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Amtsblatt. Nr. 13. Sonntag, den 17. Januar 1909. 2. Beilage. Sächsischer Landtag Zweite Kammer. Dresden, 15. Januar. Aus der heutigen Tagesordnung stand zum wiederholten Male das Wassergesetz. Auch dieses Gesetz wird vom Abg. Dr. Kühlmorge n-Blasewitz (Kons.) als Berichterstatter vertreten. Die Deputation hat nur in wenigen Punkten vermocht sich den grund sätzlich abweichenden Anschauungen der Ersten Kammer anzuschließen und bleibt in den grundlegenden Punkten vor allem hinsichtlich des Genossenschastsprinzips a u f ihrem Standpunkt bestehen. Die Erste Kammer hatte 'sich selbst nicht der sogenannten authentischen Regierungserklärung hinsichtlich der privaten Wasserrechte angeschlossen, die inzwischen zu einer wissenschaftlichen Darlegung zusammenge- schrumpst ist, vielmehr beschlossen, die Siaatsregie- rung zu ersuchen, so bald cs ausführbar erscheint, eine gesetzliche Auszählung der öffentlichen Gewäs ser in Sachsen und eine Kodifikation des Privat wasserrechts zu bewirken. Abg. Edler von Querfurth -Schön heiderhammer (kons.) bemerkt in der Debatte dar über, daß diese authentische Erklärung zu einer wissenschaftlichen Darlegung zusammengeschrumpft sei, deren Berschwinden er keine Träne nachweine. Dabei wünsche er, ebenso wie die Erste Kammer, eine gesetzliche Aufzählung der öffentlichen Gewäs ser in Sachsen, welche Forderung die Gesetzgeb ungsdeputation jedoch abzulchnen bat. Vizepräsident Dr. Schill-Leipzig (natl.) teilt die Ansichten des Vorredners, bittet aber dringend, in dem Vereinigungsverfahren eine Ver ständigung niit der Ersten Kammer herbeizusüh- rcn, an deren Adresse übrigens sein Appell auch gerichtet ist. Wenn das Gesetz scheitere, dann sei aus lange Zett jede Aussicht auf Ordnung der sächsischen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse ge schwunden und eine Summe von Arbeit und Mü hen und ein großer Aufwand von Kosten rrmsonst gebracht. Der Hauptwert des Gesetzes liege darin, daß die polizeiliche Willkür durch bestimmte Vor schriften gebunden wäre. Abg. Hettne r-Dresden (natl.) betont, die Deputation fürchte, daß eine gesetzliche Auszählung der öffentlichen Gelvässer mit große» Schwierig keiten verbunden sein würde. Vizepräsident O P i tz-Treueu (Ions.): Die Deputation hegte auch die Befürchtung, es könne seitens der Regierung auch aus den vollen Oef- fentlichkeirsgrundsatz zurückgcgriffen werden. Eine Sachverständigcnkonfcrenz hat erklärt, es sei ver fehlt, ein Privateigentmn des Staates an öffent lichen Flüssen anzuerkennen und den Bestrebungen nach Verstaatlichung der privaten Flußläufe dürfe nicht entsprochen werden. Die Förderung der was serrechtlichen Fragen muß endlich aus dem Sta dium der theoretischen in das der praktischen Er örterung treten und das Gesetz baldmöglichst ver abschiedet werden. Der Antrag von Quersurch wird hierauf ein stimmig angenommen. Bei 81, Privatrecht, beantragt Abg. Dr. R i e t h a m m e r-Waldheim (natl.) folgende Abänderung: „Privatrechte an den flie ßenden Gewässern werden durch die Borschriften dieses Gesetzes nicht berührt; insbesondere bleiben die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Wasserbenutzungsrechte, soweit sie nicht in die Rechte anderer eingreifen, als Privatrechte aufrecht erhalten." Es müßten, so führt der An tragsteller aus, gegenüber dem staatlichen Interesse die Privatrechte nach Möglichkeit gewahrt und es müßte erwartet werden, daß die Regierung nicht auf ihre ursprüngliche Auffassung zurückgreife, wo nach es ein bloßer Zufall sei, wenn ein Grund stücksbesitz am Wasser liege. Man müsse Prozesse möglich vermeiden. Man wisse nachdem Entwürfe nicht recht, wer eigentlich zu entscheiden hat, die Verwaltungsbehörden oder die öffentlichen Ge richte. Vizepräsident Dr. Schill -Leipzig (natl.) erwidert: Privairechte werden allerdings durch das Gesetz berührt, aber in keiner Weise alteriert. Nie mand denkt daran, die bestehenden Privatrechte cinzuschränkcn, aber sic sind selbst in der Theorie durchaus nicht unbestritten. Der Wert unseres Antrages liegt gerade darin, daß die Regierung künftig die bestehenden Privatrechte kodifizieren soll, um den fortwährenden zivilrechtlichen Strei tigkeiten endlich ein Ende zu machen, lieber die Ausübung des Gesetzes haben in der Regel die Verwaltungsbehörden zu entscheiden, der Rechts weg wird in den ausdrücklich bezeichneten Fällen beschritten. Streitigkeiten über Privatrechte gehören zweisellos nach wie vor vor die Gerichte. Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. Schel - cher erklärt, die Regierung könne dem Anträge Niethammer nicht zustimmcn. Das Eingreifen in die Privatrechte durch das Gesetz sei ausdrücklich abgelehnt worden. Abg. H e t t n e r-Dresden (natl.) spricht sich gegen den Anlrag Dr. Niethammer aus. Vizepräsident O p i tz-Treuen (kons.) gibt dem Anträge sachlich recht und bedauert, daß diese Anregung nicht schon früher ergangen ist. Es müsse aber in Verbindung damit eine ganze Reihe neuer Paragraphen eingestellt werden. Präsident Dr. Mehnert: In dem gegen wärtigen Stadium der Verhandlungen kann es sich nur darum handeln, ob wir bei unseren Beschlüs sen stehen bleiben oder denen der anderen Kammer beitrcten. Deshalb sind Abändcningsanträge nicht mehr zulässig. Der Anlrag kann deshalb nicht zur Abstimmung gebracht werden. Abg. Niethammer zieht in Anerkennung der Gründe des Präsidiums seinen Antrag nun mehr zurück. 8 3 wird in der folgenden, in der Ersten Kammer beschlossenen Fassung angenommen: „Pri- vatrechie und besondere Benutzungsrechte an den fließenden Gewässern werden durch die Vorschrif ten dieses Gesetzes nicht berührt. Ihre Aus übung ist aber den Beschränkungen unterworfen, die sich aus diesem Gesetze ergeben." Eine weitere Debatte erhebt sich zu 8 63 und folgende, in denen es sich um die Streitfrage, ob Gcnosscnschaftsprtnzip oder Gemeindeprinzip dreht. Geh. Justtzrat Dr. Grützmann empfiehlt einen Vermittelungsvorschlag des Justizmini steriums, einstweilen das Gemeindeprinzip anzu wenden, bis die Genossenschaften gebildet sind. Diese Uebergangszeit werde durch den Vermitte lungsvorschlag nicht um eine Minute verlängert. Von einer Hinausschiebung der Genossenschafls- bildung auf unabsehbare Zeit könne nicht die Rede sein. Abg. Edler von Querfurt H-Schön- heiderhammer (kons.) bekämpft diesen Vermitt lungsvorschlag. Abg. Hähnel -Kuppritz (kons.) knüpft an eine weitere Bemerkung des Geheimrats Dr. Schel- cher, es könnten 10 Jahre vergehen, an und ver langt von der Uebergangsbestimmungen den Cha rakter, daß eine Verschleppung der Zwangsgenos senschastsbildung ausgeschlossen ist. Abg. Merkel -Mylau (natl.) erklärte, die große Mehrzahl seiner Freunde werde auf keinen Fall einer Uebergangszeit von 10 Jahren zu- sttnunen. Für mehr als 2 Jahre seien sie nicht zu haben. Abg. G r e u-l i ch-Gröba (kons.) stellt sich auf den gleichen Standpunkt. Ministerialdirektor Geh. Rat Dr,. Schel - cher gibt zu bedenken daß die Regelung der Be- sitzverhälinisse, der technischen Fragen, der Bei tragsverteilung, die Abhörung der Sachverstän digen, die Erledigung von Rekursen lange Zeit in Anspruch nehmen werden. Zehn Jahre seien der äußerste Termin. Eine Zusage aus eine kurze Spanne Zeit könne er jedoch nicht geben. Abg. Merkel -Mylau (natl.) wiederholt, die Selbstverwaltung müsse so bald wie möglich durch- gesührt werden. Im großen und ganzen seien die Genossenschaften schon in der Bildung begrif- fen. Die Ausbringung der Kosten werde bei den Gemeinden genau so schwer fallen wie bei den Genossenschaften. Nachdem noch die Abgg. Greulich -Gröba (kons.) und Gleisberg -Grimma (natl.) zur Sache gesprochen und für eine möglichste Beschleu nigung der Zwangsgenossenschaften eingetreten, endet die Debatte. Die Kammer beschließt einstimmig, in Anführung der 8 8 63 bis 7^1 b e i i h r e n Be- s ch l ü s s e n vom 2. Juni 1908 st e h e n zu bleiben. Das Genossenschastsprinzip wird also voll aufrecht erhallen. Zu den in den weiteren Bestimmungen fol genden abweichenden Beschlüssen beharrt die Kammer gleichfalls auf ihrem abweichenden Standpunkt. Die Vorschriften des Gesetzes sollen mit dem 1. Januar 1910 in Kraft treten. Der Präsident teilt noch mit, daß für das Vereinigungsverfahren Sonnabend, der 23. Januar, in Aussicht genommen ist. Nächste Sitzung: Montag mittag 2 Uhr. Ta gesordnung: Antrag Opitz betreffs Stellungnahme zu den Vorgängen an der Universität Lausanne. Veräußerung der Hofgärten. Eisenbahnpetiiionen von Hermsdorf Rehefeld. Sonstige Petitionen. Nach der Erdbeben- Katastrophe. Wie aus dem zerstörten Palmi gemeldet wird, herrscht dort große Not unter den Ueber- lebenden. Der Gemeinderat von Palmi hielt gestern unter freiem Himmel eine Sitzung ab, in welcher eine Resolution angenommen wurde, sofort ein Tele gramm an den König und den Ministerpräsidenten Giolitti zu senden, in welchem Klage erhoben wird wegen des Fehlens jeder Unter st ützung an die Bevölkerung von Palmi. Kriegsminister Casana ist in Messina cin- getroffen. Er hatte eine Besprechung mit General Nazza und besichtigt; zahlreiche SanitätSstalionen und die Barackenbauten. Die Arbeiten zur Errichtung eines provisorischen Hospitals haben be- gönnen. Ein vom Deutschen Hilfskomitee beauftragter deutscher Architekt ist hier eingetroffen, um den Bau von Baracken für die notleidenden Ueberlebenden zu leiten. Der Bau des deutschen Baracke ndorfeS bei Palermo, zu dem Kaiser Wilhelm das Ma terial geschenkt hat und das 5000 der sizilianischen Flüchtlinge ein Unterkommen bieten wird, ist im vollen Gange; Wasserleitungen, Kanalisation und elektrisches Licht werden eiligst gelegt. Das Terrain wird geebnet, so daß die am 17. Januar ankommen den Baracken in wenigen Tagen ausgestellt werden können. Das Schiff bringt Sachen im Werte von etwa 300000 Mk. aus Deutschland mit, namentlich viel Wäsche, Kleider, Schuhe, Decken, Matratzen. Eß- zeschirre und große Mengen von Konserven und Reis. Außerdem find viele hundert Pakete mit Spenden Privater aus Deutschland unterwegs. Die Bewohner werden vollständig eingekleidet und acht Tage auf Kosten des Kaisers verpflegt. Dann über- nimmt da? Hilfskomitee die Baracken, welche wohl dauernd stehen bleiben werden. Die Bewohner sollen Gesunde und Ungesunde, namentlich Frauen und Kinder sein, deren Unterbringung besonders schwierig ist. AuS Mailand kommt abermals eine Un- qlückskunde: An den Ufern des Jseo-SeeS er- wlgte ein neuer Erdrutsch. 70 Meter Straße kürzten ins Wasser. Viele gefährdete Häuser mußten geräumt werden. Gerichtliches. München, 15, Jan. Inder BerufungS- nstanz wurde heute der Redakteur Martin Nruber wegen Beleidigung des Reichs kommissars Dr. Karl Peters zu 400 Mk. Geld- träfe, eo. 40 Tagen Gefängnis und Tragung von neun Zehntel Kosten beider Verfahren verurteilt. Karl PeterS ist schuldig eines Vergehens der Be- leid'gung, wird aber freigesprochen. Vom Schöffen gericht war Gruber zu 500 Mk. Geldstrafe ver urteilt worden. K-ndet und Gewerbe. Breme«, 1S Januar UpIanL middling loko 47'/, Pf. Ruhig. Sturmflut. Ei« Roman aus geweihten Landen. Von Erich Friesen. 18. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Wieder umspielt Frau Mirjams Lippcn jenes sonnige Lächeln. „Hältst Du Deine Mutter für so leichtsinnig, daß sie mit ihren Töchtern in die weite Welt hin auszieht, ohne zu wissen, woher das tägliche Brot nehmen?" scherzt sie. „Gewiß nicht, Muttcr. Aber —" Frau Mirjam blickt prüfend in das Gefickt ihrer ältesten Tochter. Daun sagt sie ernst: „Ich sehe, Du machst Dir Sorgen, Irmgard. Das ist vollständig unnötig, denn —" sie zögert einige Augenblicke, um dann lebhaft fortzufahrcn — „denn Tante Sigrid hat uns eine kleine Summe zur Verfügung gestellt." „Taute — Sigrid?" Gerhilde, die sich bis dahin nicht an dem Gespräch beteiligt, und voll Interesse die ttefroten Anemonen am Wege betrachtet hat, nist es voll lebhaften Erstaunens. Und auch Irmgard wiederholt verwundert: „Tante Sigrid? . . . Die Schwester des Va ters, die uns Kinder damals —" sie stockt — „do mals, vor vielen Jahren nach ihrer nordischen Heimat mitnahm?" „Und die seitdem nie wieder etwas von sich hören ließ!" fügt Gerhilde rasch hinzu. Frau Mirjam nickt schweigend. Und Gerhilde ergeht sich sofort in Selbstvor würfen, daß sie der Tante Sigrid im stillen ost gegrollt habe, weil sie sich um ihre seinen Ver wandten so gar ntcht künrmcrte. Und weiter rumpelt der Wagen — bergauf! , . . bergab . . . und wieder bergauf ... ' Manchmal guckt da hinten vom fernen Oelberg her der alles überragende schlanke „Russentunn" über ein grausandiges Gebirgsjoch herüber. Dann wieder todcstraurige Einsamkeit. Grauenvolle Oedc. Am staubigen Wegrand tagen; russische Pil ger. Nachzügler einer vom Jordan zurückkehren- dcu Karawane, beladen mit dickbauchigen Blech büchsen voll Jordanwasscr, bewaffnet mit über- mannshohem Schilf und erfüllt von dem erheben den Bewußtsein, im heiligen Fluß gebadet zu haben. Manchmal steigt die holperige Straße so mäch tig aufwärts, daß die dampfenden Pferde schnau fen. Langsamer rollt der schwankende Wagen. Ein kräftiger Peitschenhieb des weißbeturban- ten Kutschers — und mit erneuten Kräften geht cs wieder vorwärts — in erschlaffender Luft, unter glühend hcrabbrenuenden Sonnenstrahlen. Jetzt steigt aus Staubgewölk ein trotziges, mit Schießscharten versehenes Gemäuer empor — die sogenannte „Herberge des barmherzigen Sa mariters". Eine stumme Frage des arabischen Kutschers — ein ebenso stummes Nicken Frau Mirjams — cs wird Halt gemacht. Drinnen in dem offenen Viereck der dicken Mauern ein buntes Gewimmel von allerhand Touristen, Hcrumschwadronieren in einem halben Dutzend verschiedener Sprachen. Ehe Frau Mirjam sich mit ihren Töchtern an einem der grobgezimmerten Tische niedertäßt, späht sie erst eifrig umher, ob kein Bekannter unier den Anwesenden ist. Dann erst bestellt sie eine Flasche rubinroten Jarona-Wein zur Stärkung. Die bleiche schöne Frau in Trauer mit ihren beiden hochgewachscnen jugendfrischen Töchtern er regt allgemeines Aufsehen. Um den vielen auf sie gerichteten Blicken zu entgehen, verläßt sie rasch wieder die Herberge. Und weiter geht die Fahrt . . . Jede der drei Frauen, die in dem wackeligen Gefährte hin und her schwanken, hängt ihren Ge danken nach, die so verschieden sind, wie ihre Charaktere . , . Gerhilde genießt in vollen Zügen die unge wohnte Abwechselung, selbst wenn sie mit Stra pazen verbunden ist. An die Zukunft denkt sie nur soweit, als dieselbe mit dem Geliebten in Verbindung steht. Wo sie bis zu ihrer Bereinig ung mit Rolf lebt, ob in Jerusalem oder Jericho oder sonstwo, ist ihr gleichgültig . . , Die skeptischer veranlagte Irmgard dagegen begreift es noch immer nicht, daß die strenge Tante Sigrid, nachdem sie jahrelang nichts von sich hören ließ, jetzt plötzlich nach dem Tode ihres Bruders sich um dessen hinicrlassene Familie ge kümmert haben soll. Sie kann eine gewisse Angst vor der Zukunft nicht los werden, obgleich (sie sich nach Kräften bemüht, heiter zu erscheinen . . . Und Frau Mirjam? Je höher die Sonne am Himmel steigt, je mehr der Wagen sich seinem Ziele nähert — rim so erregter wird sie. Aber es ist eine freudige Erregung. Das beweist die beständig zunehmende Röte ihrer Wangen, der fieberhafte Glanz ihrer Augen, das erwartungsvolle Lächeln ihrer Lip pen . . . Jetzt die in Fels gehauene Straße hoch oben in luftiger Höhe. Voll Entzücken klatscht Gerhilde in die Hände. „Sieh nur, Mutter! Sieh! Wie schön!" Drüben, in amethystblauem Duft, das Ge birge Moab. In weiter Ferne links das Schim mern des Jordans, rechts eine Masse grauweißer, in der Sonne glitzernder Flächen — funkelnde Salzkrusten im Sande am Toten Meer. Und neben der Straße, in tiefer wildzerris sener Felsschlucht, das Kochen und Brausen des Baches Krit. Manchmal wimmert das Geheul der Schakale herauf oder der wie gellendes Lachen klingende Schrei einer Hyäne. Dann wieder alles ruhig — wie erstorben in sandiger Oede. Nach siebenstündiger Fahrt tauchen endlich am Wege eine Anzahl armseliger, schmutzcrfüllter Fellachcnhütten aus. Und zwei unscheinbare Klö ster, Und ein paar für den Touristenfang ein gerichtete Hotels. „Jericho!" meldet der arabische Kutscher grin send. Ein tiefer Seufzer der Befriedigung entringt sich Frau Mirjams Brust. „Am Ziel! Gott sei Dank!" Enttäuscht blicken Irmgard und Gerhilde auf die unwirtliche Gegend. Doch lächelnd gebietet ihre Mutter dem Kut scher weiterzufahren. Plötzlich eine Wegbicgung — und die Natur mit einem Schlage wie umgewandelt. Unter hochragenden, im Winde säuselnden Palmen rollt der Wagen dahin. Zwischen mäch tigen Hecken von hellgrauem langstacheligem Chri stusdorn. Vorbei an riesigem Kaktusgestrüpp und Balsambäumen und glänzendem Blätierwerk und leuchtend farbenen Blumen — eine in tropischer Pracht erblühende Oase inmitten sandiger Wüsten einöde. „Wohin?" fragt der Kutscher. „Jericho ist zu Ende." „Dort hinten — jenseits der Kaktushecke!" ge bietet Frau Mirjani. (Fortsetzung folgt.)