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richt im Auftrage seiner Herrn mitteilte, Seine Durchlaucht lebten der gnädigsten Zuversicht, er werde auch ohne Revers den Edikten gemäß sich zu bezeigen wissen, glaubte Gerhardts zartes Ge wissen darin wenigster den Schein der Verleug nung zu sehen, und in einem herzbewegenden Brief an den Kurfürsten zeigte er an, er könne unter solchen Voraussetzungen sein Amt nicht wieder übernehmen. In einem Teil seines Ge haltes belasten und durch reiche Liebesgaben seiner Gemeinde unterstützt, blieb er bis zu seiner Berufung nach Lübben (1668) noch eine zeitlang in Berlin. Die Erzählung daß er 1666, des Lande« verwiesen, in einer Herberge sich und seiner kummervollen Gattin zum Tröste da« Lied gedichtet habe: „Befiehl du deine Wege", erweist sich demnach als eine Sage. Er ist nie der Landes verwiesen worden, und dar fragliche Lied stammt bereits auS dem Jahre 1653. Auch war ihm kurz vor seinem Scheiden von Berli.. sein treues Weib gestorben. Als ArchidiakonuS in Lübben wirkte er bi« zu seinem am 7. Juni 1676 erfolgten Tode, vereinsamt und, wie er scheint, von seiner Gemeinde nicht nach Gebühr gewürdigt. Wir besitzen kein einziges Lied von ihm auS dem letzten Abschnitt seines Lebens. Dagegen ist sein Sterbelager geweiht durch jene Strophe seines Lieder, mit der er sich tröstete: „Kann unS doch lein Tod nicht töten, sondern reißt unsern Geist auS viel tausend Nöten usw." Die Zahl der Lieder Paul Gerhard» ist 131, von denen 44 in unserem Gesangbuch stehen. Sie sind zum Teil Umdichtungen von Psalmen und andern Bibelabschnitten, z. Teil liegen ihnen lateinische Lieder oder Stellen auS Joh. ArndtS Paradiergärtletn zu Grunde. Zur Hälfte aber sind sie freie Schöpfungen. Man kann aur P. Gerhardts Liedern ein vollständiger Gesangbuch zusammenstellen. Sie umspannen alle Haupt zeit«» der KircheujuhreS, Natur und Vaterland, HauS- und Ehestand, Morgen und Abend, Freud und Leid, Lob und Dank. In die LdventSzeit treten wir ein mit den Liedern: „Wie soll ich dich empfangen?" (SS) und „Warum willst du draußen stehen?" (St). — An Weihnachten fingen wir „Fröhlich soll mein Herze springen" (40) — „Ich steh an deiner Krippe hier" (44) — „Wir singen dir Immanuel" (53). — Ueber die Schwelle der neuen Jahre» geleitet unr der Dichter mit dem Liede: „Nun laßt unS gehn und treten" (81). — Am Epiphaniarfest ruft er uns auf: „Kommt und laßt unS Christum ehren" (69). — Die PasfionSzeit hat er beson ders reichlich bedacht: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld" (7V, besonder» durch seinen dramatischen Charakter ausgezeichnet), — „O Haupt voll Blut und Wunden" (105), — „O Well, steh hier dein Leben" (106) — „Sei mir tausendmal gegrüßet" (108). — Der Osterjubel tönt unS entgegen aur dem Liede: „Auf, auf mein Herz mit Freuden" (113). — Pfingsten begrüßt er: „O du allerfüßte Freude" (150), und „Zeuch ein zu deinen Toren" (155), — „Gott Vater, sende deinen Geist" (142 t — Zum Gottoertrauen mahnt er: „Du bist ein Mensch, das weißt du wohl" (288). — „Der Herr, der aller Enden regiert" (285), — „Ich hab in Gottes Herz und Sinn" (291), — „Fch weiß, mein Gott, daß all' mein Tun' (293) — Da« Evangelium Joh. 3, 16 besingt er: „Also hat Gott die Welt geliebt" (302). — Zum Genießen der schönen Jahreszeit fordert er auf: „Geh' auS, mein Herz, und suche Freud" (495). — Für das Aufhören des Regens bankt er: „Nun ist der Regen hin" (501). — Im Kriege stimmt er an: „Herr, der du vormals hast dein Volk in Gnaden angeblicket" (512), und am Schluß des Kriege«: „Gott Lob, nun ist ei schollen" (514). — HauS- und Ehestand preist er: „Wie schön ist's doch, Herr Jesu Christ" (552). — Am Morgen singt er: „Wach aus, mein Herz, und finge" (464). — „Die güldne Sonne" (449), am Abend: „Nun ruhen alle Wälder" (487). — Wie groß ist die Zahl und wie köstlich der Inhalt seiner Kreuz« und Trost« lieber: „Ach treuer Gott, barmherzig Herz" (572), — „Auf den Nebel folgt die Sonne" (578), — „Befiehl du deine Wege" (575), — „Gieb dich zufrieden" (579), — „Nicht so traurig, nicht so sehr" (595), — „Schwing dich auf zu deinem Gott" (599), — „War Gott gefällt, mein frommes Kind" (606), — „Ist Gott für mich, so trete" (385), — Warum sollt' ich mich denn grämen?" (377). — Aber auch auf der Harfe de« LobgesangS ist er Meister: „Sollt' ich meinem Gott nicht singen?" (800), — „Du, meine Seele singe" (289), — „Nun danket all' und bringet Ehr" (530), — „Ich will mit Danken kommen" (294), — so quillt es aus dankerfülltem Herzen. Die Sehnsucht nach der himmlischen Ruhe klingt wieder in dem Sterbe lied des Sängers, daS gleichsam sein dichterisches Testament ist: „Ich bin ein Gast auf Erden" (634), und die Hoffnung der Auferstehung zum ewigen Leben in dem Bekenntnis: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt" (675). Wohl töut auS P. Gerhardt« Liedern nicht so da« Gesamtbekenntni« der Kirche heraus wie bei Luther, sondern mehr das fromme Bekennt nis der einzelnen gläubigen Seele. Aber den noch sind sie so duS dem Bewußtsein des christ lichen Volker herauSgesungen und spiegeln die Erfahrungen deS menschlichen Herzen« so treu, daß sie noch immer die Ltebliogilieder de« evan gelischen Volke« find. Wa« besonders die Herzen für sie gewinnt, das ist der Grundton, der dmch alle hindurch zieht: „DaS, wa« mich fingen machet, ist wat im Himmel ist." (Fortsetzung folgt.) Nur wo Familien auf Erden zu wahrhaften SotteSfamilien, ein« in demselbe» Glauben, in derselben Hoffnung geworden sind, wo ihre Glieder auf demselben schmalen Wege de« Le- ben« d m gemeinsamen Vaterhaus» zupilgern, da bleiben alle Angehörigen derselben bi« in Ewigkeit belsammeu, mag auch der Tod sie auf urze Zeit trennen. Ja, ja, unsere selig Ver- korbenen, wir finden sie einst wieder, w.nn auch wir schon hier auf Erden unseren Wandel im Himmel führten. „Im Herrn bleibt man vereint". In diesem Wort ist denn auch die Antwort auf die weitere, für viele so fesselnde Frage enthalten, ob e« einen Verkehr der Abgeschiedenen mit un«, den noch Lebenden, gebe. E« ist ein gar glatter Boden, auf den un« diese Frage stellt. Jeder Schritt auf demselben ist mir der größten Vorsicht zu tun, wenn man nicht auSgleiten will. Freilich verrät eS noch keinen Mangel an der dem Ehristen geziemenden Nüchternheit, von einem Hereinragen der Geisterwelt, sowohl der guten als der bösen, in dieser Erdenleben zu reden. Aber augeublicklich wird man dem Selbst- betrug und deS Teufels List preiSgeben, wenn man glaubt, die Fäden in die Hand bekommen Das Lebe« «ach dem Tode. (Fortsetzung) zu können, die auS der Geisterwelt herüberhängen. I Wie eine ansteckende Krankheit hat die Sucht der Geisterfragerei und Geisterseherei, SpiritiSmu« geheißen, seit Jahrzehnten in unserm Geschlechte um sich gegriffen, und mag dieselbe auch ihren Höhepunkt überschritten haben, so lauschen doch noch immer unzählige jenseits und diesseits de« Meeres emsig auf die vermeintlichen Aufschlüsse von abgeschiedenen Geistern, mit denen besonder- dazu veranlagte Mttt:l«personen — Medien ge- nannt — vorgeben, verkehren zu können Fast wie gehorsame Diener lassen sich die Geister, wie man glaubt, von diesen Medien herbeirufen und zu allerhand wunderbaren Leistungen, da runter auch zu vielen brotlosen Kunststücken, ähnlich denen der Taschenspieler, bewegen und offenbaren sich den Lebenden tu fiunenfälliger Weise, sichtbar, hörbar, fühlbar. Noch immer lagert auf diesem viel umstrittenen Gebiete ein gewisser Dunkel. Allerdings mehrt sich die Zahl und da» Gewicht der Beweise, daß ein großer Teil diese» Geisterspuk« aus Rechnung deS Be trug» etnerseit« und der Leichtgläubigkeit anderer seits zu setzen ist, und der Verdacht, daß stch zu- letzt alles als Schwindel auSweisen werde, legt sich nahe. Aber wenn auch fernerhin noch im mer ein Rest von wohlbeglaudtgten Tatsachen übrig bleiben sollte, die nach allen Regeln einer vo, urteilt freien Untersuchung geprüft und fest- gestellt sind und au« jenen Quellen nicht erklärt werden können, so Hatzen wir e« doch jedenfalls dabei nicht, wie unS viele Anhänger dieses neuen Geisterglauben« einreden möchten, mit den Seelen von Verstorbenen und deren Offenbarungen zu tun. Dagegen spricht nicht nur die häufige und auffallende Uebereivstimmuvg der vermeintlichen Offenbarungen mit den Anschauungen der Me- dien, sondern auch die für jene Ansicht notwen dige, ungereimte Annahme, daß sich die Ver storbenen ihren Medien gegenüber geradezu wie in einer Art von Sklaverei befinden, daß sie stch von denselben in einer ihrer unwürdigen Weise gebrauchen lassen sollen, um allerlei Kurzweil und Unfug, welche Gauklern und Zauberkünstl.rn anstehen mögen, durch fliegende Messer, tanzende Stühle und Tische, Fuß- und Haad-Abdrücke, nichtssagende Aufzeichnungen innerhalb eioer geschlossenen Doppeltafel usw. zu verüben. (Fortsetzung folgt). Der der jüngere und kleinere Bruder de« Eoangeli- scheu Gustav Adolf-Berein«, der bekanntlich die Aufgabe hat, die lutherischen Glaubensgenossen in römischer, reformierter und unierter Umgebung zu unterstützen, hatte im Jahre 1908 eine Ein- nähme von 142014 Mk., und zwar au« Meck lenburg 28105 Mk., auS Hannover 28017 Mk., au« Sachsen 26462 Mk., au« Bayern 18 575 Mark, au« Elsatz-Vsthringen 15,877 Mk., au« evangelisch-lutherische SotteSkaste« Hamburg 9363 Mk., au« Schleswig-Holstein 5684 Mk., au« Württemberg 4256 Mk., au« Reuß ä. u. j. L. 1733 Mk., au« Braunschweig 973 Mk., auS Thüringen 791 Mk., au« Hessen 719 Mk., auS Lippe 569 Mk., au« Lauenburg 504 Mk., au« Oldenburg S86 Mk. Zu diesen Einnahmen kommen noch die au« der evang^ luth. Kirche in Preußen t« Höhe von 4974,53 Mark. Au»tzegeden an Unterstützungen wurden: S1362 Mk. für die Diaspora deutscher Lande«, ktrchen, 11 790 Mk. sür die luth. Freikirchen in Deutschland, 32 068 Mk. sür Oesterreich-Ungarn, 6156 Mk. für sonstig« europäisch« Länder, 14 534 Mark für außereuropäische Länder, 4445 Mark zur Ausbildung von Predigern und Lehrern, 13778 Mk. siü sonstige Zwecke und Lerwal- tuogskostr«. Die luth. Kirche in Preußen konnte 3135 Mk. Unterstützungen verteilen.