Volltext Seite (XML)
»u dies«« Besucht bewogt» Hai Das deutsche DoV begrüßt de» Beherrscher des mächtige» vrt- rischen Weltreiches mit der Ihm gebührenden Ach tung und steht in dem Besuch eine neue Bürgschaft für die fernere friedliche und freundschaftliche Ent- wiiüimg der Beziehungen zwischen Unseren beiden Ländern Ich weiß, wie sehr Unsere Wünsche ««ch Erhaltung des Friedens Ubereinstimmen, und Ach kann Euerer Majestät kein schöneres Willkom men bieten, als mit dem Ausdruck der zuversicht lichen Ueberzeugung, daß Euerer Majestät Besuch zur Verwirklichung jener Unserer Wünsche beitra gen wird. Indem Ich noch der Hoffnung AuS- deüethe, daß da» weite Reich, über welches Euere Majestät herrschen, muh fernerhin gedeihen und blühen möge, weihe Ich mein Glas Euerer Majestät »md Ihrer Majestät der Königin Wohl! König Eduard erwiderte: Im Namen der Königin wie für Mich selbst sage ich Euerer Ma^sta' Unseren wärmsten Dank für die Worte des Willkommens, mit denen Euere Maje stät Uns soeben begrüßt haben, und nicht-weniger für den ebenso freundlichen wie glänzenden Em pfang, welchen Euere Majestät und Ihre Majestät die Kaiserin, sowie Euerer Majestät ganzes Haus und Ihre Haupt- und Residenzstadt Uns heute bereitet haben. Obgleich Ich Meine wiederholten Besuche in Kiel, Wilhelmshöhe oder Cronberg in «genehmster Erinnerung behalten habe, so gereicht es mir doch zu besonderer Genugtuung, daß eS der Königin möglich war. Mich beim gegenwär tige» Besuche zu begleite», und daß wir ihn in diesem alten Schlosse Euerer Majestät Vorfahren, I» der Mitte Ihrer Haupt- und Residenzstadt Bett ktn abstatten konnte». Es bedarf Wohl nicht der Versicherung, daß Wir beide den lieben Besuch Euerer Majestät und Ihrer Majestät der Kaiserin rn Windsor nicht vergessen haben. Euere Majestät baden in betreff des Zweckes und des erwünsch ten Resultats Unseres Besuchs Meinen eigenen Gefühlen beredten Ausdruck gegeben, und ich kann daher nur wiederholen, daß Unser Kommen nicht allein die engen Bande der Verwandtschaft zwischen Unseren Häuseni vor der Welt in Erinnerung zu bringen beabsichtigt, sondern auch die Befestigung »er freundschaftlichen Beziehungen zwischen Unseren beiden Ländern und dadurch die Erhaltung des allgemeinen Friedens, aus welche Mein ganzes Streben gerichtet ist, erzielt. Mit dem Wunsche, daß die gedeihliche Entwicklung Euerer Majestät ganzen Reiches auch in Zukunft andaucrn möge, erhebe Ich Mein Glas auf das Wohl Euerer Ma- lestäi, Ihrer Majestät der Kaiserin und Ihres Hauses. Der Kaiser verlieh das Großkreuz des Asien Ablerordens an den Lordkammerherrn Vis count Altborp und Unterstaatssekretär Hardinge, den Roten Adlerorden 1. Klaffe an den Lordkam merherrn der Königin Earl Howe, den Roten Adlerorden 2, Klasse an den Botschaftsrat Grafen p. Salts, den Kronenorden 1. Klaffe an den Kam- merherrn Earl Granville und Leibarzt Dr. Reid, »ex Kronenorden 2. Klasse an Oberst Streatfield. Der Kaiser verehrte sein Bildnis (Stich nach Len- Sach im Florentiner Rahmen) an Earl of Crewe, iei»e Photographie im Rahmen an Admiral Sir D. Bosanquet, Lteut. Col. Ponsonby und an die beiden Damen Counteß os Antrim und Hon. Knollys Die Evangelisch-lutherische Landessynode, die gestern in Dresden zu ihrer ersten Sitzung zusmmnentrat, beschäftigte sich zunächst mit dem Mindestgehalt der Geistlichen. Konsistorialprästdent Dr v. Zahn empfahl na orduung mit einer diesen Wunsch berücksichtigenden Einschaltung in erster Lesung angenommen und zwar gegen 17 Stimmen. Zu dem Erlaß betreffend auderwette Regelung der Zulagen für Geistliche, schlug Geh Hofrat Opitz vor, die Vorlage einem Ausschuß zu ü b e r w ei se n, der aus 11 Mitgliedern be stehen soll. Der Antrag ward zahlreich unterftüzt und bet der Abstimmung einstimmig angenommen. Durch Zuruf wurden in den Ausschuß gewählt dir Synodalen: Srenhold-Letp-ig, Fraustadt-Schrebttz, Hager-OelSnitz i. V., Holtsch-Plaußig, Dr. Katzer Löbau, Kopp-Peteßnttz, Kröber-Waldheim, Dr. Meltig- Dresden, Opitz-Treuen, Dr. Schmidl-Annaberg, Sie- benhaar- Breitenborn. Nächste Sitzung: morgen 10 Uhr. Tagesordnung: 2 Lesung de« Erlasse« betr. Gehälter der Hilfrgeifl- ltchen, Erlaß betr. anderweite Regelung der Zulagen iü- Geistliche, Antrag Pank, betr. Religionsunterricht in der Volksschule. A»r Reform des Steltat»«s««terrtchts in de« B-lksfchule« hat der Leipziger Geheime Kirchenrat O. Pank fol genden Antrag bei der Evangelisch-lutherischen Lan- deSsynode eingebracht: „Die LandeSsynode erklärt, daß sie eine Um gestaltung de« Religionsunterrichts in der Volks schule in sachlicher und methodischer Beziehung und vom religiösen und pädagogischen Gesichtspunkte au« für angezetgt erachtet und dabei folgende grundsätz liche Stellung einnimmt:! 1) Sie erachtet obenan, daß ein von gegensei- tigem Vertrauen getragenes einheitliche« Zusammen wirken von Kirche und Schule auch in Zukunft für eine ersprießliche Erziehung der Jugend nötig und für unser Volk von höchstem Werte sei; 2) Sie widerstrebt nach wie vor nicht der Durch- ührung einer ausschließlich fachmännischen Staats aufsicht über die Schule, aber über die religiöse Un- terweisunq der Heranwachsenden Kirchenglieder hält sie an Pfl cht und Recht der Kirche, sie zu beauf- sichtigen, fest; 3) Sie ist damit einverstanden, daß der Re- ligtonSunterricht im wesentlichen ein Unterricht in der biblischen Geschichte sei, sowie in Ler Geschichte der christlichen Kirche, und daß die Person Jesu im Mittelpunkt der Unterricht« stehe. Aber sie hält e« für unerläßlich, daß in der biblischen Unterweisung den jugendlichen Seelen die christlichen Heil-wahr- heften und die Person Jesu Christi so nahe gebracht werden, daß sie ihn nicht nur al« religiös-sittlich«« Vor- bild und al« großen Sittenlehrer, sondern auch al« ihren Heiland und Erlöser kennen lernen. 4) Sie empfiehlt eine neue Auswahl de« reli giösen Lernstoffes, sowie womöglich Milderung de« Lernzwange«, aber sie hält e« für wichtig und segens reich, daß nach wie vor der Jugend ein möglichst reicher Schatz an Sprüchen und Liedern in« Leben mitgegeben werde. 5) Sie hält bei dem Katechismusunterricht eine Aenderung der methodischen Behandlung und deS MaßeS der gesetzmäßigen Einprägung für notwendig, aber sie will die Unterweisung der Jugend im Geiste und Bekenntnis der evangelisch-luthertschen Kirche verbürgt wissen und sie hält daran fest, daß zu diesem Zwecke daS volkstümlichste eoangelisch-luthe- rische Bekenntnis, der kleine Katechismus Luthers unersetzlich sei. 6) Sie will nicht einen derartig konfessionellen Religionsunterricht, daß dadurch der Gegensatz gegen die Bekenner anderer Konfessionen verbürgt werde, aber sie will, daß die Kinder zu oollbewußten leben digen Gliedern der evangelisch-luthertschen Kirche und gerade dadurch zur rechten Duldsamkeit gegen Anders- gläubige erzogen werden." Unterstützt ist der Antrag noch vom Geh. Kirchenrat O. Meyer-Zwickau, Geh. Hofrat Opitz- Treuen, Geh. Kirchenrat Rtetschel-Leipzig, Minifterial- direktor Dr. Schröder Dresden und dem Präsidenten »der Synode Grafen Vitzthum von Eckstädt. Aus dem Reiche. Der Vs« «»chfe, t» Mtr«tmrg. Au« Altenburg wird geschrieben: König Friedrich August, der am Montag, den 15. d M., dem Herzogpaare von Eachsen-Alteubur leinen offiziellen Besuch abstattet, trifft nach- mittag« 3 Uhr 55 Min. aas dem hiesigen Bahnhof» ein, wo großer Empfang statlfindet. 5»/, Uhr ist im herzoglichen Restdenzschlofle Galatafel und um 7H Uhr Galavorstellung im Hoftheater angesetzt. Am Dienstag, den 16. Februar, vormittags 10 Uhr, be absichtigt der König dem Rathause einen Besuch ab zustatten und um 10 Uhr 45 Min. ist die Rückreise nach Leipzig festgesetzt. Das deutsch.fraazöfische Marotto- Abkamme«. Gestern vormittag ist nach der Rückkehr de« französischen Botschafters Cambon au« Pari« im Berliner Auswärtigen Amt von dem Staat-sekretär Freiherrn v. Schoen und dem Botschafter nachstehen- de« Abkommen unterzeichnet worden: „Die kaiserlich deutsche Regierung und die Regierung der französischen Republik sind, geleitet von dem gleichen Wunsche, die Ausführung des Ver trages von Algeciras zu erleichtern, Ubereingekommen, die Bedeutung, die sie dessen Bestimmungen beilegen, genauer festzustellen, um künftig jeden Anlaß zu Mißverständnissen zwischen ihnen zu vermeiden Demgemäß ist einerseits die Regierung der französischen Republik, die an der Wahrung der Integrität und der Unabhängigkeit de« scherifischen Reiches unbedingt festbält, entschlossen, die wirt schaftliche Gleichberechtigung aufrechtzu erhalten und demzufolge den deutschen Handels- und gewerblichen Interessen daselbst nich entgegenzuwirken. Anderseits ist die kaiser lich deutsche Regierung, welche in Marokko ausschließ lich wirtschaftliche Interessen verfolgt und die an erkennt, daß die besonderen politisch»» Jnterrflen Frankreich« mit der Sicherung von Ordnung und I Frieden daselbst eng verknüpft sind, bestimmt ge- willt, diesen Interessen nicht entgegenzuwirken. Beide Regierungen erklären, daß sie keine Maßregel ergreifen noch ermutigen werden, die ge- eignet wäre, zu ihren eigenen Gunsten oder zugunsten irgendeiner Macht wirtschaftliche Vorrechte zu schaffen, und daß sie trachten werden, ihre Staats angehörigen an denjenigen Geschäften gemeinsam zu beteiligen, deren Ausführung diesen übertragen werden sollte." In den Waudelgängen der französischen De putiertenkammer wurde gestern der Abschluß deS Marokko-Abkommens mit lebhafter Be friedigung ausgenommen. Die Mitglieder aller Parteien äußerten ihre Freude über die Aufhellung de« diplomatischen Horizontes. Der frühere Minister d«S Auswärtigen, DelcassL, erklärte gegenüber dem Vertreter einer Zeitung, er sehe in dem Abkommen eine ausgezeichnete Sache und freue sich aufrichtig darüber. Alle Pariser Blätter legen dem deutsch französischen Abkommen große Bedeutung bei und prechen sich über seine Tragweite günstig aus. „TempS" bezeichnet die Verständigung alt einen Markstein in der Geschichte Europas. „Sitcle" sagt: Die Staatsoberhäupter und Minister, die an diesem Erfolge mitgearbeitet haben, haben Ich um die Menschheit verdient gemacht. „Journal >»S DebatS" meint: Der 9. Februar 1909 wird in der Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen epochemachend sein. „Libertö" erkennt offen daS Entgegenkommen der deutschen Re- gierung bei diesen Verhandlungen an. Berufung ins Ministerium StadtratDr. Koch in Dresden ist vom 1. April ab mit dem Titel und Range als Oberregierungsrat in da« Ministerium deS Innern berufen worden. Bankvorstand bet der Relchsbank. Der bisherige interimistische Bankvorstand Aue in Limbach in Sachsen ist zum Baikoor- stand bei der Reichsbank ernannt worden. Di« Arbeitslostgkett in Sachsen. Die 130 sächsischen Arbeitsnachweise, die über ihre GeschäslSergebntfle Berichte au daS Statistische Amt etnsenden, verzeichneten im Dezember 1908 insgesamt 14936 männliche und 4390 weibliche Ar- beitsuch»nde. Ihnen standen gegenüber 4455 männ liche und 4245 weibliche »ffene Stellen. Wirklich besetzt wurden 4044 männliche und 3312 weibliche Stellen. Hierbei ist zu brachten, daß die Zahlen nur die Situation in den großen Städten widerspiegeln. Die ungünstige Situtation wird auch bestätigt durch die SeschästSergebnifle der Krankenkassen. Die zirka 280 sächsischen Krankenkassen verzeichneten im De- zember gegenüber dem November 1908 eine Ab nahme von rund 22000 versicherungSpflichttgeu Mit- gliedern. Arb-ttslos-udemoustrattou-u tu verltu. Die Versammlungen der Arbeit-losen, die, um da« „Proletariat von den Festlichkeiten anläßlich des Besuchs des englischen KönigSpaare« fernzu halten" arrangiert waren und gestern vormittag in Berlin stattfanden, sind durchweg nur schwach be- sucht gewesen. Nur nach KellerS Festsäleu in der Koppenstraße machte sich »in starker Zuzug bemerk- bar. Die Lokale waren etwa von 6000 Personen besucht, während sie etwa 8000 fassen konnten. Ueber 100O Personen wurden nur im GesellschaftShauS und in Kellers Festsälen gezählt. Außerdem waren drei Versammlungen im Osten und dr»i im Norden angesetzt. ES war beschlossen worden, die Versamm lungen um 11 Uhr zu schießen; im Norden und Osten geschah da« auch. Nach Schluß der Ber- sammlung bei Keller versuchten etwa 1000 Personen nach dem Stadtinnern zu ziehen. Das Ziel w«r diesmal nicht das Schloß, sondern daS Rathaus. Der Zug wurde durch die Polizei abgedräugt und schwenkte nach dem Gesellschaft-hauS. Inzwischen war dort die Versammlung ebenfalls geschlossen worden und die Besucher beider Lokale vereinigten sich etwa am Morttzplatz, durchzogen die Oranten- straße, konnten aber schließlich von der Polizei nach dem Wilhelm-platze abgelenkt werden. Dieser Zug hat nicht nur erhebliche Verkehrsstörungen verursacht, sondern die Mitglieder — meisten« Janhagel — haben Omnibusse und Straßenbahn wagen attackiert und ihre« Fahnenschmuckes beraubt. Dabet sind zwei Personen festgenommen worden. Der andere Zug vom Norden ging mit viel geringerer Stärke in kleineren Gruppen nach dem Stadtinnern, wurde aber nach dem Alexander- plotz abgedräugt. Hier ordneten sich die Gruppen zu einem sehr starken Zug, der versuchte, von der Zentralmarkthalle nach dem Rathaus durchzubrechen. Die Arbeiter der Zentralmarkthalle stellten sich aber ihnen entgegen und trieben sie mit Besenstielen und Schaufeln auseinander. Die anderen Versammlungen in Moabit schlossen etwa um >/z11 Uhr. Die Teilnehmer gingen dann ruhig ausein ander. Z«r Ermord»«« des Sekretärs Beckert i« Sa«tiag» wird mitgeteill! Der Berliner chilenische Geschäfts träger sprach im Auswärtigen Amt im Namen der chilenischen Regierung sein Bedauern über den Vorfall in Santiag" auS. Weder im Auswärtigen Amt, noch auf der Berliner chilenischen Gesandtschaft sind bi« jetzt eingehende Nachrichten über die mit dem Brande der Geschäftsräume der deutschen Ge sandtschaft und der Ermordung des Sekretäi« Beckert zusammenhängenden näheren Umstände etngetroffen; doch wird in maßgebenden chilenischen Kreisen ver sichert, daß di- chilenische Regierung alles asfbieten werde, um der Schuldigen habhaft zu werden und sie der gerechten Strafe aufzuliefern. Kei« Pluralwahlrecht i« Oldenburg. Nachdem der oldenburgische Landtag in seiner Sitzung vom 5. dsS. Mt«. ein»n Antrag deS Abg. Müller-Brake, der die Einführung des ausgedehntesten Pluralwahlrechts bezweckte, mit 22 gegen 2l Stimmen angenommen halte, wurde heute der selbe Antrag, über den noch der Verfassung zwei mal abgestrmmt werden mußte, mtt Stimmen- menS deS Kirchenregiments die Verordnung zur An nahme, die die Bedeutung eines KirchengesetzeS habe, also die Gemeinden zur Zahlung düs-S Mindeftge-! Haft- verpflichtet. Nach unwesentlicher Debatte, in deren Verlauf ber Wunsch aurgesprochen ward, die Verordnung möge rückwirkende Kraft erhalten, wurde die Ver- Sri» einziges Gut. Roman von B. Coronh 4 s (N-ichdruct verboten.) Haus stürmte, einem Tobsüchtigen gleich, in -as Dickicht hinein. So lange Hildegard noch unter diesem Dache schlief, wollte er seinem Feinde -nicht entgegenftetcn. Hinter einer Gruppe mäch tiger Linden warf er sich stöhnend aus das feuchte Gras nieder. Tot! — Gestorben, weil die Sehn sucht ihr Herz brach! Die Sehnsucht nach dem Manne, der sie — ach! — nicht halb so liebte wie er — wie er, vor dem sie immer zitterte, weil seine Liebe eben so wild und unbändig war, wie sein Haß! O Hildegard! Hildegard! Es hatte ihn oft m maßlose Wui versetzt, wenn sie sich so scheu und ängstlich aus seinen Armen wand, Tränen in den großen blauen Kinderaugen, wenn sie auf alle seine heißen Liebcsworte nichts zu erwidern wußte, aber sie war doch wenigstens dagewcsen. Erkannte ihren leichten Tritt, ihre Weiche, schüchterne Stimme vernehmen, sic atmete dieselbe Luft mit ihn», sein Blick suchte sie niemals vergebens und jetzt — jetzt. Ganz in seinen unnennbaren Janimer versun ken, überhörte der Verzweifelte den Schall näher- kommender Schrille, sprang aber plötzlich Wie von einer unsichtbaren Faust emporgcrisscn auf, als sein Name gerufen wurde und er Hohenfels vor sich riehen sah. „Was »vollen Sic? Was führt sie jctzt gerade hierher? Wir beide durften uns in dieser Nachl nicht mehr begegnen!" ries er mit drohender Stimme. „Wir müssen es, denn ich habe eine Pflich: zu -rfttllen", erwiderte der Freiherr. „Lassen wirken alte« Groll fahren. Dieses bittere, gemeinschaftliche Weh soll uns zu Freunden machen". „Freunde — wir beide? Das halten Sie doch wohl selbst nicht für möglich", preßle Hans hervor, »hnc die dargebotenc Hand zu berühren „Zwi- I sehen uns kann niemals von Versöhnung die Rede sein!" „Es war der Wunsch der Heimgegangenen." Rainer schüttelte wild den Kopf. „Ich brachte ihr das größte Opfer, dessen ich fähig bin. Ueber- menschliches vermag ich nicht. Wie können Sie von gemeinschaftlichem Weh sprechen und Ihr Leid mit dem meinen vergleichen? Wenn Sie einst die Geliebte verloren, war es Ihre eigene Schuld. Warum wußten Sie nicht mit aller Kraft um sie zu kämpfen, warum galten Ihnen wichtige Stan- desvorurteile mehr als ihr Besitz? Gemeinschaft liches Weh! Vermögen sie auch nur annähernd zu ermessen, was sich in diesen sechs Jahren an Haß und Bitterkeit in mir angesammelt hat und mit welchen Empfindungen ich Sie heute durch den Wald geleitete? Raubten Sie mir nicht die letzte Lebensstunde, das letzte Wort, den letzten Blick meines Weibes, sie gleichsam noch über das Grab hinaus als Ihr Eigentum betrachtend? — Und jetzt soll alles beigelegt, alles vergeben und ver gessen sein, weil es Ihnen einfällt mir die Hand zu reichen? Lasten Sie das, Herr von Hohen fels! Hätten Sie die nun Entschlafene mit solcher Glut geliebt wie ich, so müßten Sle selbst wissen, daß ich nie etwas anderes für Sie empfinden kann, als den tiefsten Haß. Soll ich Ihnen einen Rat geben, so ist es der: kreuzen Sie meinen Weg so wenig als möglich!" Eine unverkennbare Drohung klang aus diesen Worten. Stolz wandte der Freiherr sich ab. Um der Toten willen hatte er den ersten schweren Schritt des Entgegenkommens getan. Es war nicht, seine Schuld, wenn die alte Feindschaft dennoch bestehen blieb. Noch einmal nach dem Fenster blickend, hin ter welchem Hildegard ausruhie von dem schweren, bangcn Erdenleben, verließ er den Edelhof. We nige Minuten später verhallten die Hufschläge seines Pferdes im Walde. 2. Kapitel. Ein herrlicher Morgen brach an. Vom Walde her quoll erquickende Frische. Mit melodischem Ge läut zogen die Herden hinaus in's Freie, und am Brunnen standen die Mägde, füllten ihre Krüge und erzählten flüsternd, daß der Tod nun ctnge- zogen sei im Edelhof und daß auf das hübsche Gut auch eigentlich eine ganz andere Frau gehöre, die die Hände tüchtig zu rühren wisse und der Wirtschaft ordenrlich vorstehen könne. Im Lauf des Tages wurden viele Blumen gesandt, und auch der Gärtner vom Schlosse brachte einen pracht vollen Kronz. Rainers Mutter nahm alles entgegen. Er war für niemand sichtbar. In finsteres Dahin brüten versunken, starrte er auf sein totes Weib das so wundersam zart und kindlich aussah und so selig lächelnd gestorben war. Er wich nicht von ihrer Seite, legte sic selbst in den Sarg und gab ihr Weiße Rosen in die Hände. Er wachte auch die beiden folgenden Nächte bei ihr, aber als die Stunde kam, ivo sie den Edelhof verlassen ollte, um auf dem kleinen Friedhof zur Ruhe ge bettet zu werden, schloß er sie nicht, wie man Wohl erwartet hätte, irr seine Arme, und als die Mutter fragte: „Willst Du sie nicht küssen zum Ab- chicd?" schüttelte er stumm den Kopf und wandte ich ab. Nein, ihre Lippen wollt« er nimmermehr berühren. Ihm war sie doppelt verloren, und wenn der fromme Glauben an ein Fortleben nach dem Tode nicht täufchtc, so konnte ihm auch daraus kein Trost erwachsen, denn ihre Seele hatte niemals ihm gehört. Brennend heiß stieg es bei diesen Gedanken in feine Augen, aber sie wurden dennoch nicht eucht, und sein Blick irrte düster und drohend nach der Richtung hinüber, in welcher sich die schlanken Türme des Gutes Hohenfels erhoben. Er folgte dem unter duftenden Geivinden fast verschwindenden Sarge und blieb, bis der Hügel Isich über demselben wölbte, aber sein Antlitz sah , gleichsam versteinert aus, und auch die Worte des Priesters, der von „Wiedersehen" sprach, vermoch ten, das unnatürlich Starre seines Schmerzes nicht in Weichheit htnzufchmclzen. Stumm und finster, wie er gekommen, kehrte er aus den Edelhof zurück. — Wie still miü einsam es jetzt hier war! Selt sam: Hildegard hatte nie gelacht oder gesunge», sie war immer wie ein Schalten durch das Haus geglitten und bestrebt gewesen, sich so wenig als möglich bemerkbar zu machen, aber nun schien es doch, als wäre mit ihr alles Leben aus den Räu men gewichen. Nur die Mutter schaltete und wal tete wie sonst. Wenn sic in seine Nähe kam, reichte sie ihm die Hand und sah aus, als hätte sie ger» einige gute, tröstende Worte gesagt, allein dann wandte er sich ab, und sie ging seufzend ihrer Wege weiter und sorgte dafür, daß das Getriebe des Haushalts nicht etwa irgendwo ins Stocken gsrale. Hans aber irrke wie ein ruheloser Geist von Zimmer zu Zimmer. Er wollte nicht vergessen, sondern versenkte sich vielmehr mtt wahrer Wollust in seinen Schmerz »md in die aus dem selben entspringende Empfindung eines von Mi nute zu Minute wachsenden Hasses gegen Gisbert von Hohenfels, Vielleicht würde sie es doch eines Tages ein gesehen Laben, wie unaussprechlich er sie liebte, und ihm ,auch ein wenig gut geworden sein, wenn der Mantt dort drüben nicht gewesen wär«. O, daß er ih^l nur einmal eben so tief ins Herz tref- cn, eben so unheilbar verwunden und um Glück md Frieder^ bringen könnte! Daß er ihn eben o elend, so , um alle Hoffnungen betrogen wüßte, wie er selbst es ist! Seine geballte Hand fiel chwcr auf Hie Lehne dcs Armstuhles nieder, und >cr Ausdrucks seiner Züge hatte etwas furchtbares. (Fortsetzung folgt.)