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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.12.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190912040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19091204
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19091204
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-12
- Tag 1909-12-04
-
Monat
1909-12
-
Jahr
1909
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.12.1909
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r. lung in. weitaus t in d^r s gereckt iciteJhr istun ?- t'-ii Sie chl. DchnllM-LlMckl WblM Amtsblatt Nr. 282. Sonnabend, den 4. Dezember 1SÜS. Beilage. zugleich, und wenn Sie in funkelnagelneues Programm von uns erwartet. "ns durch die wider uns erhobenen Angriffe nicht Wir hoben die Reform der Ersten Kommer sum l^n^ auf d m Standpunk e unserer liberalen Scheilem gebracht, weil wir darin ein Geschenk laben das man orrn^neist Menn man m.i die Weise der Angriffe dient nicht dazu, das Zusam- sahen, das man zurückweist, wenn man auf die pielt die Frage der Nebenregierung hinein. Frage ist aber nicht von liberaler Seite chnitten worden, sondern im Konservativen ein zu Dresden, und zwar unter Assistenz Regierungsbeamten und unter Mithilfe des Würde von Industrie und Handel Überhauptetwas hält. Das Zusammenarbeiten der Parteien in diesem Hause wird durch derartige Angriffe nicht erleichtert, sondern erschwert. Redner beschäftigt ich nunmehr mit dem Abg. Biener. Die Uneinig- eit in der sächsischen Mittelstandsvereinigung sei eine außerordentlich große geworden. Das Bie- nersche Programm sei schon seit Jahren von den Liberalen in gleicher Weise vertreten worden. Es waren unter anderem auch liberale Männer, die in Chemnitz für eine starke Heranziehung der Groß- Diese ange- Ver- eines Mit ¬ zu erinnern. Es war eine schlechte Kulturblü.e, als der Antisemitismus in unserer politischen Agi tation noch eine Rolle spielte. Es ist vielfach Klage geführt worden Uber die Haltung der Be- amken bei den Amts- und Kreishauptmannschaften dem Publikum gegenüber. So ist mir ein Fall bekannt, daß die kurze Anrede „Sie" an die Be hörde gerügt worden ist. (Heiterkeit.) Der Mi nister hat uns vorgeworfen, daß wir nicht bereit seien, die Autorität des Staates so zu schützen, wie die konservative Partei. Das darf man einer Partei gegenüber nicht sagen, die an der Errich tung Les Deutschen Reiches wesentlich beteiligt war, Lie sogar unter Lem Widerstände der Konser- pativen Lie Pioniere abgab für die Bereinigung der deutschen Stämme. Damit hat unsere Partei nicht nur das Ansehen und die Autorität der Re gierungen in unserem Vaterlands geschützt, sondern auch dem Auslande gegenüber. So haben Ivir es auch in Sachsen gehalten. Wenn wir hier und da einmal die Amtsführung der Beamten kritisiert haben, so waren wir dazu wohl berechtigt. Die Beamten könnten mehr Achtung und Respekt vor dem Bürgertum haben. Kein Geringerer als Bis marck aber hat sich über die Tätigkeit konserva tiver Männer beklagt, weil sie die Autorität des 0 dezimierter Zahl »urück- hen zu verdanken. Äba. Kchult« (Soz.): Ich finde es naiv, wenn Bor« redner fragt, wo der Beweis der konservativen Arbeiter. Endlichkeit sei. DaS Dreikla senwablrecht war aararisch- 'onservativ nnd im allerhöchsten Maße arbeiterfeindlich Abg. Langhammer (natl) gibt zunächst folgende Fraktivnserklärrmg ab: „Der Herr Staats- mtnister des Innern Hai in der gestrigen Sitzung sich über die Gründe ausgesprochen, weshalb die meisten höheren Beamten der inneren Verwaltung konservativ und nicht liberal seien. Er hat zwar in einer zweiten Rede erklärt, daß er damit nicht seine Meinung über beide Parteien habe wieder geben wollen, sondern nur den Verfrüh einer Er klärung aus der Anschauungsweise eines jungen und politisch noch nicht erfahrenen Beamten her aus gemacht habe. Trotzdem war aus der ersten Rede des Herrn Ministers als seine Auffassung herauszuhören, als ob die nationalliberale Partei weniger als die konservative konkret denke, arbeite und sich mit konkreten Dingen befasse, vor allem aber auch, als ob sie weniger als die konservative gewillt mtd geeignet sei, die Staatsautorität unbe- üngt und mit aller Energie aufrecht zu erhalten. )ie Mitglieder der nattonalliberalen Fraktion ver- oahren sich gegen die Berechtigung jeder Unter- chetdung in dieser Beziehung, weil sie mit den tatsächlichen Verhältnissen tn keiner Weise in Ein klang steht. Auf die vom Herrn FinanzminVster heute früh gemachten Ausführungen wollen die Mit glieder der nationalliberalen Fraktion nach der zweiten Erklärung gegenwärtig nicht weiter ein gehen." Er fügt hinzu: Der Finanzminister Hal heute nur einen Teil der Aeutzerungen zurückge nommen, die uns verletzt haben. Die gestrigen Reden der Minister und des Vizepräsidenten Opitz lassen einen Blick auf die nächste Zukunft zu. Sic ließen an Schärfe nichts zu wünschen übrig. Meine Fraktionsgenossen Hettner unü Bauer haben jeder Angriff auf die Rechte vennieden. Die Ursache der Rede des Herrn Opitz war wohl der Verdruß über den Wahlansfall und über das Lob, welches der Minister des Innern der Rede des Abgeord neten Hettner zollte. In diesen Angriffen liegt ein gewisses System, und es fehlte auch nicht an Angriffen gegen mich persönlich, die ich schleunigst meinen Wählern unterbreiten werde. Er hat ein betriebe zur Einkommensteuer gestimmt haben. Wenn der Abg. Biener'Handlungsgehilfenausschüsse im Anschluß an die Handelskammern verlangte, hätte er auch Gesellenausschüsse bei den Gewerbe kammern befürworten sollen. Herr Biener habe auch tn Antisemitismus gemacht und sich aus seine Eigenschaft als Reformer besonnen. Mit Antise mitismus sollte er hier nicht anfangen. Es gibt auch bei den Reformern schlechte Menschen. Ich brauche nur an den Namen Schack und Bruhn gliedes der Ersten Kammer, Herrn Geheimrats Dr. Boulter. Bei den Konservativen gilt eben das Wort: Und Ler König absolut, wenn er unsern Willen tut. Redner kommt dann auf die Betei ligung von Regierungsbeamten bei der Wahlagi tation zu sprechen. Wir müssen unseren Beamten das passive Wahlrecht sichern, mit Ausnahme der- enigen Beamten, die auf Grund ihrer Stellung n Amts- und Kreishauptmannschaften verpflichtet ind, die Politik der Regierung zu vertreten. Das ind aber gerade diejenigen, die sich den konser vativen Anschauungen anschliehen. Wir lassen Staates untergraben. In die Aukoritätsfrage menarbeiten der Parteien mit der Regierung zu fördern. (Beifall in der Mitte.) Nach einer kurzen GesHüftsordnungsdebatte gebt der Etat wie voraeschlagm an die verschiedenen Deputationen. Nächste Sitzung Freitag, vormittags V,10 Uhr. Sächsischer Landtag. Zweite Kammer. 12. öffentliche Sitzung. Dresden, 2. Dezember. ich einen Sozialdemokraten nicht al» Beamten bestätigen und nicht dulden, daß «in Beamter sich sozialdemokratisch betätigt. Wir wissen, daß der BerfassunaSeid, den St, hier leisten, Ihnen nur rin ZwirnSfaden ist, dm Sir zer reißen, wenn Sie e» für gut halten, daß die Verfassung für Sie eine Richtschnur ist, die nur so lange und in der Auslegung gilt, die Sie ihr geben wollen Bei dieser Bestrebungen, Ihre politischen Ziele mit Terrorismut durchzusrtzen, werden Sie mich nach wie vor al» Ihrer Gegner finden. (Bravo! rechts.) Vizepräsident Kiir (freis.) geht auf die Zuschüsse sm landwirtschaftliche und Handelsschulen «in und polemisiert dann gegen die Agrarier, denen überall Geschenke in den schoß geworfen würden- nis nach Bildung und will auch für sein inneres Leben eine Nahrung haben. Die Kirche hat ihre großen sozialen Aufgaben in vollstem Maße erfüllt, aber der Kern dek Christentums muß unangetastet bleiben. ES wurde gestern dazwischengerufen: „Die Kirche wird gebraucht. Ich glaube, es hat noch keine Zeit gegeben, wo die Kirche so gebraucht worden ist, wie jetzt- (Sehr richtig!) Ich ap. pclliere noch einmal an Ihre Gerechtigkeit. Jeder neue Etat beweist Ihnen die Fürsorge deS Staate». Sie sollten dann aber auch die Gefühle der Minderheit im Staate in monarchischer und kirchlicher Beziehung schonen! BiSmarck hat einmal gesagt: „Nehmen Sie mir den Glauben, und Sie nehmen mir da» Vaterland!" BiSmarck aber wurde vom Abg. Schulze als Zeug« für die B«r«chtigung der Sozialdemokratie zitiert. StaatSminister GrafMihthu» von Vckstädt: Herr Abg. Schulze hat mir vorgeworfen, ich hätte kein Ver ständnis für die soziale Bewegung der Gegenwart. Ich protestiere gegen den Vorwurf. Ich kenne die Gewerk schaftsbewegung, ich sympathisiere mit den christlichen Ge werkschaften und ihren Bestrebungen. (Lachen auf der Tribüne.) Ich habe daS Verständnis auch für die Motive der sozialdemokratischen Bewegung, insofern eS begreiflich ist, daß die Arbeiterschaft bestrebt ist, ihre Lage zu ver bessern. Wofür ich kein Verständnis habe, ist die Bei- quickung Ihrer politischen Ziele mit den Wünschen und Bedürfnissen der Arbeiterschaft. Solange Sie jede Ge legenheit benutzen, antimonarchisch zu demonstrieren und durch einen gewissen TerroriSmuS die Verantwortlichen Träger der Regierung erschüttern zu wollen, so lange werde Staatsminister Dr. v. Uüger: Ich habe daS Recht, zu verlangen, daß hier nicht Werte fallen, die verletzend wirken. (Zuruf: Auch nicht vom Miniftertische!) Präsident: Ich bitte, die Geschäftsordnung einzu- haltcn. (Zuruf: Wir erbitten es unS auch!) StaatSminister Dr. v. Unser (fortfahrend): Herr Abg. Bauer hat den längeren Aufenthalt der Züge aus den Stationen bemängelt. Die AufenthaltSzeit ist nach dem Ergebnis der Erfahrungen vorher genau bestimmt. Die Höheretnstellung der Einnahmen auS dem Güter- und Personenverkehr wurde kritisiert. Wenn die Herren wüßten, welche Unsumme von Arbeit die Aufstellung eines so um fangreichen Etats macht, würden sie nicht so ungünstig über unsere Versuche urteilen, eine zutreffende Schätzung zu finden. Ueber Schätzungen werden Sie bei keinem Voranschläge wegkommen. Der Minister geht dann auS» führlich auf die Zivilliste ein und weist Aeußerungen des soz. Abg iZleißner zurück. Adg. Dr. Noth (frs. Vpt.): Die Stärkung der Staatsautorität wollen auch wir. ES fragt sich nur, waS man darunter versteht. Wenn man die Theorie vom be schränkten Untertanenverstand darunter begreift, dann sind wir dagegen. Regieren Sie im Sinne Friedrichs ll., der jeden nach seiner Fasson selig werden ließ, dann werden Sie sich über den Rückgang der StaatSautorität sicherlich nicht zu beklagen haben! (Beifall link».) Bei den Be hörden wollen wir nicht da» Ueberwuchern von FormaliS. mus. So ist die Kenntnis der Geschäftsordnung für die Gerichtsbehörden eine Wissenschaft für sich. Da lautet beispielsweise 8 1910 (Heiterkeit): „ES ist nicht zu dulden, daß ein Gefangener sich selbst oder einen anderen tätowiert. (Große Heiterkeit.) StaatSminister Dr. v, Merv -' Mir ist vorhin der Ausdruck „Phrasen" entschlüpft, der als eine Beleidigung angesehen worden sein soll. Ich gestehe, daß der Aus druck nicht ganz parlamentarisch ist und erkläre ohne weiteres, daß es mir leid tut, ihn gebraucht zu haben. (Bravo!- Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch erwähnen, 1 daß in der Frage der Reichsfinanzreform die staatS- ' erhaltenden Parteien Sachsen» mit der Regierung Seite ! an Seite gestanden haben. Ich hoffe immer noch, daß i die staatSerhaltenden Parteien auch hier gemeinsam mit I der Regierung gegen die staatSumstürzenven Vorschläge > der extremen Partei kämpfen, und möchte bitten, daran > festzuhalten. Ich glaube, daß wir nur dann zu einem I gedeihlichen Ende kommen. Justizminister Dr. v. Otto: Die herbe Kritik, die ' Sächsisches. — Der Verband sächsischer Gewerbe- und Handwerkervereine beschäftigte sich in seiner letzten Versammlung mit der in letzter Zeit mehrfach er örterten Frage der Begründung eines säch - Die Etatdebatten wurden heute vormittag '/»11 Uhr bei stark besetztem Hause fortgesrtzt. DaS Wort nahm zunächst Finanzminister Dr. v. Mger: Wenn ich den Ver lauf der Etatdebatte überblicke, muß ich sagem daß ich ein gewisses Gefühl der Beunruhigung habe. EineS hat die Debatte mir nicht aufklären können. DaS ist die Klage, daß man nicht genug liberal sei. Auf mein Ressort paßt aber der Wunsch, daß liberal regiert werden soll, absolut nicht. Ich habe schon vor Jahren gefragt, was liberal regieren heißen soll. Darauf ist mir nur mit hohlen Redensarten geantwortet worden. (Protestrufe und Murren bei den Nationalliberalen.) AuS den Debatten habe ich den Vorwurf herauSgehört, eS sei hohe Zeit, daß diese Regierung endlich einer anderen Platz machte. Bisher habe ich da» Empfinden nicht gehabt, daß ich einer ganz rückständigen Regierung angehöre. Herr Abg. Hettner hat den Vorwurf erhoben, daß unsere Stempelgesetzgebung nicht richtig gehandhabt werde und Auskünfte nicht erteilt würden. Dieser Vorwurf ist durchaus unbegründet. Es steht im Gesetz ausdrücklich, daß die Steuerämter Auskunft zu erteilen haben. Mit so allgemeinen Behauptungen darf er nicht kommen. Mit allgemeinen Behauptungen und Phrasen ist in der Politik überhaupt nicht» getan. (Ent- rüstungSrufe: Phrasen? I Abg. Günther gestikuliert leb- hast.) Ich bitte mich gegen diese Anwürfe zu verteidigen. (Der Präsident gebraucht den Hammer. Abg. Günther ruft erregt: Wenn Sie „Phrasen" sagen !) Daran hat der Abgeordnete Bauer . . . (ErneuteProtestrufePhrasen?!! Herr Präsident, wollen Sie nicht die Güte haben, mich gegen diese Unterbrechungen zu schützen! (Lärmen links.) Präsident: Ich bitte, den Herrn Minister ruhig anzubören. (Erneuter Lärm.) Abg. Dr. Roth an der Geschäftsordnung für die Justin behörden übte, kam etwa» spät. Sie besteht schon je 13 Jahren und zu große Gründlichkeit hat ihr noch nie mand vorgeworfen. Ich bin der letzte, der sich auf Ge- schäfttordnungSvorschriften versteift, aber sie müssen be stehen. Abg. Dr. Kvtesi (kons ): Wir sind nicht der Ansicht, daß die Amtshauptleute ihre Dienstreisen einschränken sollen. Sie sollen vielmehr sich möglichst viel persönlich Kenntnis verschaffen von dem, waS in ihrem Bezirke vor. kommt. Wir sind auch sehr dafür, den BerwaltungSapparat in allen Ressort» zu vereinfachen. Wir legen dabei Wert nahe Fühlung mit dem Volks- und Erwerbsleben kommen, darauf, daß die Verwaltungsbeamten und Richter in möglichst Während der Vorherrschaft der Konservativen hat sich in Sachsen ein wesentliches Anwachsen der Industrie voll- zogen. Von mehreren Seiten wird behauptet, dies sei trotz der Vorherrschaft geschehen. Die Wirtschaftliche Ber einigung war ursprünglich gedacht als eine Zusammenkunfi verschiedener Fraktionen zu gemeinschaftlicher Aussprache über rein wirtschaftliche Angelegenheiten Sie sollte loS- gelöst von den Fraktionen sein. Mit selbständigen Anträgen wird sie nicht hervortretet. Sie ist auch keine Spielerei der konservativen Fraktion, wie von linkSlibcraler Seite behauptet wird. Auffällig ist, wie sich neuerding» auch die Sozialdemokratie de» Mittelstände» warm annimmt. Bisher hat sie ihm ja den Untergang prophezeit. (Zuruf: DaS ist auch ehrlich gemeint!) Eigentlich sollte man er warten, daß sie ihre Zeit mit derartigen müßigen Unter, nehmungen nicht zersplittern. Sie findet daher mit ihrem Zorgehen keinen Glauben. Die Sache ist zu durchsichtig. Surch daS sächsische Bolk geht ein tiefeS religiöse» Gefühl, auch in denjenigen, die Sie zu Ihren Reihen zählen. Es ist bitter unrecht, dem Volke in seinen schweren Stunden den Trost der Religion zu rauben. Sie spielen sich a IS einseitige Vertreter der Arbeiterklasse auf. Warum sind Sie aber auf die national gesinnten Arbeiter so schlecht zu ,rechen? Weisen Sie unS doch nach, daß wir bisher die Interessen der Arbeiter nicht vertreten haben! Wenn Sic ür RüstungSzwecke nichts bewilligen, so bedenken Sie nicht, welche Schrecknisse, welche Schädigungen unserer Industrie ein Krieg bringen würde. zugleich, und wenn Sie tn so dezimierter Zahl zuruck- ekehrt sind, haben Sie eS die em Vorgehen zu verdanken. )er Minister deS Innern will nicht dulden, daß ein So- ialdemokrat in Staat oder Gemeinde Beamter sei Diese Haltung ist bezeichnend. Der frühere badische Minister deS Innern dachte darin anders. Wir fordern nicht» weiter in diesem Hause al» Gerechtigkeit, und darin kann die Möglichkeit bestehen zu einer friedlichen Tätigkeit unserer, seit» in diesem Hause. Kultusminister Dr. Merk geht auf die Volksschule» ein und führt dann aus: DaS Volk hat ein tiefes Bedürf. Mirjam. Ein Roman aus Lem modernen Kairo von Erich Friesen. 9j Nachdruck verboten.) Und doch — wie gern möchte sie ihn anreLen, den blonden Hünen, der ihr jetzt, da er vor ihr sitzt, noch viel schöner erscheint, als gestern auf der kleinen Photographie. Befangen beugt sie sich über das Buch, das sie sich zy^r Lesen zurecht gelegt. Wie mechanisch wendet sie die Seiten um, wäh rend die Röte aus ihren Wangen sich vertieft. Es ist, als ob sie Hunolds Bltk fühle, der sie wiederholt voll Interesse streift. „Ich weiß nicht, ob Sie Lady Isabelles Nef fen kennen, Mr. Alsen," fragt Miß Edith nach einer Weile, mit einer Handbcwegung nach dem Beduinen hin. Die Blicke beider Männer treffen sich: ruhig, offen, überlegen der Blick aus den Hellen Augen des jungen Deutschen, Lüster glimmend, voll töd lichen Hasses der Blick aus den schwarzen des Be duinen. „Ich entsinne mich nicht," erwidert Hunold mit einer kleinen Verbengung, die der Beduine igno riert. Aber Mirjam, die mit scharfer Beobachtungs gabe ausgestatlet ist, weiß sofort, daß Lie beiden Männer einander soeben nicht zum erstenmale be gegneten. Auch hat sie Mahomed Assads haßerfüllten Blick bemerkt, und diese Wahrnehmung beunruhigt sie derart, daß das Buch ihrem Schoß entgleitet und zu Boden fällt. Rasch bückt sich Hunold und reicht es ihr mit tiefer Verbeugung. Unter heißem Erröten schlägt sie die großen schwarzen Augen zu ihm auf. „Danke, Mr. Alsen." Wie ein Blitz des Erkennens durchzuckt es Hunold. Er weiß jetzt, wo er diese rrnergründ- lichen Augensterne bereits gesehen. „Sie sind Lie „kleine wilde Gazelle", Henry Douglas' Tochter, mein Fräulein! Nicht wahr?" ruft er freudestrahlend. Sie nickt, während ein unendlich liebliches Lächeln ihre Lippen umspielt. „Und auf dem Wege nach Harrse?" „Ja, Mr. Alsen." „Ich habe lange nichts von Ihrem Herm Vater gehört. Wie geht es ihm?" Dos leuchtende Inkarnat ihrer Wangen weicht tiefer Blässe. Noch ehe sie antworten kann, hat sich Miß Edith, die sich bis dahin zurückgehalten, des Ge sprächs bemächtigt. „Der anne Mr. Douglas ist tot," erwidert sie rnii auffallender Hast. „Er starb vor vierzehn Ta gen nach langem schwerem Leiden." Tiefe Stille folgt diesen Worten. Die übertriebene Trauer in der Stimme der Engländerin berührt überaus widerwärtig. Und obgleich es Mirjam verlangt, etwas näheres über den Tod ihres Vaters zu erfahren, so Widerstrebt cs ihr doch, es aus diesem Munde zu vernehmen. Mit feinem Taki leitet Hunold das Gespräch auf andere Bahnen, und bald erstrahlt wieder das gewohnte Grübchenlächeln auf dem reizenden Mäd- chengestcht. Ganz offen geben die beiden Menschenkinder ich der Freude an der gegenseitigen Unterhaltung jin. Er fragt sie, ob sie ihre Schulferien gewühn- ich im Institut verlebte; ob sie lange nicht inj Kairo gewesen wäre; ob sie jetzt für immer zu hause bleiben werde; ob sie sich freue, demnächst in Lie große Welt eingeführt zu werden, und ob sie Lady Isabelle Morland bereits kenne. Mirjam überwindet ihre anfängliche Schüch ternheit rasch. Mit der ihr eigenen Lebhaftigkeit erzählt sie, daß sie seit über zwölf Jahren nicht zuhause war, daß sie Lady Isabelle noch nie gesehen und auch nicht wisse, was die Dame mit ihr vorhabe. Seine Frage, ob sie gern reisen, die Welt ken nen lernen möchte, beantworte! sie voll Enthusias mus. „Es ist mein höchster Wunsch. In Gedanken Hube ich bereits cklle fünf Erdteile bereist." Hunold lacht. „Dais beste Mittel, »m Enttäuschungen aus dem Weg zu gehen, die beim Reisen sonst nicht ausbleiben." Und, auf die stumme Frage in Mirjams gro ßen Augen, beginnt er, von seinen Studienreisen zu erzählen: von der Erhabenheit des St. Peters- doms und der majestätischen Größe des Forum Romanum in der „ewigen Stadt" . . . von den unvergleichlichen Kunstschätzen Florenz' . . . von den Schnee- und Etsgefilden jenseits des Gott hard ... von der herzfassenden Stille deutscher Wälder. . . . Und die junge Südländerin, die nichts von der Welr kennt, .vie Alexandria und das düstere Schulhaus, die vorgestern zum erstenmale im An blick der Pyramiden einen leisen Begriff von der Größe menschlichen Schaffens bekam - sie lauscht andächtig wie in einer Kirche den begeisterten Schilderungen des Künstlers. Nicht achten die beiden der Wundersamen Gegend, durch die der Expreß fliegt. . . . Wie eine Wandeldekoration ziehen Palmen- Haine mrd Nilschlammfelder an ihnen vorüber . . und Beduinenlager und Kamelkarawanen . . und Fellahdörfer und Büffelherden. . . . Ganz vertieft in ihre Unterhaltung bemerken sie auch nicht, wie Mahomed Assads Augen immer zomiger funkeln, wie Miß Ediths langes Gesicht immer länger wird. Wiederholt versucht die Engländerin, sich an dem Gespräch zu beteiligen. Vergebens. Geschickt weiß Hunold sie stets wieder aus zuschalten. Und der Beduine, der sich immer Weiler in seine Ecke hineindrückk, macht überhaupt keine An stalten zu sprechen. Aber ein aufmerksamer Be obachter würde bemerken, wie der grausame Zug um die vollen Lippen sich vertieft und seine dunkle Faust in mühsam unterdrückter Wut den Griff des Damaszenerdolchs umspannt. Als Ler Zug in den Bahnhof von Kairo ein- fährk, malt sich lebhaftes Bedauern sowohl in Mirjams wie in Hunold Alfens Zügen. Wie einer guten alten Bekannten schüttelt er ihr die Hand zum Abschied. „Ich hoffe, Sie bald wiederzusehen, Miß Douglas. In den nächsten Tagen schon werde ich Lady Isabelle meine Aufwartung machen." Noch einmal umfängt sein leuchtender Blick liebkosend das wie mit Blut übergossene Gesicht vor ihm — dann greift er nach seiner Handtasche und springt nach einer leichten Verbeugung vor Miß Edith aus dem Kupee. Mit großen verträumten Augen sieht Mirjam der davoneilenden hohen Männergestalt nach. Mahomed Assad und Miß Edith aber wechseln einen bedeutungsvollen Blick. Die beiden edlen Seelen verstehen einander, (Fortsetzung folgt.)
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