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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 16.04.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190904169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19090416
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19090416
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-04
- Tag 1909-04-16
-
Monat
1909-04
-
Jahr
1909
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 16.04.1909
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ersuchen die Vertreter Le- deutschen Volke-, in die- fer Hinsicht zu wirken. Ebenso wie angesehene Persönlichkeiten, die Liesen Aufruf mtterlassen, ihre VeLenken gegen den Ausbau der Erbschaftssteuer tm Interesse de- Reichsgedeihens fallen gelassen haben, so erwarten sie dies auch von der Mehrheit d«r deutschen Volksvertretung. Sie versichern, daß in Sachsen da- Volk an den Worten festhält, die einst Dr, Martin Luther, als das Reich angegrif fen wurde, ausgesprochen hat: „Daß ich gerne wollt mit sehn — mit meinem armen Pfennige neben andern, die es Williglich geben — denn der Unwilligen ist sonst genug." Wir stehen heute in schwerer Zeit auf demselben Standpunkt und er warten, daß die Vertreter des deutschen Volkes diesem Rechnung tragen." Der Gesamtvorstand des Evangelischen Bundes, der in Halle eine Sitzung abhielt, beschloß einmütig, einen Appell an den Reichstag zu richten, die trennenden ma teriellen, Standes- und sonstigen Interessen hin- fichtlich der Finanzreform in vaterländischer Pflicht erfüllung beiseite zu lassen. Der Evangelische Bund erwartet von der Reichsregierung und den Mehr- heitsparieien im Reichstage, daß sie den offen kundigen Bestrebungen der Zentrumspartei, die Vorherrschaft bei Lösung der Reichsfinanzreform frage wieder zu gewinnen, tatkräftig und einmütig cntgegenireten, weil er die Ucberzeugung Hat, daß erne erneute Vorherrschaft der ultramontanen Macht unvereinbar ist mit den höchsten Interessen des Reiches, mit dem Frieden unter den Konfessionen und mit den unveräußerlichen Grundlagen der deutschen Kultur. Aus dem Reiche. Tie Mtttelmeerreise deS Kaiferpaares. Zur Begrüßung des deutschen Kais er st a a r e s hatten sich auf dem Bahnsteige in V e- nedig etngefunden der Präfekt, der Bürgermei ster, die Spitzen der italienischen Behörden und der deutsche Konsul Rechsteiner, ferner Fürst und Für stin Bülow, Donna Laura Minghetti, Fürst Für stenberg, der deutsche Botschafter in Rom Gra Monts und Gemahlin, -er Gesandte von Flotow Hauptmann v. Schwartzkoppen, der deutsche Mili- tätMachee Freiherr v. Hammerstein-Equord, sowie der deutsche Mattneattachee in Rom Fuchs. Das Kaiferpaar begrüßte die Anwesenden aufs freund lichste. Die Kaiserin nahm von der Fürstin Bü low, der Gräfin Monts und der Gemahlin des deutschen Konsuls Blumensträuße entgegen. Die Fahrt nach der „Hohenzollern" erfolgte in einer Rudergig durch den Canale Grande. Auf der Fahrt wurde das Kaiserpaar vom Publikum, unter dem sich zahlreiche Deutsche befanden, mit herzlichen Kundgebungen begrüßt. Das Publikum hatte am Ufer des Kanals Fenster und Dächer der umlie genden Häuser besetzt. Zahlreiche Paläste am Ka nal, ebenso öffentliche Gebäude hatten geflaggt! oder Teppiche herausgelegt. Viele Gondeln belebten den Kanal, der nicht abgcsperrt war. Das Wetter ist sehr schön. Die italienischen Schiffe und Torpedo boote im Hafen hatten über die Toppen geflaggt und gaben Salut, ebenso die „Hamburg". Der Kaiser, die Kaiserin und Prinz Oskar nahmen aus der „Hohenzollern" Wohnung. Nachmittags unter nahm das Kaiserpaar mit dem Prinzen Oskar eine Spazierfahrt in Gondeln. Ter deutsche Kronprinz in Bukarest und Budapest. K r o n p r i n z W i l h e l m, der am 19. April mit großen! Gefolge in Bukarest eintrifft, um an den Geburtstagsfeierlich.eiten König Carols teilzu- nehmcn, der am 20. April sein 70, Lebensjahr Vollender, wird sich eine Woche lang dort aufhal- ren. Für die Zeit seines Aufenthaltes sind u. a. Ausflüge nach Konstanze und nachSenaja geplant. Am 26. April wird der Kronprinz die Rückreise nach Berlin antrelen und bei dieser Gelegenheit dem Kaiser Franz Josef in Budapest einen Besuch abstatten. Bei der jüngsten Anwesen heit des Gesandten v. Kiderlen-Wächter in Wien hatte derselbe mit Freiherm v. Aehrenthal eine dahingehende Besprechung. Aur Wahlrechtsfrage tu Hessen. Die hessische Regierung hat den Ständekam mern abermals eine Wahlreformvorlage zur Einführung des geheimen, direkten Landtags wahlrechts zugehen lassen. Die Vorlage enthält wieder drei Gesetzentwürfe: der erste betrifft die Abänderung der Artikel 67 und 75 der Berfas- sungsurkunde, der zweite die Landstände und der dritte die Wahlkreiseinteilung. k" kommt nicht «ach Metz? Bekanntlich haben sich die beiden 80pferdigen Datmlermotoren auf der Fernfahrt des Reichslust- schiffes „Zeppelin 1" nach München als nicht ganz den höchsten Anforderungen entsprechend erwiesen, die in Anbetracht der ungeheueren Windstärke an die Eigengeschwindigkeit des Luftschiffes hätten gestellt werden können. Da bei der Leistungsfähig keit eines Reichsluftschiffes, insbesondere für krie gerische Zwecke die Stärke der Motore eine wesent liche Rolle spielt, so soll, wie das Lindauer Ta geblatt aus angeblich autoritativer Quelle erfah ren haben will, im preußischen Kriegsministerium gegenwärtig der Gedanke erwogen werden, den „Z. 1." nicht für Kriegszwecke zu verwenden und somit auch nicht nach Metz zu senden, sondern ihn als Uebungsschisf auf dem Bodensee zu belassen. In Metz soll dafür ein anderes Zeppelin-Luftschiff neuesten Typs, das stärkere Motore besitzt als „Z 1", stationiert wer den. Vielleicht kommen hierfür „Z. 2" oder „Z. 3" in Betracht, die bekanntlich je zwei 105 PS. Daimlermotoren erhalten, oder gar „Z. 4", das mit noch stärkeren Motoren ausgestattet werden soll. Berliner Besuch in London. An der Reise nach London (auf Ein ladung des Lord-Mayors) werden insgesamt 32 Mitglieder der städtischen Behörden von Berlin teilnehmen, darunter 10 Staüträte und 18 Stadtverordnete. Zu diesen gehören auch vier Mitglieder der sozialdemokratischen Pattei und der sozial-fortschrittlichen Gruppe. Ans dem Anslande. Eine Keter deutscher Bunde-treue. Die Stadt Bozen hat aus Anlaß der bundeS- treuen Haltung Deutschlands zu Ehren der Reichs deutschen, die sich gegenwärtig dort oufhalten, am Dienstag einen FestkommerS veranstaltet Bürgermeister Dc. Perathoner pries in seiner Fest- rede die opferfreudige Bundestreue des Deutschen Reiches. Kommerzienrat Avenarius und Gymnasial- direkior Przygode (Berlin) erwiderten im Namen der Reichsdeutschen. An beide Kaiser wurden Huldigung-, telegramme abgeschickt. Lücken in der französischen Seerüstung. Zu den schon während der letzten Tage in Toulon anwesenden Mitgliedern der Marine» UntersuchungSkommisston gesellte sich noch Paul Doumer, der ehemalige Kammerpräsident und gegenwärtige Etats Berichterstatter, der auch besonder« in Marinesragen sehr kompetent ist. Er besichtigte Wersten, Magazine, Arsenale und die im Hafen liegenden Schiffe sehr eingehend und verglich namentlich die MunitionSoorräte mit den von dec Artilleriedirekrion gemachten schriftlichen Angaben. Auch er konstatierte die Unrichtigkeit dieser Angaben und die schweren Gebrechen der Marine. Sodann nahm er den mündlichen Bericht zweier Narineoberiagenieure über die Turbinen entgegen, mit denen die sechs im Bau befindlichen französiichen Dread, oughtS, hier Dantonklaffe genannt, ausgerüstet werden sollen. Doumer und auch dis anderen KommissionSmitglieder verhehlten ihre Bedenken nicht, daß eS ein gewisses Wagnis sei, gleich olle sechs Schiffe mit dem noch unerprobten Turbinen- ystem auSzustatten. Im Falle deS Mißlingens der Lersucher sei die ganze neue Flotte immobilisiert und müsse umgebaut werden. Doumer gewann den Eindruck, daß die Marineartillerie sowohl hinsicht lich deS Materials wie deS Personal« sehr tm Rück- stunde sei. Die Kommission hat nun ihre Tätigkeit <n Toulon beendet und wird sich später anderen Häsen zuwenden. Verschiedene KommissionSmitglieder, über ihre Eindrücke befragt, äußerten sich dahin, daß eS in der Marine sicherlich nicht an gutem Willen, wohl aber an einem einheitlichen dirigierenden Willen fehle. Die Wiedergeburt der spanische»» Klatte. Ueber daS gute Geschäft, daS die englische Schiff, bauindustrie und die englische Politik wit der Schaf, fung einer neuen spanischen Flotte machen wollen, meldet man aus Madrid: „Da- Kabinett hat end- gültig beschlossen, den B o u der n e u e n Geschwa ders der englischen Firma Bicker», Son u. Maxim zu übertragen, dagegen ist noch nicht ent- schieden, ob die englische Schiffbaufirma gehalten sein soll, in einem spanischen Hafen eine Werft an- zulegen. Auf jeden Fall schlagen die Engländer, da zwei Fliegen mit einer Klappe. Die englische Industrie verdient Geld, und die englische Diplomatie steht einen ihrer kleinen Klienten zur See erstarken und dadurch viel wertvoller für England werden. War aber die Londoner wohl sagen würden, wenn wir in Deutschland nun ein großes Geschrei erheben wollten, weil die künftige spanische Flotte nach mensch. lichem Ermessen wirkliche Bedeutung wohl nur er. angen wird im Zusammengehen mit der englischen ? Die Klotten-Rivalität. Handeltminister Churchill richtete an den Vsr- sitzenden deS liberalen Klubs von Dundee einen Längeren Brief, welcher sich mit der Flottenfrage be» schäftigt und den jüngsten Flottenalarm be» kämpft. ES heißt darin: Die Admiralität ist bereit zu beweisen, daß die britische Flotte nicht nur jeder vernünftigerweise wahrscheinlichen Kombination zweier Mächte überlegen ist — auch im Jahre 1912 — sondern auch einer Kombination der beiden nächststärksten Mächt» Europas. ES gibr keinen na türlichen Gegensatz zwischen den Interessen deS eng lischen und deS deutschen VolteS. ES gibt zwei- felloS eine Rivalität Im Handel, aber Deutsch land ist unser bester Kunde, wie wir der seine sind. Trotz der übelwollenden Kräfte, welche wir in allen Ländern am Werke sehen, ruht der eu ropäische Friede auf immer breiterer und tieferer Grundlage. Wenn ein ernsthafter Gegensatz zwischen Deutschland und England allmählich heroorgerufen worden ist, so ist er nicht auf natürliche Kräfte zu- rllckzuführen, sondern auf die verbrecherische Tätig keit einer oerhältnitmäßig kleinen Zahl von Persön lichkeiten in beiden Ländern und die sträfliche Leicht gläubigkeit der breiten Volksschichten. Gpattnng irr der englische« unabhängige»» Arbeiterpartei. Zu einer sehr verhängnisvollen Spaliung, die auch auf das politische Gebiet hinüber wirken dürfte, ist cS bei dem in Edinburg tagenden Council o( ttte inckepenctsnt labor pstr^ (Versammlung der unabhängigen Arbeiterpartei) gekommen. Die be- kannten Führer Keir Hardie, Ramsay, Macdonald, G aister und Snowden, die lange Jahre die unbe- trittenen Lenker der Schicksale der organisierten englischen Arbeiterschaft waren, haben ihre Aemter niedergelegt. Der Grund ist „unoerantwort. liche Opposition innerhalb der Organisation". Diese Opposition wird von dem sozialistischen Parlaments- Mitglied Victor Grayson geleitet, gegen den Keir Hardie und seine Freunde verschiedentlich Front ge- macht hatten, weil derselbe Gedanken vertrat, die wenig von Anarchie veischieden sind. Auf HardicS Antrag hatte das „Cour eil* beschlossen, Grayson fernerhin keine Parlament-diäten mehr zu zahlen. )och wurde wegen des persönlichen Charakters einer solchen Maßnahme ew Beschluß zugunsten Graysons wieder in Erwägung gezogen, worauf die Mitglieder des Au-schusseS ihre Stellen niederlegten. E« ent- stand eine große Aufregung. Die Konferenz gab dem Autschuß volle Genugtuung und nahm die be- anstandete Klausel nachträglich an. Aber der Aus- schuß blieb bei seiner Entschließung, um jede Ber- antwortung für da- Treiben der unoeranwortlichen Elemente abzulehnen. Sächsisches. H-tzenftei« Ernstthal, 15. April 1009. Wettervaranssage der König!. Sächs. Lande«. Wetterwarte zu Dresden. Kür Krettag: Mäßige Südweftwinde, Abnahme der Bewölkung, etwas wärmer, keine wesent- lichen Niederschläge mehr. 16. April» Tage«mittel -j-7,0 » Maximum -j-10,7 Minimum -s-2,6". — Ein neues Schuljahr beginnt in den nächsten Tagen in allen Abteilungen unserer städti- schen Lehranstalten. In der Bürger- und 1. Be- zirktschule (Altstadt) findet die Aufnahme der ABC Schützen am Montag, den 19. d. M., vor- mittags 9 Uhr in der Turnhalle statt, in der 2. Be-irk-schule (Neustadt) am selben Tage nachmittags 2 Uhr gleichfalls in der Turnhalle. Schüler ber Gewerblichen Fach« und Fortbildungsschule, welche sich einer der Abteilungen (Handelsschule, Abteilung für gewerbliche« Zeichen, Wirk- und Webschule) an- schließen wollen, haben sich nächsten Sonntag vor- mittag 11—12 Uhr, die Schüler der Bäckerfachklasse nächsten Dienstag zur selben Zeit anzumelden. Für die Obligatorische Fortbildungsschule hat die Anmel. düng Dienstag nachmittag von 2—4 Uhr zu er- folgen. — Der präd. Eisenbahn-Assistent Dietrich inHohenstein-Ernstthal wurde zum Kassen- Vorsteher in Reichenbach i. V. befördert, der Eisenbahnaspirant G. E. Heyde hier zum Eisen- bahnasststent (für den Stationsdienst) ernannt. — Die sächsische kirchliche Konferenz wird in diesem Jahre am Mittwoch den 21 April in Chemnitz im Saale des LogcnhauseS „Har monie" zu einer Sitzung zusammeutreten. Auf der Tage-ordnung stehen zwei Vorträge des Professor« Dr. o. Schubert-Heidelberg über „Die älteste Stufe beS germanischen Christentums ober ein sogenannter Arianismus der Germanen" und de« Pastors Kröber- Waldheim über das Thema „Inwieweit u d in welcher Form ist die Mitwirkung der Kirche beim Religionsunterricht berechtigt." An beide Vorträge schließt sich eine Diskussion. — Bernsdorf, 14. April. Gestern nach- mittag fand in Gegenwart des GemeinderateS die Uebernahme und Prüfung der kürzlich neubeschafften Feuerspritze statt. Die Prüfung wurde durch Herrn Kreitfeuerwehroerbandsvorsitzendcn Reinhold - Mee rane, Hauptmann Lehmann-Meerane und Braud- üirektor Lademann - Lichtenstein abgenommen. DaS Resultat der Prüfung lautete „vorzüglich". Nach Beendigung der letzteren rückte die Freiw. Feuerwehr wieder ein. Da- neue Gerät stammt aus der Spritzenfabrik von Baldauf in Chemnitz und koste: rund 1400 Mark. — Braunsdorf, 14. April. Die am vergangenen Mittwoch auS der elterlichen Wohnung hier entwichenen beiden Mädchen Elsa Schimek und Ella Lauterwald haben sich wieder eingefunden. Sie ind auS Furcht vor Strafe zu ihrer Großmutter nach Burgstädt gelaufen, wo sie noch Mitternacht ganz ermattet eingetroffen sind. — Thalheim, 14. April. Auf dem Nobis- berge wurde ein ziemlicher Komplex deS 15jährigen Fichtenbestandes durch Feuer vernichtet, bezw. be- chädtgt. Zweifellos ist der Brand durch unoor- ichtige« Gebaren von Erwachsenen oder Kindern verursacht worden. — Meerane, 14. April. Beim Fußballspiel im Kötheler Grund brach sich der auS Crvtenlaide lammende hier wohnhafte Sattlerlehrltng Pohle -in Bein. Der Bedau-rnswette wurde mittels Sein einziges Gut. Roman von B. C o r o n h. Koten l „Ein Nervenanfall, den Du verschuldet hast", erwiderte Alexandra. „Dein leidenschaftlicher Trotz stiftet nur Unheil. Laß uns jetzt allein. Möchtest Du doch endlich glauben, daß mich bei allem, was ich tue und fage, nur die Sorge um Dich und Deine Mutter leitet." „Ich! habe zum letzten Mal versucht, mich ihr zu nähern", erwiderte Konstanze, deren Zähne auf einander schlugen. „Jetzt sehe ich es wohl ein, -aß ich Dir das Feld räumen muß und niemals zurückverlangen kann, was ich als Kind schon ver lor: die Liebe." Wie im Fieberfrost erschauernd schlich sie hin aus, während die Dombrowsky und Priska, welche auf ein Klingelzeichen schnell herbeigeeilt War, sich um die Erkrankte beschäftigten. Eine halbe Stunde später ineldete die Dienerin der jungen Baronin, Frau von Arnheim habe sich wieder erholt und bedürfe nur noch ungestörter Ruhe. Sie leide von Z>,ett zu Zeit an solchen Zufällen, cs gehe aber immer rasch wieder vorüber Der Freiherr vernahm die Nachricht von der bevorstehenden Abreise der beiden Dame nicht ohne innere Befriedigung. Ter Gedanke an die melan cholische Einsiedlerin, welche fast nie mehr ihre Gemächer verließ, hatte oft Peinliches für ihn ge habt. Es war ja auch unmöglich, ihr Leben freund licher zu gestalten, da sie jede wohlgemeinte An näherung mit unbeugsamem Starrsinn zurückwies und weder die Schönheiten der Natur noch die Erzeugnisse der Kunst zu schätzen wußte: zudem steigerte sich die zwischen Kowtanze und Alerandra herrschende Spannung von Tag zu Tag Tie Lage war wibklich unhaltbar geworden. Fräulein von Dombrowsky, die seit der Verheiratung ihrer Nichte Les Amtes als Repräsentantin enthoben war, nahm jetzt keinen Teil mehr an den geselligen j Vergnügungen lind überließ es der jungen Frau, ihre Gäste allein zu empfangen. Wie die Dinge standen, mußte endlich eine Trennung erfolgen. Gisbert beschloß, die Zukunft der Scheidenden zu sichern, als er jedoch diese Absicht gegen das alte Fräulein äußerle, wurde sein Anerbieten entschie den abgelehnt mit den Worten: „Ich und Olga haben so geringe Bedürfnisse, daß wir durchaus keiner Unterstützung benötigen. Ich besitze in Mos kau ein kleines Haus. Das bescheidene Vermögen, welches mir die Mutter hinterließ, betrachtete ich auch als Eigentum meiner Stiefschwester. Es reicht vollkommen für uns aus." Ein bestimmter Zeitpunkt war indes für die Uebersiedelung noch nicht festgesetzt. Es gab man cherlei zu ordnen, und Alexandra fuhr ost nach der Stadt, um dieses oder jenes zu besorgen. Wie in allen Dingen, so handelte sie auch, was An schaffungen betraf, ganz selbständig. Der Hochsommer prangte bereits in herrlich ster Schöne, als die Dombrowsky eines Morgens in das Frühstückszimmcr, wo Konstanze und Gis- bett an dem zierlich gedeckten Tische saßen, einirat und in ihrer gewöhnlichen, entschlossenen Weise er klärte: „Olgas Gesundheitszustand ist gegenwärtig so gut, daß wir unser Vorhaben nicht länger ver schieben wollen; aber da ich weiß, wieviel gerade bei ihr darauf ankommt, daß der erste Eindruck, den sie empfängt, ein freundlicher ist, so werde ich nach Moskau reisen, ihre Zimmer dort so einrich ten, wie es ihren Wünschen entspricht, und wieder zurückkehren und sie abholen. Das wird nicht all zuviel Zeit in Anspruch nehmen. Priska bleibt natürlich hier." Der Freiherr stimmte ihr bei. Frau von Ho henfels bemerkte jedoch: „Der Zeitpunkt ist schlecht gewählt Wir haben Einladungen zu einem großen Gartenfest ergehen lassen, und gerade diesmal wäre es mir lieb gewesen, wenn Du die ganze Anord nung etwas überwacht hättest " „Du wußtest ja meine Hülfe schon seit Mona ten zu entbehren und wirst Wohl auch bei dieser Gelegenheit ohne mich fettig werden. Fehlt es Dir doch nicht an einem trefflich geschulten Dienst personal", erwiderte Alexandra gleichmütig. „Ueb- rigcns, wann soll denn das Fest stattfinden?" „Am sechsten August." „Bis dahin bin ich wieder zurück. Es liegt keineswegs in meiner Absicht, lange fortzubleiben. Am achten treten wir dann unsere Reise nach Moskau an." Damit war die Sache erledigt. Ehe die Dom browsky in den Wagen stieg, im, zur Bahn zu fahren, ermahnte sie Priska, ja recht sorgsam über Fran von Arnheim zu wachen. „Hüte Dich vor jeder Nachlässigkeit", wiederholte sie mit dem Aus druck eiserner Strenge. „Ich mache Dich verant wortlich für alles, was unterdessen vorgeht. Du weißt wohl, daß ich Dir niemals verzeihen würde, wenn Du Dich des Vertrauens, welches ich Dir beweise, nicht würdig zeigen solltest." „Das werde ich!" beteuerte die Dienerin. „Das werde ich, so wahr mir Gott helfe!" „Ich verlasse mich fest auf Dich. Gegenwärtig ist ja alles vortrefflich, aber es rrttt oft eine plötz liche Aenderung ein." „Habe ich denn nicht immer treu gewacht?" „So glaube ich; aber in jener Nacht, wo der Zalvillon abbrannie, wurde ich zweifelhaft" „Ich will nicht selig werden, wenn . ." „Schon gut! — Gewissenhafte Dienste lohne ich Dkr durch eilt sorgenfreies Alter." Der Wagen rollte die Dorfstraße hinaus — Alexandra vermochte ihre Angelegenheiten doch nicht so schnell zu ordnen, wie sie gehofft hatte, meldete aber in einem kurzen, an die Baronin ge- rtcPelen Schreiben: sie würde am sechsten oder spä- cstcns siebenten August bestimmt eintreffen. Wenige Tage vor diesem Termin meinte die Dienerschaft zu bemerken, daß Frau von Arnheim wieder ein mal nicht schlafen könne. Die ganzen Nächte hin durch sah man Licht in ihrem Zimmer, und an! den zugezogenen Vorhängen glitten Schatten vor! übek, al« ob jemand auf und ab wandle. Priska, schien mürrischer als je. Ihre trüben Augen und ihre müde Haltung zeigten, daß sie ebenfalls der nötigen Ruhe entbehrte und stch erschöpft fühle. Die mehr aus Neugierde als aus Teilnahme an- geboicne Hülfe der Kammerzofe Jenny wurde aber entschieden 'und durchaus nicht freundlich abge lehnt. „Was die nur für Geheimnisse haben!" rief di« Beleidigte, als Priska weit genug entfernt war, rrm sie nicht mehr hören zu können. „Ich nietne immer, bei der Gnädigen ist« nicht richtig da oben", sagte einer der Bedienten, mit dem Finger auf die Stirn deutend. „M! So was darf man nicht laut werden lassen" warnte ein anderer, „Wenns ber Herrschaft zu Ohren käme, ging am Ende ein Donnerwetter nieder." „Wenn ich nur ein einziges Mal droben in die Zimmer dürft', oder wenigstens heimlich hin- etngucken!" seufzte Eva, das noch sehr junge Kü chenmädchen. „Schäme Dich, Du neugieriger Gelbschnabel!" verwies dir Köchin. „Guckst ohnedem schon zu viel in alle Töpfe und Schüsseln. Ich wollt', der Teu fel spräng einmal 'raus und Dir ins " „Herr Gott, Frau Nanette, da läuft einem ja eine Gänsehaut über!" rief die Erschrockene, sich schüttelnd. „Ich fürchi mich ohnedem. Habs alle weil gehört, daß in solchen alten Schlössern ein JrrgM umgeht." „In Deinem Kopf geht was um, aber kein Geist, sondern die leibhaftige Dummheit!" zürnte Nanette. „Jetzt vorwärts an die Arbeit!" Die alt« Köchin war schon sehr lange in des Freiherrn Diensten und deshalb gewissermaßen eine espektsperson. Daher widersprach man ihr nicht; ur Franz, der Bedienke, schlug auf den Tisch und sagte: „Wenn ich der Pttska vor ihrer Abreise noch was antun kann so tu ichs!" (Fortsetzung folgt.)
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