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2888 PAPIER-ZEITUNG Nr. 76 Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt 3192. Frage: Unser Fabrikleiter behauptet, das einliegende Papier bestehe aus reinem Braunholzschliff, während ich der Ansicht bin, dass es zum Theil Zellstoff, vielleicht auch noch etwas Bast enthält, demgemäss muss dieser Stoff auch theurer sein als gewöhn licher Braunholzschliff. Vielleicht könnten Sie auch bestimmen, wieviel Prozent Zellstoff ungefähr in dem Papier enthalten sind. Antwort: Nach Aussehen, Griff und Riss besteht das Papier entweder aus einem Gemisch von Braunschliff und un gebleichtem Natronzellstoff, oder lediglich aus Braunschliff von ganz hervorragender Reinheit und Festigkeit. Bast (Jute) dürfte darin, wenn überhaupt, nur wenig enthalten sein. Die Menge der Faserbestandtheile lässt sich nur durch mikroskopische Zählung annähernd ermitteln, womit wir uns aus Mangel an Zeit nicht befassen. 3193. Frage: Darf einem Handlungsgehilfen und Kontoristen Krankengeld von seinem Gehalt abgezogen werden ? Ich habe bereits früher in Ihrem Blatte gelesen, dass es nicht abgezogen werden darf, ich möchte es nur meinem ungläubigen Chef gedruckt zeigen. Antwort: Wir verweisen auf diesbezügliche Mitlheiiungen in Nr. 40 d. Js., Briefkasten-Frage 2978, und auf die Bemerkung hierzu in Nr. 47, Briefkasten-Seite. 3194. Frage: Wie lange hat ein Verkäufer im Geschäft bei freier Station Mittagspause, und kann er zu dieser Zeit das Geschäft verlassen? Meines Wissens ist seit Oktober v. Js. die Mittagszeit auf 1‘/2 Stunden festgesetzt. Antwort: Das Gesetz bestimmt nichts über die Mittags zeit der Handlungsgehilfen. Das am 1. Oktober v. Js. in Kraft getretene Gesetz regelte lediglich die Zeit, während welcher die Verkaufsläden offen bleiben dürfen. Nach § 62 HGB muss der Geschäftsherr für die in seine häusliche Gemeinschaft auf genommenen Handlungsgehilfen auch bezüglich der Erholungs zeit diejenigen Anordnungen treffen, welche für deren Gesundheit erforderlich sind. Es ist unseres Wissens allgemein üblich, dass in die häusliche Gemeinschaft des Geschäftsherrn auf genommene Verkäufer nach dem Mittagessen in den Laden gehen, also das Geschäft nicht verlassen. Ausgang kann auf Grund des § 62 nur aus dringenden Gesundheits-Rücksichten gefordert werden. 3195. Frage: Wir senden Ihnen in der Anlage die Kopien unseres Briefwechsels mit einem unserer Kunden betreffe einer Be stellung auf Druckpapier und bitten Sie, Ihr Gutachten in dieser Angelegenheit abzugeben. Wir haben genannter Firma unsere Qualität 32 offerirt und diese auch bei Annahme der Bestellung be stätigt. Es wird nun über das Papier wegen nicht getroffener Farbe und geringerer Qualität Klage geführt, welche nach unserer Ansicht unbegründet ist. Antwort: Der Kunde fragte unter Vorlage eines Musters nach dem Preis solchen Papiers bei Bestellung von 6000 kg und bat um telegrafische Antwort. Der Preis wurde am 8. Juli telegrafisch mitgetheilt; noch an demselben Tage kam vom Kunden telegrafische Antwort, worin er bei Ermässigung des Kilogrammpreises um 1 Pf. eine grössere Bestellung machte. Am 9. Juli bestätigte die Papierfabrik die Annahme dieses Auftrags telegrafisch. Inzwischen hatte die Papierfabrik am 8. Juli das erste Telegramm des Kunden auch brieflich beant wortet und dieser Antwort ein eigenes Papiermuster beigelegt, nach welcher sie das bestellte Papier liefern wollte. Die Papier fabrik musste wissen, dass dieser Brief sammt dem Muster noch nicht in den Besitz des Kunden sein konnte, als dieser sein zweites Telegramm absandte, daher hat das eigene Muster 32 der Fabrik mit der ganzen Bestellung nichts zu thun, und die Fabrik war verpflichtet, nach dem Vorlagemuster des Kunden zu liefern. Dieses ist heller als der Ausfall, ausserdem ist es gleichmässig gefärbt. Der Ausfall ist dunkler, hat röthliche Nuance und sieht durch eine Unzahl stärker gefärbter Fasern wie melirt aus. Der Kunde ist berechtigt, dieses Papier als nicht vorlagegemäss zu beanstanden. Das gelieferte Papier ist glätter als die Vorlage, die Festigkeit beider Sorten ist gleich. 3196. Frage: Am 3. August bestellte bei uns ein Kunde 8000 Papp teller mit Firmenaufdruck, mit der Bemerkung, dass dieselben aber spätestens am 10. August in seinem Besitz sein müssten. Der Brief gelangte erst am 5. August in unseren Besitz, da Tags vorher ein Sonntag war. Der Auftrag wurde von uns bestätigt und Lieferung zur gewünschten Zeit zugesagt. Da wir die Teller nicht selbst an fertigen, so gaben wir dieselben am gleichen Tage einer Fabrik auf, welche dieselben als Spezialität fertigt, mit dem Zusatz, dass die Teller bestimmt am 10. August am Bestimmungsorte sein müssten. Da die Fabrik nichts äusserte, so betrachteten wir deren Stillschweigen als Einverständniss. Die Sendung langte erst am 12. August am Bestimmungsorte an und wurde demzufolge von unserem Kunden zur Verfügung gestellt mit der Begründung, dass er für die Teller keine Verwendung mehr habe, selbst später nicht, da dieselben lediglich für eine Ausstellung bestimmt seien. Wir hielten uns nun an unseren Lieferanten, welcher aber schreibt, unser Abnehmer hätte gar kein Recht, die Annahme der Teller zu verweigern, da er in seinem Schreiben nicht ausdrücklich betont hätte, dass spätere Lieferung zwecklos wäre. Ausserdem hätten sich die Teller in dieser kurzen Spanne Zeit nicht herstellen lassen. Nach unserer Meinung war die Bemerkung »spätere Lieferung unnöthigs, nicht erforderlich, da ge schrieben wurde, »muss bestimmt bis 10. August dort sein«. Hätte der Fabrikant die Herstellung bis zum 10. August nicht bewirken können, dann war es seine Pflicht, uns dies zu schreiben. Wie ist Ihre Ansicht? Antwort: Es liegt ein Fixgeschäft im Sinne des Handels gesetzes vor. Da die Lieferzeit nicht eingehalten wurde, war der Kunde nach § 376 HGB berechtigt, dem Fragesteller gegenüber vom Vertrag zurückzutreten, ebenso darf Fragesteller dem Fabrikanten die Annahme der Pappteller verweigern. 3197. Frage: Wir bitten um Ihr Urtheil über beiliegende Papier muster. Muster A ist das uns von der Fabrik übersandte Qualität muster, während Muster B der Ausfall der Waare ist. Die Farbe des Papiers war von uns wie bei Muster B angegeben, es handelt sich deshalb lediglich um die Güte der Waare. Antwort: Muster A hat klingenderen Griff und ist fester, da es aus besseren, kräftigeren Fasern, in der Hauptsache aus 2a Sulfitstoff besteht. Probe mit Dr. Wurster’s rothem Reagens und Vergleich der Dr. Wursterschen Farbenskala ergiebt für Muster B etwas grösseren Holzschliffgehalt als für A, auch scheint B etwas mehr Altpapier zu enthalten. Trotzdem ist B für denselben Zweck verwendbar wie A, und wir empfehlen Uebernahme gegen 8prozentigen Preisnachlass seitens des Lieferers. 3198. Frage: Giebt es ein Verfahren zur Wasserdichtmachung des Papiers, wobei jedoch die Anfertigung auf der Langsieb- oder Pappenmaschine vorgesehen ist, und wo kein Ueberstreichen des fertigen Fabrikates zur Anwendung gebracht wird? Das Papier soll für Feuchtigkeit vollkommen undurchlässig sein. Antwort: Es wurden Verfahren für den gefragten Zweck angegeben, wobei Harz, Schellack, Wachs und dergleichen in mehr oder weniger verseiftem Zustand dem Papierstoff bei gemengt wird. Wir haben aber keine Kenntniss davon, dass sich ein solches Verfahren bisher bewährt hätte, und glauben auch nicht, dass auf diesem Wege Erfolge erzielbar sind, denn wenn Papierfasern in Wasser vertheilt sind, wie es zur Papier maschinenarbeit unerlässlich ist, so können sich dieselben nicht in hinreichendem Maasse mit den erwähnten wasserabstossenden Stoffen sättigen. Nachträgliches Bestreichen oder Tränken des halb- oder ganz getrockneten Papiers erscheint unvermeidlich, wenn man nicht vorzieht, die Papierfaser chemisch zu verändern, d. h. mittels Schwefelsäure oder Chlorzink zu pergamentiren, auf welchem Wege das bisher zuverlässigste wasserdichte Er zeugniss hergestellt wird. 3199. Frage: Vor zwei Monaten sandte mir ein Lieferant eine Doppelladung Papierabfälle. Da ich dieselben weder bestellt habe, noch zu meiner Fabrikation gebrauchen kann, ausserdem weil sie viel zu theuer sind, stellte ich sie zur Verfügung. Nach regem Brief wechsel bat er mich, um die Wagenmiethe nicht noch mehr zu er höhen, die Späne auszuladen. Um den s. Zf. herrschenden Wagen- mangel nicht zu verschärfen, liess der Bahnvorstand auf seine Ver antwortung hin die Wagen in meinen Fabrikhof (Privatgleis) leeren. Trotz mehrfacher Anfrage bei dem Absender, was damit werden soll, bin ich ohne jede Nachricht. Kann mich die Firma zwingen, die Späne zu bezahlen? Es geschah doch ohne meinen Willen. Antwort: Niemand ist verpflichtet unbestellte Waaren zu übernehmen und zu bezahlen. Wenn Fragesteller aus Gefällig keit eine Ladung auf seinem Hof aufbewahrt, so muss der Besitzer der Papierspäne, in diesem Fall der Lieferer, dem Fragesteller angemessenes Lagergeld vergüten. 3200. Frage: Ein Kunde bestellte bei mir hellbraunes Goudronnä nach Muster A, welches meiner früheren Lieferung entstammt, und verweigert die Annahme des Papiers laut Muster B, welches dem Ausfall entnommen ist, mit der Begründung, dass letzteres erheblich geringer im Stoff sei und auch einen anderen Charakter habe. Der vereinbarte Preis ist für das Papier 28 Pf. das kg; zu 22 Pf. das kg will es der Besteller allenfalls nehmen, verlangt aber Neuanfertigung. Antwort: Muster B ist etwas weniger fest und hart als Muster A. Der Unterschied liegt aber innerhalb der Grenzen, die man dem Fabrikanten solcher Papiere zubilligen muss, da die Rohstoffe, alte Taue und Jute-Lumpen, nicht stets in gleicher Güte zu haben sind. Obwohl Fragesteller unseres Erachtens den Kunden gerichtlich zwingen könnte die Lieferung zu über nehmen, empfehlen wir Vergleich durch Gewährung eines Nachlasses von 2 Pf. das kg. Verantwortlicher Redakteur Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von A. W. Hayn’« Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 29. Papier von Sieler & Vogel, Berlin, Leipzig und Hamburg