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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt Amtsblatt Nr 262. Mittwoch, den 10. November 18vs. Beilage Aus dem Reiche. Die Bülow Enthüllungen de- Grafen Schwerin-Löwitz, wonach der vormalige Reichskanzler den Reichstag, wenn nötig, dreimal aufgelöst, wenn die Konser vativen ihn nicht im Stiche gelassen hätten, werden von dem Berliner Mitarbeiter der „Köln. Ztg." als zutreffend bezeichnet. „ES kann durchaus bestätigt werden, daß dies die Auffassung de» Fürsten Bülow war und daß er sich auch zu anderen Leuten in diesem Sinne gräußert hat. Wenn eS ihm möglich gewesen wäre, sich auch weiter auf den Block zu stützen, so würde er mit diesem vor einer selbst wiederholten Auflösung nicht zurückgeschreckt sein, die schließlich, so wie die Stimmung im Volke war und ist, eine Mehrheit ergeben haben würde, mit der man eine ganz andere Finanz, reform hätte machen können, als wie sie uns jetzt von den Konservativen beschert wurde. Nachdem sich aber die Konservativen von der Blockpolitik ab- gewandt und den Block gesprengt hatten — so etwa argumentierte Fürst Bülow —, hätte eine Auflösung de» Reichstags sich allerdings unter ganz anderen und viel ungünstigeren Verhältnissen voll ziehen müssen. Die Regierung wäre gezwungen gewesen, den Wahlkampf gegen drei Seiten zu führen, gegen die Konservativen, gegen das Zentrum und gegen die Sozialdemokraten Abgesehen davon, daß eS zum mindesten fraglich ist, ob alle maßgebenden Faktoren zu einem solchen Kampfe gegen die Konservativen bereit gewesen wären, ist eS so gut wie sicher, daß die preußischen Landräte einer Weisung, ihre alten konservativen Freunde zu bekämpfen, nicht oder doch nur ganz vereinzelt nachgekommen wären. In diesen von vornherein zur Erfolglosigkeit verurteilten Kampf wollte Fürst Bülow nicht hineinsteigen. Daß der Kampf sich ober nur unter diesen und nicht unter anderen Bedingungen hätte vollziehen können, das ist und bleibt die Schuld der Konservativen, die eben ihre Machtpolitik auch gegen die Politik eines die Gesamtinteressen wahren den Reichskanzlers durchzusetzen gewohnt sind." Trotzdem werden „Kreuzztg." und „Deutsche TageSztg." weiter jeden einen Verleumder nennen, der eS zu behaupten wagt, die Konservativen hätten den Fürsten Bülow gestürzt und die Finanzreform sei nicht ein patriotisches Werk. Wieder et« Zeugni-zwang-verfahren gegen die Presse! In dem Disziplinarverfahren gegen den Abg- AmtSgerichtSrat Kölle-KlauSthal fand in die sen Tagen die eidliche Vernehmung deS RedakteuiS Edmund Nowak in Zabrze statt. Nowak ist wegen Beleidigung de» Senators Prüffert in Altena (Oberharz) ursprünglich von dem Schöffengericht in Z llerfeld, dessen Vorsitz der AmtSgerichtSrat Kölle führte, freigesp ochen, von der BerufungSkammer in Göttingen jedoch zu 3 Monaten Gefängnis verur teilt worden. Redakteur Nowak verweigerte jetzt bei seiner Vernehmung mit Berufung auf das Redak- tionSgeheimniS jede Aujsage und wurde dieserhalb zu einer G e l d st ra f e verurteilt. Da er auch weiterhin bei seiner ZeugniSverwetgerung beharrt, wurde laut Beschluß des Kgl. Landgerichts zu Glet- witz vom 29. Oktober 1909 gegen ihn zur Erzwin gung des Zeugnisses die Zwangshaft angeordet. Gothaische «trchenforge« Seit Jahren leiden die kirchlichen Verhältnisse des Herzogtum» Gotha unter der fortschreitenden Abnahme der Geistlichen. Bon den 114 Pfarrstellen deS Landes sind gegenwärtig nicht weniger als 19 ganz verwaist, und 6 werden Vikariat«- weise verwaltet. Da für die Abgehenden kein Ersatz eintritt, weil weder Kandidaten noch Studierende vorhanden sind, so werden diese Vakanzen in den nächsten Jahren noch weiter wachsen. Die Schuld daran trägt die geringe Dotation der Stellen — außer Schwarzburg und Koburg zahlt Gotha die niedrigsten Besoldungen — und der vollständige Mangel jeder kirchlichen Ordnung, der den Geist, lichen das Amt verleidet. Sächsisches. — Ueber eine zweifelhafte Firma im Auslande und zwar in Kairo (KommissionS- geschäft) sind der Handelskammer Chemnitz von zuverlässiger Seite Mitteilungen zugegangen. Vertrauenwürdigen Interessenten wird auf der Kanz, et der Kammer, Theaterstraße 60, I., während der üblichen Dienststunden nähere Auskunft erteilt. — Zur Abstimmung bet der Land tag s tv a h l bemerkt der „Bogtl. Anz", daß die farbigen Umschläge für die Wahlzettel sich nicht bewahrt haben, denn sie machen in kleineren Wahl kreisen für manchen Wähler, namentlich mit 2 und 3 Stimmen, die geheime Wahl geradezu hinfällig, weil gar nicht selten nur ein Wähler mit 3 Stim men wahlberechtigt ist, deshalb seine Abstimmung ganz unmöglich der Kommission ein Geheimnis bleiben kann. Man gebe den Wählern je e i n bis vier weiße Briefumschläge, die sie mit je einem Zettel füllen. Das ist nur wenig umständlicher, wahrt aber das Wahlgeheimnis. — Ueber sächsische Schafzucht in Deutsch-Südwestafrika wird aus Gro ßenhain geschrieben: Von Herrn Rittergutsbe sitzer Otto Gadegast auf Rittergut Mannschatz- Oschatz ist der Versuch gemacht worden, Wollschafe auf seiner Fann Nomtsas, Post Maltahöhe, in Deutsch-Südwestafrika zu züchten. Die Tiere stam men aus der Oschatzer Elektoralheröe und gno zum Teil nach Nomtsas exportiert, zum Teil schon deren Nachkommen. Die zur Kolonie gehörige Schäferei blüht empor, sie führte an Ware aus: im Jalpe 1907 nur 883 Kg., im Jahre 1908: 6022 Kg, im Jahre 1909: 8017 Kg. Die Kolomalwolle aus Deutsch-Südwest wird auch von der Tuchfabrik Joh. Friedr. Caspari in Großenhain verarbeitet. Die von dieser Wolle in der Caspartschrn Tuch- abrik hergestellten Tuche sind vorzüglich ausgefal- len, und es ist dadurch der Beweis erbracht, daß Deutsch-Südwestafrika sich sehr gut für die Zucht feiner Wollschafe eignet. Für diesen Erfolg unserer Kolonie haben sich sowohl der König, wie auch auf Vortrag des Staatssekretärs Dernburg der Kaiser, die Kaiserin und Prinzessin Viktoria Luise lebhaft interessiert und sich aus diesen ersten Erzeugnissen von in Deutsch-Südwestafrika gezüchteter Wolle Uniformen bezw. Kleider für den eigenen Gebrauch anfertigen lassen. Der Tuchfabrik Joh. Friedr. Caspari in Großenhain wurde dis Ehre zuteil, ür den König Stoff zu Uniformen seines Grotzen- fainer Husaren-Regimenls „König Albert" Nr. 18 und für den Kaiser Stoff zu Uniformen seines 3. Königl. Sächsischen Manen-Regiments Nr. 21 in Chemnitz liefern zu dürfen. — In Reichenbach i. V. fand am Sonntag eine öffentliche Versammlung statt, die sich mit der ! staatlichen P e n s i o n s- und Hinter- bliebenen-Versicherung der Pri - vatbeamien beschäftigte. Da im Anschluss hieran eine Landesverbandsvcrsammlung des Ver bandes statifand, Ivar bereits die erste Versamm lung von etwa 3S Vereinigungen besucht, so u. a. von denen aus H o h e n st e i n - E r n st t h a l, Chemnitz, Glauchau, Oberlungwitz, L'ichtenstein-C. Von der Kreishaupimannschast Zwickau wohnte Re gierungsrat Dr. Ayrer der Versammlung bei, fer ner waren anwesend Bürgermeister Dr. Polster, Stadtrat Wagner, Landtagsabgeordneter Stadtrat Schnabel, Kgl. Kammerrat Paul Philipp und andere als Vertreter der städtischen Behörden, so wie Vertreter der Handelskammer Plauen. Der Verbandsvorsitzende Redakteur Tiesler-Dresden wies darauf hin, daß die der Privaibeamtenbeweg- ung noch fernstehenden Angestellten der Hemmschuh der Strebenden seien. Dr. März vom Verband Sächsischer Industrieller hielt einen beifällig auf- genommcnen Vortrag über die Entwicklung und den Stand der Privatbeamienbewegung. Redner be tonte, daß der Stand der Privatbeamten, der mit zwei Millionen Angestellten nicht nur volkswirtschaft liche, sondern auch politische Bedeutung habe, sich der Genugtuung hingcbcn könne, die Sympathie aller Kreise gesunden zu haben. In der Lan de s v e r b a ir d s v e r s a m m l u n g wurde fol gende Resolution angenommen: „Der Sächsische Landesverband bedauert lebhaft, daß die veröffent lichte Neichsversicherungsordnung wiederuni aus schließlich sich mit der Versorgung der Arbeiter be faßt, den Wünschen und Interessen der Privatan- zestellienvaber in keiner Weise Rechnung trägt. Die Angestellten haben darauf gerechnet, daß die einmü tige Zustimmung All den in der zweiten Denkschrift der Regierung begründeten Vorschlägen zu schleu nigen gesetzgeberischen Schritten führen werde. Die Privatangestellten richten daher an den Bun- esrat die dringende Bitte, zugleich mit der Reichs versicherungsordnung auch eine Gesetzesvorlage über die staatliche Pensions- und Hinterbliebenen-Ver- icherung aller Privatangestellten dem Reichstage zu unterbreiten." Zu einer lebhaften Debatte führte der Antrag Chemnitz: Zuwahl einer weiblichen Angestellten in den Vorstand des Landesverbandes. Der Antrag wurde mit 33 gegen 13 Stimmen ab- gelehnt, doch sollen bet wichtigen Angelegenheiten nden von sticke i für reue. den t in ei» neud ihrer renS« ous.), ihrer nge» l oe- l des .und nmer arden zner« Sde». >fert- Nitz, rann- inmer ft". Heu HS. m 7. euten Stu- Ver« Real- hatte, igelte z der t der r an, e t - irün- -tsche lung legte l mit Teil ouach ählen