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Buchdruck * * * B *** Steindruck 3855 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Nr. 104 Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme Neue Maschinen für Rundstereotypie Unaufhaltsam verdrängt die Maschine die Handarbeit; je mehr die Art der Lebenshaltung, die Lebensbedürfnisse und damit die Ansprüche der gewerblichen Arbeiter steigen, umso grösser wird das Bestreben, die immer kostspieliger werdende Handarbeit durch Maschinenthätigkeit zu ersetzen. Den Beweis hierfür liefern die in den letzten Jahren in unerwartet hoher Zahl in Thätigkeit gebrachten Setzmaschinen, bei denen die geistige Arbeit des Setzers auf Lesen und Nachschreiben des Manuskripts auf der Klaviatur beschränkt ist, während die Maschine alle übrigen Arbeiten des Handsetzers: Ergreifen, Zusammensetzen, Ausschliessen und Ablegen der Lettern ent weder selbstthätig ausführt oder durch besondere Einrichtungen unnöthig macht. Die Setzmaschine hat namentlich im Zeitungssatz rasche Aufnahme bei uns gefunden, während man sie für den Werk satz als noch nicht reif genug betrachtet; es wird jedoch an der Vervollkommnung der Setzmaschine unablässig gearbeitet, und es ist wahrscheinlich, dass eine für alle Zwecke verwend bare Setzmaschine in absehbarer Zeit gebaut sein wird. Der Druck ist, soweit er die Massenauflagen moderner Zeitungen zu erledigen hat, schon längst zur Maschinen- Arbeit geworden, deren Leistungsfähigkeit anscheinend keine Grenzen kennt, haben wir doch im Vorjahre in Paris eine Rotationspresse mit einer stündlichen Leistung von rund 100 000 Druck im Betriebe sehen können. Bei den Zylinder-Schnellpressen bedeutet die bevorstehende allgemeine Einführung der längst ersehnten selbstthätigen Bogenanlegeapparate einen weiten Schritt zur Abschaffung der Handarbeit. Rotationspressen sind heute undenkbar ohne Stereotypie, und man kann deshalb die letztere als die eigentliche Grund lage des Massen-Schnelldruckes betrachten. Ehe man nämlich gebogene Stereotypplatten berstellen konnte, hatte man nur die Möglichkeit, die Schriftformen gleich im Satze zu wölben, was durch Verwendung von konisch (im Durchschnitt 0) ge formten Spaltenlinien geschah und den Satz mehrspaltiger An zeigen unmöglich machte. Verfasser Dieses hat noch im Jahre 1883 an einer New Yorker Zeitung solche gebogenen Schrift formen (turtles) praktisch gehandhabt. Auch war es unmög lich, mehr als eine Maschine zum Druck jeder Form zu ver wenden, wollte man nicht zur Herstellung von Doppelsatz schreiten. Die Erfindung der Rundstereotypie, welche ihrer seits die zuvorige Erfindung der Pappmatrizen zur Voraus setzung hatte, führte zum Bau der modernen Rotationspressen, denn jetzt erst hatte man die Möglichkeit, von einer Matrize eine beliebig grosse Zahl gleicher Abgüsse herzustellen und somit mehrere Pressen gleichzeitig zum Druck derselben Zeitungsnummer zu verwenden. # Die zur Drucklegung erforderliche Zeit wurde dadurch ausserordentlich verkürzt, die Spanne zwischen dem Schliessen der letzten Form und dem Herausbringen der ersten fertigen Exemplare fast bis auf eine halbe Stunde heruntergebracht. Doch selbst dieser Zeitraum erschien noch zu gross und musste verkleinert werden. Man kam alsbald dahin, das umständliche Einklopfen der nassen Pappmatrize mit der Hand, welches wiederum eine gewisse Zeit für das Trocknen der fertigen Matrize beanspruchte, durch Kalanderpressung zu ersetzen, und der nächste Schritt war die Verwendung von »trockenen« Matrizentafeln, welche kaum noch eine Minute zur Verarbeitung beanspruchen. Da der Guss der Platten und deren Herrichtung für den Druck, genügende Zahl von Arbeitern vorausgesetzt, auch nur wenige Minuten erfordert, so sollte man meinen, dass hiermit das Ideal in der Zeitungsstereotypie erreicht sei. Dies ist nicht der Fall. Wenn auch der Zeitverbrauch bereits auf das Aeusserste beschränkt ist, so war doch die ver- hältnissmässig hohe Zahl von Stereotypeuren und Arbeitern, die täglich nur kurze Zeit nutzbringend beschäftigt werden können und deshalb die thatsächlich geleistete Arbeit ziemlich vertheuern, ein Stein des Anstosses für manchen Zeitungs betrieb, und von verschiedenen Seiten wurden Apparate oder Maschinen ersonnen, welche die Zahl der Stereotypeure auch im Grossbetriebe möglichst herabzusetzen bestimmt sind. Zunächst sind zwei solcher Erfindungen bekannt geworden, beide amerikanischen Ursprungs. Die eine, »Autoplate« genannt, ist das Ergebniss sechsjähriger Versuche des Ingenieurs Henry A. Wise Wood in der Campbell-Druckpressenfabrik zu Chicago. Die »Autoplate« liefert drei bis vier vollständig druckfertige, d. h. von allen Seiten behobelte und abgeputzte Druckplatten ohne jede menschliche Hilfe in einer Minute. Alles, was dem Stereotypeur bei ihr zu thun obliegt, ist, die Matrize in den Matrizenrahmen des Guss-Instruments einzuspannen, die Ma schine einzurücken, die fertigen, vollständig erkalteten Platten abzunehmen und die Maschine wieder auszurücken, sobald die erforderliche Zahl von Abgüssen fertiggestellt ist, worauf er die Matrize durch die nächste ersetzt usw. Einer Zeitung von 32 Seiten Umfang, die von acht Rotationsmaschinen gedruckt wird, kann also eine »Autoplate« die erforderlichen 8X32 = 256 Platten in ungefähr 11/2 Stunden liefern. Die »Autoplate« ist nach Beschreibungen amerikanischer Blätter ungefähr 1,5 m hoch und breit und etwa 2,5 m lang. Die Bahn, welche die Stereotypplatte während ihrer Entwick lung beschreibt, ist vollständig waagerecht; sie beginnt am rechten Ende, wo sich der Giessapparat befindet. Ein gewaltiger Metallkessel mit einem Fassungsvermögen von über 100 Zentner befindet sich auf der Rückseite; eine kräftige Pumpe presst das flüssige Metall in das durch laufende Wasserkühlung kalt ge haltene Giess-Instrument. Starke Federn stellen die Pumpe so fort ab, das Giess-Instrument dreht sich halb herum und öffnet sich, worauf zwei kräftige Greifer die inzwischen erstarrte Platte aus dem Instrument heraus auf ihre Bearbeitungsbahn befördern. Auf der richtigen Stelle angelangt, wird die Platte gleichzeitig an allen vier Seiten glattgesägt, worauf sie an zwei Seitenfräsern vorbei, welche den geraden Längsrand ab schrägen, zur nächsten Haltestelle bewegt wird. Hier werden die beiden gebogenen Ränder und gleichzeitig die gerippte Unterfläche durch entsprechend geformte Messer abgeschabt, vom Grat befreit, und alsbald gelangt die nunmehr druckreife Platte zum linken Ende der Maschine, wo ein Arbeiter sie entfernt. So einfach sich der Arbeitsvorgang der Autoplate schildern lässt, so schwierig wäre ohne genaue Zeichnungen eine Be schreibung ihres Baues. Ob sie in Deutschland Fuss fassen wird, erscheint zweifelhaft, nicht nur wegen des verhältniss- mässig hohen Preises, für Amerika soll dieser 20000 Dollar betragen, als namentlich deshalb, weil in Deutschland keine Zeitungen mit Millionenauflage bestehen, und weil hier die an Stereotypeure gezahlten Löhne bei Weitem nicht die Höhe er reichen, die in Amerika noch so kostspielige Erfindungen lohnend machen. Mehr Aussicht auf Verbreitung dürfte dagegen der Stereotyp- platten-Gussapparat haben, den Charles E. Hopkins in Wor cester, Mass., erfunden hat. Hier ist nur ein Theil der Hand arbeit abgeschafft, dafür aber die werthvolle Einrichtung getroffen, dass bis zu drei verschiedene Zeitungskolumnen in der gleichen Zeit stereotypirt werden können. An dem runden Metallkessel von etwa 1 m Höhe und Durchmesser sind nämlich drei Rundgiess-Instrumente halbkreisförmig in der Weise angebaut, dass abwechselnd je eins derselben durch einfache Hebelvorrichtung in den Kessel versenkt und wieder emporgehoben wird. Vor jedem Stereotypeur ist ein dem Guss-Instrument angepasstes Fundament angebracht, auf welches das gefüllte Guss-Instrument sich auflegt. Nach etwa 20 Sekunden zum Erstarren des Gusses öffnet der Stereotypeur das Instrument, wobei die Matrize, durch Fälze gehalten, am Deckel haften bleibt, und bearbeitet die waagerecht vor ihm liegende Platte mit Hobel und Stichel in bekannter Weise. Die