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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 08.08.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190908088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19090808
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19090808
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-08
- Tag 1909-08-08
-
Monat
1909-08
-
Jahr
1909
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 08.08.1909
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WeiM-WIM WU Amtsblatt. Nr. 182. Sonntag, den 8. August 1909. 1 Beilage. Ei« Kolonialjubiläum. Togo und Kamerun — 25 Jahre deutscher Besitz. Das Jahr 1884 ist das Geburtsjahr der deut schen Kolonialmacht und Kolontalpolitik. Nachdem bereits im April jenes Jahres die an der Süd westküste Afrikas gelegenen Niederlassungen der Bremer Handelsfirma Lüderitz, das sogenannte Lüderitzland, durch eine amtliche Erklärung des Fürsten Bismarck in seiner Eigenschaft als Reichs kanzler und Leiter der auswärtigen Angelegenheiten Deutschlands unter den Schutz des Reichs gestellt worden waren, was den ersten Schritbzur Begründ ung unseres jetzigen südwestasritanischen Schutzge bietes bedeutete, folgte im Juli desselben Jahres die Besitzergreifung von Togo und Kamerun. Die Erwerbung des Togo- wie des Kamerun gebietes ist durch den Unternehmungsgeist deutscher Handelshäuser vorbereitet worden. In Togo waren es Bremer Kaufleute, in Kamerun Hamburger Fir men — als erste schon in den sechziger Jahren die Firma Woermann —, welche Faktoreien an der Küste anlcgten und Beziehungen nach dem Innern des Landes antnüpften. Dort ebenfalls ansässige Engländer hatten im Jahre 1882 an ihre Regierung die Bitte gerichtet, das Protektorat (Schutzherrschaft) über diese Landstriche zu übernehmen, doch erfolgte hierauf kein Bescheid. Das britische Kolonialmini sterium glaubte wohl, des Gebietes auch ohne förm liche Einverleibung sicher zu sein. Da es trotz der friedlichen Bestrebungen der Firmen nicht ohne Reibungen mit den Eingeborenen abging, wandte sich die Hamburger Handelskammer im Juli 188:1 an die Reichsrcgierung mit einer Eingabe, in wel cher ausgesührt wurde, das; in jenen Gegenden, in denen die Kaufleute ohne das Protektorat einer europäischen Macht mit selbständigen Negevstämmen in Verkehr stehen und deren Willkür preisgegcben sind, ein größerer Schutz durch das Vaterland not wendig sei. Nur das Erscheinen bewaffneter Macht, das heißt eines Kriegsschiffes, könne helfen. Diese Eingabe hatte den Erfolg, daß die dauernde Sta tionierung eines Kriegsschiffes zugesagt und zu nächst S. M. S. „Sophie" mit dem Schutz der deutschen Handelsniederlassungen der dortigen Küste betraut wurde. Auf die Nachricht von neuen Schwierigkeiten in Togo ließ Fürst Bismarck an den Generalkonsul in Tunis, Dr. Nachtigal, die Weisung ergehen, sich zum Abschluß von Freund schafts- und Schutzvertrügen mit den Häuptlingen der eingeborenen Bevölkerung nach dem erwähnten Küstenstrich und von da nach Angra Pequena zu begeben Am 2. Juni 1884 traf Dr. Nachtigal au Bord von S. M. S. „Möve" in Klein-Popo ein und erkannte aus den ihm oon den Kaufleuten im To gogebiet erstatteten Berichten, daß den Wühlereien der englischen Partei nur durch einen entschlossenen Schritt ein Ende gemacht werden konnte. Am 5. Juli hißte er die deutsche Flagge in Bagida und am 6. in Lome, imr dann schnell nach Kamerun zu eilen, wo die Verhältnisse sich inzwischen zuge spitzt hatten. Am 11. Juli unterzeichnete „König" Deido den Vertrag, durch den er die deutsche Herr schaft anerkannte, und am folgenden Tage setzten die „Könige" Bell und Akiva ihre Unterschrift unter das bezügliche Abkommen. Am 14. Juli sand dann die feierliche Hissung der deutschen Flagge statt, so daß der britische Konsul Hewett, der am 19. Juli cinlraf, um das Land für England in Besitz zu nehmen, vor einer vollendeten Tatsache stand. Die Londoner Regierung erhob in Berlin Einspruch, ließ ihn aber später fallen. Bald sand unsere Marine Gelegenheit, in dem neuerworbencn Schutzgebiet cinzugreifen. Ein durch englische Umtriebe veranlaßter Aufstand der Ein geborenen gegen die deutsche Herrschaft mußte durch die Besatzung eines vom Admiral Knorr befehlig ten Geschwaders mit Waffengewalt niedergewvrfcn werden. Ehe die Anerkennung der deutschen Ober hoheit in allen Teilen der Gebiete erreicht war, haben deutsche Soldaten dort noch ost kämpfen hat mancher Brave dort für Kaiser und Reich sein Leben lassen müssen. Jetzt haben die beiden Ko lonien dank der geordneten Verwaltung während eines Vicrteljahrhunderts hohen wirtschaftlichen Aufschwung genommen, der ihnen bei weiterer friedlicher Entwicklung einen Zustand ungeahnter Blüte und einen bedeutenden Wert für das deutsche Mutterland sichert. Ein Erzgebirgs-Juvilänm. Mit dem Jahre 1880 setzte die Tätigkeit der Erzgebirge vereine in Sachsen und dem nordwestlichen Böhmen ein. Im Jahre 1880 wurde auch zu St. Joachimsthal, der jetzt so oft genannten Fund stätte de! Radiumminerals, de« Uranpccherzek, ein ErzgebirgSoerein gegründet und von diesem bereit? in seiner ersten Vollversammlung der Beschluß ge faßt, die höchste Erhebung de? sächsisch, böhmischen Erzgebirge?, den Keilberg, durch einen Turmausbau zu kennzeichnen. Allerdings war, so lesen wir in der „Leipz. Zig", schon im Jahre 1838 daselbst ein hölzerne- Gloriett errichtet worden, da Karlsbader Kurgäste zuweilen den Berg besuchten und dort einen Unterstand gewünscht hatten, aber im Jahre 1858 war dieses auch baufällig gewordene Bauwerk ab gebrannt und nicht erneuert worden. Ler junge JoachimSthaler Verein unter tatkräf- tiger Leitung des k. k. BezirkSschultnspektorS Ed. Wenisch als Obmann erkannte wohl, daß ein mas- sioer Turmbau auf dieser Höhe notwendig sei, konnte aber vorläufig nicht daran denken, da eS an den dafür erforderlichen Geldmitteln noch fehlte, sicherte sich aber oon der Stadtgemeinde bereits damals ein Bauareal und errichtete zunächst daselbst für 180 Kronen ein hölzernes AuSsichtSgerüst. Gleichzeitig be gann eine lebhafte Agitation Ein Aufruf zur Bei- steuer von Gaben für Errichtung eine? steinernen Turmes wurde erlassen. Aus ganz Oesterreich und auch aus Sachsen stoffen dem Vereine Spenden zu, welche im Jahre 1883 die Höhe oon 1100 Gulden erreicht hatten, so daß man den Bau eines Turmes, für welchen 3300 Gulden gezahlt werden sollten, in Angriff nehmen konnte. Nach Beginn des Baues stoffen die Spenden reichlicher und so wurde e? dem St. JoachimSthaler ErzgebirgSoerein ermöglicht, den Kellberg bald mit einem bis zur AuSstchtSgalerie 16,6 m hohen Turm zu schmücken, von dem aus eine umfassende Aussicht nach Böhmen hinein, vom Jeschkcn im Osten über das Karlsbader und Duppauer Gebirge hinweg bis nach Prag und bis zum Fich- telgebirge im Westen ermöglicht ist. Nur zwei kleine Anbauten an den AuSsichtSturm boten Schutz vor Witterung und im Sommer durch zeitweise Be wirtschaftung Gelegenheit zur Erfrischung. Am 3. August 1884 wurde der AuSsichtSturm als Kaiser Franz JosefS-AuSstchtSturm festlich ge weiht und damit eine wichtige Periode für die Er« schli.ßung unseres Ergebirges begonnen. Der Ketlbecg wurde schon früher immer zu sammengenannt mit dem nur 30 Meter tieferen sächsischen Zwillingsberg, dem Fichtelbergs. Es kann daher nicht wundernehmen, daß die Erbauung de? Turmes auf dem Keilberge auch die Erbauung eines massiven Turmes auf dem Fichtelberg, wo auch seit Jahren eine hölzerne baufällige Hütte mit AuSsichtS- galerie sich befand, wünschenswert erscheinen ließ, und in erfreulicher Weise wurde die?, allerdings 5 Jahre später, aber in weit vollkommenerer Weise, durch den sächsischen ErzgebirgSoerein ermöglicht. DaS Unterkunftshaus auf dem Fichtelberg bildet seit seiner Einweihung am 21. Juli 1889 das Ziel zahl reicher Wanderer und Erzgebirgsfreunde. Ein edler Wettstreit ist seitdem ausgebrochen bezüglich der UnterkuuftSoerhältniffs auf beiden Ber- gen, besonders seitdem der überaus rege Wintersport auch den Besuch im Winter erwarten läßt und die Bewirtschaftung das ganze Jahr hindurch lohnend macht. Neben dem Turm auf dem Keilberg ist ein Unterkunftshaus erbaut und daselbst erweitert auch mit Nebenbauten versehen worden, im vergangenen Jahre wurde eine Halle für eine Ausstellung errich- tet und die Erhaltung einer ständigen kleinen Erz gebirgsausstellung ist in die Wege geleitet. Auf dem Fichtelberg wird zum zweitenmal das Unter kunftS- hauS erweitert, eine Kolonnade ist schon seit Jahren für den überaus starken Sonntagsbesuch fertiggestellt und große Neubauten sind noch geplant. So haben wir seit Einweihung des Kaiser Franz JosefS-AuSsichtSturmes aus dem Keilberg vor genau 12 Jahren eine Entwicklung des Verkehrs beobach ten können, die wenig vorher niemand erhoffen konnte. Allerdings hat der Bau der Zweigbahnen nach Joachimsthal und Oberwiesenthal wesentlich dazu beigetragen und den mittleren höchsten Teil des säch- sisch-böhmischen Erzgebirge« wesentlich zugängiger ge macht, aber jedenfalls verdienen alle diejenigen, welche diese Bauten auf den beiden Berggipfeln an- regten, volle dankbare Anerkennung; die Namen Wenisch und Köhler werden immer gern genannt werden. Heute allerdings droht den Berggipfeln Gefahr, denn eS ist in der Umgebung von St. Joachimsthal der Ruf laut geworden : „Nicht darüber hinweg, son dern unten hindurch." Man plant eine neue Eisen bahn von Karlsbad nach Weipert mit einem Tunnel durch den Keilberg hindurch. Doch selbst wenn dirS zur Ausführung gelangt, werden fröhliche Wanderer und eifrige SportSleute nicht versäumen, die beiden höchsten Berge des Erzgebirge? zu ersteigen, um dort reine Bergluft und die herrliche Au?schau über weite Landstrecken zu genießen. Daher für weitere Jahre den Jubilaren ein herzliches Glückauf! M« sächsisches Gesetz für Kiuemalographe«. Allgemeine Beachtung verdient ein Erlaß deS Kgl. Sächs. Ministeriums deS Innern, über Kine- niatographen, der soeben auf eine Eingabe deS Katholischen Lehrervereins des Deutschen Reicher er gangen ist und in dem auSgeführt wird, daß daS Ministerium schon früher in Erwägung darüber ein getreten ist, wie den Gefahren zu begegnen sei, die mit der Vorführung anstößiger oder sonst ungeeigneter Bilder in Kinemawgraphen für die Allgemeinheit und in verstärktem Maße für die Schulkinder verbunden sind. Weiter verkennt das Ministerium nicht, daß die in den letzten Jahren beobachtete Zunahme derkine« .natographischen Vorführungen eine verschärfte Auf- merksamkeit der Polizeibehörden unbedingt erfordert. Da« Ministerium hält eS nicht für auSgeschloffrn, daß die mehrfachen Anregungen, durch ReichSgesetz gewerbliche Kinematographenvmführungen den in ,833a der Gewerbeordnung auigesührten Singspielen usw. gleichzustellen, bald Berücksichtigung finden und auf diese Weise die Auswüchse de? Kinema- tographenwesenS schon vielfach zu beseitigen sein werden. Ferner ist das Ministerium der Ansicht, daß anstößige Bilder am sichersten ferngehalten werden, wenn die Polizeibehörde sämtliche FilmS vor ihrer Vorführung prüft und die Darbietung ungeprüfter oder bet der Prüfung beanstandeter Bilder verbietet. Soweit das nach den örtlichen Verhältnissen durch führbar erscheint, besonders in Städten, würden der- halb entsprechende Polizeiverordnungen am Platze sein. Nach Befinden möchte wenigstens oorgeschrieben werden, so heißt eS in dem Erlaß, daß alle Bilder, die oorgesührt werden sollen, unter Angabe ihre« Titels, einer kurzen Inhaltsangabe und der Fabrik- nummcr der FilmS sofort nach ihrem Eintreffen beim Schausteller von ihm bei der Polizeibehörde anzu- melden sind, damit diese verdächtige Bilder prüfen und beanstanden kann. Die Vorführung unange meldeter Bilder würde dann zu untersagen sein. Ausnahmen könnten für gewisse Gattungen oon Bil dern (z. B. geographische, landschaftliche, ethno- graphische, technische usw.) zugelaffen werden. Eine ausreichende Ueberwachung der Vorführungen bleibt dabei erforderlich. Ueber den Besuch der Kinder wird in dem Minifterialerlaß angeordnet, daß nach den gemachten Erfahrungen den Polizeibehörden anheimzugeben sei, den Veranstaltern öffentlicher kinematographischer Schaustellungen durch Polizeioerordnung dieZulaffung oon Kindern unter 14 Jahren in anderen al« in „Kindervorstellungen" (die als solche ausdrücklich an den Eingängen des SchaustellungSraumeS, sowie an der Kaffe durch deutlich lesbar an Aufschriften an zukünden sind und zu bestimmter Stunde, etwa 7 Uhr abends, beendet sein müssen) zu untersagen und die Vorführung solcher Bilder in Kindervorstellungen zu verbieten, die oon der Polizeibehörde dem einzel nen Schausteller als ungeeignet bezeichnet worden sind. Für Kindervorstellungen ist eine vorsorgliche Bilderprüfung besonders geboten, ihre Durchführbar keit wird nach Ansicht des Ministeriums vielfach er- leichtert werden, wenn sich die Polizeibehörde di Unterstützung der Lehrerschaft oder anderer geeigne ter Personen sichert. Die Mechpest. Ein Aufruf an Sommerfrischler und Touristen. Froh, der aufreibenden Berufstätigkeit auf ein paar Wochen entronnen zu sein, schweift der Blick des Ferienreisenden durch die Wagenfenster über Felder, Wiesen und Wälder, Täler und Höhen; rotleuchteude Ziegeldächer freundlich in Grün gebetteter Dörfer tau- chen auf. Doch — waS ist das ? Dort an der ersten in der Nähe der Bahn liegenden Scheune hängen häßliche Plakate, auf denen mit riesengroßen Lettern irgendeine Sorte Kake« oder Waffeln empfohlen wird. Dort schon wieder, dort noch einmal und so fort ohne Aufhören! Bald folgen in bunter Reihe auf gestellte Tafeln, Dachgiebel und alle möglichen Flächen mit Anpreisungen von Schokolade, Zigaretten, Bier Wein, Sekt und Schnäpsen, und damit auch di- Ab- stinenzler nicht zu kurz kommen, oon Mineralwässern I Ferner sieht man mitten in der Natur die Anprei sungen kosmetischer Artikel, pharmazeutischer Spezia litäten und Gott weiß wa« sonst noch alles, nicht zu vergessen die zahlreichen Empfehlungen von Ho tel?, Aulomobilfirmcn, Ausstellungen und dergleichen. Wer darf uns wohl so ohne weiteres da« biß chen Ferienfceude vergällen, wer darf unS zumuten, auf unserer Reise nach den Alpen, nach der See so undsoviel hundertmal die Anpreisung irgendeine« in dustriellen Eizeugnisse« oder Handelsartikels zu lesen? Darf denn unser durch das Berufsleben, durch die Sorgen dc§ Alltags ohnehin schon genug zermarterte? Gehirn gar nicht mehr zur Ruhe kommen? Müssen wir, um in unsere Sommerfrische zu gelangen, erst das Fegefeuer solcher widerwärtiger Eindrücke über unS ergehen lassen? Und diese Qual verfolgt unS bi? ans Endz'el, sie lauert an allen Ecken und Enden, vom Meere«, strand bi« zum Alpenrand — ja bis in die entle gensten Alpentäler, und wir wundern un« schließlich, daß man nicht auch schon den Kühen auf der Alm oder den Seehunden in der. Watten die Worte au daS Fell gebrannt hat: „Kauft T. N'4 Schokolade!" oder dergleichen. Und man fragt sich immer wieder, wer den Fabrikanten daS Recht gibt, unsere ganze Landschaft unsere Dörfer und Städte als Reklame- album zu benutzen, unsere Naturgüter in einer solchen Weise zu verschandeln? Ist eS nicht ein Armutszeugnis ohnegleichen, das sich solche Firmen selbst ausstellen, wenn sie keine andere Art der Empfehlung ihrer Erzeugnisse mehr wissen, al« Stadt und Land mit dieser Art von Reklame vollzuklecksen? AlSob eSkeine Z e i tu n gS- inserate, keine Reisenden, keine Offertbriefe und viele andere Mittel gäbe, durch die man für sein Erzeugnis werben kann I Jedenfalls stelle man die Reklametafeln usw. nicht mitten in die Natur hinein! Von allen Auswüchsen unseres modernen Wirt schaftslebens ist diese Naturoerschandelung ,anz gewiß eine der allerschlimmsten. Und wer auf einer Reise einen: Urheber dieser Reklameart begeg nen sollte, der sage e« ihm gehörig auf gut Deutsch; man sage e« auch den Bauern und Grundbesitzern, wie ungehörig eS sei, solche Reklameschilder an ihren Höfen, Scheunen, Zäunen, auf ihren Wiesen und Neckern zu dulden, und wie sie damit unbewußt den Interessen ihrer Gemeinde, ja de« ganzen Lander schaden! ES muß immer oon neuem wieder laut und energisch Protest gegen eine solche unwürdige Verun- staltung unserer schönsten Gegenden erhoben werden; je mehr Stimmen sich geltend machen, desto mehr unterstützt man die dagegen imzange befindlichen Be strebungen unserer Heimatschutzoereine, erleichtert auch den Behörden die Durchführung der zum Teil schon erlassenen Verordnungen. Und wer photographieren kann, der spare sich noch ein paar Platten auf, um diese häßlichen Plakate mit ihrer Umgebung auch im Bilde festzunageln und sende sie mit genauen Angaben de? Wie und Wo an den Landesverein Sächsischer Heimatschutz, DreSden-A., Schießgasse 24 l., der das weitere veranlassen wird. Jeder, der mit- hilft, diesen Unfug au? der Welt zu schaffen, macht sich um das Allgemeinwohl verdient, beweist, daß er noch gesunden Natursinn hat. Schulferien in alter Zeit. Dem Scholaren des Mittelalters war eine längere zusammenhängende Ferienzeit nicht vergömtt. Seine ausschließliche Erholung bestand in de» Schulfesten, die zu Neujahr, Lichtmeß, Fastnacht, Ostern, Weihnachten und am Dretköntgstag mit fröh lichen Umzügen und dramatischen Ausführungen ge feiert »ourden. Von einer wirtlichen Erholung konnte natürlich bei diesen Schulfesten nicht die Rede sein, da ja die Schüler als Schauspieler und Sänger an den Aufführungen teilnahmen. Der enge Zusammenhang zwischen Kirche und Schule brachte es weiter mit sich, daß die Schüler durch ihren Gesang zur Verschönerung des Gottes dienstes beitragen mußten. Daher wurde ost eine zeitweise Aussetzung des Unterrichts notwendig, damit Schüler und Lehrer Zeit zur Einübung ihrer Gesänge und Kantaten fanden. So entwickel ten sich die wenigen Tage Ferien vor den großen Festen, denen bald noch einige Erholungstage folgten. Dann kamen späterhin wirtschaftliche und pä dagogische Gründe zu den kirchlichen hinzu, die an einzelnen Tagen des Jahres einen Freitag des Unterrichts verlangten. Bei Jahrmärkten. Kirchweihfesten, Soldatenausmusterungen und zur Zeit der Ernte im Sommer und Herbst wurde der Unterricht ausgesetzt. Infolge dieser verschiedenen Zwecke der Schul serien und infolge der Freiheit, die auf dem Ge biete des Schulwesens herrschte, zeigten die Ferien im 16. und 17. Jahrhundert bald die größte Mannigfaltigkeit. Da arrßerdem die wirtschaftliche Lage der Lehrer eine sehr gedrückte war und sie ich durch Nebenarbeiten ihren Unterhalt mitver- Kenen mußten, ließen sie nur zu gern einige Tage des Unterrichts ausfalleu. So stoßen wir Ende des 16. Jabrbunderts in Norddeutschland auf Gym nasien, die Ostern und Michaelis je sechs Wo chen, zu den großen Kirchenfesten ein bis zwei Wo chen hatten, die vielen anderen freien Tage gar- nicht gerechnet. Dieses Jahrhundert war also das „goldene Zeitalter" der Schulferien. Doch bald machte sich gegen diese übertriebene Freiheit der Schüler eine Reaktion geltend und eine Schulordnung bestimmte, daß „ob man den Prä- speteribus gerne gönnet, daß sie bisweilen Ruhe haben, doch solches auch seine Maße haben müßte, damit die Knaben nicht verwöhnt oder zu sehr versäumet werden." Daher wurden nach und nach die Ferien wieder beschränkt und man versuchte vor allem, die vielen einzelnen freien Schultage des Jahres zu verringern und dafür den Schülern eine größere zusammenhängende Erholungszeit zu ge währen. So entstanden allmählich die Sommer und Hundstagsferien, indem man anfangs aus hygienischen Gründen während der Sommertage den Nachmittagsunlerricht ausfallen ließ, späterhin aber den ganzen Unterricht einige Wochen hindurch aus setzte. CI« Kuß in Aehre». Von W. von der Heydt. Der D-Zug ratterte durch die weite Ebene. Wie im Fluge schwirrten die Telegraphenstangeu an den Fenstern vorbei und die Drähte hüpften gleichmäßig auf und ab. Der frischgebackene Dr. med. Franz Bendlofs stand an einen« der Fenster im Seitengang. Sein Blick schweifte weit hinaus in die Lande, über die Wiesen und Felder in das Gewirr der kreisenden Baumstämme hinein. Farbenprächtig lag die Gegend da. Mit dein fetten Grün der Wiesen und des Waldlaubes wechselte der Goldglanz der Lupinen felder und der wogenden Aehrenmeere. Am Bahn damm aber leuchtete cs blau und rot und weiß wirr durcheinander. Wieder tauchte eins der schier endlosen Korn- elder auf, in dem die schwerbeladenen Halme sich chwankend bogen. Irrst so war es auch damals lewesen. Damals, als er, ein flotter Studio, bet
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