Volltext Seite (XML)
Amtsblatt Anzeiger Nr. 30 Sonnabend, den 6. Zebruar 1909 Fernsprecher Nr. ll. »chchilstechell« Achulgrafte Vr.St Inserate nehmen außer der Geschäftsstelle auch die Austräger auf dem Lande entgegen auch befördern die Annoncen-Expeditionen solche zu Originalpreisen stes<het«t jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger das Vierteljahr Mk. 1.55, durch die Post bezogen Mk. 1.92 frei ins Haus. für Hobenstetn-Ernstthal, Oberlungwitz, GerSdorf, Herm-dorf, Bernsdorff Mein. <orf, Langenberg Falken, Reichenbach, Callenberg, Langenchursdorf, Grumbach, Tirföst heim, tt.lhschnappel, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Lugau, ErlbaH Pleißa, Rußdorf, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. W-Ks- «w LQ A«t*Lta11 A-Hmftetm-Sr»»«,«». 0,7. für MS Sichl. Wlsttkicht Wi> itü Liaitral j« Hohtüßck-krBtstl > SSSSSSS—« l j Hekanntmachnng. Anschlüsse an das Fernspvchnftz, die im kommenden Frühjahr oder Sommer hergestellt werden sollen, sind spätestens bi- zum 15.'Februar bei dem zuständigen Post, oder Telegraphenamt anzumelden. Chemnitz, 29. Januar 1909. Kaiserliche Ober-Postdirektilm Richter. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Hrudelsmanne» Oskar Hugo Schellen berger in Hohenstein-Ernstthal ist zur Abnahme d-r Schlußrechnung deS Verwalters der Schlußtermin auf den 11. Februar 18V8, vormittags 10 Uhr vor dem hiesigen Känglichen Amtsgerichte bestimmt worden. Hohenstetn.Ernftthal, den 5. Februar 1909. Der Oerichtsfchreiber des Königlichen Amtsgerichts. Freibank: Muf m gekochtem Rindfleisch, Psi. 85 M. Das Wichtigste. *) Aus vielen Orten Sachsens und aus dem ganzen Mitteldeutschland kommen Nachrichten über schwere Hochwasserkatastrophen. * *) Bei den Hebungen des deutschen Geschwaders in der Ostsee sind zwei Panzerschiffe zusammen- gestoßen. * *) Die Kommission für die Reichsfinanzreform begann gestern in Gegenwart sämtlicher etnzelstaat- sicher Finanzminister die Beratung der Nachlabsteuer, ohne zu einem Beschluß zu kommen. Staatssekretär Sydow versicherte, daß die Regierung nicht daran denke, diese Steuer fallen zu lassen. Konservative und Zentrum erklärten sich bedingungslos gegen die Nachlaßsteucr. * *) Die deutschböhmischen Abgeordneten erklärten die Regierungsvorlage betr. den Sprachengebrauch in Böhmen für unannehmbar. * *) Der Prozeß gegen den Chef der russischen Staatspolizei Lopuchin wird im Mai verhandelt «erden. Die Anklage wegen Hochverrat« ist in eine Anklage wegen Veröffentlichung geheimer Dokumente umgeändert worden. * „Echo de Paris- meldet auS Konstantinopel, mit dem Generaloberst v. d. Goltz seien erneut Ver handlungen angeknüpft, um ihn al« Reorganisator der türkischen Armee zu gewinnen. Man habe ihm 100 000 Francs jährliche» Gehalt zugesichert *) Näheres an anderer Stelle. Die Nachlatzsteuer. I» der Kommission. Die Finanz-undSteuerkom Mission de» Reichstages begann die Verhandlung über die Nachlaß st euer. Die Bedeutung, die dies-m Teile des Steuerprogramms zukommt, wird durck die außerordentlich starke Vertretung der Verbündeten Negierungen bekundet. Sämtliche Finanzminister der Ginzelstaaten wohnten der KommisstonSsitzung bet und auch sonst war eine Fülle von Regierungs- kommifsaren anwesend. Man trat zunächst in die grundsätzliche Erörterung des tz 1 der Vorlage ein: „Beim Tode einer Person unterliegt deren Nachlaß, sofern der reine Wert den Betrag von 20 000 Mk übersteigt, der Nachlaßsteuer." Der Schatzsekretär erklärte: Von einer Aenderung deS Regie- rungSstandpunkteS sei keineRede. Die Verbündeten Regierungen halten fest am Prinzip, daß neben dem Verbrauch auch der Besitz besteuert werden müsse. Ein anderer Weg als der der Nach- laßsteuer sei aber hierzu nicht gangbar. Sowohl die Vermögenssteuer auch als eine stärkere Heran ziehung der Einzelstaaten auf dem Wege der Ma- trikularumlagen begegne unüberwindbaren Schwte- rigkeiten. Die Vertreter der Konservativen und d?S Zentrums lehnten die Nachlaßsteuer rund ab. Auch die RetchSpartei hatte Bedenken, ist aber bereit, auch wenn der grundlegende ß 1 abgelehnt sei, zunächst die Steueroorlage weiter zu beraten. Einen dringenden Appell an die Rechte richtete der preußische Finanzminister. Et handele sich um eine Lebensfrage für die Einzel st aalen, so daß ein patriotisches Opfer gebracht werden müsse. Er führte auS, daß die Vor lage ihnen Rechnung trage und der Landwirtschaft keine unerträgliche Last zumute. Die National- liberalen betonten grundsätzlich die Notwendigkeit einer stärkeren Heranziehung deS Besitzes und die llntunlichkeit einer Hinausschiebung dieser Regelung. Aber auch sie halten den Weg der Nachlaßsteuer, ren Moment, in dem der Tod in die Verhältnisse der Familie cingreife, nicht für den richtigen, den Besitz zu erfassen. Aber sie verlangen zunächst die Durchberatung der Vorlage. Für diese sprach auch der Vertreter der Freisinnigen. Er erörterte die Ersatzmöglichkeilen durch Veredelung der Matrikularbeiträge oder durch ReichSoermögenSsteuer Lon konservativer Seite ward dem entgegentreten and der „verfassungsmäßige" Standpunkt betont, wonach die direkten Steuern den Einzelstaaten Vor behalten seien. Der Schatzsekcetär wandte sich gegen die Auffassung, daß eine Verletzung der Verfassung m Frage stehe. Die Konservativen machten den Vorschlag, ehe man sich mit der Nachlaßsteuer befasse, zunächst die Angelegenheit der Erbschaftssteuer zu entscheiden. Die Beratung wurde in diesem Stadium vertagt. Die Nationalliberale« u«ddie Nachlatzsteuer In einer Polemik gegen den agrarischen Füh rer Dr. Hahn äußert sich die „Nat.-Lib. Korr." über die Stellungnahme den nattonalltberalen Par tei zu der Frage der Nachlaßsteuer folgender maßen: „Die Nationalliberalen werden in keine Finanzreform willigen, die den erforderlichen Neu- bedars ausschließlich auf dem Wege einer Konsum besteuerung aufzubringen sucht, lieber die Gestalt der direkten Steuer indes, die dem Steuerbukett einzufügen ist, werden sie mit sich reden lassen. Da werden sie sich nicht aus die Nachlatz steuer versteifen, sondern auch einer anderen direkten Steuerreform zusttmmen, sofern die nur Aussicht hat, von der Mehrheit akzeptiert zu werden. So stand dt'.nationalliberale Partei von Anbeginn zu diesen Fragen und so teht sie noch heute Alles anbe e ist Legende oder Unterstellung." Der Verband sächsischer Industrieller «nd Vie Nachlatzsteuer. Der Verband Sächsischer Industrieller in Plauen hielt am Donnerstag eine Versamm lung ab, in der ReichstagsabgeordneterDr. Stre- semann einen Vortrag über „Industrielle und wirtschaftliche Fragen" hielt. Auf Vorschlag Dr. Stresemanns wurde beschlossen, folgende Reso lution dem Fürsten Bülow drahtlich zu übermitteln, ebenso an die Finanzkommisston des Reichstages: „Die Hauptversammlung der Orts gruppe Plauen des Verbandes Sächsischer Jndu- trieller hält eine gründliche Reform der fleichsfinanzen für ein Gebot unbe dingter Notwendigkeit. Aus diesem Grunde bedauert die Versammlung auf das leb hafteste die gegenwärtig betriebene Agitation gegen >te Nachlahsteuer, eine Agitation, die im Falle ihres Erfolges das ganze Werk der Retchsftnanz- reform in Frage stellen würde. Die Versammlung hofft zuversichtlich, daß der deutsche Reichstag in dieser grohen nationalen Frage alle lleinltchen Zartetbc denken beiseite lassen und einen Weg fin- »en möge, der eine baldige Verabschiedung der Retchsfinanzreformdorlage ermöglicht." Aus dem Reiche. Sächsischer Visenbahnrat. Der für die 10. Wahlperiode neu kon - stituierte sächsische Eisenbahnrat trat gestern in Dresden unter Vorsitz des Herrn General- direktor von Kirchbach zu seiner ersten Sitzung zu sammen. Er erhielt Mitteilung Uber die am 1. April diese». Jahres ins Leben tretende Staats- bahngüterwagengemeinschaft und über die wichtigeren Aenderungen der an demselben Tage in Kraft tretenden Verkehrsordnung sowie Uber einen Beschluß der letzten Generalkonserenz, Tierfrachten betreffend. Alsdann beschäftigten ihn zwei Tarisfragen. In der einen, wegen Ver setzung der zu technischen Zwecken bestimmten Melasse ia den Spezialtarif III, gab der Eisenbahnrat sein Gutachten gegen eine Minderheit von 6 Stimmen im beifälligen Sinne ab. In der anderen Frage wegen Aufnahme von Terpentinöl in da» Verzeichnis der zur Beförderung in Kesselwagen zugelassenen Güter entschied man sich mit großer Mehrheit — gegen drei Stimmen — dahin, den Antrag zu be fürworten. Hierauf wählte der Eisenbahnrat seinen ständigen Ausschuß. Zum Schluß erfolgte eine Be sprechung deS SommerfahrplaneS und einer großen Zahl von Fahrplanwünschen. Ein Nachtragsetat von 15 Millionen 1 Wie es heißt, soll in den nächsten Tagen ein Nachtrags-Etat von 15 Millionen Mark eingebracht werden, da die erwarteten Einnahmen ausgeblie- stnd und infolgedessen eine Ebbe der Reichs kasse droht. Tatsache ist, daß bezüglich die ses bevorstehenden Nachttags-Etats der Reichs- schatzsekreiär Sydow bereits mit ver schiedenen Parteiführern im Reichstage B e, sprechungen gepflogen hat, um sie aus das Unvermeidliche vorzuberetten. Ei« Unfall in unserer Kriegsmarine. Aus Kiel wird berichtet: Als bei der Ge- schwaderübnng in der Ostsee am Donnerstag das Kommando zum Antem gegeben wurde, drehte das Linienschiff „W e t tin" bet, um den Befehl auszuführen. „Kaiser Karl der Große" dampfte vorwärts und rammte „Wettin" am Backbordsheck. „Wettin" erhielt ein Loch in die Beplattung und dampfte nach Kiel zum Decken. „Kaiser Karl der Große" blieb unbeschädigt. Atts unseren Kolonien. Wieviel Weitze bewohnen unsere Schutz, gebiete? Nur langsam, sehr langsam wächst die Zahl der weißen Bewohner unserer Schutzgebiete und geradezu bedauernswert klein ist die Aus wanderung au» Deutschland in unsere eigenen Kolonien im Verhältnis zu der Auswanderung in das Ausland. AuS den einzelnen nun vollständig vorliegenden Denkschriften über unsere Schutzgebiete ergeben sich folgende Zahlen für daS Jahr (1907)/1908: Deutsch-Ostafrika 2845 (2629) Weiße- darunter 2014 (1656) Deutsche: 669 (580) Frauen und 384 (321) Kinder unter 15 Jahren. Deutsch-Südwestafrcka: 8213 (7110) Weiße; darunter 62i5 (4929) Deutsche: 2249(1647) Frauen and 1427 (1132) Kinder unter 15 Jahren. Kamerun: 1128 (1010) Weiße; darunter 971 (860) Deutsche: 141 (123) Frauen und 51 (46) Ander unter 15 Jahren. Togo: 268 (238) Weiße, darunter 239 (273) Deutsche: 50 (49) Frauen und 5 (7) Kinder unter i5 Jahren. Deutsch Neu-Guinea einschließlich Jnselgebiel: 735 (642) Weiße; darunter 541 (489) Deutsche: 153 (127) Frauen und 92 Kinder. Samoa: 436 (455) Weiße; darunter nur 262 248) Deutsche: 78 (87) Frauen und 41 (52) Kinder. In allen Schutzgebieten mit Ausnahme von Kiautschou leben im ganzen 13 858 (12305) Weiße; unter ihnen 10 242 (8455) Deutsche, 3438 (2688) Frauen und 2000 (1638) Kinder. Atts dem Auslände. Der Sprachettstrett i« Böhme«. In der fortgesetzten Beratung über die G e- setzentwürfe über den Sprachengc- brauch und über die Errichtung der Kreis regierungen in Böhmen erklärte Abg. Dr. Urban im WienerAbgeordnetenhause, die deUtsch- böhmischen Abgeordneten billige,» voll kommen den Versuch der Regierung, eine Lö sung der Sprachenfrage im Retchsrat durchzufüh ren. Dagegen hätten die Regierungsvorlagen die deutsch-böhmischen Abgeordneten schwer ent täuscht. Es droht ihnen die Gefahr, infolge der Unklarheit der Gesetze durch die Auslegung künftig dasjenige zu verlieren, waS sie zu besitzen glaubten. Der Redner kritisierte eingehend die Vorlagen, welche für die Deutschen in der gegen wärtigen Form unannehmbar seien und al« keineswegs geeignet erscheinen, jene nationalen Ansprüche zu erfüllen, welche die Deutfchböhmen an eine solche Regelung der Sprachenfrage stellten. Amnestie in Italien. König Viktor Emanual hat einen A m n e st i e e r l a h unterzeichnet. Die Amnestie erstreckt sich auf gewisse Pretzvergehen, ferner auf Vergehen gegen die Staatsgewalt gelegentlich eine« Ausstandes oder aus politischen Gründen und auf Diebstähle, wenn der gestohlene Gegenstand nur einen geringen Wert hatte oder der Diebstahl au« Armut und zur Beschaffung von Lebensmitteln be gangen war. Schließlich werden durch den Er laß die Strafen für eine Reihe ähnlicher Ver gehen um ein bezw. ein halbes Jahr ver kürzt. R«tzla«ds Vermittlung im Balka«ko«stttt. Die Ueberraschung, welche der russische F t n a n z v o r s ch l a g sür die Zahlung der bulgarischen Entschädigungssumme an die Türket auf dem Balkan hervorgerufen hat, macht allmäh lich einer ruhigen und sachgemäßen Beurteilung des Angebots Platz. Es wird jetzt immer klarer, daß hinter Iswolskis Vorschlag weniger Uneigen nützigkeit als politische Berechnung zu finden ist, lmd es ist deshalb Wohl begreiflich, wenn Lie Pforte mit ihrer Zustimmung zurückhält und einen anders lautenden Vorschlag machen will. Während nun die Diplomatie ihr Pulver trocken hält, will die Presse jeder Richtung mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berge halten. So Wird aus Konstantinopel berichtet: „Jeni G a z e t t o" schreibt, der finanzielle Vorschlag Rußlands sei derart ungenügend moti viert, daß selbst die nrsstsche Botschaft hierüber keine genügenden Informationen habe, Die rus sische Entenievermittelung sei eine delikate Frage und müsse von der Pforte gründlich geprüft wer den. Nach den früheren und späteren Vorschlägen der Pforte sei es jedenfalls vorteilhafter, daß Bul garien sich direkt verständige und 100 Millionen sofort und 25 Millionen in mehreren Raten zahle. Der „Osmanische Lloyd" schreibt, der Vorschlag sei verlockend, aber die tückischen Blät ter charakterisieren richtig das russische Desinteres sement. Die Mächte, insbesondere Deutsch land, können die dem Frieden dienende An nahme des Vorschlages willkommen heißen. Bul garien scheine ihn anzunehmen. Die Türkei habe noch nichts beschlossen. Auch die Finanzkreise Konstanti nopels sind dem russischen Vorschläge nicht ge neigt und führen aus, Laß ein nur 18 Jahre dauerndes Freiwerden der für die tückische Kriegs entschädigung verfallenen Einkünfte für eine tür kische Anleihe ungenügend sei. Aus Konstantinopel kommt die Mitteilung, daß die türkische Militärpariei darauf hält, die Kriegsvorbereitungen nicht zu unterbrechen, bevor eine volle Gewähr da für geboten ist, daß alle Großmächte dem Jswols- kischen Vorschläge ihre Zlfftimmung erteilt haben. Besonderen Wert lege man auf die Berliner und Wiener Erklärungen Heute findet in Konstantt- nopel eine wichtige Mintsterberatung statt, welche entscheiden soll, ob die Regierung Kiamils ener gische Politik gutheißt. Man glaubt, daß den Mächten der tückische Gegenvorschlag Ende der Woche zugehen werde. Wenn die Türkei auch auf eine Grenzberichtigung verzichtet, so denkt man doch daran, zu verlangen, daß Bulgarien sich ver pflichte, innerhalb einer gewissen Grenzzone keine Truppenansammlungen stattfinden zu lassen und auch keine Befestigungsarbeiten vorzunehmen. Die Türkei würde die gleiche Verpflichtung eingehen. Der Lopuchin-Skandal bleibt geheim ! Aus Petersburg meldet eine Telegramm: Ein Zensurerlaß verbietet allen russischen Zer rungen über die Affäre des Ex-Polizeichefs Lopufchin andere Nachrichten zu verbreiten, als die von der Regierung ausgegebenen. Auslän dische Druckschriften über die Affäre sind an der Grenze zu kontrollieren. Damit ist auch die neue Skandalaffäre regierungsseitig für geheim erklärt. Neue belgische Befesttgung-Pkäue. Wie aus Brüssel gemeldet wird, veröffentlicht das ministerielle Blatt den Wortlaut der Vorlage über die Befestigung im N i e d e r schel degebiet. Die Regtenmg fordert darnach 9