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sein, im Gegenteil — in Wiener Kreisen gilt die Kriegsgefahr als akut. Die geplante Aktion der Mächte in Belgrad gilt als g.es.ch e t te rt. Ls hat sich ein prinzipieller Wi derspruch in der Auffassung Oesterreichs und der Tripelallianz ergeben. Oesterreich verlang! eine endgültige und definitive Regelung der serbischen Frage, ivährend England und Frankreich eine augenblickliche Beilegung^oder Verkleisterung der serbischen Frage für den Moment als genügend er achten und erst der Zukunft die Austragung der Differenzen zwischen Oesterreich und Serbien über lassen wollen. Unter solchen Umständen erscheint es mehr als wahrscheinlich, daß der schon ange kündigte Schritt des Grafen Forgaksch in aller nächster Zeit erfolgen Wird, ohne eine neue, diplomatische Aktion anderer Mächte abzuwarten. Es wird in Wien als bedauerlich bezeichnet, daß die Mächte erst in so später, vielleicht zu später Stunde den vollen Ernst der Lage erkannt haben, La jetzt nur mehr eine radikale Umkehr der ser bischen Politik, die jedoch wenig wahrscheinlich ist, das Aeußerste abzuwenden vermag. In der gestrigen Sitzung des ungarischen A b g e o r L n c t e n b a u f e s erklärte der Mi nisterpräsident auf eine fozialistische Interpellation über die äußere Lage, in welcher zugleich der Kö nig gebeten werden sollte, sich für den Frieden zu verwenden: Wir haben unsere friedliche G/e- s i n n u n g bis zur ä u H e r st e n Grenze bekundet Wenn unsere Bemühungen scheitern und die Notwendigkeit uns auf das Schlachtfeld ruft, dann fordern wir, daß niemand, wo die Kraft der Nation mit ibrem ganzen Gewicht auftritt, deren Wirkung druch gegenteilige Erklärungen zu vermindern sich bemühe. (Lebhafter Beifall ) Der Ministerpräsident erklärte wMer, bull jetzt die letz ten tiarsuche llm Interesse des Friedens gemacht würden und teilte zum Schluß mit, daß er in den nächsten Tagen das Abgemdneienhaus über die auswärtige Lage näher unterrichten Werda. (Lebhafter Beifall.) Unterdsse» sheint sich auch in der ser- hischen H e u p i st a d t der Gegensatz zwi schen Milowan oitsch und Ziwkowitsch, dem fried licher g sonneiua Minister des Aeußern und dem krie iersswmKri zsminister, immer mehr zuzuspitzcn. Au,^,cl,^„d :u chte Milowanowitsch sich den öster reichischen Wünschen gefügig zeigen, dem tritt aber Zitvkowitsch entgegen, hinter dem Kronprinz Georg und die serbische Kriegspartei steht. Auch der Ju- stizminister macht neuerdings Opposition. Aus Bel grad wird nämlich gemeldet: Kriegsminister Ziw- kowitisch erklärte auf Befragen dem Ausschuß für Nattionalvertcidigung, daß die friedlichen Bestrebungen von Milowanowitsch keines falls einen Erfolg haben würden. Der blu tigste Krieg sei den Forderungen Oesterreichs vorzuziehen. Der Ausschuß für National- rerteidigung möge weiterhin Freiwillige anwerbcn, er sei der Unterstützung des Kriegsmimstcrinms sicher. Der Justtzministcr Ribarac nahm im Na- ttonalistenklub scharf Stellung gegen Milvwano- wttsch. Die Negierung habe sich nach den Be schlüssen der Skupschiina zu richten. Die Unsicher heit in Serbien wächst übrigens immer mehr. Räuberbanden tauchen überall auf. Viele wohl habende Serben verlassen das Land. Die Züge nach Bulgarien sich übersüllt. Vorstehende Mitteilung findet ihre Erklärung in den Ausführungen, die der serbische Minister- prästdenr in der Skupschtina machte. Er führte u. a. aus, nachdem er den bisherigen Notenwech sel besprochen: Alle Großmächte sind bestrebt, den Frieden zu erhalten. Und nachdem die Großmächte das europäische Gericht sind, ohne welches nichts beendet werden kann, hat sich Serbien mit aller Aufrichtigkeit jenen anvertraut. Heute ist gottlob der Glaube der Großmächte an die E r - Haltung des Friedens derart groß, daß sie den Wunsch äußern, Serbien möge seine Friedfertigkeit auch dadurch bezeigen, daß cs nicht zur Mobilisierung schreite, obwohl man davon spricht und es für zulässig betrachtet, daß Ocster- reich-Ungarn mobilisiere, und obwohl es den Anschein hat, daß Serbien das Recht hätte, auf diesen Schritt mit allen Maßnahmen zu antwor ten. Die Königliche Regierung, welche den neuen Schritt der Großmächte für die Ausgleichung der bestehenden Differenzen zwischen Serbien und Oester reich mit vollem Vertrauen ausnahm, konnte nicht umhin, diesen Wünschen nach Vertagung der Mobilisierung Rechnung zu tragen, und fand es für angemessen, ihnen zu entsprechen. Das sind die Gründe, welche die königliche Regierung bestimmten, in der Frage der Mobilisierung der art vorzugehen. Die Königliche Regierung hat begründete Hoffnung und den Glauben, daß ihre Disposition für den Frieden und ihre Sorge, den Wünschen der Großmächte zu entsprechen, bei diesen eine gerechte Würdigung finden und gute Früchte tragen werde. Wir wissen aber auch aus authen tischer Quelle, daß Oesterreich-Ungarn den Krieg nicht will, daß sich sogar die maßgebendste Stelle in Oesterreich-Ungarn für die Erhaltung des Frie dens einsetzte. Petersburg, 24, März. In russischen diplomatischen Kreisen wird die Lage nicht als hoffnungslos angesehen. Man findet, der Hauptmangel der letzten serbischen Note bestand darin, daß sie in schlechtem Französisch und wenig geschickt abgefaßt war. Wegen Sprachen- und Re daktionsfehlern führe man aber keine Kriege. Der Kronprinz von Serbien „regierungs müde". Das zwanzigjährige Königssöhnlein in Serbien, das seinem Vater und seinnn Volks durch s-in« dummen Kcrsjche schon manche schwere Stunde be- reitete, hat seinem unruhvollen Treiben die Krone aufgesetzt. Ein Telegramm meldet uns darüber: Belgrad, 25. März. In einer» Schreiben an den Ministerpräsidenten verzichtete der Kronprinz ans die Thronfolge infolge der Angriffe der serbische« Blätter Wege« de» Tod«» seines Dieners, «m die Regierung von der Rücksichtnahme auf seine Person zu entbinden. DaS Bürschchcn hat bekanntlich vor längerer Zett in einem seiner Wutanfälle seinen Diener er schossen und die serbische Presse setzte ihm darob kräftig zu. Der Verzicht auf die RegierungSfolg ist übrigens wahrscheinlich bedeutungslos: wie du Dinge heute liegen, werden die Serben in absehbare: Zeit Herrn Peter Karageorgiewitsch zum Teufel jagen und mit ihm werden sie auch sein hoffnungsvoller Söhnchen lot! Aus dem Reiche. Die Mittelmeerretse des Kaisers ist keineswegs aufgegeben worden, sondern findet trotz aller Dementis, vorausgesetzt natürlich, daß sich die politische Lage nicht doch noch verschlim mern sollte, an dem ursprünglich dafür in Aussicht genommenen Termin statt. Sie nimmt ihren Aus weg von Venedig, wohin sich das Kaiserpaar aus dem Landwege begibt. Ani Dienstag Hal auf telegraphischen Befehl aus Berlin hin die Kaiser jacht „Hohenzollern", die seit dem 18. Mürz fahrt- bereit im Kieler Kriegshafcn lag, durch den Kai- ser-Wilhclms-Kanal die damals verschobene Aus reise nach Venedig angetreten; auf der zwölftätigen Fahrt wird als Zwischenstation nur Gibraltar zum Bunkern angelausen. Das Depeschenbool „Slcipner", das unterwegs Dartmouth, Vigo, Car tagena und Palermo anläuft, ist bereits vorausgc- dampft, und der zum Begleitschiff der „Hohenzol- lern" bestimmte kleine Kreuzer „Hamburg", der wie jene nur in Gibraliar die Fahri unterbricht, folgte am Mittwoch abend. Am 13. April hat das Kai sergeschwader in Venedig zur Verfügung des Kai- serpaarcs zu stehen, das sich an Bord der „Hohen- zollern" zunächst zu längerem Aufenthalt nach Korfu begibt; auf der sich an diesen anschließenden Mit- tclmecrfahrt soll unter anderen Orten auch Messina besucht werden. Der bereits gestern gemeldet« Un fall der „Hohenzollern" hat keine fchlimmkren Fol gen gehabt. Ueber et« «eues Steuer kompromtß, vom Abg Frhrn v Gamp in Vorschlag gebracht, wird berichtet: Es sollen zu den von der Regie rung geforderten 500 Millionen nur 50 Millionen durch direkte Reichssteuern beigetragen werden, nämlich durch Erhöhung derReichs- erbschaftssteuer mit Hineinziehung der Kinder, nicht der Ehegatten. Die übrigen 450 Millionen sollen bestehen aus 100 Millionen Brau- steucr, 100 Millionen Branntweinsteuer; nur 50 Millionen mehr soll der Tabak bringen, ferner 50 Millionen durch Einführung eines Reichsdersiche- rungkmonopols oder aber einer Lebensversiche rungspolicensteuer, 25 Millionen Matrikularbei- träge, wie in der Regierungsvorlage, 35 Millionen Verzicht auf die von der Regierung geplante Her absetzung der Zuckersteuer, 15 Millionen aus einer Zündholzsteuer, 50 Millionen aus der Erhöhung des Zolls auf Kaffee oder Tee und 25 Millionen durch Weitererhebung der Fahrkartenfsteuer und ihre Ausdehnung auf die 4. Klasse. Landespoltzeiltcher Schutz der dentschen Küstengebiete gege« Spionage. Auf Anordnung des preußischen Ministers des Innern und der Finanzen sind sämtliche mit der G. r e n z b e w a ch u n g an den Küsten der Pro vinz S ch l e s w rg - H o l st e i n betrauten Zollbeamten der Oberzolldirektion Altona zu Hilfs beamten der Landespolizei im Regierungsbezirk Schleswig ^>m Schutz der deutschen Küstengebiete vor Kundschaftern bestellt worden. Diese Beamten haben die Befugnis und die Verpflichtung, alle Personen, die sich durch photographische Ausnah nahmen, Messungen und dergl. der Spionage ver dächtig machen, vorläufig scstzunchmcn und sofort der nächsten Örispolizei oder Militärbehörde vor- zusühren. Keppeln» München Fahrt. Die Fernfahrt des Lufischisfcs „Zep pelin 1" von Friedrichshafen nach Münche n wird erst Ende dieser Woche zustande kommen und zwar voraussichtlich mit völlig neuer Füllung. Die alte Füllung soll am heutigen Donnerstag auf einer llcbungsfahrt, die als Hochfahrt gedacht ist, ausgenutzt werden. Wie in Friedrichshafen verlautet, soll die Fernfahrt auf direkte Veranlas sung des Prinzregenten von Bayern stattfinden. Auch wird bestätigt, daß eine Landung bei Mün chen beabsichtigt ist. Am Mittwoch haben keine Fahrten ftattgefundcn. Wie man hört will der Großherzog von Oldenburg, der zurzeit zum Be suche seiner leidenden Gemahlin in Konstanz weilt, am Donnerstag die Werft von Manzell besuchen. Wie aus Berlin berichtet wird, würden in den letzten Tagen auf dem Gelände des Luflschßsfcr- bataillons in Tegel zwei transpor table Hallen, eine für Fesselballons, die zweite für lenkbare Luftschiffe errichtet. Die Hallen sind der „B. Z. am Mittag" zufolge von denkbar einfachster Konstruktion und wurden von einer Augsburger Firma ausgeführt. Die Hallen wurden von Vertretern des Kriegsministeriums einer Be sichtigung unterzogen. ffür das Bismarck Rationaldenkmal auf der ElifeNhöhe bei Binger brück sind in der Zeit vom t. November 1908 bis 28. Februar 1909 bei den verschiedenen Sam melstellen im ganzen 202 482 Mark 25 Pfg. ein gegangen. FürGrundstückscrwcrb hat die Gemeinde Bingerbrück 42 000 Njark, die Siadt Bingen 20000 Mark bewilligt. Aus -sm Ausland«. Die italienische Thronrede. In der Thronrede des Königs Viktor Emanuel zu'r Eröffnung des Parlaments heißt cs u. a.: Die Zerstörungswut der Natur, ungeheuer und entsetzlich, wie nie zuvor, schlug dem Herzen des Vaterlandes die grausamste Wunde, indem sie zwei der angesehensten und schönsten Städte, auf die Italien stolz war, der Erde gletchmachte und ganze Landschaften mit Trümmern bedeckte und in Trauer versetzte. Als leuchtendes Beispiel menschlicher Solidarität haben alle zivilisierten Völker an unserem Unglück teil- genommen, uns die Hilfe ihrer Söhne angeboten, den Ueberlebenden die grüßte Sorgfalt gewidmet und uns mit freundschaftlicher Sympathie gestärkt, so daß der Schmerz Italiens der Schmerz Euro pas zu sein schien und auch in Wahrheit war. Das Gefühl der Dankbarkeit, die ich der ganzen Welt zum Ausdruck bringe, möge unseren Beschluß bekräftigen, daß Messina und Reggio Wiederer stehen zu einer ihrer glorreichen Vergangenheit würdigen Zukunft. Die Thronrede spricht dann von den Aufgaben der inneren Politik. Der be sonderen Beachtung des Parlaments empfiehlt sie eine ruhige und auf die nationale Schlagfertigkeit gerichtete Entwickelung von Armee und Marine. Die Thronrede gedenkt sodann der Beihilfe, welche Italien der Aufrechterhaltung des Friedens gelei stet hat und fährt fort: Diese Beihilfe wird auch stets erhalten bleiben und noch größer werden. Italien, welches die unschätzbare» Wohltaten des Friedens genießt, empfindet das Gefühl der Ver antwortlichkeit tief, welches auf jedem zivilisierten Volke hinsichtlich der Bewahrung des Friedens ruht. Italien welches ständig treu an seinen Bündnissen festhält, die sich als wesentlicher Faktor des europäischen Gleichge wichts erwiesen haben und das aufrichtig und herzlich in seinen Freundschaften mit anderen Na tionen ist, kann Wohl behaupten, beigetragen zu haben zur Sicherung der internationalen Eintracht. Diesem Entschlusse bleibt auch Italien für die Zu kunft treu. Angesichts dieses versöhnlichen Geistes, welcher heute alle Staaten bkseelt, sind einige schwierige Fragen aus der Balkanhalbin- sel der friedlichen Lösung enigcgengeführt wor den, und ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß dies ersehnte Einvernehmen auch für andere Fragen, die noch in der Schwebe sind, rasch ge troffen werden könne. Sprecht veutfch! Aus Newyork wird eine bemerkenswerte Acuße- rung berichtet, die Herr James Bryce, der englische B o t s ch a f t er in Washington, zu Milwaukee, einem der Hauptsitze desnordamerita- nischcn Deutschtums, gegenüber einer deutschen Ver sammlung geran hat. Er rief seinen Zuhörern zu: „Sprecht deutsch und erhaltet Euren Kindern die Segnungen der deutschen Erziehung. Es ist ein großer Vorteil im Leben, wenn man mehr als eine Sprache beherrscht, zumal wenn die zweite Sprache eine ist, die soviel gesprochen wird und eine so reiche und herrliche Literatur besitzt wie die deutsche." Der Newyorker „Vorkämpfer" knüpft bicran die Mitteilung, daß Bryce auf deutschen Umvcrßtäten studiert habe, und hält seine Aeutze- rung den deutschamerikanischen Landsleuten, die i« ibrem Unverstand ihre herrliche Muttersprache weg geworfen haben, als beschämende Mahnung vor. Nach Beendigung des Post- und Tele graphenstreiks erläßt das bisherige Streikkomitee in Pari S durch Mauerawchlag eine Danksagung an die B c v ö l k e r u ng (!) für die den Streikenden cntgcgcngebrachten Sympathien. Ferner versprechen die Unterzeichner des Ausrufs, durch erhöhten Diensteifer würden sich die Angestellten bemühe», die Achtung des Publikums zu verdienen. Schließ lich besagt das Manifest: „Wir erkennen Simyan nicht mehr als Chef an. Wir besitzen das Ver sprechen, daß er von seiner verderblichen Tätigkeit zurücktrete» wird." In der Provinz wurde der Befehl des Strcitausschufses zur Wiederaufnahme der Arbeit mit Enthusiasmus begrüßt, ausgenom men in Bordeaux, wo die Haltung der Ausstän digen »och schwankend ist. In Cambrai »»d Fre- micourt käme» gestern »och Bescl-ädigungcn von Telegraphenleiiungeii und Angriffe auf die die Li- Sri« einziges Gut Roman von B. L o r o n y. 31j (Nachdruck verboten.) „Hans, mach Dich und uns nicht noch un- glücklicher!" ries die Mutter, indem sie sich ihm entgegenwars und die Arme abwehrend ausstrcckte. Da gewann er die verlorene Selbstbeherrschung wieder, schleuderte den Stuhl hinweg, daß er dröhnend zu Boden fiel, und fragte mit heiserer Stimme: „Was will man von mir'? Was hat die Polizei in meinem Hause zu tun?" „Sie stehen unter dem dringcndcii Verdacht der Brandstiftung und müssen uns folgen!" erwiderte der Gemeindevorsteher, der mit den Polizisten er schienen war und sich eifrig bemühte, die Ordnung aufrecht zu halten. „Wer kann mich auklagen?" „Sie sind heute Nacht beobachtet worden, als Sie, kurz bevor das Feuer ausbrach, eure Leiter an die Mauer Ihres Gartens lehnten und Hinauf stiegen, offenbar in der Absicht, auf Liefe Weife in den Park zu gelangen." „Wer will das gesehen haben?" „Die Kräuterliesc-!" Rainer brach i» ei» wildes, hohnvolles Ge lächter aus. „Und auf das Zeugnis dieser alten berüchtigten Waldhexe hin verhaftet man eine» »n- bescholtencu Mann?" „Sie wollen vermutlich ihre Aussage für eine Lüge erklären?" „Keineswegs. Auf der Leiter stand ich, aber nur, weil ich »ach meinen, Knecht Rupert aussah, der so lange nicht hcimkam. Als ich ihn weit und breit nicht erblickte, ging ich ins Haus und weiß nicht, was weiter im Park drüben geschah." „Diese Einwände werden Sie ja bei dem Kreis- gerichi in G. . . . geltend machen können. Dort hin mutz ich Sie einliefern lassen. Folgen Sie uns jetzt lieber gutwillig, um noch größeres Auf- I sehen zu vermeide». Ich habe einen Wagen mit- I gebracht, und Sie können de» Edelhof durch die Hintertür verlassen, denn die ganze Einwohnerschaft ist in höchster Aufregung." „O, das feige, erbärmliche Volk!" knirschte Rainer. „Welcher Eifer und Jubel, weil» es gilt, die Ehre des Nächsten zu beschimpfen! Sie sind es nicht wert, daß inan sie mit dem Fuß aus dem Wege stößt!" „Vorwärts, vorwärts!" drängten die Polizisten. „Geh mit Gott, Hans! Du bM unschuldig aiigeklagt und wirst Dich rechtfertigen, das hoffe ich ziivcisichtlich. Der Himmel kann Dich ja nicht so furchtbar verlassen haben", sagte die alte Frau, ihm die Hand reichend. „Der Segen und die Ge bete Deiner Mutter begleiten Dich." Er wandte sich zu Hildegard. Diese war neben dem Sofa niedergesunken und hatte das Antlitz in die Kissen gedrückt. Der ganze zarte Körper bebte. Rainer legte de» Arni iim die leichte Gestalt und hob sie empor. Mit halb strengem, halb zärtlichem Ausdruck sah er in das blasse Gesichtchen und die überströmende» Augen und fragte: „Glaubst Du dem Gejohkc da nnteit?" Schmerz und Zorn stritten in seiner Stimme. „Vater, lieber Vater", schluchzte sie, „meine Liebe soll Dir niemals fehlen!" Er befreite sich fast heftig aus ihren umschlin genden Armen und stürzte aus dem Zimmer, ge folgt von dem Gemeindevorsteher rind den Poli zisten. „Habe Mut, Kind", sagte die alte Frau zu ihrer Enkelin. Hildegard sah zu ihr auf mit einem Blick voll hoffnungslosen Jammers: „O, daß ich tot wäre, daß ich auf dem Friedhof draußen bei der Mutter läge!" klang cs leisc und gebrochen von ihren Lippen. — Scho» am »ächste» Tage ließ der Untersuch ungsrichter in G . . . Hans Rainer zu einem ersten Verhör vorführcn. „Sie stehen unter der Anklage, ein schweres Verbrechen verübt zu haben. Bekennen Sic sich desselben schuldig?" begann er. „Nein!" wurde kurz und entschiede» erwidert. „Es liegen sehr dringende Verdachtsgründe gegen Sie vor und die Zeugenaussagen lauten äußerst ungünstig. Es wäre besser, wenn Sie ein offenes Geständnis ablcgcu und zugleich die Beweggründe zu dieser Tat anführen wollten " „Ich habe das Feuer nicht angelegt und mit hin nichts zu gestehen." „Seit langen Jahren schon sind Sie dem Frei herrn Gisbert von Hohenfels feindlich gesinnt. Tas wird von vielen Personen bestätigt." „Ich gab mir niemals Mühe, es zu leugnen." i „Im Gegenteil. Sie sprachen sich in dieser. Hinsicht ganz offen aus, und zwar an öffentlichen: Orten. Wiederholt fallen Sie Ihren Unwillen über de» Bau des Pavillons geäußert haben: „Ich wollte, der Blitz führe hernieder und zer-f schmetterte das unnütze Ding." „Das habe ich getan. Der Erwerb des Lan-> des wäre für mich von höchster Wichtigkeit ge wesen, während es sich für de» Freiherrn nur um Befriedigung einer Laune handelte. Daß ich über boten wurde, mutzte mich reizen und erzürnen, um o mehr, als ich nicht zweifle, daß es Hauptfach-j ich in der Absicht geschah, meine Pläne zu durch kreuzen." ! „Sie Ware» früher Hauptmann der freiwilligen Feuerwehr und zeigten bei dieser Gelegenheit viel Mut und Geschicklichkeit. Warum legten Sie das Amt nieder?" „Weil cs immer zu Reibereien zwischen mir und den ander» kam." „Das beweist Ihre Uiwerträglichkeit." : Rainer schwieg, und der Untersuchungsrichter fuhr sort: „Weshalb beteiligten Sie sich nicht an, den Bemühungen, den Brand zu löschen?" : „Weil ich sah, daß überhaupt nichts mehr zu freite» War, u»d deshalb alles aufbicten mußte, um de» Edelhos zu schützen." „Die zwischen Ihne» und Herr» von Hohen fels bestehende Feindschaft ist übrigens schon alten Daiums, Teilen Sic mir das Nähere über die Gründe derselben mit." „Das gehört nicht hierher!" fuhr Rainer hef tig aus. „Es handelt sich da um Zwistigkeiten, die f mv Familienvcrhältnisse betreffen. Darüber werde sich kein Wort verlieren." „Ich verlange aber jetzt entschieden, daß Si« meine Fragen beantworten. Sie sollen sich in letzter Zeit in besonders aufgeregter Stimmung befunden haben." „Das ist möglich. Es kam vieles zusammen, was mich verdroß und besorgt machte." „Gestern, während alles im Edelhof und in> Schlosse schlief, hielten Sie sich »och allein in Ihren, Garten auf," „Das stand mir doch wohl frei." „Der schroffe Ton, de» sie »»schlagen, gereicht Ihnen nicht znm Vorteil. Sie gelte» überhaupt für eilten sehr jähzornigen und rachsüchtigen Men schen." „Den Leuten »ach dem Munde zu reden, hab« ich allerdings nie verstanden und ebensowenig ein Hehl daraus gemacht, wenn mir jemand in der Seele zuwider war. Auch daß ich ein gutes Ge dächtnis für Beleidigungen besitze und nicht zu denen gehöre, die ihre Feinde segnen, will ich zu- gcbcn. Ich finde cs ganz in Ordnung, sich für erfahrene Unbilden zu rächen, wenn es mit offe nem Visier geschehen kann, aber eine im Finstern schleichende Tat würde ich niemals begehen. Da zu steht mir meine Ehre zu hoch. Ich basse den Freiherrn, doch zum Schurken werde ich nicht um seinetwillen." (Fortsetzung folgt.)