Volltext Seite (XML)
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt Amtsblatt. Nr. 268. Mittwoch, den 18. November 1903. 2. Beitage. Ne Tochter deMoMzOv. Hessens Darmstadt, 16 November. Ein unerwarteter Trauersall, der wegen der begleitenden Umstände beson ders viel Teilnahme erregen wird, hat sich heute in Skierniewics in Russisch-Polen ereigwt Die achtjährige Prinzessin Elisabeth von Hessen, die sich dort mit ihrem Vater, dem Großhcrzoz, zum Besuche des russischen Kaiser- paares befand, ist nach ganz kurzer Krankheit an der Kindercholera gestorben. Darmstadt, 16. November. Beim grobherzog. lichen Holmarschall ging um 10 Uhr aus Sk,crniew ce die Meldung ein, daß die Prinzessin Elisabeth schwer er- krankt sei. Gleich darauf kam die Nachricht, daß der Tod um S Uhr 30 Minuten erfolgte; die Prinzessin sei sanft entschlafen. Die amtliche Zeitung veröffentlichte alsbald ein Extrablatt mit Trauerrand. Die Nachricht ruft hier allgemeine Bestürmng hervor. Die Rückkehr dee Greßhcrzogs mit seiner Tochter war für morgen abend bestimmt gewesen. KobUkg, 16. November. Prinzessin Elisabeth vm Hessen, die mit dem Großherzog bei der russischen Ka ser- familie in Skierniewce weilte, ist heute plötzlich an Kindercholera gestorben- Koburg, 16. November. Morgens um 8 Uh, traf das erste Telegramm bei der geschiedenen Groß herzogin von Hessen aus Skierniewice hier ein, das die plötzliche Erkrankung der Prinzessin Elisabeth meldete Um l/,10 Uhr folgte ein Telegramm mit der Meldung von der Verschlimmerung. Die Großherzogin machte sich sofort reisefertig, um um 2 Uhr nach Skierniewice reisen zu können. Um 11 Uhr brachte ein Telegramm die Todesnachricht- Die Großherzogin ist tieferschüttert und fassungslos: niemand erhält Zutritt zu ihr. Ihre Reise ist vorläufig aufgrgeben. Die Herzogin-Witwe Marie ist aufs heftigste erschüttert. Die Bevölkerung zeigt tiefe Anteilnahme- Die Flaggen auf dem Schlöffe wehen halbmast. Die verstorbene Prinzessin Elisabeth hatte als Tochter des Großberzogs Ernst Ludwig und seiner Gemahlin Viktoria Melitta, geborenen Prinzessin von Sachsen-Ko- bürg and Gotha, am 11- März 18S5 in Darmstadt dar Licht der Welt erblickt. Auf ihre Kindheit fiel bald ein tiefer Schatten, als zwischen ihren Eltern sich Zerwürf nisse einstellten, die mehrfach zu längerer Trennung de, Gatten und schließlich zur Scheidung der Ehe führten die am 21. Dezember 1S0L durch daS grsßherzogliche Oberlandesgericht ausgesprochen wurde. Der kleinen Prinzessin, die der einzige Sproß ver Ebe geblieben war, iuchte man den Mangel eines elterlichen Hause« nach Möglichkeit zu ersetzen, indem sie nach gütlicher Verein barung abwechselnd bei dem Vater in Darmstadt und bei Mutter und Großmutter, der Herzogin Marie, in Koburg oder auf R ilen lebte. Den größeren Teil der Z-j, brachte sie wohl in der Nähe der Mutter zu Als vor einigen Wochen auS Anlaß der Hochzeit des Prinzen Andreas von Griechenland Darmstadt der Schauplatz einer großen Familienzusammenkunft wurde, weilte auch Prinzessin Elisabeth wieder beim Vater und fiel bei dieser Gelegenheit durch ihr kindlich heiteres Wesen auf. Mn ihrem Vater hat sie auch daS russische Kaiserpaar auf seiner Rückreise nach Rußland begleitet und als dessen Gast einen Aufenthalt in Skierniewics genommen, der nun auf so tragische Weise fein Ende gefunden hat- Die Dresdner Bant und der Schaaffhansensche Bankverein. Eine überraschende Nachricht wird seitens der Dresdner Bank übermittelt. Die verschiedenen Gründe, welche die Börse sür die Preissteigerung, die sei» einiger Zeit in den Aktien dieser beiden Institute statt- wnd, gesucht hat, erweisen sich danach als nicht stich haltig. Die Mitteilung lautet wie solgt: „Zwischen der Dresdner Bank und dem A. Schaaffhausenschen Bankverein ist unter Zu stimmung der beiverseitigen AussichtSräte und unter Vorbehalt der Genehmigung durch die alsbald ein- zuberusmden Generalversammlungen für die Dauer von 30 Jahren vom 1. Januar 1904 ab eine Ver- einbarung getroffen worden, nach welcher die Ge- schäfte beider Institute bei voller Aufrechterhaltung ihrer Selbständigkeit in Zukunft gemeinschaftlich ge- führt und die erzielten Reingewinne nach dem Ver- hältniS der jeweiligen Aktien- und Referve-Kapitale geteilt werden sollen. Zugleich werden je 2 Direk toren und 3 AufsichtSratSmitglieder des einen In- Mut- in den AusstchtSrat deS anderen zu wählen sein. Für den Abschluß dieses Abkommens war die Erwägung maßgebend, daß die Geschäfte der beiden Institute sich in besonder« zweckmäßiger Weise er- gänzen. Die gewählte Form der Jntereffengemein- schäft wird nach der Ueberzeugung der Vertrag- schließenden annähernd dieselben Vorteile wie eine Fusion erreichen lassen, während anderseits die Nachteile einer solchen, insbesondere die unproduk tiven Aufwendungen sür Stempel, Kosten bezw. doppelte Besteuerung seitens des SlaateS und der Kommunen vermieden werden. Die Generaiver sammlungen b ider Institute werden aus den 10. Dezember d. I. eiuberufen.* Diese Transaktion wird ihrem Umfange nach von keiner bisherigen ähnlichen erreicht. Das Aktienkapital oer Dresdner Bank beträgt bekanntlich 130 Millionen Mark, daS deS A. Schaaffhausenschen Bankvereins 100 Millionen Mark, der Reservefonds deS ersteren In- stituts 34 Millionen Mark, der des letzteren rund 20 Millionen Mark, demnach wird ein Riesenkapital von 230 Millionen Mark nebst Reserven in Höhe von etwa 54 Millionen Mark in Form einer Jueress-r- gemeinschast zusammenarbeiten. Dabei fragt cs sich, ob nicht noch die Frage einer Erhöhung deS Aktien kapitals im Hintergründe schlummert. DaS Geheim- nis dieser sensationellen Vereinbarung wurde gut de- wahrt, und die vollendete Tatsache wird auf unsere Geschäftskreise als große Ueberraschung wirken. Es wird oben zwar angedeutet, daß Ker Beweggrund dieser Vereinbarung dariu zu suchen sei, daß sich die Geschäfte der beiden Institute in besonders zweckmäßiger Weise ergänzen werden, und eL ist damit wohl in erster Linie daran gedacht worden, daß die Dresdner Bank durch diese Anlehnung sich im rheinisch-wkst- Mischen Montangebiet, dem sie bisher fern gestanden ha», geschäftlich mit betätigen wird, während anderer- leitS der Schaaffhausensche Bankverein an dem bekannt- lich sehr ausgedehnten KommissionS- und EmijsionS- geschäst der Dresdner Bank und deren weitverzweigten ausländischen Interessen gebührenden Anteil nehmen wird. Allein neben diesen Beweggründen dürften bei ver Transaktion doch Motive mitgewirkt haben, welche noch weitergreifender Natur sind. Ohne Zweifel haben die Beteiligten bei der Durchführung dieser imponieren- den Idee an die Schaffung einer alle Zweige des Bank-, Kredit, und SmijsionSgeschästS umfassenden kapitalistischen Großmacht gedacht, deren Eingreifen in oaS geschäftliche Leben sich wohl bald deutlich bemerk- bar machen wird. Daß man ernstlich eine vollständige Fusion inS Auge gefaßt hatte, geht auS den Er- wägungen hervor, die den Schluß des obigen TommuniqueS bilden. Selbstverständlich werden seitens der beteiligten Banken weitere Ausschlüsse gegeben werden müssen, und es darf wohl erwartet werden' daß dies noch vor den Generalversammlungen geschieht. Für die geschäftlichen deutschen Interessen und die Weiterenlwicklung der deutschen Machtstellung auf dem internationalen Kapitalsmarkt wird diele Zusammen- Schließung hoffentlich weitere bedeutsame Bausteine hinzufüzen. Lachfisches. — Bo« der Wurmkraukheit find nicht nur vie Bergarbeiter, sondern auch die Ziegeleiarbeiter be droht. Zu ihrem Schutze hat die Amtshauplmannschast Grimma eine Verfügung erlaßen- — Die Zaal der Aerzte im Königreiche Sachsen hat sich nach e-ocr soeben erschienenen Statistik io den l tzten 15 Jahren nahezu verdoppelt. Im Jahre 1888 wurden 1100 Aerzte gezählt; im Jahre 1903 beträzt idre Zahl 1994. Hierzu kommen noch 130 Militär ärzte und 134Z vil, Wand- und Zahnärzte. Die Zahl der letzteren har sich in dem angegebenen Zeitraum ver- drei'acht- Die Zahl der Apotheken ist nur langsam gestiegen Apotheken gab cs in Sachsen im Jahre 1890 270, im Jahre 1903 aber 313. Di« Zahl der Heb ammen hat sich nur langsam erhöht, »a ja auch ihre Praxis von einer Konzession abhängig ist. Bermch- lungeo werden auch vier selten vorgeoommen, und so kommt -S, daß die 1775 Hcbammcn vom Jahre 1890 sich auf nor 1884 im Jahre 1903 vermehrten. Die Zahl der Tierärzte erhöhte sich in dem gleichen Zeit raum von 154 auf 221. — Eine für Schlächter u«d Biehhäud ler-Kreise wichtige Entscheidung Säte der Strafsenat des sächsischen OverlaodeSgerichtS. ES han delt sich um die Frage, ob da» Feilbieten von Schlacht vieh aus Schlachthöfen ein Wandergewerbe im Sinne de» Gesetzes vom 1. Juli ist wenn der Viehhändler außerhalb der Städte mit Schlachthöscn seine gewerb liche Niederlassung hat. Nach der Entscheidung des OberlavdeSgerichtS unterliegt der Biehhandel nicht mehr der Wavdergewerbesteuerpflicht, sobald der Viehhändler an seinem Wohnorte sein Gewerbe als ein „ständiges* avmeldct und das nach den Schlachthöfen zu dingie- rende Vieh vorher in seinem Wohnorte eingestellt hat. — Oberlungwitz. Der hiesige Gewerbeverein wurde in seiner letzten Sitzung durch einen hochinter- ssanten Vortrag über drahtlose Telegraphie erfreut. Der Bottragende, Herr Lehrer Kutth von hier, zeigte