungen gerade zu phantastisch sind. Dieser Tage verklagte eine junge Schwedin eine Liebestrankmirerin auf eine Million Fran ken Schadenersatz, weil sie die Liebe eines Mannes veL loren hatte, obwohl die moderne Zauberin ihr allerhand gute Ratschläge gegeben und noch bessere Tränklein zu recht gemischt hatte. Die junge Schwedin hatte einen Pariser Bankier kennen und lieben gelernt, aber bald schmolz die Liebe des Bankiers dahin. In ihrer Not wandte sich die Schwedin an eine bekannte Sibylle. Die brave und kluge Frau sparte nicht mit ihrem guten Rat, für den sie sich aller dings die Kleinigkeit von 18 MIO Franken für jede Sitzung auszahlcn ließ. Die guten Ratschläge nützten nichts, und schließlich mußte die Zauberin zu dem letzten „unfehl baren" Mittel greisen: Sie gab der jungen Dame ein Pulver, das wahrscheinlich aus Zucker oder ähnlichem be standen haben dürfte, und mit diesem Pulverchen sollte die Dame ihrem kühler werdenden Freund den Kaffee zubereiten. Gesagt, getan, aber die Wirkung blieb aus. Immer wieder erschien die Schwedin bei ihrer magischen Beraterin, bezahlte 18 000 Franken für die Beratung und AW Franken für das Liebespulver. Als eine Million Franken voll war, hatte es auch bei der jungen Dame dreizehn geschlagen: Sie verklagte die Zauberin auf Her ausgabe des Geldes und wird ihren Prozeß vermutlich auch gewinnen. Der Erzeugerin der Liebestränke hat die Geschichte nicht gut getan, denn als das Finanzamt hörte, daß die Sybille von 1936 allein von einer Kundin eine Million Franken erhalten hatte, interessierte es sich peinlich genau tür die Steuererklärungen der Dame, wobei es überra schende Entdeckungen machte. Die Anhängerinnen der Liebestrankmirerinnen, die in die Hunderte gehen sollen, halten allerdings nach wie vor zu ihrer Meisterin lind erklären den Mißerfolg im Falle der jungen Schwedin damit, daß die junge Dame das Geld für den Rat und die Pülverchen von dem.Bankier, allerdings zu anderen Zwecken, eryauen yane. Aus diese Weise, das muß natür lich jeder einsehen, kann man natürlich nicht zu einem befriedigenden Resultat kommen. Die Zahl der Wahrsagerinnen, die nebenbei auch die Liebestränke und ähnlichen Unfug verkaufen, ist aus nahe liegenden Gründen natürlich nicht bekannt. Es gibt aber wenige Pariserinnen, die Interessenten nicht eine Adresse verraten können. Ser Lhescheidungslurm im Züricher See Eine drastische Kur des Mittelalters. Unglückliche Ehen hat es zu allen Zeiten gegeben. Da aber schon im Altertum die Ehe als heilig galt, so wurde nur in den seltensten Fällen zu einer Ehescheidung ge schritten. Konnten selbst der geistliche Zuspruch oder die Macht der Kirche eine schlechte Ehe nicht wieder kitten, dann versuchte man es mit anderen Mitteln. Zu den erfolg reichsten muß Wohl der Ehescheidungsturm im Züricher See gerechnet werden. Wollte sich im Mittelalter ein Ehe paar scheiden lassen, weil ihm das Zusammenleben eine Hölle schien und hals kein gutes Zureden oder Drohen, dann wurde das Ehepaar auf Anordnung der Behörden in den Turm im Züricher See gesperrt. Dort befand sich ein Zimmer, dessen Ausstattung nur aus einem Bett, einem Tisch und einem Stuhl bestand. Ebenso gab es nur einen Teller, ein Besteck, ein Handtuch. Eine Flucht aus dem Turm war ausgeschlossen. Das scheidungswütige Ehe paar mußte schon zusehen, wie es in den Wochen der Turmhaft miteinander auskam, so groß die gegenseitige Abneigung gewesen sein mag. Nach der Züricher Chronik scheint diese Radikalkur Wunder gewirkt zu haben, denn etwa die Hälfte der ein- gcsperrten Paare wartete das Ende der Haft nach den vorgeschriebenen Wochen gar nicht ab, sondern versöhnte sich schon vorher. Auch war die Furcht vor diesem drasti schen Verfahren so groß, daß eine Ehe schon zerrüttet sein mußte, wenn sich ein Paar bereit erklärte, die Probe im Turm zu bestehen. War die Frist abgelaufen, ohne daß eine Versöhnung zustande gekommen war, so wurde das Paar ohne weiteres von Amts wegen geschieden — sofern es nicht der katholischen Kirche angehörte. Hranr Xaver .irästlt in seinem morgen bsginnsncksn Koman „MalitflM lM Ana" von einem reichen Amerikaner, c!sr sich nach vsutschianc! begibt, um sich eins frau rv holen, vis Menschen, cüs Kappus unseren Kesern vor- rtsist, ihre großen unck kleinen 5orgen, ihr Hosten unck Longen, all csies berührt uns mit mensch lichem Mitgefühl, ^/as clsm Koman aber seins besondere l^ls gibt, ist clas leben unserer deut schen Krocker im Lonat. XVir glauben, gerocls aus clisrem Lrvncks clsn Koman unseren Kesern ganr besonders empfehlen rv können, „kroutkahrt um ksno" ist ein Koman, clsr nicht nur unsere Kese rinnen, sondern auch unsere Keser packen vrircl. Die Königin der Kokosinseln Die Königin der Kokosinseln, Frau Rose Clunies- Roß, ist in London eingetroffen. Vor einem guten Jahr zehnt war Frau Rose noch einfache Kassiererin einer Lon doner Bank. Seitdem ist sie die Gattin des Besitzers der Kokosinseln, eines Teils der Straits Settlements, die besser als die Keelinginscln bekannl sind. Ihr Mann trägi nicht den Titel eines Königs, ist aber unumschränkter Be sitzer und Herrscher der Inseln, die die Bevölkerung von 1500 Malayen und 12 Briten haben. Die Inseln sind erbliches Eigentum des Herrn Elunies- Roß, dessen Urgroßvater, ein Begleiter Sir Stamford Raffles', des Gründers von Singapore, sie vor 110 Jahren entdeckte. Seit jener Zeit sind die Roß' ungekrönte Könige, Tuan, wie die Eingeborenen sagen, der Inseln. Als der alte Roß sie entdeckte, waren sie unbewohnt. Roß aber holte sich 40 Malayen aus Java und begann, die Inseln auszubeuten, und zwar mit dem Ersolg, daß heute 1500 Malayen auf den Inseln ihr Brot finden. Die Inseln liegen sehr einsam. Sie werden nur alle vier Monate von einem Schiff angelaufen. Die zehn anderen Europäer, die noch auf der Insel leben, sind Angestellte einer Kabel gemeinschaft. Die Inseln scheinen ein wahres Paradies zu sein. In den 110 Jahren, die sie unter europäischer Herrschaft stehen, hat es nicht einen einzigen Aufstand gegeben. Ver brechen sind nahezu unbekannt. Begeht einmal einer ein Verbrechen, so wird er verbannt, und zwar in die — Zivi lisation. Die einzige Katastrophe, die von Zeit zu Zeit die Insulaner bedroht, ist das Fallen der Koprapreise, denn Kopra ist das Haupterzeugnis der Inseln. Sie Noschgeschichle des Dorfes Schwante Es gibt Menschen, die da behaupten, das Quaken der Frösche sei eine romantische Angelegenheit. Es gibt aber auch solche, und sie sind in der Ueberzahl, die das Gegenteil behaupten. Sie gehen jedem Froschgeschrei aus dem Wege. Nicht nur, „weil es mit Geräusch verbunden", son dern auch, weil es nach altem Aberglauben Unglück und Unheil kündet. Zu den wenigen Auserwählten, die, obwohl sie zwi schen weiten Feldern und Wiesen in unmittelbarer Nach barschaft der Froschwelt leben, dennoch von ihrem Quaken verschont werden, gehören die Leute von Schwante. Und das kommt so: Als vor vielen, vielen Jahren einmal der Frühling ins Land zog, wurde Herr von Reden in dem Dörfchen Schwante bei Kremmen von schwerer Krankheit und großer Unruhe befallen, die beim Geschrei der Frösche jedesmal auffallend zunahm. Da war guter Rat teuer. Der kranke Herr von Reden konnte keinen Schlaf mehr finden; so viel man auch versuchte, die bösen Frösche ließen sich nicht zum Schweigen bringen. Als die Not am größten, erschien eines Tages ein armer, fremder Mann im Schloß. Er sah die nassen Augen der Hausherrin und erfuhr auf seine Frage, daß es mit dem Herrn von Reden, weil er der Frösche wegen kein Auge mehr zutue und zusehends kränker werde, wohl zu Ende gehe. Einen kurzen Augenblick überlegte der Bettler. Dann sagte er freudestrahlend: „Laßt nur! Wenn Eurem Herrn damit geholfen werden kann, sollen die Frösche bald verstummen." Man kann sich denken, daß trotz aller Bedenken bei dem Anerbieten des fremden Mannes eitel Freude im Hause derer von Reden herrschte. Einen ganzen Sack voll Roggen sollte der Bettlersmann haben, wenn ihm das Wunder glucke! Und siehe da! Als er in weitem Bogen das Schloß mit allerlei Zauberworten, Beschwörungen und geheimer Wissenschaft umgeht, bringt er zuwege, daß das Geplärre der dummen Frösche auf der Stelle aufhört. Wie er es im einzelnen angefangen, weiß bis heutigen Tages kein Mensch. Der fremde Mann hat sein Geheim nis mit ins Grab genommen. Eins aber steht fest: Noch niemals wieder hat sich im Dörfchen Schwante ein Frofch hören lassen. Der tLcöeMüÜer/ie^e^ 7g Sonntag... Sonnentag. Frau Brigitte sitzt mit dem Gatten allein auf dem Altan und nimmt das Bild des Friedens dankbar in sich auf. Ihr Herz ist still geworden, hat neue Kraft ge schöpft und ihr Leben soll noch ein Dienen im kleinen Kreise sein, der doch — das weiß sie heute — für jeden Menschen der große Kreis ist, die Quelle, die uner schöpflich neue Kraft spendet. Und dann beginnt Hans zu erzählen, von dem Werke, das hier am Güldensee ersteht und sie lauscht seinen Worten wie einer Offenbarung. Die Narben drücken sie nicht mehr, sie brennen nicht Mehr wie Male der Scham. Sie fürchtet sich nicht mehr, ihr Gesicht vor den Menschen zu verstecken, denn... Hans hat sie lieb, so lieb wie einst. Und sie Weitz, datz er nie von ihr gehen wird, datz er stark ist in allem, was er tut. * Währenddessen ist aber ein Gast eingetroffen, der durch den Garten geht und vergeblich versucht, einen Dtenschen zu entdecken. Doch ... jetzt kommt jemand. Der Geheimrat will seinen Augen nicht trauen. Das... das ist doch Romanus! Im bäuerlichen Kleid! Und einen Korb Heu trägt er! Schuller starrt den Konsul von einst an und Romanus UU dasselbe, aber ohne eine Spur von Verlegenheit. „Guten Tag, Herr Konsul!" ruft Geheimrat Schuller lachend. „Guten Morgen, Herr Geheimrat! Den Konsul lassen Sie aber weg! Der will ich nicht mehr sein!" „Haben Sie sich umgestellt?" Romanus nickt. „Das habe ich! Bin vielleicht wieder --- ein richtiger Kerl geworden! Hans sagt es nämlich! Und der... der muß es ja wissen, denn, der hat mich la in Schule genommen!" Und dann wchl Romanus vroynenü au,. „^,u, da staunen Sie, Herr Geheimrat! Irv werde wieder zum... Bauer! Zu dem, was mein Großvater noch war. Und fühle mich wohl dabei! Nicht für hundert tausend Taler ginge ich wieder in die Stadt und möchte der gehetzte Mensch von einst sein! Die Arbeit hier, die schmeckt mir." „Das ist ein Wunder! Und eins, das mich freut!" „Das hat der Hans fertiggebracht!" spricht Romanus nachdenklich. „Ist hart mit mir umgesprungen! Und war gut so! Und... das paßt mir jetzt! Ich besorge die Ställe! Ich melke die Ziegen und füttere sie! Wir machen hier allerhand!" Der Geheimrat reichte dem Romanus die Hand. „Lieber Romanus, heute bitte ich um Ihre Freund schaft! Und wenn Sie einmal einen Wunsch haben, dann ist der alte Schuller immer für Sie da!" „Danke! Habe keine Wünsche! Aber... wenn Sie eine gute Zigarre haben! Die würde ich annehmen!" Ein verschmitzter Zug ging über sein Gesicht. „Der Hans hält mich da ein bißchen knapp! Und... so eine gute Zigarre... die rauche ich eben noch für mein Leben gern!" Der Geheimrat holte sein Etui heraus. „Bitte, bedienen Sie sich! Nehmen Sie ruhig alle! Ich habe noch welche im Wagen!" „Nein, nein, Herr Geheimrat! Eine einzige! Ja, ja, ich will mich nicht wieder verwöhnen! Und wenn Sie wieder mal kommen... dann schnorre ich mir wieder eine." Beide Männer lachten herzlich. „Wollen Sie den Hans immer noch einspannen, Herr Geheimrat?" Der Geheimrat nickte eifrig. „Nichts zu machen!" entgegnete Romanus stolz. „Der Hans, der geht nicht von hier weg!" „Das soll er auch nicht! Er soll hier bleiben! Wir wollen aber die Verwaltung unserer verschiedenen Siedlungsgelände hier nach Güldensee verlegen und gans soll von hier alles leiten! Er ist doch der richtige Mann, der allen zum Segen schafft! Und diese Aufgabe NM cr ^unn i-,ec am Güldensee bleiben!" „Das ist was anderes, da wird er gewiß nicht nein sagen! Dann will ich Sie nur zu Hans bringen! Kommen Sie, Herr Geheimrat!" -I- An diesem Tage aber las fern vom Güldensee eine einsame Frau einen Brief. Rosel hatte ihn an Frau Lexe geschrieben und der Brief begrub die letzten Hoff nungen. In erschütternden Zeilen schilderte ihr Rosel das Wiedersehen und die Wiedervereinigung der Ehegatten und sie dankte Lexe inniglich, daß sie nach der Unter redung mit ihr, das Feld freiwillig der wiedergekehrten Frau geräumt habe. Lexe las den Brief zweimal, dreimal und immer stiller wurde es in ihrem Herzen. Sie war am Glück Vorbeigegangen! Ihrer Liebe war Erfüllung nicht be- schieden. Und es ging ihr so... wie der kleinen Rosel, die jetzt weiterdienen würde, und die den Mann so tief und innig geliebt hatte wie sie auch, geliebt ohne Begehren. „Verzichten ist zunächst bitter, aber uns scheint auch die Sonne weiter, und es liegt an uns selber, ob Wit: uns das Glück wieder erobern. Und wenn es nur im Frieden unserer mitfühlenden und sich mitfreuenden Seele liegt." So schrieb Rosel Lexe richtet sich auf, Rosel hatte recht, nicht resig nieren, weiterkämpfen, für alle scheint die Sonne aus der Erde. Gewiß würde ihr das Schicksal auch noch ein Zipfel chen Glück schenken, daß ihrem bescheiden gewordenen Herzen genügte. Der hartgetroffenen Frau am Gttldensee, die so viel geopfert hatte, ihr gönnte sie den Mann, der ihre un geteilte Liebe und Hochachtung besessen hatte. Dem Manne, der stark und gut mar, dem Mannes der sich nicht verlor. Ende