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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 07.10.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190910070
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19091007
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19091007
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-10
- Tag 1909-10-07
-
Monat
1909-10
-
Jahr
1909
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 07.10.1909
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Halle. Dom Mund halte sich -um Herzen jener Kontakt gebildet, der Vertrauen erzeugt, ein Ver trauen, da? in der Ehrlichkeit und Wahrheit begründet liegt. In der Diskussion meldete sich ein Angehöriger unserer Lehrerschaft zum Worte. Ec wollte wissen, wie sich H-rr Posern zur Einheitsschule, zur Kon. sessionSlofigkeit der Volksschule und zum Un.versttätS- studium der Lehrer stelle. Herr Posern antwortete, daß er sich zu all den Fragen nicht eingehend äußern könne, da sie ja noch vielfach ungeklärt seien und die Lehrerschaft in der Beurteilung dieser Fragen selbst noch gespalten fei. Worauf der Fragende kurzerhand replizierte, daß er Herrn Posern dann nicht seine Stimme geben könne. Diese schroffe Absage vermochte Herrn Posern, aus seiner Reserve herauszugehen und zu einzelnen der angeregten Fragen Stellung zu nehmen, freilich nicht in dem Sinne, wie der An- frager gewünscht hatte, aber unter dem lebhaften Beifall der Hörer. Dann nahm noch der General- sekretär der nationalliberalen Partei Sachsens, Herr I)r. Westenberger, Veranlassung, in kräftigen, impulsiven Worten zu einem mannhaften und ein mütigen Eintreten für Herrn Posern aufzusordern. Und mit einem Hoch auf daß deutsche Vaterland und unser Sachsen ging die Versammlung auseinander, nicht ohne das Bewußtsein mit nach Hause zu neh men, einem Manne gegenüber gestanden zu haben, der offen, ehrlich und unbeengt von Fesseln der Ge- sellschaft und des StandeSbewußtseinS seine Meinung vertritt und zum Ausdruck bringt! Herr Rechtsanwalt Dr. Lehn-Meerane lei tete Lie Versammlung ein mit kurzer Begrüßung der Erschienenen und einem Hinweis aus die in etwa 14 Tagen bevorstehende Wahl zum Landtage, die diesmal nach einem neuen Gesetz stattsinde. Diesem neuen Wahlrecht haften zwar auch noch verschiedene Mängel an, aber gegenüber dem frü heren biete es dock) so manche Vorteile. Pflicht des deutschen Mannes sei es, Politik zu treiben, Pflicht aber auch, im gegebenen Zeitpunkt an die Wahlurne zu treten und seine Stimme für den Mann seines Vertrauens abzugcben. Bedauerlicher weise sei die Zahl der Nichtwähler immer noch sehr groß, aber Kian dürfe Wohl der Hoffnung Naum geben, daß die Lauheit dem Pflichtbewußt sein Platz mache. Redner empfahl dann die Kan didatur Posern mit dem Bemerken, daß Herr Posern sich nicht auf rein nationalliberalen Standpunkt stelle, sondern daß er im hiesigen Wahlkreise von verschiedenen Parteien (wie wir dies schon kürz lich ausführten. D. Red.) unterstützt werde. Nun nahm Herr Posern das Wort zu seinen Mit vielem Beifall aufgenommenen Inständigen Ausführungen, eingangs deren er meinte: Nach dem der Block zertrümmert sei und die Parteien oft in blindem Haß gegeneinander wüten, trete jeder Bewerber um ein Abgeordneten-Mandat gewisser maßen als Sündenbock vor die Wähler, und das sei keine beneidenswerte Aufgabe; ein warmes Herz für die Volkswohlfahrt, der gute Wille, Zerstörtes wieder mit aufbauen helfen zu wollen, gehört zu einer solchen Kandidatur. Dann wandte sich Red ner der Reichsfinanzreform zu und warnte davor, -atz die Wähler ihrem ersten Unmut dadurch Aus druck geben, indem sie überhaupt nicht wählen; damit besorge man höchstens die Geschäfte der So- zialdemokmtie. Eigentlich sei ja die sog. Finanz- reform überhaupt keine Reform, solidem nur ein Finanzgeschäft zwischen den politischen Parteien und der Regierung. Aber so schlimm ihre Wirkung zunächst erscheine, so habe sie doch das Gute bewirkt: sie übe eine Art Erziehung aus unser Volk aus, sie habe es sparen gelehrt. Luxus und Genußsucht haben aus vielen Gebieten überhand genommen, und darum sei es gut, wenn wir so ans Sparen gemahnt werden. Nun müsse Aus schau gehalten werden nach neuen Werten, die dem Haushalt des Bürgers wie dem des Staates nutz bar gemacht werden können, damit auch der Pfen nig wieder zu Ehren komme. Wo man etwas er reichen wolle, müsse man auch etwas auswendea. Nach einem Hinweis auf die Höhe der Steuem in England und Frankreich betonte Herr Posern die Notwendigkeit der Einführung einer Erbschafts steuer, die zwar als vielumstritten und vielge- schmäht bezeichnet werden müsse, die aber doch den Besitz und damit die tragsähigen Schultern treffe. Dann wandte Redner sich dem neuen säch sischen Wahlgesetz zu, das man vorderhand Wohl nur als einen Versuch ansehen könne. Die Ver schiedenfache Bewertung des Wählers — nach Stel lung, Besitz und Enckommen, Alter und geistiger Bildung — habe viel Erbitterung verursacht, und daher sei am letzten Ende doch das allgemeine gleiche Wahlrecht anzustreben. Ehe wir aber dazu kommen, müssen wir gerechter denken lernen in ge sellschaftlicher wie wirtschaftlicher Hinsicht. Und um dieses Ziel von Grund auf vorzubereiten, müsse eine weitausschauende Reform des Schulwesens Platz greisen, die dann in erster Linie wieder dem Handwerker, dem Beamtenstand, nicht minder aber auch der Industrie und Landwirtschaft zugute komme. Nun ließ Redner den heutigen veränder ten Verhältnissen in Miseren, Königreich eine ein gehende Betrachtung zuteil werden. Er wies nach, daß die Bevölkerung in 25 Jahren um 50 Pro zent gewachsen sei, die landwirtschaftliche Bevöl kerung habe sich um 20 Prozent, die gewerbliche und industrielle um 70 Prozent vermehrt. Dem entspreche aber nicht die Vertretung in der Ersten Kammer, deren Umgestaltung nötig sei. Gewerbe, Handel und Industrie müßten eine ausschlag gebendere Stellung in der Ersten Kammer erhal ten. Die Landwirtschaft solle nicht verdrängt wer den, aber gerechtermaßen müsse auch der Gewerbe stand gewürdigt werden. Die Interessen des kleinen Geschäftsmannes, des Handwerkers, heischen be sondere Fürsorge. Tic Meinung, daß die Groß betriebe die Kleinbetriebe aufsaugten, würde von der Statistik widerlegt, überall habe eine Vermeh rung der Kleinbetriebe stattgefunden, ja die Klein betriebe seien seitens der Großbetriebe durch Be schaffung-von Arbeitsmafchinen und Motoren in den Stand gesetzt worden, konkurrenzfähiger zu werden. Die Kleinbetriebe niüßten sich der neu zeitlichen technischen Entwickelung mehr anpassen, durch Zusammenschluß zu Genoffenschaften sich der Konkurrenz des Großkapitals cntgegenstcllen. Lei der zeige sich bei unserem Nachwuchs wenig Liebe zum Handwerk; diese Scheu unserer Jugend vor der Betätigung im Handwerkerstande sordere eine Hebung des geistigen Niveaus unserer Volksschule, den Ausbau der Fortbildungs- und Fachschulen. Fördernd eingreifen könnten berufliche Organisa tionen, Bareinkaufsgenoffenschaften, die auch die Beteiligung an Submissionen erleichterten, und Kre ditgenossenschaften. Auf dem- Gebiete der kauf männischen Bildung zwar sei schon viel Gutes er zielt worden, aber auch hier heiße es rastlos wei ter schaffen, denn gerade im Kleinbetrieb sei diese von hohem Nutzen. Das Ziel einer gesunden So zialpolitik allerdings sei und bleibe die Schaffung und Mehrung der selbständigen Existenzen, und hier muffen Staat und Gemeinde helfend und fördernd cingrcisen. Weiter berührte Redner die Einschrän kung der Gefängnisarbeit, den unlauteren Wettbe werb, die Sicherung der Bauforderungen und for derte ein Gesetz über das Submiffionswcsen. Hinsichtlich seiner Stellungnahme bezüglich der Umsatzsteuer führte Herr Posern aus, daß er ein Gegner derselben sei. Sic habe, wo sic eingeführt wurde, nicht vermocht, dem kleinen Kausmannsstandc aufzuhelfen, wie dies u. a. auch seitens der Ge meinde Oelsnitz i. V. dargelegt ward. Die Um satzsteuer sei seinerzeit auch von der hochton- servativcn Ersten Kammer abgelehnt worden, und trotz aller Mittelstandsfreundlichkeit müsse auch er, Redner, sich aus denselben Standpunkt stellen, wie ja an sich eine so weitgehende Frage nicht so „im Vorübergehen" erledigt werden könne. Man habe überhaupt im allgemeinen noch keine so rechte Freude an dieser Steuer gehabt. Tenn zum großen Teil haben Handwerker und Klein gewerbetreibende, soweit sie die Lieferanten der Warenhäuser waren, den Schaden zu tragen ge habt. Herr Posern wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, welche Freude zur Weihnachtszeit die Mitglieder der Konsumvereine haben, wenn ihnen die Dividende ausgezablt wird, wieviele Wünsche mit diesem Gelde befriedigt werden können. Ein rücksichtsloses Sichvordrängen der Warenhäuser will Redner aber nach gerechten Grundsätzen bekämpfen. Allerdings müßte auch die Beteiligung der besser gestellten Beamten an Konsumvereinen untersagt sein. Redner forderte weiter, daß die Landwirt schaft in ihren Existenzbedingungen geschützt wer den müsse, da sie im Falle eines Krieges die Er nährung des Volkes voll übernehmen müsse; er be rührte hierbei die Leutenot, die Waldwirtschaft, den Getreide- und Obstbau, (Deutschland impor tiert jährlich für 170 Mill. Mark Obst) die Vieh wirtschaft, die Schrebergärten, die der Sehnsucht nach eigner Scholle entsprächen, empsahl eine ge sunde Gemeindebodenpolitik, eine Festigung der Selbständigkeit und Erhöhung der Verantwortlich keit unserer Beamtenschaft, Ausbau der Betriebs mittelgemeinschaft, überhaupt eine allgemeine Eisen- bahngemcinschaft im Reiche, auskömmliche Besol dung des Beamten- und Lehrerstandes, Hebung der Lage der Privatangestelltcn, wie des ganzen Arbeiterstaudes, Organiscniou des Arbeitsmarktcs und schließlich eine gründliche Reform des Volks schulwesens. Gerade die Schule sei zunächst be rufen, die volkswirtschaftliche Einsicht zu fördern; deshplb betrachte er die Reform des Schulwesens als eine der größten Aufgaben. Die Schule schon solle Leute heranbilden, die Lust und Liebe zur Arbeit haben. Unsere Jugend muß zur Arbeit er zogen werden durch die Arbeit; denn der Wert des Menschen liegt in seiner Leistungsfähigkeit. Und Bildung und Wissen muß Gemeingut aller Stände werden. Um die großzügige Schulreform zu ver vollständigen, müsse auch die Lücke zwischen der Schulzeit und dem Heeresdienst zweckmäßig aus gefüllt werden auf nationaler und fachlicher Grund lage. Unsere Jugend mutz erzogen werden zu festen Männern, darum brauchen wir auch ener gische Erzieher. Als das erstrebenswerteste Ideal bezeichnete Herr Posern schließlich den Ausgleich in sozialpolitischer, wirtschaftlicher und gewerblicher Beziehung. Langanhaltender lebhafter Beifall folgte den Ausführungen des Redners, und nach einer kurzen Pause ergriff in der Diskussion Herr Lehrer, Preußler das Wort zu einer Frage an den Kandidaten, wie dieser sich betreffs der Forderung nach unentgeltlichem Unterricht sowie hinsichtlich des religiösen Charakters der Volksschule stelle, warum er nicht für eine konfessionslose Schule cintrete, ob er nicht die Oeffnung der Universität für alle Volksschullehrer befürworte usw. Hierauf entgegnete Herr Posern, daß es ihm in seinen Ausführungen nur möglich gewesen sei, sein Pro gramm in großen Zügen darzulegen und daß selbst die Lehrerschaft in manchen dieser Fragen noch nicht einig sei. Ihm dünke cs vermessen und voreilig, wolle er heute schon in dieser Hinsicht sich festlegcn. Nachdem Herr Preußler er klärt, daß er nach diesen Darlegungen dem Kan didaten seine Stimme nicht geben könne, bezeich nete Herr Posern eine solche Erklärung als nicht dem nationalen Empfinden entsprechend; das Wort von der Einheitsschule sei heute Trumpf, aber im Interesse der Volkswohlsahrt müssen alle Talente gefördert werdm. Könne man überhaupt in der ilncntgeltlichen Einheitsschule das Ideal erblicken? Jedem müsse cs dock sreistehcn, seine Kinder in eine Schule zu schicken, die er als seinen Verhältnissen angemessen ansche. Die von Beifalls kundgebungen mehrfach unterbrochenen Ausführun gen schloß Herr Posern mit der Versicherung, daß er nicht für eine Einheitsschule cintreten könne, denn das bedeute eine Vergewaltigung der besitzen den Klassen; er sordere ein gleiches Maß für Wis sen und Bildung, könne aber nicht nur einem Stande, sondern wolle allen Ständen in gleicher Weise dienen. Herr Parteisekretär Dr. W e st enberger nahm sodann Gelegenheit zu einer Empfehlung des Kandidaten, der den allgemeinen Standpunkt der nationalliberalen Partei cinnehmen werde. Herr Posern babc aus wirklichem Idealismus heraus die Kandidatur übernommen, und das sei sehr dankcnswert. Redner zeigte an verschiedenen Bei spielen, inwieweit der Kandidat sich die Forderun- den -er nationalliberalen Partei zu eigen ge macht habe. Wir brauchen Männer, die mit einem starken Willen nach oben wie nach unten ausge rüstet sind. Herr Posern sei ein VolksfreunL, wie man heute abend gehört habe, er wolle helfen, wo er nur könne, und es werde sicher dem Kreise nicht zur Unehre gereichen, wenn er als Vertreter in den Landtag gewählt werde. Hierauf nahm Herr Preußler Gelegenheit, die Erklärung abzugeben, daß er nicht im Auf trag der Lehrerschaft, sondern im persönlichen In teresse die oben wiedergegebenen Fragen gestellt habe. In seinem Schlußwort betonte Herr Posern, daß, wenn die Wahl auf ihn fallen solle, er nicht als gesatteltes Pferd in den Landtag gehen wolle, sondern als Reiter. Aber heute sei es doch un möglich, in jeder Frage einen bestimmten Stand punkt darzulegen. Nun möchte die Wählerschaft ihr Uebriges tun und nicht etwa durch Fernbleiben von der Wahl die Geschäfte der Umsturzpartet be sorgen. Mit der dringenden Bitte an die Anwesenden, ihre Stimme Herrn Posern zu geben, der das Wohl des Kreises sicher am besten vertreten werde, schloß Herr Rechtsanwalt Dr. Lehn gegen )412 Uhr die Versammlung. Sächsisches. Hohenftein-Grnstthal, 6. Oktober. Wettervoraussage der Königl. Sächl. Landes. Wetterwarte zu Dresden. Für Douuerstagr Westwind, wolkig, kälter, zeit weise Niederschlag. 7. Oktober: Tagesmittel -s-9,1 Maximum 4-12,5", Minimum -s-5,4". — Einem ehrenvollen Rufe der Gemeinde Mülsen St. Micheln folgt demnächst Herr Pastor Ranft hier, der nach seiner am Sonntag erfolgten Gastpredigt — und zwar unter 40 Be werbern um diese Stelle — vom dortigen Kirchen vorstande einstimmig zum Seelsorger der Gemeinde gewählt wurde. Mit Herrn Pastor Ranft scheidet ein Seelsorger von hier, der sich in der kurzen Zeit seiner hiesigen Wirksamkeit die Liebe und Achtung wohl aller Glieder der Kirchgemeinde St. Christophori erworben hat. Unsere besten Wünsche begleiten den Scheidenden. — lieber die Frage einer zu erwartenden abermaligen Disko nt-Lrhöhung der Reichsbank schreibt man aus Berlin: Die Erwar tung, daß mit Beginn des neuen Monats der Rück» stütz in die Kossen der ReichSbank stärker einsetzen werde, hat sich bisher nicht erfüllt. In den beiden ersten Oktobertagen hat nach einer am 2. Oktober aufgestellten Zwischenbilanz der Wechselbestand eine erneute Zunahme um ca. 8 Mill.Mk., andererseits der Metallbestand eine weitere Verringerung gegen die entsprechende Vorjahrszeit erfahren. Der Noten umlauf ist um ca. 42 Mill. Mark gestiegen, während er gleichzeitig 1908 eine kleine Verringerung aufwieS^. Die ungedeckten Noten haben um 86 Mill. Mark (gegen 25 Mill. Mark im Vorjahre) zugenommen. Infolge dieser zunehmenden Anspannung des In stituts liegt die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Diskonterhöhung vor. Beschluß hierüber dürfte ver mutlich noch im Laufe dieser Woche gefaßt werden. Die eventuelle Erhöhung der Bankrate dürfte keines falls über */, Prozent, also auf 4>/, Prozent, hinaus gehen, da die Bankleitung mit Entschiedenheit bestrebt rst, die Bedürfnisse von Handel und Industrie nicht unnötig zu belasten. —i Tine starke Anziehungskraft übt alljährlich bei Jung und Alt der auch gestern wieder unter nommene Fischzug des Johan neSgacten- teicheS aus. Der Teich barg eine Menge Fische, oom grüßten Speisekarpfen herab bis zur kleinsten Portionsschleie. — Wie uns von der G e w e r b e.? a m m e r Chemnitz mitgcteilt wird, haben seit Anfang Juni bis zum Schluffe des Monats September 1909 u. a. folgende Handwerker im Kammerbezirk die Fräulein Chef. Von Hanna Aschenbach. Ü5j Nachdruck verboten.) , Mik einem wilden Ausschluchzen schlingt das leidenschaftliche Mädchen aufs neue die Arme um den Hals der Freundin. „Eva," stammelt sie, „Eva, habe Dank! Ich könnte ja nicht — nein, es wäre mein Tod — er Lang halten die Freundinnen sich umfaßt, eine wird das einsehcn — er wird — o Eva, Du Ein- sühlt das Herzklopfen des anderen; aber während zige, was habe ick gelitten, o Eva!" Ettas Puls ruhig geht, gleichmäßig, sicher im Be- Die streichelt lind das goldige Haargelock. wußtsein des Glückes, pocht und rast das Blut wie „Mein armes Hcrzel, aber gelt, nun ist alles toll durch Lenas Adern, um im nächsten Moment gut, nun freuen wir uns gemeinsam und — o fast still zu stehen, wenn der Gedanke an die Zu- Lena, nicht lauteres Glück gibt mir dieser schlimme kunst vor ihr ausiaucht. Mann! Weißt Du, daß er mich gar nicht heiraten „Meine Kleine," erwiderte Eva, „das eine ver- will, daß er mir einen regelrechten Korb gegeben gitz nicht, für uns beide gibt es keine Trennung, und daß — ja wirtlich — reiße nur Deine großen niemals, solange nicht ein geliebter Mann Dich Gucken auf - wahr und wahrhaftig, er will fort mir entführt. Schüttle nicht Dein Haupt, mein — lieber heule wie morgen." Sonnenscheinchen. Gottes Wege sind so wunder- 2ie möchte der Freundin zitternde Erregung bar! Das aber ist gewiß: wo ich bin, bleibt durch harmlosen scherz mildern, inuß aber laut Deine Heimat allezeit. Du weißt, ich habe Dich, vuflacken über deren grenzenloses staunen, von Herzen lieb. Tue mir nie den Schmerz an, „Er — will fort?" daran zu zweifeln." „Ja," versetzt sie mit mühsam angenommenem Lenas Augen leuchten auf, dann aber kommt Ernst, „er will fort. Meine Millionen schleudert er es zaghaft von ihren Lippen: mir vor die Füße, die Firma Trenberg ebenfalls; „Und Dein künftiger Gatte? Er kann mich ich soll schleunigst alles auf die Straße Wersen und nicht leiden —" barfuß als Bcttelmaid dahinwallen, sonst kann er Die andere unterbricht sie kurz und bestimmt. „Er liebt mich, Lena, jetzt liebt er mich. Das aber glaube mir, trotz aller Liebe würde Eva Treu berg dem Manne nicht angehöreu, dessen kleinlicher Sinn ihm nicht gestattete, ihr freudigen Heizens ein Vorurteil zu opfern. Die, welche meinem Herzen so nahe steht, wird ihm eine Schwester jein fort an. Nun vergiß auch Du: was er Dir angetan hat in der Zeit, da sein sprödes Herz sich noch so trutziglich gegen sein Schicksal wehrte, daß er in der Unfreiheit seiner Seele nach rauher Männer art Wunden schlug, die ihn heute bitterlich ge reuen." sich nicht zur mir herablassen." Lena ist aufgesprungen. Sprachlos forscht sie in den Zügen der Sprecherin. Uebermut ist so gar nicht der ernsten Eva Sache. „Er ist verrückt!" platzt sie überzeugungsvoll heraus. Evas Ernst ist plötzlich nicht mehr gekünstelt. „Lena!" Tie schüttelt trotzig das Haupt. „Kind, io darrst Tu wirklich nicht reden. Sieh, ich machte doch nur Scherz. Tatsache aber ist, mein Vermögen hindert ihn, sich schon jetzt um mich zu bewerben Er wttj es erst selbst zu etwas bringen. Es ist töricht, wir opfern wahrschein lich Jahre des Glücks einer Marotte. Denn was fragt wahre Liebe nach Geld und Gut, trotzdem — lache mich aus, Lena — obgleich sie mir das eben gewonnene Glück ivicder in weite Ferne rückt, freue ich mich dieser Marotte. Was habe ich ge litten unter der Habgier der Männer, die mich zum bloßen Spekulationsobjekt erniedrigten. Du weißt cs, wie oft mein Stolz verwundet worden ist, wie viele an mich adressierte, dem Geldsack geltende Liebesschwnrc hier den wohlverdienten Flammen-- lod erlitten." Sic deutet lächelnd auf den Kamin, aber es ist ein wcbes Lächeln und um die feinen Mundwinkel zuckt Verachtung. „Tu weißt es, meine Lena. Und da" — in den dunklen Angen entzündet sich »in seliges Leuchten, und auf den Wangen blühen Rosen aus — „da kommt einer, ein herrlicher, stolzer Mann; und er sagt, er liebt mich, liebt mich, nicht die Firma Trenberg, nicht die Millionen, die sic bedeutet, nein, die reizlose Etta. Er liebt sic! — nicht ihren Geist, ihren Verstand, nicht nur ihr Herz, so warm es auch m der Brust schlägt, er liebt auch ihr Aeutzeres, er findet sie lieblich, er liebt alles an ihr — nur ihr Geld nicht!! Er will nicht, daß der Mann in irgend einem Punkt von der Frau abhängig sei. — Er soll Tein Herr sein —" Leise verklingen die letzten Worte. Träumerisch, den Blick in Rätselferncn gerichtet, steht sie und schaut sinnend in die eigene Seele. — O sie ver steht ihn! Sein Bild steht Hock und hehr vor ihrem geistigen Auge. Zweie sind cs, die ihr den Man neswert verkörpern: der Vater, der Gatte. O Gott, welch begnadetes Frauenschicksal, von zwei solchen Männern geliebt zu werden! „Lena," sagt das große Mädchen nach einer langen Stille weich, „Lena, verstehst Du ihn?" Die blickt unsicher zu ihr herüber. „Ich — nein! Das Glück ist so kostbar selten in der Welt — warum es nicht festhalten, da er anklopft? Solche Gefühle sind ganz schön und edel, sie sind aber unpraktisch im realen Leben. Fritz von Falk übertreibt!" — Wieder bleibt es eine Weile still zwischen den beiden. Lena hat die Wimpern tief gesenkt. Sie fühlt den Blick, der ernst und durchdringend auf ihr ruht, und sie ahnt, was kommen wird. „Lena," sagt die andere endlich, und die wun derbare Altstimme hallt mahnend wie Glockenklang, „Du weißt, ich rühre nicht gern daran. Ihn zu verteidigen, muß ich es tun. Warum nahmst Du nicht das Vermögen an, das die Lebensversicherung Dir auf Deiner armen Mutter Tod bot, warum? Deine Weigerung war auch unpraktisch." Das schöne, bleiche Mädchen schnellt empor. „Ich konnte es nicht, lieber wäre ich verhun gert als das Sündengeld zu berühren, Du weißt es. O Eva, warum rufst Du das wach?" Die blickt ernst in die vorwurfsvollen Augen. „Weil ich Dir beweisen will, daß Du kein Recht hast, ihn der Uebcrtreibung zu zeihen. Das, was ein stolzes Gemüt in Kämpfen und Ringen als recht erkannt, wird die gedankenlose Menge nie verstehen. Aber die, die ebenfalls den eigenen Maßstab beanspruchen für ihr Tun und Lassen, die sollten es ehren!" „Verzeih mir, Eva!" klingt es leise durch den stillen Raum, und Lenas Arme legen sich fest um die hochaufgerichtete Gestalt der Freundin. Die blickt ihr tief in die Augen. „Zu Schutz und Trutz, Lena! Vor allem aber keine kleinliche Eifersucht, versprich mir's, Liebling." „Ich verspreche es Dir, Eva." (Fortsetzung folgt.)
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