Volltext Seite (XML)
Nr. 56 PAPIER-ZEITUNG habe der Londoner Schriftgiesser Oaslon im Jahre 1720 eine Elzevirschrift herausgegeben, welche starke Grundstriche und feine Haarstriche, grosse Bunzenweite und geringe Höhe der gemeinen Mittelbuchstaben a m usw. zeigte. Diese Schrift fand allgemeinen Beifall. Mit der Zeit aber wandte sich der Geschmack gerade den gegentheilig geschnittenen Schriften zu, und die Matern der Elzevir wurden als veraltet weggepackt, bis nach etwa 60 Jahren diese Schrift wieder in Aufnahme kam und durch Gentzsch & Heyse bei uns eingeführt wurde. Hierauf lenkte der Vorsitzende Herr Könitzer die Auf merksamkeit der Anwesenden auf die im Versammlungsräume ausgestellten russischen Plakate welche Herr Morgenstern zu diesem Zwecke zur Verfügung gestellt hatte. Dieselben stammen aus der bedeutendsten lithografischen Anstalt in Petersburg, von der Firma Roman Golike. Sie wurden zum grössten Theil von russischen Künstlern entworfen und in geschickter Technik und guter Farbengebung ausgeführt. Bei der Besprechung dieser Plakate wurde darauf hingewiesen, dass dieselben für Plakatzwecke vielfach zu detaillirt in der Zeichnung und für unseren Geschmack zu farbig ausgestattet seien. Auch komme der Text nicht immer genügend zur Geltung. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Plakate der sezessionistischen Ausstellungen in Darmstadt und Berlin in den Kreis der Betrachtung gezogen; die Redner, welche hierzu sprachen, konnten sich für den durch diese Plakate zum Ausdruck gebrachten Geschmack nicht begeistern. Schliesslich wurde die Frage aufgeworfen, welche' Arbeit bei einem Wettbewerb höher zu schätzen sei, eine Skizze, welche mit vorhandenem Giesserei-Material ausgeführt oder eine solche, bei welcher der Accidenzsetzer eigene Ornamente usw. gezeichnet habe, die bei Ausführung der Arbeit in der Praxis erst angefertigt werden müssten. Herr Kulbe be antwortete dieselbe dahin, dass es zunächst darauf ankomme, welche Bedingungen bei dem Erlass eines Preisausschreibens gestellt würden; sei die Benutzung vorhandenen Materials nicht vorgeschrieben, so hätten die Preisrichter nicht danach zu fragen, ob die Herstellung der gezeichneten Ornamente oder Schriften bei der Ausführung der Arbeit Schwierigkeiten bereite oder nicht, und ob der Bewerber auch imstande sei, die in der Skizze ausgedrückten Ornamente korrekt für die Reproduktion zu zeichnen. Wolle man dies, so müsse man bei dem Preisausschreiben eine Zeichnung mit einsenden, wie das z. B. bei Wettbewerben in der Architektur geschähe. Dabei aber sei zu berücksichtigen, dass beim Accidenzsetzer das Komponiren die Hauptsache sei, und dass nicht jeder Setzer auch geschickter Zeichner sei, was bei Architekten im Allgemeinen zutreffe. Die weitere Frage, ob es nicht praktischer sei, beim Skizzir- Unterricht in der Fachklasse die Schüler anzuhalten, nur vorhandenes Giesserei-Material zu verwenden, anstatt solches frei zu entwerfen, wurde von Seiten der Fachlehrer verneint mit dem Hinweis darauf, dass Derjenige, welcher sich das nothwendige Material selbst zeichnen könne, auch in der Lage sein werde, in jeder Druckerei aus dem vorhandenen Material das für die bestimmte Arbeit Passendste auszusuchen. Eine Reklamation wegen unpünktlicher Bestellung der Papier- Zeitung wurde dahin beantwortet, dass die betreffenden Mitglieder sich in solchen Fällen direkt an die Expedition wenden möchten, welche zweifellos Abhilfe schaffen würde. Als neues Mitglied wurde angemeldet Herr Eugen Schürer. Mit dem Wunsche, dass die Mitglieder sich nach den Ferien wieder zahlreich und in bestem Wohlsein zu erneuter gemeinsamer Thätigkeit zusammen finden möchten, schloss der Vorsitzende die Versammlung um 121/4 Uhr. Mehrlieferung Zu Nr. 53 Es ist allerdings recht schwer, bei Ausführung von namentlich mehrfarbigen Druckarbeiten ein Mehr oder Weniger zu vermeiden, und ich selbst habe schon bei mancher Lieferung das Mehr zur Ab lieferung gebracht, um dadurch entweder den Gesammtertrag der Arbeit zu erhöhen, oder auch in anderen Fällen den Einzelpreis durch Berechnung einer grösseren Menge kleiner erscheinen zu lassen. Nach meiner Ueberzeugung sind Druckereien und lithogr. Anstalten aber nie berechtigt, mehr oder weniger als bestellt zu liefern, wenn es nicht ausdrücklich vorbehalten war, denn genau so wie wir bei grösseren Abweichungen immer die Ursache im eigenen Betriebe, d. h. in einem Verschulden der Angestellten suchen, müssen wir das auch bei kleineren Abweichungen thun. Es ist ja recht schwer, das 2123 Richtige zu treffen, aber immerhin ist die Schwierigkeit mehr oder weniger in dem Thun und Lassen der Angestellten oder in sonstigen Umständen und Zufällen begründet, die lediglich der Fabrikant und nicht der Besteller zu vertreten hat. Entsteht z. B. da, wo ein Preis vorher vereinbart war, ein Mehr oder Weniger, so ist entweder im Voranschlag die Berechnung unrichtig gewesen, oder die vorgesehenen Rohstoffe und Arbeitszeiten sind nicht innegehalten worden, beides Unregelmässigkeiten, deren Kosten man billigerweise nicht dem Besteller aufbürden darf. War kein Preis vereinbart, dann ist es leicht, sich vor Schaden und unliebsamen Auseinandersetzungen zu bewahren, indem man die Herstellungskosten auf die bestellte Stück zahl vertheilt. Ein Handelsbrauch, der den Druckereien zugute kommt, besteht nicht. Es ist wohl üblich, dass bei Erzeugnissen, die sich schwer in genau abgegrenzten Mengen herstellen lassen, eine Abweichung von der Bestellung seitens des Fachmannes nicht beanstandet wird. Da ihm die Schwierigkeiten bekannt sind, trägt er ihnen bis zu einer gewissen Grenze Rechnung. Von Demjenigen aber, der dem einzelnen Fabrikationszweig fernsteht, kann man un möglich verlangen, dass er die ihm unbekannten Umstände berück sichtigt, und es ist Sache der Fabrikanten, solche Abnehmer im Voraus darauf aufmerksam zu machen, dass ein Mehr oder Weniger entstehen kann. Das sollten sich ganz besonders Druckereien und lithogr. Anstalten zur Regel machen, da gerade sie ihre Kunden zum grössten Theil ausserhalb des Kreises ihrer Fachgenossen finden. B. Wir schliessen hiermit die Aussprache, lind. Eigenthumsrecht an Lithografien Aus Sachsen Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns in einer Meinungs verschiedenheit, in die wir mit einem Besteller hinsichtlich des An rechts auf die Lithografien für eine ausgeführte Arbeit gerathen sind, freundlichst zu einer Bestätigung über die in unserer Branche übliche 'Praxis verhelfen wollten. Der Betreffende ertheilte uns vor etwa Jahresfrist einen Druck auftrag, den wir inzwischen ausgeführt haben, und der eine grosse Anzahl voll farbiger Lithografien umfasste. Die Steine und Platten haben wir bis jetzt für Nachbestellungen aufbewahrt, wollen sie auch weiter aüfheben, doch beanspruchen wir, dass diese Aufbewahrung durchaus freiwillig und für uns unverbindlich sein muss, während unser Besteller dem gegenüber die Aufbewahrung als ein ihm zu stehendes Recht fordert und behauptet, dass er die Lithografien be zahlt habe, dieselben also sein Eigenthum seien. Einen derartigen Eingriff in unsere Rechte möchten wir aber schon des Prinzips wegen unbedingt zurückweisen. Wir sind s. Zt. bei Uebernahme des Auftrages keinerlei Verpflichtung eingegangen die Platten aufzubewahren, noch haben wir die Lithografien extra berechnet oder behandelt, sondern lediglich die Herstellung der Druckarbeiten, d. h. eine bestimmte Auflage Drucke zu einem fest gesetzten Millepreise zu liefern übernommen. Soviel uns nun bekannt ist, sind schon verschiedentlich Reichsgerichts-Urtheile dahin er gangen, dass die Lithografien für ausgeführte Steindruckarbeiten durch die Bestellung derartiger Arbeiten nicht in den Besitz des Bestellers übergehen, und dieser keinen Anspruch an die Lithografien hat, die lediglich ein Mittel sind, um den Druck bewerkstelligen zu können. Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie uns diese Urtheile namhaft machen könnten, damit wir sie uns verschaffen, und uns evtl, diejenigen Nummern Ihres geschätzten Blattes zukommen lassen wollten, in denen diese Urtheile zum Abdruck oder ähnliche Fälle zur Besprechung gelangt sind. E. In den Jahrgängen der Papier-Zeitung finden sich viele Aeusserungen von Fachgenossen über diese Frage, zuletzt in Nrn. 54 und 60 von 1900. Die Ansichten gehen weit aus einander und sind noch durch kein reichsgerichtliches Urtheil geklärt. Der Papier-Industrie-Verein hat deshalb beschlossen, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der von einem Mitglied zu endgiltiger Entscheidung durch das Reichsgericht geführt würde. Letzteres urtheilt jedoch nur, wenn es sich um mehr als 1500 M. handelt. Eine Firma in Süddeutschland hatte die Absicht, hiervon Gebrauch zu machen, wir haben jedoch nichts weiter darüber erfahren. Einstweilen wäre Mit- theilung von Entscheidungen irgend welcher Gerichte erwünscht. Aus den vielen erschienenen Aeusserungen scheint jedoch hervorzugehen, dass es üblich ist, die auf Kosten des Bestellers hergestellte Lithografie eine Zeit lang (6—12 Monate) aufzu bewahren und nicht abzuschleifen, ohne dem Besteller davon Mittheilung zu machen. Wechsel-Vordruck Zu Nrn. 48, 51 und 53 Aus Hamburg Die Reichsbank, Hauptstelle Hamburg, hat jetzt offiziell erklärt, dass die zuerst verweigerten Formulare ausreichend sind, und zwar auf Grund des Art. 9 der W.-O. Es wurde von der Bank der Wunsch ausgesprochen, dass die betr. Interessenten des Papierfachs ein von der Reichsbank amtlich