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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 24.09.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190909241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19090924
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19090924
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-09
- Tag 1909-09-24
-
Monat
1909-09
-
Jahr
1909
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 24.09.1909
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Meerane. — Bom 24. Sept, bi» 3. Oktober soll täglich in der Turnhalle an der ««orgenstraß» die Jlugmaschine eine« Zwickauer», in Bewegung befind- Itch, gezeigt werden. — Zwickau, 22. Sept. Der Biertrteg in Zwickau und Umgebung dauert fort. Eine von etwa 1500 Personen, fast ausschließlich Arbeitern, besuchte öffentliche Versammlung nahm gegen drei Stimmen eine Resolution an, laut der der Boykott mit voller Schärfe aufrecht erhalten werden soll, da weder Brauereien noch Gastwirte «ine Einigung wollten. Zu diesem Zweck erklärte sich die Versammlung mit der Einführung auswärtiger Biere (echt Bayrisch oder Böhmisch) einverstanden, auch wurden di- ring- freien Brauereien, die sich verpflichten, ihre Bier« zu drn altrn Preis«« abzulaffen, oom Boykott be freit. Diese Beschlüsse gelten auch für Flaschenbier handlungen. Nach dem Bericht de» Aktionsaus schusses hat der Boykott namentlich auf dem Lande eine einschneidende Wirkung au-geübt, in einzelnen derartigen Gastwirtschaften wurde seit Beginn de« Boykotts kein einziges GlaS oerschänkt. Verhand lungen der Ausschusses mit Vertretern der Braue reien und der Gastwirte find ergebnislos verlaufen, da die Brauereien, die dem Boykottschutzverbande angehören, erklärten, die Preise nicht ermäßigen zu können. Dagegen haben sich einige ringfrei« Braue reien bereit erklärt, zu den alten Preisen zu ver- kaufen. — Zwickau, 22. Sept. Zwei Mädchen im Alter von 15 und 17 Jahren, die hier bei einem Schreibwaren-, Kurz- und Galanteriewarenhändler beschäftigt waren, hatten ihren Dtenstherrn bestohlen. AIS die Sache entdeckt wurde, wollte man die Diebinnen zur Rechenschaft ziehen. Nicht wenig er staunt war der Bestohlene, als er von dem Bräu tigam deS 17jährigen Mädchens, einem Fabrikarbet- ter, einen Brief erhielt, in dem der 21jährige Mann droht, wenn dem Mädchen Unannehmlichkeiten au» dem Vorfall erwüchsen, so würde er dafür sorgen, daß die Sache in der „sozialdemokratischen" Zeitung veröffentlicht würde. — Lhemnitz, 23. Sept. Gestern abend hat sich zwischen der Zschopauer und Bernsdorfer Straße ein 20 Jahre alter Eisendreher von einem Personenzuge überfahren lassen. Der Lebensmüde fand den Tod sofort. Ein ausreichender Grund für den Selbstmord ist nicht bekannt. — Freiberg, 22. Sept. Am Tage vor feiner Entlassung aus dem Militärdienst hat sich der Gefreite Schossig von der 9. Kompagnie des 177. Infanterie-Regiment- da- Leben genommen. — Meißen, 22. Sept. In den Weinbergen der hiesigen Gegend ist weder der Meltau noch der Eauerwurm in erheblicher Weise aufgetreten, so daß man auf eine recht gute Weinernte rechnen könnte wenn die Trauben noch gut au-reifen, was abe- leider kaum zu erwarten steht. — Radeberg, 22. Sept. Ein 1'/,jährige« Kind einer hiesigen Familie ist in einem unbewach ten Augenblick in einen am Fußboden stehenden Topf kochenden Wassers gefallen und hatte sich dabei stark verbrannt. Diesen Brandwunden ist das arme Kind nun erlegen. Roßwein, 22. Sept. Der Schneider W hier beging einen dreifachen Selbstmordversuch und starb an dessen Folgen. W. versuchte sich zu ver giften, zu erhängen und zu ertränken. — Plauen i. V., 22. Sept. Die Plenar sitzung der Handelskammer Plauen faßte in Sachen Stellungnahme zum Hansabund folgenden Beschluß: Die Handel-kammer Plauen billigt die bisher von ihrem Vorsitzenden in bezug auf die Hansabundbe- wegung getroffenen Maßnahmen und ermächtigt ihn, die Bildung von Ortsgruppen innerhalb des Kam merbezirkes in die Wege zu leiten. Von einem kor porativen Beitritt zum Bunde sieht die HandelSkam mer ab. ES sollen im Bezirk der Handelskammer zwei Ortsgruppen gegründet werden, von denen die eine im Bezirk Zwickau—Aue—Schwarzenberg und die ander« im Bezirk Plauen—Auerbach—OelSnitz gebildet werden soll. Die Mitglieder der Handels kammer erklären sich einverstanden, al» Komiteemit- glteder bei der Gründung der Ortsgruppen tätige Hilfe zu leisten. — Ellefeld, 22. Sept. Im Walde in de» Nähe seiner elterlichen Wohnung wurde ein Sticke, erschossen ausgefunden. Als Grund zu dem Selbst morde wird Furcht vor dem Militär angegeben, zu dem er demnächst einberufen werden sollte. — Großenhain, 22. Sept. Freudige Er regung herrschte hier anläßlich deS Besuchs unsere, Stadt durch da« Kaiserpaar. Gestern mittag '/4I Uhr traf der Kaiser in Großenhain ein, bi« wohrn ihm die Kaiserin, von Berlin kommend, entgegengefahrei war. Sofort schritt der Kaiser zum Salonwagen seiner Gemahlin, um diese zu begrüßen. Hier bot sich eine Szene, die den Familiensinn bestätigte, der in der kais rlichen Familie gepflegt wird. Kaum war die Kaiserin — die ein lila Kostüm mit reich gesticktem Tunika-Ueberwurf, dazu einen breiten, weißen Strohhut mit großer, breiter, lila Strauß- feder trug, der zu ihrem weißen Haare einen ganz vortrefflichen Rahmen bot — an der Hand ihre» Gemahl- die Stufen vom Salonwagen zum Bahn steig hinabgestiegen, als der Kaiser sie herzlich kühle und sie dann noch durch Handkuß begrüßte Nach dem AuSsteigen der Kaiserin wurde dieser von der kleinen Elfriede Thomschke ein prächtiges Rosenbuketl überreicht, dar die Kaiserin mit freundlichen Danker warten aus der Hand der Kleinen entgegennahm. Die Kaiserin ließ sich zunächst die zur persönliche-- Dienstleistung beim Kaiser befehligten sächsischen Offiziere Vorsteven und zog dann diese, sowie die Herren aus dem Gefolge de« Kaisers ins Gespräch Dann unterhielt sich da- Kaiserpaar längere Zeit mit dem Prinzen Oskar. Inzwischen waren die Wagen der beiden Sonderzüge zusammengestellt und die Gepäckstücke umgeladen worden. Da- Kaiser- paar und Prinz Oskar stiegen in den fünften Salon wagen ein und begaben sich durch die weiteren Wagen hindurch zu dem an zweiter Stelle de« Zuges einrangierten Speisewagen. Dort ließen sich die Herrschaften an der Tafel nieder. 2 Uhr 15 Minuten setzte sich der kaiserliche Sonderzug unter begeisterten Hochrufen der Menge in Bewegung. — Langenhessen, 22. Sept. Unlerhall Bäßler»Fabrik wurde eine Frau von einem au»wärt» wohnenden Radfahrer überfahren. Beide kamen unter da» Rad zu liegen; die Frau trug erhebliche Ver- letzungen an einem Beine davon. Ob der Radfahrer auch verletzt ist und wieweit diesen eine Schuld an dem Unfall beizumeffen ist, konnte bi» jetzt noch nicht ermittelt werden, da er sofort wieder aufstiej und davonfuhr. — Greiz, 22. Sept. Line Greizer junge Dame aß in einem Su-flug»restaurant zum Kaffee Pflaumenkuchen. Plötzlich fühlte sie einen heftigen Schmerz an der Unterlippe und beim näheren Zu sehen stellte sich herau», daß sie eine Wespe, die unter einer Pflaume steckte, zerbissen hatte. Infolge de« Wespenstiches schwoll da« Gesicht rasch an und trotz der ärztlichen Hilfe hat die Dame bis heute nacht in Lebensgefahr geschwebt, da die Geschwulst sich in besorgniserregender Weise über Kopf, Hal« und Brust fortsetzte und ErstickungSgefahr kintrat. Botts- »der Berufsrichter? In der Zeitschrift „Das Recht" untersucht der Marburger Professor Dr. Traeger eingehend die wichtige Rechtsfrage, ob in der Besetzung der Strafkammer jetzt eine Aenderung vorzunehmen sei: Tvaeger verneint (ebenso wie der Deutsche Reichs tag) die Ratsamkeit eines derartigen Vorgehens im wesentlichen aus folgenden Gründen: Da das Schwurgericht fortbestehen soll, werde die Errichtung von Schöffenstrafkammern durch den Grundfatz der Einheitlichkeit nicht mehr gefordert. Der Hinweis auf die mit dem bisherigen Schöf- engerichte gemachten „vorzüglichen Erfahrungen" et nicht stichhaltig, weil die häutigen Aende - rungen von Schöffe ngertchtsur- teilen in der Berufungsinstanz dartäten, daß auch hier, wie überall, Irrtümer vorkämen. Der besondere Wert des kleinen Schöffengerichts aber, der Vorteil nämlich, daß nicht ein Einzelrichter, sondern ein Richterkollegium Recht spreche, sei bei der Strafkammer in noch höherem Maße gegeben; denn hier wäre das Kollegium aus gleichwertigen Mitgliedern zusammengesetzt, die einen Meinungs tampf in der eindringlichsten Weise führen könn ten. Dagegen würde ein Schöffe zu einer sach lichen Prüfung der Gründe für und Wider eine Rcchtsonstcht in der Regel unfähig sein. Der an gebliche Vorzug des Schöffen, seine Kenntnis des praktischen Lebens und sein darauf gestütztes ge sundes Urteil, dürfe auch der großen Mehrheit der Richter, die mit offenen Sinnen die Eindrücke des Gerichtssaales aufnähmen, nicht abgesprochen werden. Vom Leben des Verbrechers aber wisse der Schöffe weniger als der Richter. Handele cs sich jedoch in einem Straffalle uni die besonderen Verhältnisse eines Gewerbes, dann fei deren Kenntnis dem Schössen ebenso fremd wie dem Berussrichter, wofern ersterer nicht zufällig das fragliche Gewerbe betreibe. Ein weiterer Mangel des Richters, die Ab stumpfung durch lange Beschäftigung in der Straf rechtspflege oder durch Ueberbürdung, lasse sich da durch beseitigen, daß man mit den Richtern häu figer wechsele und die Strafrichter entlasse. Der Rechtsprechung drohe von einer Schöffenstrafkammer, bei der die Schöffen in der Ueberzahl sind, die Gefahr, daß der Kampf gegen das Verbrechen weniger folgerichtig geführt werde: entscheide doch der Schöffe alsdann auch über die schwierigste Frage der Strafzumessung Hier könne nur lange Uebung, stetiges Vergleichen mit anderen Straf taten und mit der Rechtsprechung anderer Gerichte zu einem einigermaßen befriedigenden Ergebnis führen. Sprächen also alle sachlichen Gründe gegen die Heranziehung der Schössen zu den Strafkammern, so sei auch der politische Grund, daß das Ver trauen des V 0 lkes zur Strafrechtspflege nur auf jene Weise wieder h c r g e st e l l t werden könne, nicht st i eh h a l t i g. Denn Schöffen- und Schwnrgerichtsurteile nnterlügen der gleichen scharfen Kritik. Stehe ein Straftammer- urteil mit deni volkstümlichen Empfinden nicht im Einklänge, dann trüge meist das Gesetz selbst oder die maßgebende Rechtsprechung des Reichsgerichts die Schuld daran. Tas materielle Strafrecht und die Rechtsauslegung der höchsten Gerichte dem volkstümlichen Rechtsgcfühl mehr als bisher an zupassen, nur insbesonders tüchtige Juristen zu Strafrichter zu berufen, die Strafkammer in der bisherigen Besetzung mit 5Richtern zu erhalten—, sei der sicherste Weg, das Vertrauen des Volkes zu unserer Strafrechtssr-age wieder herzustellen. Indessen erscheine die Hoffnung, daß die Straf kammer auch in Zukunft nur mit Berufsrichtern besetzt werde, nicht allzugroß. Von den vielen Vorschlägen über die Besetzung der Schöffenstraf- kammcrn sei allein der zweckentsprechend, der drei Berussrichter vorsehe. Drei Richter ver bürgten gründlichen Meinungsaustausch, und für die Schöffen werde jene schwierige Lage vermie den, die bei einem Meinungsstreite unter zwei Richtern für -sie eintrete. Die Schöffen dürften nicht in der Ueberzahl sein, weil sie allein (nach dem vorliegenden Entwurf) zwar nicht die Schuld frage bejahen, jedoch souverän über das Strafmaß entscheiden können. Gegen die Zuziehung von drei Schöffen bestehe kein grundsätzliches Bedenken, es frage sich nur, ob die Zuziehung von zwei Schöf fen nicht genüge und demnach schon wegen der Personalersparnis den Vorzug verdiene. Die Schuld- srage könne gegen den Willen beider Schöffen nicht bejaht werden; daß die Berufsrichter über die Strafe selbständig entschieden, sei geradezu not wendig. Begründete Vorstellungen der Schössen gegen die Strafzumessung würden sicherlich beach tet werden. Die Berufungsinstanz solle nach dem Ent- wnrfe bloß aus gelehrten Richtern bestehen. Diese Bestimmung sei nicht solgerichtig, aber es dürfte zweckmäßig sein, zunächst Ersahrungen über die Bewährung der Schössen in den Strafkammern zu sammeln, ehe mit der Heranziehung von Volks richtern noch ein weiterer Schritt getan wird. Gerichtlich«». 8 Leipzig, 22. September. Für 45 000 Mark Wein in die Sosse. Im Betriebe der Neustädter Weinkeller»« in Neustadt in Franken stellt« der Weinkontrolleur «ine 25- bis 50prozentige Streckung sest. Der Urheber dieser gewaltigen Weinfälschung, Geschäfttsührer Otto Ludewig, wurde deshalb von der Strafkammer Frankenthal zu 1500 Mark Geldstrafe verurteilt, wogegen er Revision bei >em Reichsgericht einlegte. Er rügte u. a., daß die Einziehung deS Weine-, der »inen Wert von über 4b 000 Mark besaß, zu Unrecht erfolgt sei, weil der Wein der Firma, nicht aber dem Verurteilten ge höre. Die Einwände vermochten jedoch nicht daS Urteil aufzuheben. Die Rev-ston wurde vielmehr kostenpflichtig verworfen. 45 000 Mark werden also n die Gosse fließen. 8 Karl-ruh«, 21. Sept. Verurttilt« Verteidiger. In der Schwurgericht-fache wider den Architekten Schweizer in Mannheim waren den beiden Verteidigern Recht-anwälten Oppenheim und mgglt aus Karl-ruhe durch Gerichtsbeschluß die ämtlihen Kosten de» Verfahren» auferlegt worden, weil sie während der Verhandlung plötzlich die Ver teidigung niedergelegt und dadurch die Fortsetzung >e» Prozesses vereitelt hatten. Gegen diesen Beschluß hatten die beiden Recht-anwälte beim OberlandeSge- richt Beschwerte eingelegt, die j-tzt verworfen wurde. Beide Verteidiger haben die etwa 3000 Mk. betra genden Kosten der ersten SchwurgertchtSverhand- lung recht-kräftig au» ihrer Tasche zu zahlen. Reuest«» vom Tag« * Massenflucht von Fürsorge zöglingen. Aus der FUrsorgeanstalt in Slraußberg bei Berlin sind nicht weniger als 8 Zöglinge auf einmal entwichen. Zwei wurden wieder eingefangen. Einer gab an, daß die Flucht gemeinsam beraten und beschlossen worden sei. Bei der Aufgreifung des einen oder anderen sollte nur die Aussage gemacht werden, daß die Flucht die Folge schlechter Behandlung sei. * Ein Deserteur der franzö sischen Fremdenlegion wurde in Hal berstadt angehalten und ausgefordert, seine Uni- sorm abgulegeu. Der Mann gab an, mit 50 Kameraden aus Algier entflohen zu sein. Nur 13 sei es gelungen, ins Ausland zu kommen. Der Deserteur ist ein Deutscher, ein geborener Frvnk- urter. * Interessanter Fund. Beim Aus schachten eines Brunnens in Haltern (Westfalen) wurden in einer Tiefe von 16 Metern Ueberreste eines gewaltigen Mammuts gesunden. Die Stoß zähne hatten eine Länge von über 1 Meter, die Backenzähne wogen drei Kilogramm. * Dampferunsälle. Der Norddeutsche Lloyddampser „Norderney", der von Coruna nach Cuba abging, ist brennend nach Coruna zurückge- tehrt. — Der mit Stückgütern beladene englische Dampfer „Gipsy", von Hamburg nach England unterwegs, ist bei nebeligem Wetter bei Schaar hörn an der unteren Elbe gestrandet und befindet sich in bedenklicher Lage. Die Abschleppungsver- fuche waren bisher vergeblich. * Ein ganzes Dorf Niederge bra n n t. Aus Breslau Wird berichtet: Das in der Nähe der Grenze gelegene Dors Nepolonice ist vollständig abgebrannt, lieber 800 Menschen kam pieren obdachlos im Freien. Die Mutter des Wirtschaftsbesitzcrs Kulda, sowie dessen 2jähriges Söhnchen sind in den Flammen umgekommeu. * Selb st mord eines Fürsten. Am Dutzendteich bei Nürnberg erschoß sich der bis herige Hofkavalier Fürst Thurn lind Taxis von Blankenburg, der kürzlich gegen zwei Kellner Klage wegen Erpressung angellrcngt und im Verfolg der Angelegenheit bei der vorgesetzten militärischen Be hörde ein ehrengerichtliches Verfahren gegen sich beantragt hatte. * Vor Schrecken wahnsinnig ge worden. In München wurde eine 19jährige Bürgerstochter, welche eine infolge Spiritusexplo sion lichterloh brennende Nachbarssrau sah und schreien hörte, vor Entsetzen über den grauenhaf ten Anblick plötzlich wahnsinnig. * Meuternder Sträfling. Nach einer Meldung aus Würzburg wurde der Gefäng niswärter Bauni in Wertheim-Baden von einem Sträfling mit dem Messer nicdergestochen. Ein Gendarm, der auf die Hilferufe des Verletzten hin zukam, schlug mit dem Seitengewehr dem Sträf ling das Messer aus der Hand. Als der Sträfling sich jetzt gegeit den Gendarmen wandte, schlug ihn dieser nieder. Der wegen Körperverletzung inhaf tiert gewesene Sträfling ist schwer verletzt. Ter Gefängniswärter Bauni wurde sterbend ins Ju- linsspital in Würzburg gebracht. * Der verbotene Flirt. Vor einiger Zeit haben sich zwei junge Leute aus» angesehenen Marseiller Familien das Leben genommen, weil ihr Liebeswerben bei zwei Mitgliedern einer Lon doner Tanzsängerinnentruppe erfolglos geblieben war. Dieselbe Truppe erschien jetzt wieder in Marseille, doch forderte der englische Generalkonsul ein schriftliches Versprechen vom Impresario, auch nicht den harmlosesten Flirt zn dulden, widrigen falls die ganze Truppe unverzüglich altsgewiesen und ihr Auftreten in ganz Frankreich untersagt würde. * B e i d c r L a n d u n g mit einer Flug Maschine tödlich verunglückt. Aus Boulogne-sur-Mer, 22. September, wird be richtet: Der Flieger de> Rue stieß heute vormittag bei der Landung mit dem vorderen, Teile seines Aeroplaus auf eine Erderhöhung. De Rue geriet unter den Apparat, der umstürzte, und wurde mit zerschmettertem Brustkasten tot unter ihm hervor gezogen. * Erdbeben. Aus Aix-en-Provence, 22. September, schreibt man: Heute vormittag wurden in Rognes, Lambex und später in Samte Re- parade Erdstöße walu-genommen. Diese Ortschaften waren bereits vor einigen Monalen von heftigen j Erdbeben heimgesucht worden. Durch das heutige Erdbeben wurde niemand verletzt, nur einige Mauern, welche sich in schlechtem Zustande befan den, sind etngestürzt. In der Gegend wütete ein heftiger Sturm. — Weiter wird aus Athen be richtet: Ein starker Erdstoß wurde gestern früh wahrgenommen, doch ist kein ernstlicher Schaben angerichtet worden. Hingegen glarM man, daß andere Teile des Reiches durch da« Erdbeben schwer gelitten haben. * Ein ,l6jähriger Vatermörder. Nach Blättermeldungen aus Parts Hal in einer Ortschaft in der Nähe von Bergerac ein ttzjäh- riger Junge infolge Familienzuwachses durch die Geburt eines dritten Kindes seine Eltern aufge- fordert, ihm, dem Sechzehnjährigen, schon jetzt ein Drittel mehr als den Geschwistern im Testament festzusetzen. Als der Vater den Jungen streng zurechtwies, ergriff der Bube ein Gewehr und schoß den Vater auf der Stelle nieder. Der Bursche wurde verhaftet. * Drei Hinrichtungen in Frank reich. In Valence (Dep. Dvome) sind die drei Raubmörder, die das Volk wegen ihrer Greuel- laten die „Chauffeure der Drome" nannte, hinge richtet worden. Die Exekution gestaltete sich wieder, wie vor einiger Zeit bei einem ähnlichen Fall, zu einem Volksfest. Alle Züge nach Valence waren überfüllt, die Fenster der dem Gefängnis zuge kehrten Häuser wurden zu hundert Frank für das Schauspiel autzgeboten. Der Lärm der Menge drang bis zu den Verurteilten, die erst dadurch erfuhren, daß ihr Schicksal sich in wenigen Stun den erfüllen werde. In den späten Abendstunden ging über dem Rhonetal ein gewaltiges Gewitter nieder, das die Menge jedoch nicht vom Gefäng nisse wegirieb, vielmehr wmde sie beständig durch neue Gruppen lärmender und johlender Zuzügler verstärkt. Ein Augebot Infanterie, reitender Jä ger und Gendarmen hielt mit Mühe die Ordnung etwas aufrecht. Während die Einzäunung errichtet wurde, sang das Publikum und stieß dazwischen Verwünschungen gegen die Mörder aus. Präsident Fallieres hatte, der Volksstimmung Rechnung tra gend, aus die Ausübung seines Begnadigungsrech tes verzichtet. Seit 20 Jahren war es in der Drome das erstemal, daß die Guillotine in Tätig keit trat. * Eine M i l l i 0 n e n st t s t u n g für die Brüsseler Universität. Nach der „Etoile Belge" haben mehrere Gönner der Uni versität in Brüssel einen Fonds von vier Mil lionen Frank zu wissenschaftlichen Zwecken gestiftet. * Ein Revolverduell seltener A r t spielte sich in Neapel ab. Das Duell sand zwischen einem gewissen Torre Pazzo, der der besten Gesellschaft Neapels angehört, und einem Wucherer namens Nicola statt. Die Duellanten gaben 40 Rebolverschüsse auseinander ab, ohne einander zu wessen. Dagegen wurde . . . einer 'der Zeugen von einer Kugel so schwer getrosten, tdaß er noch im Lause des Tages starb. * Russische Etsenbahnräuber. Aus Tambow wird gemeldet: Ein Kassenbote der Nordischen Bant-Filiale Borisoglebsk, der 22 700 Rubel mit sich führte, ist im Eisenbahnzugc von vier Räubern überfallen, ermordet und des Gel des beraubt worden. Ein Begleiter ist getütet, ein anderer Passagier verwundet. Die Räuber sprangen aus dem fahrenden Zuge. — Weiter Wird aus Krasnejarsk gemeldet: Auf der sibirischen Eisenbahn wurde ein Passagier von Räubern der Barschaft von 300 Rubeln beraubt. Die Räuber brachten den Zug zum Stehen und entkamen. * Wieder flott geworden. Der Torpebobootszerßörer „Jtchen", welcher in der Nähe von Kirkwall auf Grund geraten war, ist wieder flott gemacht worden. * 100 Personen durch eine Flut welle umget 0 in m e n! Die Zahl der bei der herciubrechtudeu Flutwelle über Louisiana am Montag umgetommeneu Personen wird auf etwa hundert geschätzt. Die Nachrichten über die an gerichteten Verheerungen wurden zuerst von halb bekleideten Flüchtlingen nach der Stadt Houma gebracht. Vermischtes. * E i u d r i t t e r P 0 l. Aus Thüringen wird der „Nordd. Allg. Ztg." geschrieben: „Viel leicht interessiert es Ihre Redaktion, daß ich neben Nord- und Südpol noch einen dritten entdeckt habe. Unter dem 29. Grad U) Min. östlicher Länge und 51 Grad 1-2 Min. nördlicher Breite, das heißt ungefähr 15 Kilometer ostnordöstlich von Weimar und nordnordwestlich von Jena ist näm lich immer noch „A Pol da". Sogar schon mit Postamt versehen, und auch Ihre Zeitung wird dort bereits bezogen. Bei Abdruck erbitte ich Be legexemplar." — Hoffentlich, so schreibt das Blatt, gibt diese Entdeckung nicht Veranlassung zu einem so leidige» Streit, wie die Erreichung des Nord pols. Wir wollen das unserige tun, um das zu verhindern, und gratuliere» dem Entdecker. * B a r b i c r r e k l a m c. Eine eigenartige Reklame hängt in dem Frisierraum des Hossriseurs Stand in Meiningen. Sie besteht in einem Oel- bild, das de» Tod Absalcms darstellt, der mit seinen lange» Haare» in den Aesten hängt und von dem ihn verfolgenden Anführer der Soldaten erstochen wird. Darunter stehen folgende Verse: Hier hängt der schöne Abfalon, Des großen Königs Datvid Sohn, Wär' er vorher zu Stand gegangen, Würd' er an diesem Baum nicht hangen. Der Verfasser dieser humoristischen Zeile» ist kein anderer als Rudolf Baumbach, der Dichter des „Zlatorog". * Der K a m pfui» den Nordpol aus der Bühne. Zwei New- Uorker Dra matiker haben die Frage, ob Peary oder Cook den Nordpol entdeckt hat, schleunigst Z» ciuer Operette verarbeitet. Zwei Tage nachdem die Nachricht, daß Peary den Pol erreicht hat, ciugetroffen war, tag das Werk bereits fertig de» Thcalerdirektoren vor und wird bald zur Aufführung kommen. Es neiiut sich „Die Forscher", und der Text ist von
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