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3305. Frage: Wir lieferten an eine Firma Drucksachen, unter anderem Rechnungen mit Fabrikansicht. Für den Druck dieser sandte uns die Firma ein Exemplar, welches auch für die Druckfarbe maassgebend war. Wir fertigten die Sachen an. Bei Ablieferung beanstandete der Kunde zunächst die Rechnungsformulare wegen falscher Druckfarbe. Bei Gelegenheit eines Besuches überzeugten wir den Herrn, dass die Farbe genau seinem gesandten Muster ent sprach: Allerdings hatte er beabsichtigt, uns eine andere Farbe zu senden, sich darin jedoch geirrt. Die Formulare gefielen ihm der Farbe wegen nicht, und jetzt fing er an, an allen Sachen zu nörgeln. Wir versuchten Einigung und sind bis 25 pCt. Nachlass gegangen, jedoch vergebens Inzwischen stellten wir fest, dass die zur Ver fügung gestellten Waaren von dem Kunden ohne Anstand benutzt wurden. Daraufhin forderten wir Bezahlung derselben, aber ohne Erfolg. Werden wir hierbei mit Klage Erfolg haben, weil der Kunde die Waaren ohne Weiteres verwendet, obschon er dieselben zur Ver fügung stellte? Giebt es hierüber nicht eine reichsgerichtliche Ent scheidung? Der Kunde hat einen ganz beträchtlichen Theil der Waaren verwendet, bis wir mit unserer Forderung kamen, er möge nunmehr die Waaren bezahlen, da er einen Theil davon verwendet habe. Erst da hat er sich andere Drucksachen bestellt und sagt nun, er habe von den Sachen gebrauchen müssen, da er keine andere Drucksachen mehr gehabt habe. Ist dieser Einwand bei einem Prozess von Wirkung? Antwort: Wenn ein Kunde Waare wegen mangelhafter Beschaffenheit zur Verfügung stellt, die Verfügungstellung an erkannt wird, und der Kunde inzwischen, bevor Ersatzlieferung erfolgt, einen Theil der Waare verwendet, so wird dadurch die Verfügungstellung des unverbrauchten Restes nicht rückgängig gemacht, der Käufer der Ersatzlieferung ist jedoch verpflichtet, die verbrauchte Menge zu bezahlen. Aehnliche Rechtsgutachten haben wir öfter veröffentlicht, erinnern uns aber nicht, ob sie auf Reichsgerichts-Entscheidungen beruhen. 3306. Frage: Mitte Oktober 1900 habe ich an eine Dütenfabrik 5000 Kilo geprägt Pergamyn, in Extraformaten, in fünf Farben, auf successive Lieferung verkauft. Prägungen sollen spezifizirt werden, üm bei dem Verkaufspreis die Anfertigung lohnend zu gestalten oder überhaupt vornehmen zu können, musste ich die 5000 Kilo extra anfertigen. Das war dem Besteller bekannt. Bis jetzt, also im Ver lauf von über einem Jahre, hat die Dütenfabrik kaum 1500 Kilo bezogen. Mein Verkaufspreis ist nicht derart kalkulirt, um bei diesem theuren Artikel längere Zins-Verluste zu ertragen. Bin ich verpflichtet, länger lagern zu lassen, oder kann ich Spezifikation verlangen ? Antwort: Wir verweisen auf wiederholte Beantwortung ähnlicher Fragen unter »Kauf und Abruf« sowie im Briefkasten. Wir sind der Ansicht, und weite Kreise der Papier-Verarbeitung stimmen mit uns darin überein, dass Abrufwaare spätestens nach Jahresfrist, von der Bestellung an gerechnet, abgenommen werden muss. Das Handelsgesetz giebt dem Verkäufer gegen den säumigen Abnehmer Rechte, von denen Fragesteller Gebrauch machen kann. 3307. Frage: Welche Lehranstalt muss ein junger Mann besuchen, der Papier-Techniker werden möchte? Mein Sohn ist 16 Jahre alt, gegenwärtig Schüler der Obersekunda der hiesigen Ober-Realschule. Genügt der Besuch der hiesigen Ingenieurschule, und wieviel Kurse? Wie folgt die weitere Laufbahn? Antwort: Aehnliche Fragen beantworteten wir schon oft im Briefkasten oder unter dem Titel »Papiermacher-Ausbildung«, wir verweisen z. B. auf Nr. 87 vom Jahre 1898, Seite 3278. Die Ausbildung kann verschieden sein, je nachdem sich der ; junge Mann damit begnügt, einen Werkmeister-Posten anzu streben, oder ob er selbständiger technischer Leiter einer । Papierfabrik werden will. Im ersteren Falle genügt ein Kurs über Chemie und Maschinenbau in einem sogenannten Techni- • kum oder in einer Werkmeisterschule. Dem Besuch dieses ; Kurses geht zweckmässig je einjähriges Arbeiten in einer ' Maschinenfabrik als Schlosser und Dreher und in einer Papier fabrik, möglichst beim Holländer und bei der Papiermaschine ' voran. Für die höhere Ausbildung empfiehlt sich gleichfalls 1 eine Praxis wie die vorgenannte und dann der Besuch einer < technischen Hochschule während mehrerer Jahre, wobei sich e der junge Student den Lehrplan nach eignem Bedürfniss zu- 1 sammenstellen sollte. Analytische Chemie, chemische Techno- * logie und Maschinenbau müssten die Hauptgegenstände sein, 1 auch Papierfabrikation, wenn dafür auf der Hochschule ein I Lehrstuhl besteht. Nach beendetem Studium muss der junge 1 Mann eine Lehre in einer Papierfabrik durchmachen, worauf er als zweiter Werkmeister oder Nachtaufseher Anstellung 8 finden kann. Dieser zweitbeschriebene Lehrgang ist nur möglich, wenn dem jungen Mann gute persönliche Beziehungen i zu Papierfabrikanten zur Seite stehen, oder wenn er dafür, i dass ihn ein Fabrik-Direktor in die Lehre nimmt, eine grössere 8 Summe bezahlen kann. r r‘ 3308. Frage: Wir bestellten eine Lieferung Papier laut bei r folgendem Muster A. Die Sendung ist laut beifolgendem Referenz s Muster B ausgefallen. Müssen wir die Abweichungen in der Probe ; und dem ganzen Aussehen des Papiers nach den allgemeinen Be- 1 Stimmungen gutheissen, oder können wir die Lieferung als nicht i mustergemäss bezeichnen? Antwort: Das gelieferte Papier hat gelblichen Ton, ! während die Vorlage ins Graue spielt. Die Rippung ist in der Vorlage besser, auch hat diese besseren Griff infolge grösseren Zellstoff- und geringeren Holzschliff - Gehalts. Trotz dieser ’ Unterschiede ist die Lieferung für dieselben Zwecke verwend- ; bar wie die Vorlage, und handelte es sich um eine inländische । Lieferung, so würden wir Uebernahme gegen geringen Preis- । Nachlass empfehlen. Da jedoch die Lieferung nach Uebersee bestimmt ist, und die überseeischen Käufer erfahrungsgemäss auf streng mustergemässe Lieferung dringen, da ferner etwaige Annahmeweigerung der Waare seitens des überseeischen Käufers sehr grossen Schaden für den Fragesteller (Hamburger Ausfuhrhändler) mit sich brächte, sind wir der Ansicht, dass er die Waare nicht als mustergetreu anzunehmen braucht. 3309. Frage: Wir lieferten einem Kunden Lederpappen nach Probe 1. Die Waare wird uns zur Verfügung gestellt mit dem Be merken, dieselbe sei zu lose und bedeutend minderwerthiger als Probe 2 — Lederpappen der Konkurrenz —, auch sei Letztere be deutend billiger. Die Konkurrenz, auch Grosshändler, verkauft ein schliesslich Verdienst zu gleichem Preise, als was uns die Pappe in der Fabrik kostet. Nach unserer Ansicht ist Probe 2 aus anderen Stoffen gearbeitet und dadurch loser und nicht so haltbar wie 1, bevor wir jedoch in dieser Sache weitere Schritte thun, möchten wir gerne Ihr Urtheil, besonders über den Qualitätsunterschied hören. Antwort: Keine der beiden Proben verdient den Namen »Lederpappe«, worunter man im Handel aus gedämpftem Holz schliff hergestellte Pappe versteht. Probe 1 besteht zum grössten Theil aus splittrigen, flach gequetschten Faserbündeln, die ent weder von Torf oder von sehr schlechtem Abfallzellstoff her rühren. Diese groben Faserbündel verhindern guten Zusammen halt der in der Pappe enthaltenen andern Fasern, worunter auch gedämpfter Holzschliff sich befindet, und verleihen der Pappe einen weichen, lappigen Griff. Probe 2 ist wesentlich besser, glatter, dichter, fester, hat eine schönere braune Farbe und ist frei von groben Splittern. Sie scheint zum grossen Theil aus gekollertem altem Braunholzpapier oder Braunholz pappe zu bestehen. Pappe dieser Art heisst im Handel »Halb lederpappe«. Probe 2 ist in jeder Beziehung besser, also mehr werth als Probe 1. 3310. Frage: Wir kauften zur successiven Lieferung über 1901 20 bis 25 Doppelladungen Kaolin, hiervon sind von uns bis Ende Oktober erst 10 Ladungen abgenommen. Der Lieferant macht uns jetzt darauf aufmerksam, dass bis Ende d. Js. mindestens noch 10 Ladungen abzunehmen sind, erklärt sich aber bereit, das rück ständig bleibende Quantum in 1902 nachzuliefern, aber nur zu dem um 10 M. pro Ladung erhöhten Preis. Wir vertreten nun folgende Ansicht: Sinngemäss ist der Auftrag dahin zu verstehen, dass das geschlossene Quantum in annähernd gleichen Zwischenräumen ab genommen wird, das wären pro Monat ca. 2 Ladungen. Lieferant hat die Abnahme von nur 1 Ladung monatlich bis Oktober still schweigend gutgeheissen und kann deshalb nun nicht verlangen, dass wir rückständige 10 Ladungen in dem kurzen Zeitraum von 2 Monaten herreinnehmen. Wir sind bereit, im November und Dezember je 2 Ladungen abzufordern, und halten hierdurch den Ab schluss unserseits für erfülllt. Sind wir verpflichtet, restliche 10 Ladungen in 2 Monaten hereinzunehmen, und müssen wir für die etwa rückständig bleibende Menge in 1902 den höheren Preis be zahlen? Wir können ein für uns brauchbares Kaolin von anderer Seite für 1902 beträchtlich billiger kaufen. Antwort: Im Vertrag war bedungen, dass die Abnahme im Jahre 1901 erfolgen muss, regelmässige, gleichmässe Ab nahme war nicht bedungen. Der Verkäufer durfte annehmen, dass die schwächere Abnahme in den ersten 2 Dritteln des Jahres durch stärkere Abnahme im letzten Drittel ausgeglichen wird. Fragesteller ist demnach verpflichtet, noch 10 Ladungen bis Ende 1901 zu übernehmen; es steht ihm aber frei, di 0 Bedingung des Lieferers anzunehmen, dass die rückständigen Ladungen im nächsten Jahr zu höheren Preisen nachgeliefert werden. 3311. Frage: Wenn Paraffin mit irgend einem Lösungsmittel gelöst ist, kann man dasselbe wieder verwenden? Antwort: Die Lösungsmittel für Paraffin sind flüchtig, und das Paraffin kann durch Verdampfung des Lösungsmittels unverändert wiedergewonnen werden. Will man sparsam arbeiten, so muss man auch das abgedampfte Lösungsmittel möglichst vollkommen wiedergewinnen. Verantwortlicher Redakteur Siegmund Ferenczi, Friedenau. Ziuchriften nur an Papiw-Zeitung Berlin WS erbeten Druck von A. W. Hayn’u Urban, Berlin SW, Zimmer-Strasse St. Papier von Bieler * Vogel, Berlin, Lelpzig und Hamburg Hierzu eine Beilage von Schwetasch & Seidel, Tuchfabrikation und Versand, Spremberg (Lausitz)