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Nr. 72 PAPIER-ZEITUNG 2707 Arbeitsordnung in Buchdruckereien Vom Rhein Wir lasen mit Interesse den Artikel »Arbeitsordnung in Buch- druckereien« in Nr. 68. Unseres Erachtens ist der Passus in der Ge werbeordnung, dass jedem Arbeiter die Arbeitsordnung auszuhändigen ist, nicht so zu verstehen, dass jeder ein Exemplar bis zu seinem Austritt zu erhalten hat, sondern dass dem Gesetz genügt ist, wenn dem Arbeiter bei seinem Eintritt die Arbeitsordnung übergeben wird und dieser durch Unterschrift bestätigt, dass er Kenntniss davon ge nommen hat und diese anerkennt. Ausserdem muss ein Formular in den Arbeitsräumen aushängen, das dem Arbeiter jederzeit die Orientirung ermöglicht. Wir haben es bis jetzt in dieser Weise gehalten, jedoch will uns jetzt die hiesige Gewerbe-Inspektion veranlassen, die Arbeitsordnung gedruckt jedem Arbeiter bis zum Austritt zu übergeben. Es wäre uns sehr erwünscht, hierüber Ihre Meinung zu hören. Papierwaaren-Fabrik § 134e der Gewerbeordnung bestimmt, dass die Arbeits ordnung jedem Arbeiter bei seinem Eintritt in die Beschäftigung zu behändigen ist. Da das Gesetz über die Rückgabe dieses übergebenen Exemplars der Arbeitsordnung nichts vorschreibt, so glauben wir, dass die Gewerbe-Inspektion mit ihrer Forderung im Recht ist. Red. Pf. M. » Gehälter Summa 189450 M. 66 Pf 31 25 46 65 52 78 8 63 13 95 25 378 24 968 9 108 2 532 23 959 5 915 26 383 39812 4 733 9 094 11094 6 480 Summa 60 488 M. 28 Pf. Der Rechenschaftsbericht des Ausschusses, welcher gedruckt vor- 8 z,enthielt einige Rügen über die Geschäftsführung des Vorstandes. Aach längerer Diskussion wurde dem Vorstand und dem Ausschuss An Verein der Lithografen, Steindruckerund Berufsgenossen Deutschlands Eigenbericht über die 4. Generalversammlung, abgehalten vom 17. bis 21. August in Halle a. S. Voraus ging eine Besprechung über die internationalen Beziehungen. Beschlossen wurde die internationale Verbindung mit England, Frank reich, Oesterreich, der Schweiz, Dänemark, Italien, Spanien, Belgien usw. ferner aufrecht zu erhalten und den nothwendigen Beitrag von 40 Pf. pro Mitglied und Jahr aus der Vereinskasse zu zahlen. Für den im nächsten Jahre in Berlin stattfindenden internationalen Kongress wurden als Delegirte Borisch, Sahm, Sillier und Tischen dörfer gewählt. Zur Generalversammlung am 18. August sind 41 Delegirte an wesend; ferner der Redakteur der Graphischen Presse, der Graphischen Rundschau, 2 Vertreter des Vorstandes, je ein Vertreter des Aus schusses, der Presskommission, der österreichischen Lithografen- Organisation, des grafischen Hilfsarbeiter-Verbandes und der General kommission der Gewerkschaften Deutschlands. Nach dem gedruckt vorliegenden Rechenschaftsbericht des Vor standes hat die Mitgliederzahl in der vergangenen dreijährigen Be richtszeit um 25 pCt. zugenommen. Zur Zeit sind organisirt: Lithografen 1721 = 31 pCt., Steindrucker 3720 = 52 pCt., Chemigrafen 621 = 61 pCt., Lichtdrucker 124 = 25 pCt. aller Beschäftigten; ausser dem gehören dem Verein an 123 Tapetendrucker, 114 Schleifer und Präger an. Lohnbewegungen fanden in den 8 Jahren in 64 Städten statt; in 12 Städten kam es zum Streik. Während die friedlichen Lohn bewegungen allgemein günstig verfielen, hatten von den Streiks 5 vollen, 4 theilweisen und 3 keinen Erfolg. Diese Streiks verursachten eine Ausgabe von 21959 M. Die am 1. Januar 1899 eingeführte Arbeitslosen-Unterstützung und Umzugskosten-Vergütung hatte eine grössere Beständigkeit der Mit glieder zur F.olge. Die mit dem Senefelder-Bund geplante Ver schmelzung wurde fallen gelassen und dafür Gebietsabgrenzung be schlossen. Ueber Maassregelungen der Mitglieder durch die Arbeit geber und Verbot von Postenstehen bei Streiks durch die Polizei- 57 653 M. 41 Pf. 2 834 „ 87 „ Bestand in der Hauptkasse am 31. Dez. 1900 . . » » den Zahlstellen „ 31. Dez. 1900 . . behörden wird Klage geführt, dadurch werde das Koalitionsrecht viel fach in Frage gestellt. Der Kassenbericht weist eine Gesammteinnahme an Eintrittsgeldern, Beiträgen usw. von 249 943 M. 94 Pf. auf. Dem steht eine Ausgabe von 189 455 M. 66 Pf. gegenüber, welche sich zusammensetzt aus: Reise-Unterstützung Arbeitslosen-Unterstützung Umzugskosten und sonstige Unterstützungen . . Rechtsschutz, Arbeitsnachweis und Bibliotheken Lohnbewegungen Generalversammlung und Konferenzen .... Graphische Presse und Graphische Rundschau . Verwaltungsmaterial usw. in den Zahlstellen . . Generalkommission und Agitation Drucksachen, Stempel, Porto usw Darlehen .... erkennung gezollt undEntlastung ertheilt. Den streikenden Glasarbeitern wurden 1000 M. Unterstützung zugebilligt. Beschlossen wurde, die Graphische Presse ins Vereinseigenthum zu übernehmen, eie statt wie bisher 4 jetzt 6 Seiten stark wöchentlich erscheinen zu lassen und einen Redakteur mit 2100 M. anzustellen. Dem bisherigen Drucker wurde der Druck auf 9 Jahre zugesichert. Der im Senefelder-Bund mit 3818 gegen 2116 Stimmen beschlossenen Gebietsabgrenzung wurde zugestimmt und damit die geplante Ver schmelzung mit diesem Bund fallen gelassen. Es wurde beschlossen, über das Lehrlingswesen eine Statistik aufzunehmen und den Behörden mit dem Ersuchen um Abhilfe von Missbräuchen einzureichen, wie auch in den Fach- und Tagesblättern von Zeit zu Zeit warnende Aufsätze zu bringen. Ferner soll durch Vereinbarung mit den Arbeit gebern eine bestimmte Zahl von Lehrlingen festgesetzt werden. Zur Tarifgemeinschaft wurde beschlossen, dass der Vorstand mit entsprechenden Anträgen an die Arbeitgeber-Verbände herantreten soll, um Regelung zunächst des Lehrlingswesens, dann der Arbeitszeit, des Arbeitslohnes, der Heimarbeit usw. zu erlangen. Vor Festlegung eines Tarifs soll sich der Vorstand mit den Ortsverwaltungen ver ständigen. Der wöchentliche Beitrag wurde von 40 auf 50 Pf. und damit auch die verschiedenen Unterstützungen erhöht. Reise- und Arbeits losen-Unterstützung wird gezahlt nach 26 wöchentlicher Mitgliedschaft 27 M., nach 52 Wochen 54 M., nach 156 Wochen 72 M. Umzugskosten nach 52 Wochen 54 M., nach 104 Wochen 60 M. Zur Unterstützung Gemaassregelter werden mindestens 2/3 des bisher verdienten Lohnes gezahlt. Als Sitz des Ausschusses wurde Nürnberg bestimmt, die Press kommission hat ihren Sitz in Dresden, und der Redakteur wohnt in Leipzig. Der Vorstand hat seinen Sitz m Berlin. Der erste Vor sitzende Sillier wurde mit einem jährlichen Gehalt von 2100 M. und 150 M. Miethsentschädigung wiedergewählt. Für den Hauptkassirer wurden 500 M. jährliche Entschädigung festgesetzt und für den Berliner Lokalbevollmächtigten 2100 M. Gehalt jährlich. Beschlossen wurde eine Statistik über die hygienischen Verhält nisse im Beruf aufzunehmen und das Ergebniss dem Bundesrath mit dem Ersuchen um Erlass einer Bundesrathsverordnung einzureichen. Die nächste Generalversammlung findet 1904 in Dresden statt. Der Tarif im Buchgewerbe Die im Buchdruckgewerbe zwischen Prinzipalen und Gehilfen im Deutschen Reiche vereinbarten tariflichen Bestimmungen über Lohn usw., die auf den Zeitraum von fünf Jahren bemessen waren, verlieren mit Ende dieses Jahres ihre Giltigkeit. Der Prinzipalsvorsitzende, Herr Büxenstein, erlässt nun gleichzeitig mit dem Gehilfenvorsitzenden, Herrn Giesecke, eine Bekanntmachung, nach der vom 23. September an eine Revision des deutschen Buchdruckertarifs geplant ist, vergl. Nr. 69 S. 2600 der Papier-Zeitung. Die Verhandlungen des Tarif- Ausschusses der deutschen Buchdrucker über die beim Tarifamt ein gegangenen Abänderungsanträge zum Tarif nehmen von genannter Zeit an ihren Anfang. Die Sympathien, welcher sich diese friedlichen Abmachungen beiderseits erfreuen, werden am besten durch eine Statistik erwiesen; denn während z. B. im Jahre 1897 8244 Firmen mit 26020 Gehilfen den Tarif anerkannten, waren im Jahre 1901 3691 Firmen mit 38682 Gehilfen nach tariflichen Bestimmungen beschäftigt. Das deutsche Buchdruckgewerbe darf sich rühmen, in sozialer Erkenntniss allen Gewerben voraus zu sein, indem Arbeitgeber und Arbeitnehmer völlig gleichberechtigt bei Fest setzung des Lohnbetrages sind. Sehr verdient gemacht haben sich um die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten über die Aus legung des Tarifes die Schiedsgerichte und besonders auch deren Vorsitzende. Welche Summe von Leistungsfähigkeit und Opfersinn der Verband der deutschen Buchdrucker an den Tag gelegt hat, beweisen seine segensreichen Unterstützungs-Einrichtungen in den verschiedensten Lebenslagen; wurde doch im Jahre 1900 in runder Summe 1 Million M. für verschiedene Unterstützungszweige veraus gabt. g. * * ♦ Ein Buchbinder wurde von seinem Prinzipal in Stuttgart auf Schadenersatz für zerschnittene Bilderbogen und auf Entschädigung wegen Verlassens der Arbeit ohne Kündigung verklagt und auch ver- urtheilt, während der Gehilfe mit seiner Gegenklage auf nachträgliche Zahlung des tariflichen Mindestlohnes mit 41 Pf. die Stunde abgewiesen wurde, da der Prinzipal den Tarif nicht als bindend für sich an erkannte. Die zugezogenen Sachverständigen waren verschiedener Meinung; wenn auch zwei Sachverständige die Meinung vertraten, dass ein Tarif für sämmtliche Angehörige des Berufs bindend sei, kam der Vorsitzende des Gerichts bei der Urtheilsverkündigung zu der Begründung, dass der klagende Arbeiter mit seiner Forderung auf 41 Pf. Stundenlohn abzuweisen sei, weil es sich hier, bezüglich des Tarifs, um kein bindendes Ortsrecht handle; wenn man von einem Orts-, von einem ortsüblichen Rechte, von einem sogen. Gewohnheits rechte spreche, so müsste dieses in das Bewusstsein aller betheiligten Kreise eingedrungen sein; es müsse ein ganz erheblicher Theil von Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine solche Abmachung für sich als verbindlich betrachten. Ein solches Ortsrecht müsse so in Fleisch und Blut übergegangen sein, dass ein Jeder wisse, dass es für beide Theile volle Giltigkeit habe, -s-