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Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unbercksichtigt An C. K. in P., Holländisch Guyana. Wir haben Ihr Schreiben vom 16. Juni erhalten, können aber die Frage nicht beantworten, weil das im Brief erwähnte Muster nicht beilag. 3077. Frage: R. giebt an, Muster I (maschinenglatt) in Farbe von Muster II bestellt zu haben. Geliefert wurde nach beigefügter Druckvorlage. Ist ein Unterschied in der Festigkeit vorhanden und so gross, die Reklamation zu rechtfertigen? Gütliche Erledigung, welche wir, um den Kunden zu erhalten, herbeizuführen dachten, erscheint in Hinsicht auf den Brief vom 2. Mai d. Js. (beansprucht wird ein Nachlass von 50 M. 40 Pf. auf einen Betrag von 128 M.) ausgeschlossen. Antwort: Wir finden bei Prüfung von Hand keinen Festigkeits-Unterschied zwischen dem gelieferten Papier und dem Bestellmuster, die beide ziemlich viel Holzschliff ent halten. Ein Unterschied besteht in der Glätte, indem das Bestellmuster maschinenglatt, das Liefermuster einseitig glatt ist. Dies hat jedoch auf die Festigkeit keinen Einfluss. Wie aus dem Briefwechsel hervorgeht, hat Käufer das Papier am 2. April wegen nicht probegemässer Glätte zur Verfügung ge stellt. Da der Glätte-Unterschied die Verwendbarkeit des Papiers nicht beeinträchtigt, und die einseitige Glätte des Papiers sogar gefälliger wirkt als das matte Bestellmuster, so ist es fraglich, ob der Käufer bei einer gerichtlichen Entscheidung des Streites mit seiner Annahme-Weigerung im Recht bleibt, daher empfehlen wir Vergleich derart, dass Käufer das Papier mit lOprozentigem Nachlass übernimmt. Er macht dabei ein gutes Geschäft, denn das gelieferte Papier ist mehr werth als das bestellte, wenn es auch nicht mustergetreu ausfiel. 3078. Frage: Ich übersende zwei Muster von sat. Tauen papier und bitte um Ihr Gutachten. A ist Kaufmuster, B die gelieferte Waare. Ich bin der Meinung, dass B nicht so zähe und fest wie das Kaufmuster und daher geringwerthiger ist. Um wiewiel Prozent ist es an Werth geringer? Antwort: Beide Papiere sind an Zähigkeit nahezu gleich, das Liefermuster ist etwas heller und reiner als die Vorlage. Von Minderwerth der Lieferung kann keine Rede sein. 3079. Frage: Mir wurde vor einigen Tagen beiliegendes Muster übersandt, nach welchem ich einen grösseren Posten »unzerreissbares Papier« anzufertigen hätte. Mir ist nur bekannt, dass 4—6 Bogen starken Seidenpapiers mit irgend einem Präparat bestrichen, aufeinander gelegt und zum Trocknen auf gehängt werden, weshalb die Herstellung sehr billig ist. Können Sie mir hierüber Auskunft geben? Antwort: Das Papier sieht aus wie das aus dünnem japa nischem Papier mittels des japanischen Klebstoffs »Konjaku« hergestellte Luftkissen-Papier. »Konjaku« wurde in Nr. 76 der Papier-Zeitung von 1898, und eine Nachahmung solchen Stoffs, sogen. Peltine-Leder, wurde in Nr. 44 der Papier-Zeitung von 1900 von unserm Mitarbeiter August Weichelt unter Angabe der Herstellungsweise beschrieben. 3080. Frage: Kann ich, in gesetzlicher Kündigung stehend, zur Rückkehr auf meine Stelle gezwungen werden, wenn ich dieselbe, ohne den Austrittstermin abzuwarten, verlasse? In welcher Weise kann ich mich gegen Behinderung in meinem Fortkommen durch den früheren Chef schützen, wenn dieser dem jetzigen durch unrichtige Angaben eine ungünstige Mei nung von mir beizubringen sucht und ihn durch Briefe auf fordert, mich zur Rückkehr zu veranlassen? Antwort: Nach § 70 HGB kann der Handlungsgehilfe ohne Einhaltung einer Frist kündigen, also auch während der Kündigungsfrist den Dienst verlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. § 71 zählt einige solcher Gründe auf. Liegt kein wichtiger Grund vor, worüber im Streitfall der Richter ent scheidet, so kann der Handlungsgehilfe gezwungen werden, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auf seiner Stelle zu bleiben und die durch seine Weigerung entstehenden Kosten dem Ge schäftsherrn zu ersetzen. Verbreitung unwahrer Thatsachen, die einen Anderen verächtlich zu machen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet sind, ahndet § 186 des Strafgesetzes mit Geldstrafe oder Gefängniss. Werden solche unwahren Be hauptungen wider besseres Wissen gemacht, so tritt nach § 187 unter allen Umständen Gefängnissstrafe ein. 3081. Frage: Bei der Papierfabrik W. bestellte ich durch ihren mich besuchenden Reisenden eine Probe von etwa 800 kg weiss unsatinirt (maschinenglatt) Kaschirpapier in Rollen im Gewichte von 80/84 g/qm. Bedingungen: Farbe wie Muster a, Qualität Muster b. Die Lieferung fiel wie Muster c aus. Ich beanstandete Qualität und Färbung, behielt jedoch dieses Pöstchen. Beim Vertreter und auch schriftlich habe ich mir grössere Zähigkeit und Weisse nach meinen Mustern bedungen, falls ich Abschlüsse machen sollte. Diese Gelegenheit bot sich sehr bald, und ich schloss am 19. Januar d. J. 2000 kg, wovon ich alsbald 15000 kg abrief. Geliefert wurden nach langen Drängen 10000 kg. Auf meinen Vorhalt, warum nur eine Theil sendung, erwiderte man mir, es wäre nicht mehr von dem feinen Holzstoff gesammelt, auch könnten immer nur 10000 kg wegen der Fracht geliefert werden. Ausfall war wie Muster d. Diese Waare entsprach schon mehr meinen Anforderungen. Kurz darauf konnte ich auch über den ganzen Rest verfügen, änderte jedoch hierbei, einem Wunsche meines Abnehmers folgend, das Gewicht auf 76/78 g. Trotz wiederholter Mahnung konnte ich Lieferung nicht erlangen und musste telegrafische Verzugszeit stellen und mit Deckungskauf drohen. Jetzt er folgte Lieferung, jedoch nach Muster e. Ich musste sofort, da ich in grösster Verlegenheit bin, um Ersatzlieferung schreiben und gleichzeitig den ganzen Doppellader wegen gänzlich ab weichender Farbe und zu schwerem Qm-Gewicht (81 statt 76/77 g/qm) zur Verfügung stellen. Auch ist das Papier wesentlich weniger maschinenglatt. Ist meine Verfügung stellung berechtigt? Bestellt und mit dem Vertreter besprochen war ausdrücklich »wie gehabt«. Antwort: Die Farben-Abweichung zwischen den Mustern a und e ist beträchtlich. Laut Verkaufsbedingungen des Vereins Deutscher Papierfabrikanten ist bei Rollenpapieren von normalem Gewicht Ueber- und Untergewicht von 4 pCt. des Sollgewichts zulässig. 4 pCt. von 77 g ist rund 3 g, demnach müssen Rollen übernommen werden, deren Papier durchschnittlich zwischen 74 und 80 g/qm stark ist. Die Glätte von Muster b ist wesentlich besser als die von e, und dieser Unterschied be rechtigt zur Annahme-Weigerung. Wir halten es jedoch für beide Theile vortheilhafter, sich zu vergleichen, etwa durch Uebernahme des Papiers gegen 71/2 pCt. Nachlass vom Preis. Nach Niederschrift vorstehender Antwort erhielten wir eine Darstellung des Vorfalls von der Papierfabrik, die versichert und beweisen will, dass das Papier durchschnittlich auf das Bestellgewicht 76/78 g gearbeitet wurde, und dass nur wenige Rollen davon abweichen. Nach den von ihr eingesandten Proben ist die Lieferung nur wenig in Farbe von der Bestell probe verschieden, was überdies bei Streichpapier nicht schadet. An Glätte lässt das gelieferte Papier zu wünschen, ob dieser Mangel aber zur Annahme-Weigerung berechtigt, kann von gerichtlichen Sachverständigen verschieden beurtheilt werden. Wir sind leider nicht imstande festzustellen, ob die vom Käufer gegebene Darstellung oder die des Lieferanten richtiger ist, empfehlen aber jetzt, nachdem beide Theile gesprochen haben, dass das Papier mit 5 pCt. Nachlass (nicht 7/ wie oben) über nommen wird. 3082. Frage: Anliegende Ulkkarte trägt den Vermerk »Nachahmung wird verfolgt«. Ich frage nun, ob diese Karte gesetzlich geschützt ist, oder ob der Herausgeber selbständig diesen Ausdruck wählte. Antwort: Aus dem Muster ist nicht ersichtlich, ob der Verleger für die Karte Gebrauchs- oder Geschmacksmusterschutz erworben hat. Da keine Nummer angegeben ist, und der Vermerk in seiner allgemeinen Fassung nichts besagt, ist die Karte wahrscheinlich nicht geschützt und kann in diesem Fall straflos nachgeahmt werden. 3083. Frage: Ich soll mit einer Firma einen Vertrag, die Herstellung neuer Tinten betreffend, abschliessen, erhalte für meine Thätigkeit Prozente vom Verdienst und fürchte, nach einigen Jahren kalt gestellt zu werden. Welchen Vertrag muss ich schliessen, um dies zu verhindern? Welche Abfindungssumme soll ich für etwaige Lösung des Vertrages festsetzen? Antwort: Ohne Kenntniss der Personen und des Ge schäftsbetriebs lässt sich auf obige Frage kein Rath ertheilen. Bei jedem Vertrag muss jeder Theil auch das Interesse des andern berücksichtigen, zu hohe Forderungen erschweren nur das Zustandekommen der Einigung. Es handelt sich hier um einen Dienstvertrag, und diesen auf länger als fünf Jahre zu schliessen ist unnütz, denn das BGB gestattet, jeden länger laufenden Dienstvertrag nach Ablauf von fünf Jahren halb jährig zu kündigen. Als Abstandsumme bei früherer Kündigung wäre vielleicht das doppelte Jahreseinkommen des vorher gegangenen Kalenderjahrs angemessen. Eifrige erfolgreiche Thätigkeit für die Firma ist mehr werth als jeder Vertrag, denn sie macht den Angestellten unentbehrlich, während Lässigkeit im Dienst trotz aller Verträge zu baldigem Bruch führt. Verantwortlicher Redakteur i. V. Paul E. Krause, Steglitz. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 29. Papier von Sieler & Vogel, Berlin, Leipzig und Hamburg