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Nchlich MchMen. Monatliche Deigabe ;um „Tageblatt". Redigiert von Pfarrer B. Albrecht in Hohenstein-Ernstthal, an den alle diesbezüglichen Sendungen zu richten sind. Nr. 6. Juni-Ausgabe. 1909. O last, o last die Hoffnung nicht! Die Wolke spricht im Sonnenlicht: O laß, o laß die Hoffnung nicht! WaS kränkt dich viel der Strahlen Glühn? Ich tränk das Land, und eS wird grün. Der Lenz, mit wonnigem Gesicht, spricht: Laß, o laß die Hoffnung nicht! Durchströmt mein warmer Hauch die Welt, wird dir zu gut die Saat bestellt. Der Blume Schmelz und Fülle spricht: O laß, o laß die Hoffnung nicht! Der unS so schön macht jedes Jahr sorgt auch für dich und immerdar. Ja, jedes grüne Blättchen spricht! O laß, o laß die Hoffnung nicht! WaS ist das Welken und Vergehn? Nur Weg zum Wiederauferstehn. Wohin du siehst, merk auf, cs spricht I O laß, o laß die Hoffnung nicht! WaS hüllst du dich in Dunkel ein? Laß Hoffnungslicht inS Herz hinein! E. Kluge. Ein evangelischer Thrift, der Lieder singen will, hat in seines Martin Luthers Bibel und Liedern die rechten starken und einfältigen Muster Wenn mir hin und wieder gelungen ist, deutsch sprechen, reden und ein weniges singen zu können, so verdanke ich dies mit vielen Andern, die deutsch empfinden, denken und darstellen können, am meisten der von Kind auf geübten fleißigen Lesung der lutherischen Bibel. In wenig Tagen wird in der ganzen evan- gelischen Christenheit der Geburtstag deS Mannes gefeiert, den wir „den Reformator der franzö sischen Schweiz" zu nennen pflegen. Am 10. Juli 1509 wurde Johann Calvin in Noyon in der Picardie geboren, wo sein Vater FiSkal- prokurator der Grafschaft, bischöflicher Sekretär und Syndikus des Domkapitels war. Bon ihm und seiner frommen Mutter Jeanne geb. la Franc, einer Flamländerin, ward der ernste und begabte Knabe schon früh dem Dienste der Kirche geweiht und, gemäß der Sitte oder Unsitte der Zeit, bereits in seinem 12. Lebensjahre mit den Einkünften einer Pfarrstelle versehen. Zwei Jahre später begleitete er die Söhne eines Edel manns nach Paris, um dort seine Studien zu betreiben. Ausgezeichnet durch die Klarheit und Schärfe seines Denkvermögens und ein vortreff. licheS Gedächtnis überflügelte er bald alle seine Studiengenoffen. Im Jahre 1529, wo er eine neue Pfründe erhalten, gab er das Studium der Theologie auf und widmete sich auf anderen Universitäten der Rechtswissenschaft. Obwohl er damals noch mit seinem Bekenntnisse der römt- schen Kirche angehörte, so führte ihn doch der geistige Umgang mit Wolmar, einem Anhänger Luthers, zu einem gründlichen Erforschen der heiligen Schrift. Nach dem Tode seiner Vaters 1531 kehrte er nach Paris zurück. Hier vollzog sich bald seine innere Umwandlung, auf die ein naher Verwandter besonders einflußreich gewesen zu sein scheint. Um den König Franz I. für die evangelische Lehre milder zu stimmen, gab er 1532 die Schrift des heidnischen Philosophen Seneca „über die Milde" in Druck und arbeitete ein Jahr darauf zu demselben Zweck eine Ab- Handlung im Sinne der neuen Lehre aus über die christliche Philosophie, die von dem Rektor der Sorbonne in Gegenwart deS König« vor- getragen wurde. Infolgedessen mußte er schleu nigst au« Paris flüchten. Nach kurzem Aufent- halt in AngoulLme und Orleans verließ ec Frankreich, wo er sich angesichts der über seine Glaubensgenossen ergehenden Verfolgungen seiner Joyauu Calvin. Lebens nicht mehr sicher fühlte und reiste über Straßburg nach Basel, von wo auS er mit den deutschen und schweizerischen Reformatoren nähere Bekanntschaft anknüpfte. Dort schrieb er noch im Jahre 1535 mit einer Vorrede als Schutz schrift für die Evangelischen in Form einer Wtd- mung an König Franz I. den Entwurf seines berühmten „christlichen GlaubenSunterrichtS" in lateinischer Sprache. Mit diesem kleinen Hand- Küchlein wollte er zunächst nur urkundlich den Glauben derer bezeugen, die von gottlosen und feilen Schmeichlern so himmelschreiend verlästert wurden. 1536 ging er nach Ferrara an den Hof der Herzogin Renato, der evangelisch ge- sinnten Tochter Ludwigs XU. von Frankreich, einer Schwägerin Franz I., die ihn freudig be- grüßte und mit ihm von da an in beständigem Briefwechsel blieb. Da jedoch sein Aufenthalt hier den wachsamen Augen der Inquisition nicht entging, mußte er abermals den Wanderstab ergreifen. Nach kurzem Wirken in seiner fran zösischen Heimat lenkte er seine Blicke aus'S neue nach Basel und Straßburg. Allein es sollte anders kommen als er geplant. Wegen deS zwischen Franz I. und Kaiser Karl V. auSge- brochenen Krieges mußte er einen Umweg durch Savoyen über Genf einschlagen, und hier wurde er festgehalten besonders durch die „Beschwörung und Bedräuung" Wilhelm Farel«, eines für die Sache deS EvangelumS sehr eifrigen ManneS. Anfangs war Calvin in Genf ohne eigentlicher Amt und beschränkte sich darauf, Vorlesungen über das Neue Testament zu hatten; bald aber ließ er sich bewegen, in dar Amt einer Lehrers der Theologie und reformierten Predigers in Genf einzutreten. Gleich von vornherein zeigte er sich in der ganzen Eigentümlichkeit seines re- formatorischen Berufs, als dessen Ideal ihm vorschwebte, eine unter der Zucht deS göttlichen Wortes und heiligen Geistes stehende Gemeinde h. ranzubilden. Zu dem Behufe, eine Reform der Sitten zur Durchführung zu bringen, suchte er sich zunächst der Mithilfe d.'S Rates zu ver sichern. Dieser ging in der Hauptsache aus die Ernst Moritz Arndt. Vorschläge Calvins ein, hatte auch nicht« da gegen, al« die Bürger Genf« durch einen Eid verbindlich gemacht wurden, an dem „Glauben«- bekenntni«" festzuhalten. Eine unnachstchtliche Strenge durchwehte die über die Sittenzucht aufgestellten Grundsätze. So wurden übermäßige Kletderpracht, Tanz, Kartenspiel und Geschlecht«, sünden mit Gefängni« und Verbannung bestraft. Natürlich regte sich gegen diesen Riporirmu« eine mächtige Erbitterung. Und al« 1538 Cal- oin soweit ging, die Feier der hohen Festtage abzuschaffen, die Taufsteine au« den Kirchen zu entfernen und beim heiligen Abendmahl die Hostien zu beseitigen, wurde durch Bolkrbeschluß die Verbannung über ihn und seine Freunde ausgesprochen. Durch Marfin Bucer fand er in Straßburg einen schönen Wirkuvgrkcei« al« Lehrer der Theologie und Prediger. Hier trat er auch 1540 in deu Ehestand mit Jdelette von Buren, die ihm aber schon nach 9 Jahren durch den Tod entrissen ward. In Straßburg, wo er seine Lehre vom Abendmahl und von der gütt- lichen Vorherbestimmung entwickelte, trat er mit Melanchthon besonder« in Verbindung. Ja er galt hier geradezu für einen Lutheraner; denn er unterschrieb da« Augrburgische Bekenntnis „im Sinne seine« Verfasser«". Unterdessen hatte sich in Genf ein Umschwung zu seinen Gunsten vollzogen. Der Kardinal Sadolet hatte im Frühjahr 1539 die Wirren in der Stadt benutzt, um durch ein geschickt und mit großer Wärme abgefaßter Schreiben die Bürger zum alten Glauben zurückzurufen. Sofort antwortete Calvin in einer geharnischten Gegenschrift, worin er nicht nur die ihm persönlich gemachten Vorwürfe, al« hätte er dir Gemeinde irregeleitet, zurück- weist, sondern auch die reformatorischen Bestreb- ungen in ihrer inneren Notwendigkeit beweist. Diese Schrift erweckte in mehreren seiner früheren Feinde die Sehnsucht nach seiner Rückkehr, zu- mal da e« in Genf unter der Herrschaft der Libertiner zu einem Verfall der Sitten und zur Auslösung aller Ordnung gekommen war, auch die Wiedertäufer und andere Sekten ihr Haupt