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Nr. 55 PAPIER-ZEITUNG 2083 ausgeführt worden sind und werden konnten, wie er in der Praxis kaum vorkommt, so geben die daraus gewonnenen Formeln noch keine wirklichen Gesetze, sondern nur Annäherungswerthe. Die ausführlichsten Versuche sind angestellt worden über den Ausfluss aus Schütz öffnungen mit oder ohne Druckhöhe über der oberen Ausflusskante, wodurch sich die Ausflussöffnung als Durchlass oder Ueberfall charak- terisirt. In beiden Fällen waren die Seiten des Ausflusses scharf kantig, der auslaufende Wasserstrahl frei abfallend. Diese Methoden verbieten sich wegen des dazu nöthigen Gefäll-Aufwandes von selbst für die meisten Anlagen zur »fortlaufenden« Beobachtung der Zufluss menge, ebenso wie die äusserst interessant ersonnene, in Nr. 49 wieder gegebene Methode. Für Wasserkraftanlagen, denen das Betriebswasser durch lange Röhrenleitungen zugeführt wird (Hochdruckgefälle), lässt sich aus dem Druckunterschied, den zwei in möglichst verschiedener Druckhöhe angebrachte Manometer zeigen, mittels der Formeln für die Bewegung des Wassers in Röhren die Geschwindigkeit berechnen, mit der das Wasser die Röhren durchläuft. Das Produkt aus Querschnitt der Röhren und Geschwindigkeit ergiebt die Wassermenge. Passend an gebrachte Manometer ermöglichen also für derartige Anlagen verhält- nissmässig leichte und genaue Kontrolle der Zuflussmengen. Auf Wiedergabe von Formeln und dazu erforderlichen Hilfs-Tabellen verzichte ich an dieser Stelle, da dieselben in mehreren Handbüchern zu finden sind. C. R. Stellenvermittlung auf Kosten der Stellensuchenden Sebnitz i. Sa., 4. Juli 1901 Ich kann über das Centralvermittlungs-Bureau für Arbeitskräfte der Papier-Industrie »Continent« in Basel und St. Ludwig einigen Auf schluss geben. Man war auch an mich mit den bereits bekannten Konditionen herangetreten. Da mir die Sache aber recht komisch vorkam, ging ich nicht auf den Leim, sondern wandte mich unter Mitgabe der ganzen Postsendung und Beifügung des berühmten Inserates an die Polizeibehörde in St. Ludwig. Leider erhielt ich erst jetzt, nach wiederholter Anfrage den Bescheid, dass man meine Anzeige der Kaiserl. Staatsanwaltschaft übergeben habe. Das Schreiben der Polizeibehörde von St. Ludwig und Amtsbehörde von Hüningen füge ich zur gefl. Einsichtnahme hier bei. Der Hauptbetheiligte »Mederer«, der übrigens von Basel aus Offerten für Papierlieferungen eingeholt hat, ist ungefähr 22 Jahre alt, und dürfte durch seine Anfragen diversen Papierfabrikanteri bekannt sein. Ich bin auch gerne bereit, auf An frage einigen Lesern noch nähere Auskunft zu geben. Walther Nerlich In der mit obiger Zuschrift eingegangenen Antwort sagt der Polizeikommissar von St. Ludwig i. Elsass, »Continent« sei dort völlig unbekannt usw. Das Kaiserl. Amtsgericht Hüningen schreibt, dass das Strafverfahren gegen Mederer eingeleitet ist. Verpackung von Papierwaaren In einer Streitsache behauptet ein Kunde von uns, dass es in der Papierwaarenbranche Usus sei, etwa verwendete Holzrahmen nicht zu berechnen. Es handelt sich im vorliegenden Falle um bedrucktes Packpapier in Bogen, welches wir in der Fabrik kauften, selbst be druckten und dann in Ballen zwischen Holzrahmen verpackten. Wenn auch vielleicht einzelne Papierfabriken (alle thun dies nicht) von der Berechnung der Holzrahmen absehen, so kann daraus für die Papierwaarenfabriken doch kein Usus hergeleitet werden. Wir erlauben uns daher, Sie in diesem Falle um Ihr sachverständiges Urtheil zu bitten. X. Wir kennen keinen Handelsbrauch der besagten Art, bitten aber um gefl. Aussprache. Red. Pergamyn-Lieferung Schiedspruch Aus New York In einem Ansprüche an die deutsche Papierfabrik A. für 1906 M. 20 Pf. wegen Nicht-Erfüllung von Lieferungs-Kontrakten haben wir Sie als Schiedsrichter vorgeschlagen, dessen Urtheil von beiden Parteien entgiltig anerkannt werden soll, welchen Vorschlag die Firma A. an genommen hat. Unter einer Anzahl von Aufträgen, die wir an A. sandten, und die A. acceptirte, befanden sich die Folgenden, welche von A. unaus geführt gelassen wurden. Für alle Aufträge eröffnete unser New Yorker Bankier gleichzeitig Kredit bei einer Hamburger Bank für die Firma A. (Folgt Aufzählung der Aufträge Nrn. 215, 246, 256, 860, 362, deren ältester am 6. Oktober 1898, der jüngste am 29. Juni 1900 ertheilt wurde, und die, obgleich prompte Lieferung zugesagt war, zum Theil oder ganz unerledigt blieben.) Auf unsere zahlreichen Briefe an A. um pünktlichere Ausführung der Aufträge erhielten wir die einliegenden Briefe von A. vom 8. und 22. Dezember 1899, 4. Mai, 5. und 19. Juni, 19. Juli 1900, Ent schuldigungen und Versprechungen enthaltend, aber kein Wort über Force majeure, die ihn abhalten konnte, seinen Verpflichtungen nach zukommen. Am 8. Juni 1900 schrieben wir an A., uns bei Empfang zu kabeln, wann rückständige Aufträge ab Fabrik verladen würden. Dies beant wortete A. per Kabel mit »Nächste Woche« (Einl. Nr. 7), und bestätigte mit einliegendem Briefe vom 19. Juni 1900, dass er im Laufe näch ster Woche den ganzen Rückstand ausführen würde. Diese Versprechung hielt A. in keiner Weise und liess uns sogar von Ende August bis 15. November 1900, an welchem Tage er einliegende Postkarte schickte, ohne Nachricht, bis wir A. am 14. No vember 1900 anzeigten, dass wir Schaden-Ansprüche erheben würden. Diesen eingeschriebenen Brief liess A. unbeantwortet, und erst am 21. Dezember 1900 sandte A. uns Kopie einer vom 24. November da- tirten, von uns aber nicht erhaltenen Postkarte. In seinem Briefe vom 21. Dezember 1900 erwähnte A. zum ersten Male, dass »Force majeure« der Grund seiner Nicht-Lieferungen ge wesen sei. Wir müssen es dem Urtheile des Schiedsrichters überlassen, ob A. durch seine Angaben vom 21. Dezember 1900 seinen Lieferungs- Verpflichtungen und der Verantwortlichkeit für den von uns erlittenen Schaden enthoben sei, und ob es nicht A.’s Pflicht gewesen wäre, uns sofort zu unterrichten, wenn solche »Force majeure« vorlag, die nach deutschem Gesetze genügend war, seine Verbindlichkeiten uns gegenüber aufzuheben. Was die Kredite anbelangt, so beweisen wir durch einliegenden Brief unseres Bankiers, dass Kredite stets lange genug in Kraft waren, und dass stets, wenn A. um Verlängerung ersuchte, unser Bankier die Kredite sogar per Kabel sofort verlängerte. Den von uns beanspruchten Schadenersatz von 1906 M. 20 Pf. (Kopie Nr. 1), haben wir mässig berechnet. Der uns durch Nicht- Lieferungen erwachsene Schaden bei unserer Kundschaft beträgt weit mehr als die von uns angesetzten 10 pCt. Wir legen Muster von den Ordres 215, 246 und 256 bei, auf welche Ordres wir 10 pCt. Entschädigung wegen seitdem gestiegener Marktpreise beanspruchen. Einfuhrhaus B Aus einem Briefe des Einfuhrhauses B. vom 8. Juni geht hervor, dass Bestellung Nr. 246 nicht drängte, daher entfällt der Schadenersatz-Anspruch für diesen Auftrag, da A. später zur Lieferung bereit war. Bestellung Nr. 215 wurde am 18. Ok tober 1899 bestätigt, wiederholt zu liefern gemahnt und ver sprochen. Dasselbe gilt von der am 8. Januar 1900 bestätigten Bestellung Nr. 256. Auf die in Brief vom 8. Juni 1900 mit- getheilte Aufforderung von B., A. möge telegrafiren, wann er unter Anderm das unter Nrn. 215 und 256 bestellte Papier ab senden wird, kabelte A. am 18. Juni: »Nächste Woche«. Da nach hätte das Papier spätestens am 30. Juni verladen werden sollen. Dies geschah jedoch nicht, und am 19. Juli schrieb A., »der Rückstand von 215 und 256 komme bei erster Gelegen heit mit dran«. Von höherer Gewalt infolge Maschinenbruchs, womit A. später die Nichtlieferung begründet, war im Brief vom 19. Juli keine Rede. Die Postkarte vom 24. November 1900, worin A. »force majeure« ohne nähere Bezeichnung als Ursache der Nichtlieferung anführt, kam nicht in die Hände von B. Im Brief des A. vom 21. Dezember 1900 wird die force majeure wie folgt erläutert: »durch Bruch unserer Knotenfang-Anlage waren wir äusser Stande, so feine dünne Papiere zu liefern«. Zur Bekräftigung sandte uns B. auf unsern Wunsch eine Auf stellung der auf seiner Pergamynpapier-Maschine vom 18. Juni bis Ende Oktober angefertigten Papiere. Danach wurde Glas- Pergamyn 35 g/qm am 19. und 20. Juni angefertigt. Dann wurde bis zum 4. September nur das weniger feine Pergament-Ersatz- Papier gemacht, später kommen wieder Pergamyn und Glas- Pergamyn vor. Die Firma schreibt am 21. Dezember ferner, dass Schadenersatz-Anspruch nicht gerechtfertigt sei, da Be steller keine Nachfrist gewährt habe. Das ist formell richtig, aber Besteller konnte kaum eine Nachfrist geben, da ihm die Lieferung binnen einer Woche versprochen wurde, er keine rechtzeitige Mittheilung von der Nichtlieferung erhielt, also an nehmen musste, die Waare schwimme. Da B. durch die Nicht lieferung unverschuldet Schaden erlitt, und A., selbst wenn er das fragliche Papier nicht erzeugen konnte, durch verspätete Mittheilung dieser Unmöglichkeit den B. verhinderte seine Rechte zu wahren, entscheiden wir, dass A. dem B. 10 pCt. des Rechnungswerthes von den Aufträgen Nr. 215 und 256, so weit sie nicht erledigt wurden, als Schadenersatz bezahle, also von 812 + 1320=2132 M. 10 pCt.=213 M. 20 Pf. Mindestens um so viel ist nämlich das Papier von Ende 1899 bis Herbst 1900 theurer geworden. Die Aufträge Nrn. 360 und 362 wurden am 18. und 19. Juni 1900 ertheilt. A. versprach am 19. Juli Er- edigung derselben innerhalb vier Wochen. Hier liegt kein Fixgeschäft vor, und wenn auch A. im Verlauf der fol genden vier Wochen die Waare nicht zur Versendung brachte, so hätte doch B. Nachfrist gewähren müssen, bevor er Schaden ersatz wegen Nichterfüllung fordern konnte. Daher sprechen wir für diese Aufträge die Firma A. von Schadenersatz frei.