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2266 PAPIER-ZEITUNG Nr. 60 maschinen mit verhältnismäßig geringer Erzeugung, so kann man eine gemeinschaftliche Dampfanlage errichten, die Kraft mittels Elektrizität übertragen und den Abdampf der Hauptdampfmaschine zum Trocknen des Papiers aller Papiermaschinen benutzen. Man muß aber dabei berücksichtigen, daß mindestens 15 pOt. der Kraft für die Umwandlung der mechanischen Energie in Elektrizität verloren gehen. Vom Standpunkt des zweckmäßigsten Maschinenbetriebes wurde der elektrische Antrieb während ziemlich langer Zeit vorgezogen, weil man damit sehr große Geschwindigkeitsunterschiede erzielen kann, ohne mechanische Zwischenglieder benutzen zu müssen. Bei Dampf maschinen-An trieb mußten die Geschwindigkeiten mit Hilfe von Wechselrädern oder großer konischer Scheiben erzielt werden, was Mühe und Zeitverlust mit sich brachte. In neuester Zeit baut man jedoch eigens für den Antrieb von Papiermaschinen rasch laufende Dampfmaschinen, welche die Geschwindigkeit um das Zehnfache zu ändern gestatten, also in mindestens ebenso weiten Grenzen wie der elektrische Antrieb. Die Geschwindigkeit dieser Dampfmaschinen wird geändert mit Hilfe eines Zentrifugal-Regulators und eigenartiger Ven tile. Die Füllung einer solchen Dampfmaschine ändert sich bei mäßigen Schwankungen der Geschwindigkeit nur unbedeutend, wird aber bei großen Schwankungen durch den Regler erheblich beeinflußt, welcher sich bei jeder Aenderung der Geschwindigkeit in eine neue Gleichgewichtslage mit einem mehr oder weniger offenen Ventil ein stellt. Der Regler wird mit Hilfe von Zentrifugalkugeln, Zwischen wellen und konischen Scheiben von sehr verschiedenem Durchmesser so betätigt, daß alle gewünschten Geschwindigkeitsänderungen durch einfaches Verschieben der Antriebsriemen auf den konischen Scheiben des Reglers herbeigeführt werden können. Diese rasch laufenden Dampfmaschinen müssen so gebaut sein, daß sie den zuweilen vor kommenden großen Umlaufszahlen gewachsen sind. Daher erhält die Maschine starke Fundamente und jedes Lager wird mit selbsttätiger Schmierung unter Druck versehen. Solche Maschinen arbeiten voll kommen zuverlässig und hatten in den letzten Jahren sehr viel Erfolg, namentlich in England. Aus dem Vorhergehenden kann man schließen, daß die Dampf maschine die sparsamste Kraftquelle für den Antrieb von Papier maschinen ist, und daß der elektrische Antrieb nur dann Vorteile bietet, wenn die Elektrizität durch Wasserkraft erzeugt wird, welche sonst keine Verwendung findet. * * * Die in Nr. 51 aufgeführten Angaben des Herrn Ball beruhen ent weder auf ungenügender Information, oder sind ihm von einer elektro technischen Firma eingegeben, welche den Fortschritten der Elektro technik nicht gefolgt ist. Es ist unrichtig, daß Aenderung der Um drehungszahl bei Elektromotoren nur durch Vorschaltung von Wider ständen möglich sei, und daß den Motoren auch bei langsamem Gang stets soviel Strom zugeführt werden müsse, wie beim raschesten Gang. Herr Ball, oder die Firma, von der er seine Angaben hat, scheint von den sogenannten regulierbaren Nebenschlußmotoren keine Kenntnis zu haben. Bei gewöhnlichen Elektromotoren erzielt man Verringerung der Tourenzahl allerdings durch Vorschalten von Widerstand in den Ankerstromkreis; da der Anker den weitaus größten Teil des dem Motor zugeführten Stromes aufnimmt, bedeutet dies bei einer Touren verminderung von 50 pCt. auch die nutzlose Vernichtung von nahezu 50 pOt. des gesamten Stromes im Widerstande. Bei regulierbaren Nebenschlußmotoren wird jedoch in den Ankerstromkreis kein Wider stand geschaltet. Die Wicklungsweise der Magnete, die einen Bruch teil des gesamten, dem Motor zugeführten Stromes aufnehmen, bewirkt folgendes: Der Motor macht, wenn die Magnete volle Erregung haben, z. B. 250 Touren. Durch Einschaltung von Widerstand in den Magnetstromkreis, wodurch nur wenig Strom verloren geht, ist es möglich, die Tourenzahl in 20 bis 30 oder noch mehr Stufen bis auf auf z. B. 1000 zu erhöhen. Diese Schwankung von 1:4 dürfte für mindere Papiere, wie Pack- und Zeitungspapiere, genügen. Bei feineren Papiersorten ist noch größere Schwankung der Tourenzahl erforderlich, die bis zum Verhältnis 1:10 gehen muß. Aber auch hier kann die vielseitige Elektrotechnik mit der Dampfmaschine kon kurrieren. Es werden alsdann sogenannte Anlaßmaschinen benutzt, deren Wirkungsweise darin besteht, daß die von ihnen erzeugte Spannung mit Hilfe eines Nebenschlußregulators von null bis voll in 50 oder mehr Abstufungen reguliert werden kann. Jede einzelne Anlaßmaschine ist so groß, daß sie den Strom zum Betriebe eines Motors einer Papiermaschine hergibt. Da sich die Tourenzahl der Elektromotoren proportional der zugeführten Spannung ändert, hat man es also in der Hand, die Umdrehungsgeschwindigkeit des Motors durch die Primärmaschine beliebig zu regeln. Derartige Anordnungen sind zwar teurer, als wenn man eine Dampfmaschine direkt zum Be triebe von Papiermaschinen benutzt, dagegen haben sie erhebliche Vorteile, wie Raumersparnis, einfache Bedienung, Sauberkeit. Nach Vorstehendem ist es auch unrichtig, wenn Herr B. erwähnt, die Tourenzahl des Elektromotors könne nur in 8—10 Stufen reguliert werden. Der Uebergang von einer Geschwindigkeitsstufe zur andern erfolgt bei den oben beschriebenen Anordnungen ohne Ruck, also ebenso sanft wie bei Dampfmaschinen. Durch vorstehende Ausführungen soll keineswegs der Nutzen und die Vielseitigkeit der Dampfmaschine bestritten werden, jedenfalls aber arbeiten zweckmäßig ausgeführte Elektromotoren nahezu ebenso ökonomisch wie Dampfmaschinen unter gleichen Verhältnissen. Es wäre also durchaus falsch, bei Projektierung des Antriebes von Papier maschinen Elektromotoren von Anfang an unberücksichtigt zu lassen, da außer der Oekonomie doch auch noch eine ganze Reihe anderer Gesichtspunkte mitsprechen. H. Einsender berücksichtigt, wie es scheint, nicht zur Genüge den besonderen Vorteil des Dampfmaschinen-Antriebes, daß der Abdampf der Antriebsmaschine das Papier fast kostenlos trocknen kann. Harzpreise In den letzten 2 Monaten hat sich die Unsicherheit über die Preisgestaltung von Harz für Papierleimung wesentlich er höht, die Preise schwanken seit einiger Zeit sehr erheblich. Am schlimmsten sind die Großhändler daran, da sie infolge der unsicheren Marktlage nicht wissen, wann sie einkaufen sollen. In Nr. 23, S. 845 erörterte ein deutscher Einfuhrhändler die Ursachen dieser Unsicherheit. Aus amerikanischer Quelle erfahren wir jetzt, daß die Störungen des Marktes auf die vor 3 Jahren erfolgte Gründung der Consolidated Naval Stores Co. in Jacksonville, Florida, zurückzuführen ist. Diese Gesellschaft umfaßte fast alle Harzerzeuger, welche bis dahin ihre Ware auf verschiedenen Märkten verkauft hatten. Ein Jahr später vereinigten sich die großen Harzhändler zu einer Einkaufs- Genossenschaft und schlossen mit der vorhin genannten Ver kaufsgenossenschaft einen Vertrag, wonach sie deren gesamte Erzeugung zum Marktpreis abzüglich einer 2 prozentigen Pro- vision übernahm. Nachdem dieser Vertrag am 1. April 1905 abgelaufen war, wurde er vorläufig auf weitere 2 Monate er neuert. Die Einkaufsgenossenschaft beschuldigte inzwischen die Verkaufsgenossenschaft, daß diese durch unredliche Mani pulationen den Marktpreis künstlich hoch getrieben habe. Der 1. Juni kam heran, ohne daß sich beide Gesellschaften ge einigt hätten, und seit dieser Zeit ist der Markt in voller Un ordnung. Die Verkaufsgenossenschaft gründete selbst eine Ausfuhrgesellschaft, welche den Ueberschuß des Marktes unter bringen sollte, die Käufer halten jedoch mit ihren Aufträgen zurück, da ihnen die jetzigen Preise ungebührlich hoch er scheinen. Die Preise der Harzmarken E, F und G waren vom Januar 1902 bis September 1904 von 1,10 bis 1,20 Dollar auf 2,6 bis 2,7 Dollar gestiegen. Am 1. Juni 1905 betrugen die Preise 4 bis 4,15 Dollar, am 7. Juni waren sie auf 3,30 bis 3,45 Dollar gefallen. Diese Preise gelten für die amerikanische Tonne von 909 kg auf dem Markt in Jacksonville. Lumpenmangel in Frankreich In Frankreich macht sich solcher Mangel an Lumpen fühlbar, daß der Verein französischer Papierfabrikanten, wie wir in Nr. 58 S. 2191 berichteten, bei der Regierung die Er hebung eines Ausfuhrzolles auf Lumpen beantragt hat. Man schreibt der »Papeterie« aus England, wo gleicher Mangel herrscht, daß die Knappheit an Papierlumpen ihren Haupt grund im Mangel an Holzstoffen für die Papierfabrikation habe. Die meisten Fabriken, welche auch Lumpen ver wenden, hätten infolge Mangels an Holzzellstoff mehr Lumpen verarbeitet als bisher. Ferner seien die feinen Lumpen dadurch verteuert worden, daß in den letzten Jahren die Baumwollpreise beständig gestiegen und infolgedessen die Baumwollspinner dazu übergegangen sind, bessere Lumpen zu zerfasern und die so gewonnene Baumwolle wieder zu verspinnen. Es sei eine ganze Industrie entstanden, welche auf Wiederverarbeitung von weißen Baumwollumpen beruht, und dadurch wurden den Papierfabriken die feinen Lumpen entzogen. Da die Baumwollwebereien das Baumwollgarn immer schwerer und teurer erhalten konnten, bemühten sie sich mit Erfolg zur Herbeiführung einer Mode, welche statt reinbaumwollener halbwollene Stoffe bevorzugt. Inzwischen verspricht die neue Baumwollernte in den Vereinigten Staaten vorzüglich zu werden, infolgedessen ist der Preis der Rohbaumwolle gefallen, und da man infolge des Mangels größere Flächen als je mit Baumwolle bepflanzt hat, so dürfte der Preisrückgang für Rohbaumwolle, damit auch für Baum- wollumpen, in den Jahren 1906 und 1907 weitere Fortschritte machen. Dagegen ist infolge der zunehmenden Verwendung halb wollener Stoffe Schafwolle inzwischen sehr knapp und teuer geworden, und dies ist schuld an der in Nr. 58 S. 2190 aus Frankreich gemeldeten Erhöhung der Preise von Filzen für die Papierfabrikation.