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Nr. 78 PAPIER-ZEITUNG 2931 stumpfem Messer (aber nicht gegen die Haarlage) gründlich ab, streicht dann statt dünnen Firnisses Mittelfirniss recht dick und gleichmässig auf und lässt die Walze in diesem Zustande über Nacht stehen. Am folgenden Tage kratzt man erst die Firnissmasse gut ab, giesst reichlich Terpentinöl (Petroleum darf hierzu nicht verwendet werden) auf die Walze und kratzt sie nochmals gründlich ab, lässt das Terpentinöl sich verflüchtigen, und die Walze ist zum Drucken fertig. Man sei jedoch mit solchen neuen Walzen sehr vorsichtig, da sie feine Zeichnungen durch die dem Leder noch anhaftende starke Gerbsäure leicht angreifen, weshalb es sich empfiehlt, erst einige Steine mit groben Zeichnungen zu drucken. Bei Bestellungen von neuen Lederschläuchen nehme man das Längenmaass derselben eher etwas zu knapp als reichlich. Es ist nämlich sehr vortheilhalt, wenn das Leder, nachdem man es aufgezogen und das obere Ende zugeschnürt hat, unten 1 bis 11/2 cm zu kurz ausfällt. Man feuchtet solches Leder mittels Wassers und Schwammes gleichmässig an und zieht es mit beiden Händen nach unten. Es dehnt sich in diesem Zustande wie ein Waschlappen, und hat es durch das Ziehen die nöthige Länge erhalten, so schnürt man das Ende zu. Derart ange feuchtetes Leder sitzt wie angegossen. Selbstverständlich muss man das Wasser erst gut austrocknen lassen, bevor man den Firniss aufstreicht. Was die Streitfrage anbelangt, ob zum Reinigen (Putzen) der Walzen Petroleum oder Terpentinöl besser ist, bin ich ent schieden der Ansicht, dass letzterem in jeder Beziehung der Vorzug gebührt. Ist Terpentin auch theurer als Petroleum, so weist es doch 3 gute Eigenschaften auf, die dem Petroleum fehlen: 1. löst es die Farben schneller und besser auf, folglich braucht man davon weniger; 2. verdunstet es, wodurch die Walzen und deren Unterlagen stets trocken sind; 3. reinigt es die Luft in den Arbeitsräumen. Beim Putzen mit Petroleum geht dieses durch das Leder hindurch und bringt sehr bald die Stoffunterlagen des Leders zum Faulen. Ferner hat Petroleum den Uebelstand, dass die Steine, wenn die Walzen nicht ganz gehörig trocken abge rieben werden, leicht tonen und Nachätzungen nöthig machen, was sich besonders bei Lasurfarben oft bemerkbar macht. Die Schuld wird dann in der Regel den Umdrückern aufgehalst, und angenommen, diese hätten die Steine zu schwach ge ätzt. X Buchgewerbe in Düsseldorf Aua dem Jahresbericht 1900 der Düsseldorfer Handwerkskammer Die Buchdruckerei hatte im Allgemeinen nicht dieselben finanziellen Erfolge wie in den Vorjahren. Der Hauptgrund lag in der Frühjahr LOO begonnenen und im Laufe des Jahres stetig anhaltenden Steige rung der Papierpreise. Die Preissteigerungen waren so enorm, dass z. B. Schreibpapier und Karton um 10 bis 20 pCt., Zeitungspapier um 80 t»is 83‘/ 3 pCt., Briefumschläge sogar um 50pCt. in die Höhe gingen. Der Geschäftsgang in der Buchbinderei war nur mittelmässig, wenn es auch an ausreichenden Bestellungen nicht fehlte. Lohnend kann der Betrieb fast nur dadurch gemacht werden, dass Schreibwaaren- Handlungen als Nebengeschäft betrieben werden. Bin Hauptanziehungspunkt für die Fachleute wird die Kollektiv- Ausstellung der Buchbinder-Innung auf der nächstjährigen Kunst- und Gewerbe-Ausstellung sein, der sich die Aussteller aus dem Rhein- Ruhr-Verbande angeschlossen haben. Nicht weniger als der zehnte Theil des ganzen Rauminhalts des Pavillons ist von der jungen that- kräftigen Innung belegt worden. Eine grosse Aufgabe haben sich die. Innungsmitglieder gestellt, denn es wird einerseits eine alte Buch- binderei des 16. Jahrhunderts mit allen Werkzeugen und Arbeits- mitteln damaliger Zeit so vorgeführt werden, dass jeden Augenblick, insbesondere an einzelnen Besuchstagen, gearbeitet werden kann. Daneben aber soll eine Buchbinderei der Neuzeit, mit all den grossen und kleinen Hilfsmaschinen, vorgeführt werden, deren sich der ent wickelte Kleinbetrieb zur Zeit bedient. Dieser neuzeitliche Betrieb wird während der Dauer der ganzen Ausstellung und mit voller Arbeitszeit thätig sein. Alle Maschinen werden mit elektrischem Antrieb arbeiten. Man wird also nicht allein die Arbeiten rheinischer Buchbindekunst begutachten können, sondern auch Gelegenheit haben, diesneuesten Fortschritte des Maschinenwesens, Muster von Papieren, Kaliko, Leder und Anderem zu besichtigen, mit einem Worte, sich über den Stand deutscher Buchbinderei bis ins Einzelne zu unter richten. Dies Alles aber neben dem kleinen bescheidenen Raume, in dem noch mit Scheibenhobel, Schlaghammer und hölzernen Deckeln hantirt und gearbeitet werden kann. Der Bericht der Handwerkskammer klagt über Mangel an Lehrlingen. Zum grössten Theil soll diese Erscheinung darauf zurückzuführen sein, dass die Eltern vielfach ihre Kinder für den Handwerkerstand für zu gut halten. Können die Jungen einiger maassen hübsch schreiben und gut rechnen, so werden sie auf einem kaufmännischen Kontor untergebracht. X. Arbeitsordnung in Buchdruckereien Ich sende anbei jene Paragrafen meiner Arbeitsordnung, welche mir von der hiesigen Gewerbe-Inspektion und Polizei-Behörde nicht genehmigt wurden. In den vielen Arbeitsordnungen, die ich bisher gedruckt habe, waren stets Bestimmungen über Lohn-Abzüge für zu gefügten Schaden enthalten. Wie es scheint, suchen Gewerbe-In spektion und Polizei-Behörde mir darin Späne zu machen. Was ist dagegen zu machen? »§ 11 Abs. 4. Abzüge vom Lohn können bei Schaden zufügungen erfolgen, deren sich der betreffende Arbeiter schuldig gemacht hat.« Dieses soll nicht zulässig sein? Es bekommt z. B. ein Papierschneider 1000 Bogen Papier, welches auf Format 20x12 geschnitten werden soll, derselbe schneidet das Papier aber nur 20X10, mithin ist das Papier nicht mehr zu ver wenden; sollte man da nicht berechtigt sein, dem Arbeiter diesen Schaden vom Lohn in Abzug zu bringen? »§ 15. Zur Sicherung gegen Vertragsbruch kann den Ar beitern bis zu einem Viertel des fälligen Lohnes bei der ein zelnen Lohnzahlung bis zum Gesammtbetrage eines durchschnitt lichen Wochenlohnes einbehalten werden.« Wenn ein Arbeiter ohne Kündigung seine Arbeit verlässt, ist man doch wohl berechtigt, den noch fälligen Lohn für die gearbeiteten Tage als Schadenersatz einzubehalten? Der Arbeiter fordert doch auch, wenn derselbe sofort entlassen wird, seinen Lohn auf vier zehn Tage! »§ 24 Abs. 3. Holzschnitte, Galvanos, Zinkätzungen, Initialen usw. sind aufs Sorgfältigste zu behandeln und nach Gebrauch sofort abzuliefern. Verschuldete Beschädigungen dieser Sachen werden dem Setzer in Anrechnung gebracht. Abs. 9. Wenn sich durch die Schuld des Setzers das aber malige Abziehen einer Korrektur nöthig macht, sei es infolge falschen Ausschiessens, mangelhaft ausgeführter Korrektur oder Ausserachtlassung anderweitiger Anordnungen, so hat derselbe für einen ganzen Bogen 20 Pf., für einen halben Bogen 10 Pf. als Schadenersatz zu bezahlen. Abs. 10. Falsches Ausschiessen der druckfertigen Form wird mit 1 M. Schadenersatz berechnet, wenn die Form bereits in die Maschine gebracht ist; mit 1 M. 50 Pf., wenn der Fehler erst bei der Revision bemerkt wird; mit 2 M. und mehr, wenn es sieh um Bilderformen handelt, die stundenlange Zurichtung er fordert haben. Die Verschuldung für falsches Ausschiessen der druckfertigen Form trifft Setzer und Drucker gemeinsam; die angesetzten Beträge sind von Jedem zur Hälfte zu bezahlen. Abs. 11. Für Schäden, welche dem Geschäft daraus ent stehen, dass Fehler nicht oder falsch korrigirt oder in den Satz hineingebracht werden, sei es durch den Setzer oder Drucker, haben die Betreffenden aufzukommen. § 25 Abs. 2. Der Drucker ist für ordnungsmässige Aus führung der ihm übertragenen Arbeit verantwortlich. Er hat für den Schaden aufzukommen, der dem Arbeitgeber durch zweckwidriges Handeln beim Schliessen der Form und bei der Zurichtung entsteht, wie auch für die Makulatur, welche infolge verkehrten Umschlagens, fehlerhafter Anlage, falschen Formats, unrichtigen Einsetzens von Figuren bezw. Buchstaben, unregel mässiger Färbung, kurz fahrlässigen Gebarens bei Erledigung der Arbeit entsteht.« § 24 Abs. 3 und 9, 10 und 11, sowie § 25 Abs. 2 werden mir ebenfalls nicht genehmigt! biePolizei-Behörde erwidert mir einfach: »Die Vereinbarung, dass Lohnabzüge gemacht werden, wenn der Arbeiter einen Schaden verursacht hat, ist nach § 394 des Bürger lichen Gesetzbuches unzulässig.« Buchdruckerei, Buchbinderei und Geschäftsbücherfabrik Wir verweisen auf die Mittheilungen der Württembergischen Fabrik-Inspektoren in Nr. 73 S. 2739. Zu § 11 Abs. 4 wird sieh danach folgender Zusatz empfehlen: Zur Sicherung des Schadenersatzes wird in den ersten Wochen der Beschäftigung ein gewisser Theil (etwa 1/10) vom Lohn zurückgehalten, bis dieser Betrag, der für den Arbeiter verzinst wird, die Höhe eines Wochenlohnes erreicht. (Die Kaution für den Fall eines Vertragsbruchs darf nach § 394 BGB nicht als Schadenersatz benutzt werden.) § 15 bürdet dem Arbeiter einen zu hohen Abzug für Kautionszwecke auf. Mehr als */>o seines Lohnes kann ein Ar beiter von seinem Lohn nicht leicht dafür abgeben. Auch müsste bestimmt werden, dass auf einmal nur für eine Kaution Abzug zulässig ist. Die Beanstandung der §§ 24 und 25 erfolgte offenbar, um den Arbeiter vor zu harten Schadenersatz-Leistungen zu be wahren. ImUebrigen gilt für diese Punkte das zu §§ 11 und 15 Gesagte.