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3036 PAPIER-ZEITUNG Nr. 80 Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt 3230. Frage: Ich lieferte einer Druckerei ein Pöstchen billigstes Kunstdruckpapier (Lagersorte, nicht Partie) im Gesammtbetrage von 45 M. 80 Pf. und erhielt nach erfolgter Bedruckung unter Beifügung von vier Bogen, wovon ich einen mit der Bitte um Rückgabe hier beifüge, wegen der in diesen Bogen vorkommenden kleinen Knötchen eine Schadenersatzbelastung von 35 M. 50 Pf. für Aufenthalt beim Druck, neuen Satz und Erneuerung von Schriften. Diese Knötchen können nur ganz vereinzelt erscheinen, denn ich habe von derselben Anfertigung auch nach anderen Seiten verkauft, ohne Anstand zu bekommen, und in dem noch auf Lager befindlichen Vorrath ist nichts wahrzunehmen Ich erbot mich sofort, einen Schadenersatz zu leisten, er möchte mir aber hierzu spezifizirte Rechnung über seinen Schaden einsenden; das that er aber trotz wiederholter Korrespondenz während 14 Tagen nicht und stellt mir heute noch weit höhere Rechnung in Aussicht. Meine Waare bezeichnet er als »Kasch«, was wohl Ausschuss heissen soll. Ich bin der Ansicht, wenn die Waare Ausschuss ist, hätte die Buchdruckerei bei der Prüfung dies wahrnehmen müssen und vor Bedrucken Rücknahme oder Ersatzlieferung verlangen können, und wenn ich mich heute erbiete, einen Nachlass von 10 pCt. auf das ganze Quantum zu gewähren, obwohl nach meiner Ueberzeugung ein Nachlass von höchstens 2 bis 5 pCt. gerechtfertigt wäre, so glaube ich damit die Grenze von Entgegenkommen erreicht zu haben und alle Mehrforderungen abweisen zu können. Was halten Sie hiervon, da es jedenfalls zur Klage kommen wird? Antwort: Dem Brief des Fragestellers lag kein Muster- bogen bei. Auf diesen kommt es auch bei Beurtheilung dieses Falles zunächst nicht an. Fragesteller hat durch sein Anerbieten, Schadenersatz zu leisten, die Beschwerde des Käufers als be rechtigt anerkannt. Nur über die Höhe des Schadenersatzes sind beide Parteien nicht einig geworden. Diese Einigung wurde erschwert durch die Weigerung des Käufers, seinen Schaden genau nachzuweisen. Fragesteller sollte den Käufer in eingeschriebenem Brief auffordern, bis zu einem bestimmten Tag seinen Schaden genau naehzuweisen, sonst würde Frage steller den um 10 pCt. verminderten Rechnungsbetrag ge richtlich einklagen. Sollten sich beide Parteien über die Höhe des Schadenersatzes nicht einigen, so wird es sich empfehlen, den Streit durch einen Schiedsrichter schlichten zu lassen, um den Kosten und Umständlichkeiten eines gerichtlichen Verfahrens zu entgehen. 3231. Frage. Ein Kunde stellte uns eine Sendung Papier vom 7. Mai wegen Abweichung in der Farbe erst am 12. August zur Ver fügung, also nach drei Monaten. Wir schrieben ihm, dass er keine Berechtigung mehr hierzu habe, jedoch will er dies nicht anerkennen und hat, nachdem wir Rücknahme ablehnten, die Waare einem Spediteur zu unserer Verfügung übergeben. Sind wir verpflichtet, das Papier zurückzunehmen? Im Nothfäll würden wir es auf gericht liche Entscheidung ankommen lassen. Unsere Rechnungen enthalten die Bedingung, dass Reklamationen innerhalb 14 Tagen nach Empfang der Waare gemacht werden müssen, wir glauben daher, dass die abweichende Färbung jetzt nicht mehr in die Wagschale fallen kann, denn der Empfänger konnte diesen Fehler sofort nach Eingang der Sendung feststellen. Antwort: Das Handelsgesetz schreibt vor, die Waare ungesäumt zu prüfen und etwaige Mängel sofort anzuzeigen. Da der Käufer dieser gesetzlischen Vorschrift nicht nachkam, ist seine Annahme-Weigerung unberechtigt. Fragesteller kann auf Uebernahme und Bezahlung der Waare bestehen. 3232. Frage: Bei einer Papierfabrik bestellte ich 1000 kg sat. bräunl. Packpapier wie einliegendes Muster, davon 900 kg in zwei Formaten und 100 kg in Rollen, dieselbe liefert mir das Format papier in zwei Färbungen und diese vollständig durcheinander ge mengt, sodass alle zwei bis drei Bogen bald die eine, bald die andere Färbung kommt. Von dem Ausfall füge ich ebenfalls Muster bei und auch Kopien von der gepflogenen Korrespondenz. Geben diese durch mengten zwei Färbungen einer Anfertigung Grund zur Verfügung stellung? Antwort: Die zwei uns gesandten Ausfallmuster sind in Tönung etwas verschieden. Das eine Muster ist heller als die Vorlage, das andere entspricht der letzteren ziemlich genau. Die Farbenverschiedenheit beweist, dass das Papier bei An fertigung zuerst etwas heller ausfiel und dann während des Maschinenlaufs der Vorlage entsprechend nachgefärbt wurde. Bei Bestellung so kleiner Mengen wie 1000 kg von einer An fertigung ist solches Nachfärben oft unvermeidlich. Die Rollen des auf diese Weise theils hellen, theils dunkeln Papiers kamen dann wahrscheinlich von der Papiermaschine zusammen auf den Querschneider, und so kam es, dass das Papier äusser dem grössten Theil mustergetreuer Bogen auch hellere Bogen enthält. Der Farbenunterschied ist aber gering und berechtigt den Fragesteller nicht zu Annahmeweigerung, ebensowenig braucht Fragesteller die Annahmeweigerung seines Kunden an zuerkennen. 3233. Frage: Ich stellte am 1. Mai d. Js. einen jungen Mann als Geschäftsführer mit einem Monats - Gehalt von 135 M. an, doch stellte sich mit der Zeit heraus, dass er für diesen Posten vollständig untauglich war. Er kündigte mir am 15. August zum 1. Oktober. Nach seiner Kündigung meldete er sich krank und legte mir ein ärztliches Zeugniss vor, dass er an Erkältung leide. Nun sind schon 14 Tage verflossen, er ist noch immer krank, und ich behaupte be stimmt, dass er simulirt, trotz seines ärztlichen Zeugnisses. Kann ich gegen einen solchen Menschen nichts machen? Ist ein Chef dieser Art Menschen gegenüber vollständig machtlos? Antwort: Wenn es dem Fragesteller gelingt nachzuweisen, dass die Krankheit des Gehilfen nur vorgetäuscht wird, so kann er ihn wegen Betrugs anzeigen und braucht ihm für die Dauer der Krankheit kein Gehalt zu zahlen. Einen solchen Nachweis zu führen ist aber schwer, wenn nicht unmöglich. 3234. Frage: Im April 1899 gab ich der Berliner Packetfahrt- Aktien-Gesellschaft, Annahmestelle W 52, einen Auftrag zur Einziehung eines kleinen Betrages gegen Aushändigung der Quittung. Der Betrag wurde mir nicht zugestellt, und durch Personalwechsel kam die Sache in Vergessenheit. Erst im April 1901 habe ich durch Nachforschungen festgestellt, dass die Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft den Betrag s. Zt. von dem Schuldner eingezogen hat. Ich wandte mich nun an die jetzt in Liquidation befindliche Gesellschaft, wurde jedoch mit der Bemerkung abgewiesen, dass man die Sache nach so langer Zeit nicht mehr feststellen könne. Muss ich mich hiermit zufrieden geben, oder kann ich die Gesellschaft auch jetzt noch für den eingegangenen Betrag haftbar machen? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Die Verjährungsvorschrift der §§ 414, 439 HGB passt auf den vorliegenden Fall nicht. Wie aus einem anderen Prozesse erinnerlich, befindet sich in dem für das Einziehungsgeschäft der Packetfahrt-Gesellschaft geltenden Reglement die Bestimmung, dass Ansprüche auf Auszahlung eingezogener Gelder nur innerhalb 6 Monaten geltend gemacht werden können. Wenn auch diese Bestimmung dem Fragesteller bei Ertheilung des Einziehungsauftrags von der Gesellschaft nicht mitgetheilt und auch sonst nicht bekannt war, so muss er sie dennoch gelten lassen, weil die Gesellschaft bei Beginn dieses Geschäftszweiges das Reglement bekannt gemacht oder doch in der Bekannt machung darauf Bezug genommen hat. Dies gilt umsomehr, als derartige Ansprüche aus dem Postanweisungsverkehr eben falls in 6 Monaten erlöschen. Rechtlich hat also Fragesteller den Einziehungsauftrag auf Grund des Reglements ertheilt. 3235. Frage: Beifolgende Proben werden mir als besondere Präparate zum Umwickeln von Riemenscheiben angeboten und zwar zu den darauf vorgemerkten Preisen. Ich bitte den Briefkastenonkel um Auskunft, ob es ein besonderes Präparat ist, und ob die Preise angemessen sind. Antwort: Derjenige, der die bemusterten Papiere zum Kauf anbot, scheint einen Ulk beabsichtigt zu haben. Das eine Muster ist gelbe Strohpappe und etwa den vierten Theil des geforderten Preises von 60 Pf. das Kilo werth. Das andere Muster ist einseitig glattes graues Packpapier, aus Altpapier und anderen geringwerthigen Rohstoffen hergestellt. Der ge forderte Preis von 80 Pf. ist um etwa 2/3 zu hoch. 3236. Frage: Nach Probe A bestellte ich im. Pergament und erhalte von der Fabrik Waare wie Probe B. Es kommt mir vor, als ob A fester ist und auch bessere Satinage als B hat. Sonst finde ich keinen Unterschied. Ich bitte um Ihre Meinung. Um wieviel Prozent halten Sie eventuell B geringer als A.? Antwort: Das Papier B hat minder pergamentartigen Charakter und auch etwas geringere Glätte als A. Der Festigkeits - Unterschied ist unbedeutend, an Stoff sind beide Papiere ziemlich gleich. B dürfte um 5 pCt. weniger werth sein als A. 3237. Frage: Ich bin bei einer Firma mit monatlicher Kündigung engagirt und beabsichtige meine Stellung zu verändern. Kann die Kündigung an jedem beliebigen Tage im Monat erfolgen oder erst am Monatsschluss, oder auch 14 Tage vor dem letzten im Monat? Die gleichen Rechte stehen dem Chef doch auch zu? Antwort: Die Kündigung muss am 1. des Monats zum Monatsschluss erfolgen, mag sie vom Geschäftsherrn oder vom Gehilfen ausgehen (vergl. § 67 HGB). 3238. Frage: Was kostet das Trocknen eines Zentners Leder pappen von 50 bis 60 pCt. Wassergehalt, bei Verwendung bester west fälischer Steinkohle? Antwort: Diese Frage lässt sich so allgemein nicht be antworten. Die Kosten der Trocknung können um das Viel fache schwanken, je nachdem man mit Feuergasen oder mit Dampf, in Trockenschuppen, auf Zylindern, in Kanälen oder Thürmen trocknet, je nach der Grösse der Erzeugung und je nach der Dicke der zu trocknenden Pappen. Verantwortlicher Redakteur Siegmund Fereuczi, Friedenau. Zimchriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von ▲. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Straase 3d. Papier von Sieler 4 Vogel, Berlin, Leipzig und Hamburg Hierzu eine Beilage von Preusse & Co., Maschinenfabrik, Leipzig