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als ein Fleischerhimmel paffen? Eine heidnische Denkweise Hal ofl dem menschlichen Hrrzen, daS an der Erde und dem Fleische hing, mit einem Himmel geschmeichelt, den sie nur als eine ver besserte Auflage deS EcdenlebrnS beschrieb, und so hat auch Mohammed seinen Gläubigen den Zustand der Seligkeit gemalt. Aber nirgends schildert unS Gottes Wort unsern Himmel als ein Paradus voll unaufhörlicher sinnlicher Freude als ein Walhalla fleischlicher Vergnügungen. Er ist wahr, kein Tod, kein Leid, kein Geschrei, keine Schmerzen werden dort mehr sein; aber es ist nicht minder wahr, auch kein Lustgelage und kein Becherklavg. DaS alles gehört zu dem Fleisch und Blut, welches das Reich GotteS nicht ererben kann. Wohl hängen Same und Frucht eng zu- sammen, aber sie sind doch nicht dasselbe. Die Aehre empfängt vom Samenkorn, aus dem sie herauswächst, chre besondere Art und Beschaffen heit. War das Samenkorn Gersts, so wird sie zur Gerftcnähre; war es ein Weizenkorn, so sprießt eine Weizenähre daraus hervor. Aber > den Stoff, woraus die Aehre besteht, hat sie I aus anderer Quelle. Sie hat sich denselben nicht au« den verrotteten Teilen des Samen korns zusammengelesen, denn sie ist ja wer weiß wievielmal größer und umfangreicher, als daS Samenkorn war; dies hätte nicht von ferne zu ihrem Aufbau hingereicht. So ist auch bei unS Menschen der neue Leib, deS wir warten, dem Stoffe nach nicht der gleiche mit dem alten, den wir jetzt an unS tragen. Nicht ewe Verheißung voller Trost, sondern voller Schrecken wäre die Gewißheit, diesen TodeSleib zum steten Gefährten auch in der Ewigkeit zu haben. Wir freuen uns auf die Zeit, in der wir dieses oft so drückende Pilger- gewand, mit dem wir dem gelobten Kanaan durch die Wüste der Erde zuwandern, ablegen und leichter beschwingt mit einem neuen Leibe die Räume des Himmels bewohnen werden. Aber wir können uns nur freuen, wenn dieser Leib wirklich ein neuer, nicht dieser alte Erden leib ist. Und so meint eS auch die Schrift, wenn sie eS bestreitet, daß das Verwesliche er- eiben könne das Unverwesliche (1. Kor. 15, 50). Darum triumphiert sie aus dem Herzen der Gläubigen heraus (1. Kor. 15, 42—45): „ES wird gesäet vsrweSlich und wird auferstehen un verweslich. ES wird gesäet in Unehre uod wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesäet in Schwachheit und wird auferstehen in Kraft. ES wird gesäet ein natürlicher Leib und wird auf- erstehen ein geistlicher Leib.- Darum prophe zeit sie voll Zuversicht (2. Kor. 5, 1): „Wir wissen aber, so unser irdisches Haus dieser Hütts zerbrochen wird, daß wir einen Bau haben von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen ge macht, das ewig ist im Himmels Nicht der irdische, ein himmlischer Lerb von himmlischem Ursprung und himmlischer Beschaffenheit wird unser einstiges Teil sein. Wohl unS, daß wir daS glauben dürfen, glauben sollen! Nur so können wir unS unsererdereinstigen Auferstehung freuen. DaS Hauptmerkmal der heutigen Bildung?- bestredungen ist durch die Absicht gekennzeichnet, alles Lebendige um uns her dem Einzelmenschen seelisch nahe zu bringen und ihn dabei in Stimmung zu versetzen. Der Künstler vermag diese Stimmung in seiner persönlichen Weise dem Mitmenschen wieder mitzuteilen: der Dichter durch den Eindruck seines Worts, der Tonkünstler durch den Zauber der Musik und der Maler durch die Macht seiner Linie und Farbe. Er erreicht, daß wir in die gleicht Stimmung kom- men, die dem Künstler den Antrieb zu seinem Schaffen gab. Leider wird diese Wirkung nicht bei allen Gegenwartsmenschen erreicht, weil unS das Wohlgefallen an wahrer Kunst, das ernste Trachten nach tieferem Verständnis derselben fast abhanden gekommen ist. Es ist nicht durch Generationen Hinburch sorgsam gepflegt, sondern vielmehr vernachlässigt worden. DaS deutsche Volk hat im vergangenen Jahrhundert wohl Zeit zum Dichten und Denken gefunden, aber seine politische und ästhetische Wohlfahrt hat rS dabei völlig außer dem Auge gelassen. Man findet darum nur in den sozial besseren Kreisen eine und durch die Schule herausgebildete wirkliche oder geheuchelte Würdigung guter Musik und Ver- ständniS fü:'s Theater und andere litterarische Erzeugnisse; daneben aber oft die naivsten Vor- stellungen von Farben« und Formenschönheit, selbst bei denen, die durch Beruf oder Geschäft auf verwandtem Gebiete sich betätigen. (Decken fabrikanten). Dieser Mangel an ästhetischer Bil dung tritt bei den niederen GesellschaftSfchichtm noch klarer und deutlicher in die Erscheinung. Ec äußert sich vor allem da, wo eS sich um Betäti gung des persönlichen Geschmacks handelt, bei der Auswahl der Farbenverbindungenoder der Muster für die Kleidung. Persönliche Geschmacklosigkeiten: Beim Hausbau, bei der Wahl der Möbel, bei Tünchung der Wände und 1000 in andern Fällen. Geschmacklosigkeiten treten unS auch entgegen, wo eS sich um die Schmückung unserer Wohn» räums handelt. Da wird billiger Schund einem guten Erzeugnis stets vorgezogen. Wir verstehen eben nicht mehr die Natur, die unS in allen diesen Fragen die beste Lehrmeisterin ist, die uns allerwärtS noch formen-, färben- und klangvoll umrauscht, mit Aufmerksamkeit zu beobachten, mit Innigkeit zu lieben, und die Lehren, welche sie unS gibt, in die Praxis de« Lebens umzu- s-tzen. Die moderne Naturwissenschaft und die vertiefte Kunstauffaffung der Neuzeit sind darum eifrig bestrebt, unS auS der Ueberfülle der aus- druckireichen L-benSäußerungen der Natur jene starke und eigentümliche Sprache verstehen zu lehren, die von der Seele der Dinge kündet, eine Sprache, die un« befähigt, an den Schöp- fungen der Künstler eine stete und steigende Natur und Kunst. Vortrag vou Herr» Lehrer Ty. Arnhold. Freude zu haben. Ich will darum versuchen, den Nachweis zu führen, daß diese Freude letzten Endes in der Schönheit der Natur begründet ist, daß die schöne GotteSnatur nicht nur daS Schaffen der Dichter und Tonkünstler, sondern vornehmlich auch dasjenige der Maler beeinflußt, und daß dis so entstandenen Werke der letzteren gar wohl die Zimmer des einfachsten ManneS zu schmücken vermögen. Die Natur verfügt über einen unüberseh. baren Reichtum an Ausdrucksmözlichkeiten. Sie redet zu unsern Sivnev. Wir denken an einen Spaziergang in den Wald und beobachten, wie unser Auge durch die Schönheit ehrwürdiger Bäume, unser Thr durch den Gesang der ge fiederten Freunde und der Geruch durch die balsamische Luft gleichzeitig in Anspruch genom- men werden. Sie redet auch zu unserer Seele, denn die Lebensäußerungen dieser Umwelt löste in unserm Innern eigenartige, entsprechende Reize aus. Wie das gemeint ist, wird uns im Laufe deS Vortrags noch klar werden. Sie spricht mächtig, deutlich, tief und beredt aus jedem Baum, aus jedem Strauch, aus jeder Tages- oder Jahreszeit, auS jedem Wechsel der Witterung, immer seltsam, immer mit erneuter Kraft und Frische. Wers nicht glaubt, der gehe nur hinunter in den Hüttengrund, hin zum wonnigen Bergwald, wo sich grünsamtner Rasen als reicher Teppich auSbreitet, wo hier uns manch schattiges Plätzchen zur Rast einladend winkt. Ringsum blühen THYMMU, Ntlkev «lld htm- mel;arbeue Glocken. Fleiß ge Bienen umsum- men sie und buntfarbene Schmetterlinge naschen lüstern von ihrem Honig. Goldglänzende Käfer hängen am schaukelnden Grasblatt. Birken und Buchen nicken freundlich zu unS herab. Vöglein nehmen in dem kleinen Rinnsal neben der Straße ihr sommerliches Bad. Silbern blickt auS den Fluren sein verschlungenes Band. — Da kreuzt unsern Pfad ein scheues Rth. Es führt sein Kälbchen zur saftigen Wiese. Dort nascht eS lüstern vom süßen Ruchgras und vom würzigen Ampfer. ES spielt mit ihm zwischen purpurnem Knabenkraut, golduem Wohlverleih und breitblätterigem Lattich. Jetzt fühns die sorgsame Mutter zurück zum sicheren Versteck in dem Fichtengebüsch, das schwarz wie die Nacht drunten die Schlucht füllt. AuS der Krone der Buche tönt daS Lied der fleckigen Drossel, der Häher auf dem Eichenaste höhnt sie mit über mütigem Kreischen. Grasmücken und Rot- kehlcheu, vaumlercheu uud Finken und all die kleinen, bescheidenen Sänger weben unS auS lieblichen Liedern ein buntes Konzert. Von unsern Tritten geschreckt schwirrt der Buntspecht von Baumstamm zu Baumstamm. Unser Jubelruf neckt das Etchhoru, das neugierig vom Zweige lugt, neckt das Aauiuchtu, welches in jenem Hüge! seinen Bau hat. An oer Claußmühle stört das Gekrächze der schweren Bahnzüge die idyllische Ruhe des Tales. Wollen wir den Vollfcühling genießen, dann laßt unS hinabgehen zur Aue: ein großer jung grüner Teppich, obendrein mit gar lieblichen „allerneuesten" Webmustern bestickt, die er zeigen möchte: weiße Vogelsterne, Steinbrech und Schaumkraut, goldne Körbchen vom Löwenzahn, blaue Wollveilchen, rote Kuckucksblumen, gelbe Butterblumen und kleine Maßliebchen; die pur purnen scheckblättrigen Kuckucksblumen fehlen, sie wollen nimmer wieberkehren, warum nur nicht? Aber andere Bekanntschaften sind dahier zu ma chen mit allerlei feinen Gesellen, zuweilen auch windiger Art, die hier als Kenner und Interes senten erscheinen: weiße Aurorafalter mit oran genen Flügelecken und atiasflügelige Bläulinge, die ihre langen, dünnen Leckerschnäbel aufrollen, um von allerlei Blumen N-ktarstichproben zu entnehmen; schwarze und gclbgeringelte, spitze Dolche führende Wespen mit ausbündigster Schnürtaille, fleißige Bienen, behäbige Hummeln in vornehmer Pelzverbrämung, grüngoldene Blattkäfer und schlanke Schmalböckchen mit langen Bozenhörnern, schwebende, tanzende Fliegen, und waS weiß ich, summendes, schwirrendes Leben im blinkenden Licht! So lustwandeln wir auf schmalem Wiesenxfad dem Dörfchen am Talhange zu. Besonders reden zu unS die alten Pappeln, die in der nimmer ausbleibenden Verjüngung des Lenzes prangen und mit ihren breiten, in schönen Teilgruppen ausgestalteten Kronen der Landschaft einen kräftigen, vorklingen den Ton verleihen. Und nun, grüß Gott ihr spitzen Giebel und roten Dächer! Nur verein zelt vermögen sie zwischen dem überreichen Blüten segen der Kischbäume hsrvorzulugen. Heiß brennt im Hochsommer die Sonne vom wolkenleeren Himmel herab. Regungslos liegt beispielsweise vor uns ein glitzernder Wasser spiegel, nur im Schilfrohr, das mit den ge schwungenen seidenen Fähnchen seiner feinfarbi gen Blütenrispen wie ein Heer vom seichten Ufersaum nach dem tieferen Wasser vorrückt, raschelt zuweilen ein leichter Sommerlüftchen. Sonst Stille ringsum. Der ganze Weiher scheint in der brütenden Hitze tief, tief eingeschlafen. Badewarm fühlt die eintauchende Hand das Wasser. Und in schauerlicher Tiefe unten sehe ich's glänzend dunkelblau heraufleuchten — hu, wenn du jetzt auch einnicktest und kopfüber bis da hineinstürztest — schrecklich. Ich will mich munter halten, daß nichts passiert! Da ist gleich was zu besehen: Rosige Blüten- ähren ragen über die Wasserfläche. Wie hübsch dar auSsteht, ist gewiß eine seltene Pflanze. Ach