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wallfahrt, da« Schwert der Geister, der beste Anwalt gegen die Widersacher und am Ende der Lage der Richter der Welt, denn „nicht ich — spricht Christus der Herr — will euch richten, sondern dar Wort wird euch richten." Darum lasset dar Wort Christi, die Bibel, unter euch wohnen! .Wohnen" schreibt der Apostel, nicht „Herbergen", als genüge eS, wenn die Bibel nur als Gast, nur zeitweilig und vorübergehend unter uns sei. Nein, „wohnen" sollen wir die Bibel unter uns lassen; Bewohner, Einwohner, Hausgenosse, ein HauSgerätschaft soll die Bibel im Hause sein. Du sollst eine Bibel besitzen; du sollst sagen können: Dar ist unsere Hau«- bibel! Da« ist meine Bibell Sott sei Dank, daß wir sie besitzen können, obenan durch Luther, dem wir die drei Grundbücher deS Heiles zu danken haben für Kirche, Schule und HauS: Bibel, Katechismus und Gesangbuch, und zwar in unserer Muttersprache, dazu so meisterhaft und dabei durch die Bibelgesellschaften so billig, für Arme sogar unentgeltlich Nun laßt sie aber auch unter euch „wohnen!" In der Kirche soll der Geistliche am liebsten die Vollbibel am Lesepult und auf der Kanzel brauchen, in der Schule soll eS kein bloßes biblisches Lesebuch an Stelle der Bibel geben, sondern in der Hand der Lehrers und deS Schülers der oberen Klaff- die Bollbibel sein. Der Konfirmand soll die Bibel unter dem Arm in den Konfirmanden- untericht tragen müssen. Dar Brautpaar soll nicht ohne eine Bibel seinen Einzug halten. Der Jüngling und daS Mädchen soll in Lehre und Dienst eine, seine Bibel milnehmen. Wo keine Bibel ist im HauS, da sieht'« gar öd und traurig aus, im KrrchhauS, im SchulhauS, im Wohnhaus! So lieb mußt du die Bibel haben, daß du nicht ohne eine Bibel, nicht ohne deine eigne Bibel sein magst! „Wohnen" soll sie bei Dir. Besitzet die Bibel! DaS ist die erste Mahnung und Ermunterung deS Bibelfestes. Die zweite lautet im Sinne dek Apostels: verbreitet die Bibel! (Schluß folgt.) Die christliche Lehre vom Austau- nach dem Tode. Der Zwischen-ustand. Hier ist denn auch der Ort, wo wir der Schicksal« der früh verstorbenen Kinder zu ge- denken haben. Schon deren große Zahl drängt uns, danach zu fragen; stirbt doch mehr als die Hälfte der Menschen vor dem z-hnten Lebens jahre. Noch größer und berechtigter ober ist daS Interesse für jedes Vater- und Mutterherz, da« je einmal ein teures Kind durch den Lod oer- loren hat. Welch Elternherz wäre gleichgültig gegen das Los seiner Lieblinge? Und war ist dieses LoS? Wird eS überhaupt Kinder in der Ewigkeit geben, oder werden dieselben durch ihren Ueb rgang in eine andre und höhere Ordnung der Lebens sofort zu auSgerriften Menschen? Wir finden weder in der Vernunft noch in der Schrift irgendwelchen Grund, dar letztere anzunehmen. Ist eS die Bedeutung der JmseitS, daß der Mensch dort erntet, was er htenieden gesäet hat, so nimmt eS die Ent wickelung eines jeden auf dem Punkte auf, aus welchem sie unmittelbar vor dem Tode stand. Er ist un« darum nicht zweifelhaft, daß Kinder nach ihrem Tode zunächst als Kinder fortleben. Aber sie bleiben nicht Kinder. Sie kommen in ihrem Wachstum voran, nur ohne den Wechsel von Fallen und Wiederausstshen, der hier auf Erden für unS sündige Menschen unvermeidlich ist. Auf dem geradesten und schnellsten Wege, niemals rückläufig steigen sie aufwärts bis zur Dollkommenh it, die ihnen nach dem Maße ihrer Begabung möglich ist. Auch Johannes in seiner Offenbarung (19, 5 u. 20, 12) bezeugt, daß er alle Toten, die Großen und die Kleinen, vor Gottes Thron versammelt gesehen und vernommen habe, wie sie beide ihre Stimmen zum Lobe SotteS erhoben. Wir sagten, daß der Mensch dort erntet, wa« er hier gesäet hat. Wenn wir fortleben, so können wir nur fortleben mit der gleichen Gesinnung, mit der gleichen Richtung der ganzen P-rson wie hier auf Erden. War hier deS Hrrz-nS Dichten und Trachten auSmachte, nird eS auch nach dem Tode auSmachen. So ein flußreich auch der Augenblick de« Lode« für den Menschen gedacht wird, an sich selbst schmilzt «r die Gottlosen nicht zu frommen Menschen um. Er zaubert nicht in den Himmel hinein, als ob man nur zu sterben brauchte, um selig zu werden. Nein, was der Mensch an Charakter und Gesinnung hier geworden ist, da? ist und bleibt er auch droben. In derselben gottseligen oder gottwidrigen R chtung wie hier auf Erden, auf derselben Bahn aufwärts oder abwärts, auf welcher er sich bei seinem Tode befand, wird er auch dort sich fortbewegen. Dieses Grundgesetz der göttlichen Gerechtig keit können auch unsre Gebete, unsre Fürbitten sür die Verstorbenen nicht aufheben. Dom Drange der Liebe getrieben, hat man schon in der ersten Christenheit die Fürbitte für die Ver storbenen ohne Bedenken in daS allgemeine K rchengebet ausgenommen. Man flehte für die Ruhe der abgeschienenen Geister, für ihr Wachs tum ii der Seligkeit und für ihre dereinstige herrliche Auferstehung. Später, als die Irr lehre vom Fegefeuer in der Kirche Platz griff, betete man auch für die Befreiung der Seelen aus dessen Qual. Aber tat man recht daran? Wer darf und wollte eS einem Herzen, daS um die Seligkeit eines lieben Verstorbenen bangt, ve'argen, wenn eS seine Zweifel, seine innere Not und Sorge vor dem Herrn ausschüttet? Aber ob ek weiter gehen darf, zur eigentlichen Fürbitte für die Verewigtm? lieber ihr Schick sal ist endgültig entschieden. Keine Träne, kein noch so heißes Flehen von unsrer Seite kann daran etwas ändern. Darum enthält auch die Heilige Schrift keine einzige Ermunterung zu solcher Fürbitte. Die selig Gestorbenen aber bedürfen unsrer Fürbitte am wenigsten. Sie sind beim Herrn, daheim bei Ihm. Unmittelbar nach dem Tode kommen die Gläubigen inS Paradies. Mag immerhin die Vollendung der Gerechten erst am Ende der Tage eintreten (Hebr. 11,40), selig sind sie schon von ihrem Tod; an in und bei ihrem Herrn, wi: sie eS dem Anfänge nach hieniedrn waren. ES ist ihr Himmel im Himmel, in Seiner unmittelbaren Nähe zu weilen. Aber ist dar alle-, was ihrer wartet? So gewiß wir be schränkte Kreaturen sind, so gewiß können wir, um selig zu sein, auch der Gemeinschaft mit unsersgleichen nicht entbehren. Darum gehört es als ein wesentlicher Zug zur himmlischen Freude der Erlösten, daß sie in gegenseitiger Mitteilung ihre Herzen miteinander auStauschen und durch Nehmen und Geben sich wechselseitig söcdern in der Gnade und Erkenntnis ihres GoiteS. Nur überschätze man die Bedeutung dieser Aussicht nicht! Sie ist nicht daS Haupt stück der christlichen Hoffnung. Fragt man den Apostel Paulus, warum er sich sehne, abzuschei- den, so lautet die Antwort : Weil er „Lust habe, bet Christo zu sein" (Phil. 1,23) und „daheim zu sein bei dem Herrn" (2. Kor. 5 8). Er er wähnt die Freude gar nicht, welche er aus dem Ver kehr mit den Seligen sch öpfen werde; so sehr tritt dieselbe für ihn in den Hintergrund. Aber da durch verliert sie w'dsrihr Recht noch die Ge- währ der Befriedigung. Wer kann e« sich doch auch vorstellen, daß Herzen, die hier einander in brüderlicher Liebe nahegestanden haben, dort einander fremd und gleichgültig sein könnten? Würde dann Paulus von dieser Liebe gerühmt haben: „Sie hörst nimmer auf I" ? Allein folgt nun daraus, daß wir dort alle Wiedersehen, mit denen wir hier zusammen lebten? So malt sich so gern ein fleischlicher Sinn den Himmel aus. WaS ist nicht alle« in weichlicher Gsfühligkeit geredet worden über die Freude eines allseitigen Wiedersehens! Mit den lebhaftesten Farben hat man dasselbe zu schildern versucht, um damit die Wunden zu heilen, die an den Sterbebetten und Gräbern unsrer Lieben so .heiß brennen. Jrdoch, wie sehr auch diese Bildern unserm natürlichen Ver langen entsprechen, die Heilige Schrift schreibt ihnen keine Wahrheit zu. Nach ihr ist die Be deutung der Blutsverwandtschaft nicht so groß, daß ihr Band nicht im Tode zerrissen werden könnte und unzähligen Fällen wirklich zerriffsn würde. Alles auf Erden soll drm Himmel dienen, und nur soweit, als cS dies tut, hat eS bleibenden W-rt. Auch die Bande der Bluts verwandtschaft sind nur deshalb um den Men schen geschlungen, daß sie ihm Gehilfen zur Seligkeit würden. (Fort etzung folgt.) Zur Einführung in das LaudeSgesaugvuch. ü) Justu« Seseains, geb. 6. Juli 1601 zu Esbeck tu Hannover al« Sohn des Pfarrer« Joachim G , bezog, auf der lateinischen Schule zu Hildetheim vorgebildet, 1618 die Universität H-lmstädt, siedelt; 1626 al« Hofmeister der Söhne de« sächsisch«» Kanzle r Stt her nach Ima über, wo besonder« der bekenntnittreue Johann Gerhard großen Einfluß auf ihn übte, war von 1629—1636 Prediger an der St. Magnikirchr in Braunschweig, dann zweiter Hofprediger in Hildetheim, 1641—71 Hofprediger und General- suprrtntendent in Hannover. Als solcher hielt (Fortsetzung) er 1646 eine Grneralkirchenvisttation. Zur För derung der Haurandacht verfaßte er daS han noversche Gesangbuch mit über 300 Liedern, wobei er allerdings vorgefundene Lieder willkür lich änderte. Ein prodnklioer Liederdichter war G. nicht. In unseren Gesangbuch stshen von ihm folgende L eder: daS Passionslied 96: „Wenn meine Sünd' mich kränken"; daS Oster- lied 128: „O Tod, wo ist dein Stachel nun?" und da« RechtfertigungSlied 378: „Wat kann ich doch für Dank, o Herr, dir dafür sagen?' G. starb am 18. S?ptember 1673 Eine seiner letzten Schriften behandelt die Frage, ob wir uns js mit Rom wieder zu einer Kirch; vsr- einigen können. i) David Deutcke, geb. 1603 in Zittau als Sohn eines Stadtrichter«, gest. 1680 als Hof- und Konsistorialrat in Hannover, half dem Just. Gesenius (l. o ) bei der Herausgabe deS han noverschen Gesangbuchs, aber auch bet der eigen- mächtigen Aenderung der aufgenommrnen fremden Lieder. Von seinen 20 fließenden und geist reichen Dichtungen enthält unser S.-sangbuch: dar Wort GotteS-Lied 229: „Wir Menschen