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WWl-LkiWer WM Amtsblatt. Nr. 146. Sonntag, den 27. Juni 1909. 2. Beilage. Deutscher Reichstag. Berlin, 25. Juni. Das Haus ist anfangs nur schwach besetzt. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung der Novelle zum Stempelgefetz. Die Kommission hat den Jmmobilienumsatzstempel auf Prozent erhöht (nach der Vorlage ein Drittel Prozent), ferner für fideikommissarische Besitze eine Abgabe von Prozent für je 30jährtge Perioden unter Zulassung von Tilgungsrenten eingeführt und kleinere Grundstücke (bebaute bis 20 000 Mk. Kaufpreis, unbebaute bis 5000 Mark) von der Ab gabe freizulassen, insoweit nicht anonyme Gesell- schasten als Erwerber oder Ueberlasser bei dem Grundstllcksbcsitzwechsel beteiligt sind. Abg. Bassermann (Natl.): Ich habe eine kurze Erklärung abzugeben. Die gestrige ableh nende Entscheidung hat Bedeutung für die noch weiter zur Verhandlung kommenden Vorlagen, um so mehr Bedeutung, als die Verbündeten Regie rungen wiederholt hier die Erklärung haben ab geben lassen, daß die Besteuerung der Erbanfälle an Deszendenten und Ehegatten ein unentbehrlicher Bestandteil der Finanzreform sei. Wir sind der Meinung, daß die Negierungen jetzt zur Auf lösung des Reichstages schreiten müß ten. Die Konservativen sind ja jetzt in der Lage, weiter zu beschließen, was sie wollen-, wir werden sie in ihrer Siegeslaufbahn nicht hemmen. Wir halten an unserer Ansicht fest, daß eine Heran ziehung des mobilen Kapitals nicht zulässig ist, daß vielmehr eine allgemeine Besitz- steuer notwendig ist. Unsere Zustimmung zu der ganzen Finanzreform in allen ihren Teilen ist und bleibt abhängig von der Bewilligung einer allgemeinen Bcsitzstcuer. Diese Voraussetzung ist aber nicht mehr für uns vorhanden, nachdem Sie gestern die Erbanfallsteuer abgelchnt haben. Wir sind daher nicht mehr in der Lag e, diese Finanzreform zu bewilligen, und werden alles abelehnen. Abg. Dr. Wiemer (freis. Vp.) gibt eine ähnliche Erklärung ab. Abg. Spahn (Zentr.) legt Verwahrung gegen eine Bemerkung Bassermanns ein, daß das Zen trum gestern dem Reichskanzler die Quittung für Dezember 1906 erteilt und daß es nur deshalb die Erbanfallsteuer totgeschlagen habe. Das Zen trum habe sich lediglich von sachlichen Gründen lei ten lassen. Abg. Raab (Wirtsch. Vgg.): Obwohl ich gestern für die Erbansallstcuer gestimmt habe, kann ich die heute von Bassermann und Wiemer angebencn Gründe für ihr weiteres Verhalten nur als „trau rige" bezeichnen. Draußen im Lande, in vaterlän disch gesinnten Kreisen (Lachen links) wird man dieses Verhalten nicht verstehen. In namentlicher Abstimmung wird dann der Kommissionsvorschlag, Prozent Umsatzstcmpcl, mit 17-1 gegen 151 Stimmen bei einer Stimm enthaltung angenommen, ebenso die übrigen Teile der Kommissionsbeschlüsse. Es folgt die zweire Lesung der Novelle zum W e ch s e l st e m p e l g e s e tz e. Nach der Vorlage soll bei einer Umlaufszeit über drei Mo nate hinaus eine nochmalige Erhebung des Wech selstempels erfolgen. Die Kommission hat die er neute Stempelerhebung aufUmlausszeiten über sechs Monate hinaus beschränkt. Staatssekretär Sydow bittet um Wiederher stellung der Regierungsvorlage, weil sonst der fi nanzielle Effekt größtenteils vernichtet würde. Abg. K a e in p f (freis. Vp.) bittet, jede Er höhung des Wcchselstempels abzulehnen wegen der mit der Stempelerhöhung verbundenen Vcrkehrscr- schwerung. Abg. Graf Mielzynski (Pole) spricht ebenfalls gegen die Stempelerhöhnng, desgleichen Abg. Weber (Natl ), während Abg. G a m p (Reichsp.) für die Kommissionsbeschlüsse eintritt. Abg. Singer (Soz.) bekämpft den Wechsel stempel als eine Vertebrssteuer schlimmster Art. Hierauf wird die Vorlage mit der von der Kommission vorgeschlagenen Aenderung gegen die Linke und Polen angeno m m e n. Dann folgte die Beratung der Kommissiousbe- schlüsse betreffend Kaffee- und Teezoll - erhöhung. — Abg. Pachnicke (freis. Vg): Die Massen seien schon mit Verbrauchssteuern belastet, und nun »volle man noch den Kaffee- und Teegenuß ver teuern. Wenn man schon einmal anregende Mittel für die Nerven brauche, so seien jedenfalls Kaiser und Tee dem Alkohol vorzuzieheu. Seine Freunde lehnten diese Kommissionsbeschlütsse entschieden ab. Abg. Molkenbuhr (Soz.): Bei der Erb schaftssteuer habe die Rechte saviel Gewicht aus den Familiensinn gelegt. Beim Kaffee, der gerade in ärmeren Kreisen eine Rolle spiele, frage sie nicht nach Familiensinn. Abg. Dr. Spahn (Zentr.) tritt für die Kommissionsbeschlüsse ein, macht aber die endgül tige Stellungnahme seiner Partei von der schließ lichen Gestaltung des ganzen Finanzreformplanes abhängig. Abg. S e m in l e r (Natl.) steht in der Kaffce- zollerhöhung u. a. eine Prämie auf Gerste. Abg. Gothein (freis. Vg.) bekämpft ebenfalls den Kaffeezoll. Wie groß die Sachkenntnis der Väter des Steuerbeschlusses sei, erhelle aus einer Bemerkung des Herrn v. Gamp, daß in Argentinien massenhaft Kaffee ins Meer geschüttet worden sei. Dabei wachse in Argentinien gar kein Kaffee. (Hei terkeit.) Nach weiterer Debatte wird in namentlicher Abstimmung der Kaffeezoll mit 187 gegen U54 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen ange nommen. Der Teezoll wird eben falls angenommen. Ein Antrag G o t h e i n, der sich aus die Verkaufsregelung bei Eintreten der Zollerhöhung «bezieht, wird angenommen. Dafür stimmen mit der gesamten Linken die Wirtschaftliche Vereinigung, idie Polen und ein Teil der Reichspartei. Unter größter Heiterkeit wird Abg. Gothein beglück- ^wünscht. Neber die B e st e u e r u n g der Beleuch- t u n g s m i t t e l berichtet Abg. Dr. Rösicke (Kons.): Die Kommis- sivnsmehrheit hat diese Steuer der ursprünglichen l Regierungsvorlage über die Elektrizitätssteucr ent nommen. Abg. Dr. Webe r (Natl.): Die Banderolen- stcuer ist bei keinem Artikel so unmöglich wie bei den Beleuchtungskörpern. Wie wollen Sie eine Banderole schaffen für große und kleine Beleuch tungskörper? Und wohin wollen Sie die Bande role kleben? Auch müßte der Steuerbeamte kontrol lieren können, wieviel Watt bei den Beleuchtungs körpern in Frage kommen. Derartigen Gesetzen können meine politischen Freunde nicht zustimmen. Der Redner bringt weitere technische Bedenken gegen die Steuer vor und beantragt, die Kohlensadcn- lanipen zur Hälfte des Satzes, wie die Metall- sadenlampeu, zu besteuern und dieKohlcnüisle durch gehend mit 60 Pfg. zu besteuern. Reichsschatzsekretär Sydo w. Ich stehe noch heute aus dem Standpunkte, daß der Entwurf der Regierung das richtige trifft, schon aus dem Grunde, weil bei der Besteuerung des Petroleums, das doch in weitaus überwiegendem Maße das Beleuchtungsmitkcl der Armen iit, die elektrische Beleuchtung nicht uubesteuert bleiben kann. Auf Grund des Z 7 des Gesetzes hat der Bundesrat die Berechtigung, die Versteuerung von Beleuch tungsmitteln unter Befreiung vom Verpackungs zwang zu gestatten. Abg. Dr. M ü l l e r-Meiningen (freis. Vp.): Wir lehnen diese Steuer als kultur- und mittel- standsfeiwdlich ab. Abg. Severing (Soz.): Auch wir machen den Sprung ins Dunkle nicht mit! Abg. Graf Westarp (Kons.) lehnt den An trag Weber ab Nach einer längeren Kontroverse mit dem Zen- lrumsabgeordncten Pichl e r ergreift nochmals das Wort Abg. M nlle r-Meiningen (freis. Vp ). (Wird mit großem Hallo und stürmischen Schlußrufen von der Rechten und dem Zentrum empfangen). Ich wollte nur eine persönliche Bemerkung machen. Ich möchte den Herrn Präsidenten nur fragen, ob es erlaubt ist, das Wort Jesuit auszusprechen, ohne bestraft zu werden. (Heiterkeit und Rufe Hallo!) Man kommt dann zur namentlichen Abstimm ung. 8 l des Glühkörper st euere nt- Wurfes wird mit t85 gegen 160 Stimmen a li tt e n o m m e n, bei zwei Stimmenenthaltungen. Der Antritt Weber wud abgelchnt. Nächste Sitzung Mittwoch, den 30. Juni, mit tags I Uhr: Interpellationen betreffend Suspen- ion der Geircidezölle und betreffend Einsuhrscheine. Schluß 7 Uhr. Die Fetterprobe. Eine Iohanuis-Gcschichte von W. T r i n i u s. (Nachdruck verboten.) Seit Michels-Anton, der Berghofbauer, Ge- meindevorstand geworden war, hatte sich das dör fische Leben wieder mehr in alte Bahnen hinein- gelcnkt. Als er seine Militürzeit abdiente, war er nämlich Bursche bei einem Leutnant gewesen, des sen Bruder, der Gymuasialoberlehrer, eine Leiden schaft für alte Bolksbräuchc und Volkssttten gezeigt hatte Dieser Gelehrte hat dem Burschen seines Bruders so viel Schönes von dem Zauber der Dorfpoesie erzählt, daß der gute Anton sich schwor, in seinem Dorfe in Neuland alles daran zu setzen, nm die alten Festbräuche wieder einzuführen. Iabrzchnte waren darüber vergangen; Anton hatte schon beinahe seine Dienstzeit und den Ge lehrten vergessen, als ihm die ganze Geschichte nach seiner Wahl zum Dorsoberhanpte plötzlich wieder eingefallen war. Die Neuländer pflegten schon nur mehr das Erntefest zu feiern, die anderen Bräuche waren langsam dahingeschwunden. Mi chels Anton wollte sie wieder aufleben lasse». Mit Johanni, das vor der Türe stand, solle der An fang gemacht werden. Er führte denn auch in der Sitzung durch, daß bei der Burgruine, die im Norden des Dorfes aus einem kleinen Berge thronte, ein Iohannis- feuer entzündet werden solle. Im Dorfe selbst fand die Idee des Vorstehers großen Beifall. Die Bur schen und Madeln freuten sich tüchtig schon im Voraus auf die Gaudi. Zumal, wie es hieß, auch die Feuerprobe stattfinden sollte, bei der Bursch und Mädchen, die miteinander über das Feuer spran gen, sich Verlobten. „Grieth, ich sage Dir, DU wirst Mittwoch abend mit Stoffel übers Feuer springen. Das ist ab gemacht." Der Gemeindevorsteher, der also zu seiner Tochter sprach, die weinend am Fenster stand, ging aufgeregt in der kleinen Stube hin und her. Plötz lich blieb er vor dem Mädchen stehen. „Laß das Geflenne! Ich Weitz Wohl, datz Dir der Moosbacher- Franz im Kopf steckt. Das fehlte noch, den Hun gerleider und Sausewind zum Schwiegersohn zu haben." „Aber Vater, der Franz — —" „Ist fleißig und kein Saufaus. Das willst Tu sagen. Weitz ich alles. Aber Mertens-Stoffel ist doch ein anderer Kerl. Der hat doch ein schönes Gut zu erben. Du nimmst ihn und damit basta." Ohne noch einen Blick auf seine Tochter zu werfen, stapfte der Dorfgewaltige zur Stube bin- aus, deren Türe er heftig zuknallte. Die blonde Grete trocknete langsam das bren nende Natz aus ihren blauen Augen und blickte ge dankenschwer aus die Stratze hinaus. Nun war ihr Schicksal entschieden. Sie mutzte ihren Franz auf- geben. Wenn ihre Mutter noch lebte, die würde vielleicht den Vater umgestinnnt haben; aber die lag schon drei Jahre in der Erde. Aufs neue flossen Grieths Tränen, bis der stebenmalige Schlag des Regulators sie aus ihren» biltern Träumen ritz. Drautz an der Linde vor dem Dorfe wartete ja der Franz. Hastig fuhr der Schürzenzipfel ans Ange. Dann eilte sie hinaus. linier der Linde, deren ersten Blüten sützcr Duft entquoll, stand der Moosbacher-Fran. Ein stattlicher Bursche mit dunklem Haar und dunklen lachenden Augen. Schon von weitem ersah er die Geliebte und eilte mit schnellen Schritten aus sie zu. „Grieth, Du hast geweint?" „Ach Franz," das Mädchen schluchzte laut auf, „wir müssen Abschied von einander nehmen." „Was? Abschied? Bist Du gescheit?" „Ach Franz, der Vater - — Ich muß den Christoph heiraten." „Da soll doch — —!" Franz war stehen geblieben. Seine Stirne hatte sich in drohende Falten gelegt. Aber nur für eine Sekunde. Dann lachte er hell auf. „Den Stoffel sollst Du heiraten. Und wo bleib ich? Nein Grieth, das gibts nicht." „Doch Franz, wir müssen uns darin finden. JohanniSabend soll ich mit ihm übers Feuer sprin gen. Ach Franz, Franz." Der Bursche zog die Weinende in die Arme und strich ihr zärtlich über das üppige blonde Haar. „Weine nicht, Grieth. Es wird schon alles gul werden. Latz mich nur sorgen. — Ich latz Dich nicht." „Was willst Du tun, Franz?" Er schüttelte den Kops. „Noch weiß ichs nicht. Aber mir fällt schon noch was ein. Sorg' Dich nicht." Johannisabend war gekommen. Ein echter, rechter Sommerabend. Lustig pfiffen aus den gro ßen Nußbäumen am Waldwege die Drosseln und schwer und sütz dufteten die Linden. Den Berg hinan stiegen die Neuländer. Zu der Bergruine, vor der das Feuer entzündet werden sollte. Die Burschen juhuten, die Mädchen lachten und die Alten schmunzelten zufrieden. Oben scharte sich alles um die gewaltige Teer lonne, welche aus einem mit Reisig umgebenen Holzstoß stand. Das Dorfoberhaupt und die ge wichtigsten Bauern nm ihm herum, saß auf einer der eigens ausgezimmerten Bänke, während seine Tochter mit den andern Mädchen zusammen mit rotglühenden Wangen das Feuer erwarteten. Ihr war nicht recht froh zu Mute. Wohl hatte der Franz, der drüben am Baume stand und ihr lustig zuzwinkerte, vorhin ibr zugeflüstert, sic solle keine Bange haben. Aber sic wußte nicht ein noch aus. Ob Christoph wohl gar nicht komme? Mertens-Stoffel, der Erbe des größten Gutes im Torfe, hatte unterdessen auch den Weg betre ten, der zu der Burg führre. Als cr zwischen den Stämmen, zwischen denen bereirs die ersten Düm- merschlcier schwebten, dahinschritt, kamen ihm auf einmal die Geschichten in den Sinn, welche an langen Winterabenden oftmals die Mutter vom Johannis tage erzählte. Mit dem Heranbrechen des Abends, so hatte sie gesagt, gingen die Hexen und Zauberin nen im Walde Kräuter zu suchen für ihre schwar zen Künste. Mertens Christoph war abergläubisch, und so kam ihm denn ein heftiges Gruseln an, als er an der Biegung des Weges eine gebückte Gestalt, eine leibhaftige Hexe, auftauchen sah. Schon wollte er umdreyen, als er die Kräulcrmarie erkannte. Die zahnlose Alte kam auf den Burschen ,zugc- trippelt. Dann blieb sie auf einmal stehen und rief ihm laut einen Vers zu, den Franz ihr aufge lragen: Stoffel, hüt' Dich fein, Spring ntt übern Feuerschein, Spring nit durch die Glut, Es tut Dir nicht gut. Und ehe der erstaunte Bursche ein Wort sagen konnte, war sie im Gebüsch verschwunden. Stoffel stand wie erstarrt. Spring mit durch die Glut, hatte die Alte gesagt. Das war eine Warnung. Nein, erwürbe nicht über das Feuer springen. Gott bewahre! Lieber auf die Grete ver zichten, als Gott oder den Teufel versuchen. Als er auf dem Berge antam, wurde gerade der Holzstoß in Brand gesteckt. Knisternd sprangen die Flammen an dem dürren Reisig enipor, leckte« hier und da, bis sie sich zu einer großen Feuer zunge zusammenfanden. Der junge Mertens trat zu Grete hin: „Du, ich springe nicht niit über das Feuer." Grete sah ihn überrascht an. Also hatte wirk lich Franz cs zuwege gebracht. Daun meinte sie: „Da wird aber Vater böse sein. Wo ich doch beim ersten Paar sein sollte." „Das hilft nichts. Ich springe nicht mit!" — Inzwischen loderte auch ein aus sechs Holz klötzen bestehender Stotz in Flammen aus. Das war der Brand zur Feuerprobe. „Na, Grete," ries lächelnd der Dorsgewaliige, „Liebste spring, erhasch Dir den güldenen Ring!" Und er gab Mertens Stoffel einen Wink; aber der war zur Seite getreten und wehrte mit der Hand ab. Schon wollte Michels-Anton sich zornig erheben ob der Blaniage, da sah er, wie der Moosbacher-Franz seiner Tochter Hand ergriff und in einem gewaltigen Sprunge mit Grete über das Feuer setzte. Laut jubelten die Burschen und Mädchen ringsum dem Paare zu, schlangen eine Girlande von Johannisblumen um die beiden und führten sie zu Gretens Vater hin. Der saß erst wie vom Donner gerührt. Aber dann überlegte er schnell, daß es keinen anderen Ausweg aus der dummen Geschichte gebe, als seinen Segen zu geben. Er konnte doch nicht der Feuer probe, die er selbst einführte, zuwiderhandeln. So machte cr denn gute Miene zum bösen Spiel. Und cs wurde noch recht lustig bei dem flackernden Glut- scheiue des Johannisfeuers. Unter den blühende« Finde«. Von W. von de r Heyd t. (Nachdruck verboten.) Die schöne Frau lag auf dem Divan ausge- strcckl und in die mollige Pelzdecke eingemummelt. Aus dem kleinen runden Tischchen summte der Sa mowar. Durch den grüne» Behang der Strandlampe schimmerte ein gedämpfter Lichtschein. Des Rechtsanwalts Blicke hinge» i» leiden schaftlicher Bewimderiintt an dem feingezeichneteil, liebreizende» Gesicht der Liegenden. „Sie habe» es mir vorher gesagt, gnädigste Frau. Gewiß. Und sie haben mir auch gesagt, was Sie mir antworte» werden. Aber dennoch. Ich muß es aussprechen, datz ich Sie nicht nur verehre, datz ich Sie anbete, datz ich Sie liebe. — Und mm jagen Sie mich fort!" „Richt doch, lieber Bergheim," antwortete Frau Elli» mit einem liebe» Lächel». „Wollen Sie nun, daß Sie Ihr Versprechen, nie von Liebe zu reden, nicht gcbaltcn habe», mich auch noch meines besten FreuiidcS berauben? Das dürse» Sie nicht. Zwin gen Sic Ihr Herz. Mir hat schon so mancher dasselbe gesagt, wie Sie eben jetzt, und doch —" eine leichte wehmütige Kopsbewegung begleitete die Worte — „wo sind sie jetzt?" „Geben Sie mir eine Antwort," bittend und voll verzebrender Sehnsucht bebte es von Dr. Bergheims Lippe». „Ist Ihne» das keine Antwort, lieber Freund? Sie wissen, ich schätze Sie. Aber lieben — —? Offcnttestanden babc ich mir die Frage selbst »och nicht vorgelegt. — Deshalb brauchen Sie kein böses Geücht zu machen. Ich will nicht lieben. Niemaiidcn lieben — — —. Sie keime» doch meine Geschichte. Ich bin eine müde alte Fran." „Aber -" „Gut, sage» wir eine stille, hübsche Witwe, eine jener unverstmidcnen Frauen, die sich von ihrem Gatten seelisch mißhandelt fühlen. — Als ich ihn heiratete, Gott, er war ein stattlicher, fast schöner Man» mit einem Vermögen und ich eine Professorentochlcr, der unter füiif Geschwistern ein Goiivernanten- oder Klavierlehrcrin-Schicksal winkte. Trotzdem habe ich nicht mit beiden Händen zuge- griffcn. Ich batte Angst vor dem Zusammeulcbeii mit einem iingeliebtcn Maimc Aber wen» ich ihn daiiii ansab, mit seinem ernsten, edlen Gesicht, dann schalt ich mich töricht. Und ich solgte ihm." „Arme Ellin," kam cs leise über des Mannes Lippen. Die schöne Frau schaute verloreneii Blicks in das grüne Licht. Vor ihr tauchten die Jahre ihrer Ehe auf. Er war stets ritterlich zu ihr gewesen. Aber seine glühende Eifersucht, die aus der be haglichen Wohnung ein goldenes Gefängnis schuf,