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2596 PAPIER-ZEITUNG Nr. 69 Lösung zum Vorstrieh und reichlicher Zusatz von Chromkali zur Eisenlösung geben reineren gelben Grund mit dunkel lederbraunen, schwarz eingefassten Tupfen, bei welchen der geringe Gelbholz-Zusatz nicht stark bemerkbare Schatten bildung ausserhalb der Tupfengrenze hervorruft. (Muster im Buch.) Die Bildung kräftig gefärbter Tupfen setzt farbstoffreichen vegetabilischen Vorstrich voraus, und da Kreuzbeerbrühe bei Anwendung von wenig Wasser beim Auskochen zu kostspielig wäre, so hilft man sich gern durch nicht allzu starkes Bei mischen kräftiger Gelbholz- oder Querzitron-Extraktlösung. Die an und für sich wenig gelbfärbende Kreuzbeerbrühe wird so fort gelber, wenn man derselben ein wenig Pottaschelösung oder ein anderes Alkali beimischt und dann noch etwas Aura min, Naphtol oder — wenn man grössere Mengen Anilin ver meiden will — ein wenig Brillantorange zusetzt. Einen ebenfalls beliebten, in diese Reihe gehörigen Marmor mit von Hellgrau bis zu tiefem Schwarz verschwimmenden wolkenartigen Tupfen auf gelbem Grund erhält man durch einen Vorstrich aus Querzitronbrühe mit LF Leim, Wachsseife und Kalkwasser gemischt, worauf man erst vereinzelt kleine Tupfen von Anilin, gewöhnlich Violett oder Roth, vorsprengt, dann etwas voller in grösseren Tropfen kräftige, womöglich mit etwas Gelbholz vermischte Kreuzbeerbrühe und zuletzt Eisen lösung mit ein wenig Chromkali gemischt darüber sprengt (Zwei Muster im Buch.) Roth oder grün gefärbter Grund wird, wie schon ange deutet, mit solchen Farben vorgrundirt, dann genau so be handelt wie weisser Grund, und bei hellfarbigem Grund kann man, wie mit Gelb, auch mit anderen Anilinfarben den Kreuz beerbrühen-Vorstrich anfärben. Ausserdem lassen sich Roth- holz- oder Blauholzbrühen, obgleich sie, wenn rein vorge strichen, wie bereits gesagt, unschöne Tupfen verursachen, doch auch so herrichten, dass die Einfassung der Tupfen der jenigen, die man auf Kreuzbeerbrühe erzielt, ähnlich wird. 1 kg Blauholzspäne mit 16 1 Wasser gekocht, mit wenig Kalkmilch, reichlicher Alaunlösung, LF Leim, Wachsseife und nur wenig Zinnchlorür gemischt als Vorstrich und mit Eisen vitriol-Lösung, mit etwas Chromkali, LF Leim und wenig Wachs gemischt, übersprengt, giebt Marmor mit hellviolettem Grund und ledergelben Tupfen mit etwas gemaserten schwärzlichen Grenzen. (Muster im Buch.) Man hört sehr oft darüber klagen, dass sich Gustav-Marmor nicht mit der Marmorir-Maschine erzeugen lässt, wenigstens nicht in einer Ausführung, welche die Handarbeit ersetzt. Das ist ein Irrthum. Wenn man das Papier erst mit einer Mischung aus 50 kg China-Clay, 35 1 Wasser, 121/2 kg Wachsseife, 21/2 kg Talkum und 45 kg Kaseinlösung 1:5 vorgrundirt, dann mit einer Brühe, die durch dreimaliges Auskochen von 5 kg Kreuz beeren mit zusammen 50 bis 55 1 weichen Wassers erhalten und mit etwa 1/4 bis höchstens 1/3 kg Gelbholzextrakt in kräftiger Lösung, 5 1 LF Leim und 1 bis 11/2 1 Bienenwachsseife gemischt wird, vorstreicht und mit Eisenlösung, welcher ebenfalls ein wenig mit Bienenwachs gemischter LF Leim beigemischt und etwa 1 bis 2 pCt. Brennspiritus zugesetzt wird, übersprengt, so wird, wenn die Aufsprengwalzen nicht zu weich, am besten aus Reis stroh hergestellt sind und dem Zwecke entsprechend angestellt werden,wenn man fernernicht gleich zu Anfang die Geduld verliert, mit der Maschine mindestens ebenso schöner Gustav-Marmor erzeugt wie von Hand. Die Vorstreichbrühe darf dabei nur so aufgetragen werden, dass sie beim Aufsprengen gerade noch nass genug ist. Der geringe Zusatz von Spiritus zur Eisen lösung, welche, wie oben gesagt, auch mit Chromkali oder Zinnsalzlösung gemischt sein kann, trägt dazu bei, dass die Tropfen sofort breit fliessen und dann stehen bleiben, sodass die gewöhnliche Anlage einer Achatmarmorir-Einrichtung auch für diesen Marmor verwendbar ist. g) Kleister-Marmor, jetzt mehr als Maser bekannt, wurde nach Einführung der Streichmaschine, wie in Fortsetzung zu Nr. 9 von 1899 bei Beschreibung der Bilder 10—13 erwähnt, zuerst in der Fabrik von E. Th. Kretzschmar mittels der von mir erfundenen hohlen Luftgummiwalzen in grossen Mengen erzeugt. Mehrere andere Fabriken folgten diesem Beispiel. Fortsetzung folgt Papierverarbeitung in Riga Einem Bericht der Düna-Zeitung über die zur Zeit statt findende Jubiläums-Ausstellung in Riga, Russland, entnehmen wir Folgendes: Die Geschäftsbücher- und Briefumschlag-Fabrikation ist auf der Ausstellung durch mehrere Rigaer Firmen vortrefflich vertreten. Aelteste und bedeutendste Firma dieses Faches ist Augtist Lyra (Adolph Freyberg’s Erben). 1833 gegründet, erzeugt sie Geschäftsbücher nach jeglichem Vordruck. Während diese Bücher meist in heller Leinwand gebunden sind, sind die ausgestellten Hauptbücher geradezu Pracht exemplare. Ferner ausgestellte Erzeugnisse sind: Kopirbücher, Notiz-, Poesie- und Tagebücher, Noten-, Akten- und Dokumenten-Mappen, ausserdem Accidenz-Drucksachen und Briefpapiere aus der Ligat’schen Papierfabrik in allen Farben und Arten, von August Lyra mit Mono- gramm versehen und in Kartons verpackt, theils in einfacher, theils in luxuriöser Ausführung. Die nächstbedeutende Firma dieser Art ist S. Arenstamm, gegründet 1855. Auch sie erzeugt gediegene und schön gebundene Kontobücher, Tagebücher, Schreibhefte, Kladden, Poesie-Alben, Schreib und Aktenmappen, Notizbücher und Blocknotes, sowie allerlei Erzeugnisse der Druckerei. Dritte und jüngste, aber ebenbürtige Firma ist Hermann Danziger, gegründet 1886, erzeugt die selben Waaren wie die Vorgenannten. Briefumschläge erzeugt äusser A. Lyra die Firma R. Ruetz, sowie auch Kartonnagen, Beutel, Papier kapseln und Papier-Ausstattungen. Die Kuvertfabrik besteht seit 1887, die damit verbundene Kartonnagenfabrik seit 1896. Kartenspiel einst und jetzt Herr Guillemard, ein eingefleischter Republikaner, hat der französischen Deputirtenkammer ein Gesuch behufs republi kanischer Reform der Spielkarten eingereicht. Die vier Könige, schreibt Guillemard, müssen durch die ersten vier Präsidenten der Republik ersetzt werden: Thiers für Pique-König und die von Kornähren bekränzten Ceres als Pique-Dame; Mac-Mahon für Carreau-König und Jeanne d’Arc mit ihrer Fahne als Carreau-Dame; G-r^vy für Trefle-König und die Republik mit frygischer Mütze als Trefle-Dame; Carnot für Coeur-König mit Frankreich und der Trikolore als Coeur-Dame. Die vier Buben wären durch Polizeibeamte darzustellen, mit Ausnahme des Carreau-Buben, der ein Flügeladjutant sein müsste. Wahrscheinlich wird die Verwirklichung des Guillemard’schen Vorschlages noch gute Weile haben, zumal er nicht der einzige ist, der die Demokratisirung der Spielkarten angeregt hat. In Frankreich sind schon viele Versuche angestellt worden, die sich übrigens sämmtlich auf 49 Karten erstreckten, weil Gewohnheit und Tradition auch unter republikanischer Herrschaft grosse Kraft besitzen. Der Guillemard’sche Vorschlag hat Henry Frichet Gelegenheit gegeben, einen Aufsatz über den Ursprung und die Entwicklung der Spielkarten zu veröffentlichen, aus dem wir folgenden Auszug wiedergeben: Die Spielkarten sind wie das Schachspiel und die Saiteninstrumente aus Asien zu uns gekommen und wurden gegen Ende des 18. Jahr hunderts von Zigeunern, dem aus Indien stammenden Nomadenvolk, in Europa eingeführt. Indem sie aus denselben die Zukunft weissagten, führten sie bei uns die Tarok-Karten ein. Dieses symbolische Spiel beruht auf Kombinationen der Zahl 7, welche Ziffer im Orient in hoher Achtung steht. Auch die ersten chinesischen Karten waren bis zum Jahre 1120 auf der Zahl 7 begründet. Offenbar sind die gewöhnlichen modernen Karten nicht mehr symbolisch, stammen aber von solchen ab. Während der Kindheit der Völker waren die Spiele an das Schicksal gestellte Fragen und kein Zeitvertreib wie bei uns. Auch in Europa hatten die Karten zuerst einen profetischen Charakter und wurden erst später zum Spiel Anstatt sich ewig vor Symbolen zu beugen, erfanden die Abendländer Kombinationen, und anstatt an die Schöpfung, den Tod und metafysische Probleme zu denken, setzten sie sich lieber an den grünen Tisch. Die eigentlichen französischen Karten datiren aus dem 15. Jahr hundert. Das Jahrhundert aber, in welchem am meisten gespielt wurde, war das 17., weil Ludwig XIV. aus dem Spiel eine Staats- Einrichtung machte. Allerdings hatte er in dem furchtbar geldgierigen Mazarin, der sehr viel spielte und überdies im Kartenspiel betrog, einen Vorgänger gehabt. Es wird erzählt, dass Mazarin bis zum Augenblick seines Todes, als ihm der päpstliche Nuntius die heilige Wegzehrung reichen wollte, spielte. Nachdem Mazarin, der allmächtige Minister, gestorben war, und Ludwig XIV. die Regierung übernommen hatte, gab er dem Spiel einen amtlichen Charakter und betrieb es in Paris wie in Fontainebleau, St. Germain, Marly und Versailles. Der »Mercure« theilte im Dezember 1672 mit, dass bei Hofe an den Empfangstagen gespielt wurde; ein Konzert eröffnete den Abend, endete aber bald damit, dass alle Höflinge nach den mit grünem Tuch bedeckten Tischen liefen. Der König ging, wenn er nicht seine Partie machte, von einem Tisch zum andern und verfolgte auf merksam das Spiel. Jedermann war damals von der Spielleidenschaft ergriffen, sodass Dangeau, der beste Spieler seiner Zeit, dem Spiel seine Ernennung zum Grossmeister des St. Lazarusordens, zum Mitglied der Akademie und zum Staatsrath verdankte. Ludwig XIV. liebte das Spiel bis zu seinem Tode. Das Spiel hatte unter ihm die Konversation getödtet, welche erst durch die Liebe im nächsten Jahrhundert zu neuem Leben erweckt wurde. Im