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Nr. 98 PAPIER-ZEITUNG 3637 Bremer-Licht Vor einigen Schaufenstern Berlins erschienen kürzlich elektrische Bogenlampen, die sich von den bisher üblichen durch ausserordentliche Lichtstärke und gelbliche Färbung des Lichtes unterschieden. Das neue .Licht erwies sich als solches Anziehungsmittel für das Publikum, dass es jetzt einen grossen Theil der Bogenlampen für Sehaufensterbeleuchtung in Berlin verdrängt hat und täglich mehr verdrängt. Ueber die Eigen art dieses Lichtes, wozu die Lampen von der Firma »Bremer- Licht, Berlin, Unter den Linden«, geliefert werden, theilte Dr. Jeserich auf Anfrage in einer der letzten Versammlungen der Polytechnischen Gesellschaft in Berlin Folgendes mit: Das Bremer’sche Licht ist ein elektrisches Bogenlicht und unter scheidet sich von den gewöhnlichen Bogenlampen durch Folgendes: Die Kohlenstifte des Bremer’schen Lichtes sind mit Fluorcalcium ge tränkt, wodurch das Licht die gelbe Farbe erhält. Ferner stehen die beiden Köhlenstäbe nebeneinander, nicht wie bei den gewöhnlichen Bogenlampen übereinander, und der Lichtbogen wird durch ein magnetisches Feld, welches durch Elektromagnetismus erzeugt wird, nach unten tief herausgezogen. Die Erzielung gleichmässiger Licht stärke bei diesen Lampen ist ziemlich komplizirt, jedoch gut erreicht. Die Lichtstärke soll bei gleichem Stromverbrauch vielfach stärker sein als bei gewöhnlichen Bogenlampen. Rücksendungspflicht für verlangte Muster Im Juni 1901 bestellte die Firma J. Bellak in Odrau, Mähren, bei W. Schultz-Engelhard in Berlin eine Auswahl Kalender zur Ansicht. Diese Auswahl ging dem Besteller sammt Faktura über 9 M. 8 Pf. im Juni zu, und die Faktura enthielt den Beisatz »Erfüllungsort Berlin, Nichtkonvenirendes innerhalb 14 Tagen zurück«. Herr Bellak behielt Faktura und Muster. Als er im September um Bezahlung gemahnt wurde, theilte er mit, dass er mit Schreiben vom 1. Juli 1901 — das niemals in die Hände des W. Schultz-Engelhard gelangt ist — die Faktura nicht anerkannt hat und erbötig ist, die Muster zurückzusenden, »wenn ihm 15 Heller für Posttrachtbrief zugesandt würden«. Offenbar rechnete Herr Bellak damit, dass Herr Schultz- Engelhard wegen dieses kleinen Betrages im Auslande nicht klagen werde, umsomehr, als in Odrau kein Anwalt ist, und ein Anwalt von weither die Vertretung übernehmen müsste. Herr Bellak täuschte sich jedoch, denn Herr Schultz-Engelhard überreichte unter Rücksichtnahme auf die Bedingungen der Faktura, die Herr Bellak zugestandenermaassen erhalten hat, Klage auf frankirte Rücksendung der Muster. Da die Bestellung von Mustern durch Leute, welche keine Kaufabsicht haben und diese Muster als gute Beute ansehen, zu einem Unfug geworden ist, dem im Interesse der anständigen Handelswelt vorgebeugt werden muss, so wird der Prozess mit allen gesetzlichen Mitteln zu Ende geführt werden, um von einem österreichischen Gericht eine Entscheidung zu erwirken, ob das Vorgehen des Herrn Bellak gesetzlich zulässig ist. Ueber das Ergebniss werden wir seinerzeit berichten. * * * Im April 1899 bat ich den Fabrikanten A. von Glückwunsch-, Menü- und Besuchskarten um Ueberlassung seiner Muster und Preise, weil ein Kunde diese Waare von mir kaufen wollte. Das Geschäft scheiterte an den mir gestellten hohen Preisen, und ich war genöthigt, um den Kunden befriedigen zu können, selbst die Fabrikation dieser Waare aufzunehmen. Jetzt nach 2’2 Jahren erhalte ich von dem Fabrikanten die Aufforderung, ihm die Muster, die ich längst nicht mehr besitze, zurückzusenden, mit der Androhung, er werde dieselben im Nothfall bei mir gerichtlich herausholen lassen, da sie sein Eigen thum seien. Letzteres bestreite ich und bitte Sie, mir Ihre Ansicht darüber mitzutheilen, ob ich mir übersandte Proben zurücksenden muss, wenn sie nach 21/2 Jahren verlangt werden. Die Proben haben keinen Waarenwerth. B. Aus dem Briefwechsel geht hervor, dass A. die verlangten Muster bedingungslos sandte. Es ist üblich, bei Muster sendungen, für die man Vergütung oder Rücksendung verlangt, dies zu erwähnen. Fehlt ein solcher Vermerk, und haben die Muster keinen Verkaufswerth, so hat der Empfänger weder die Pflicht, die Muster zurückzusenden, noch sie 2‘/i Jahre aufzu bewahren. Der Fabrikant A. bewies dadurch, dass er die Muster 2'/ a Jahre nicht zurückforderte, dass er keinen Werth darauf legte. Handel der Lehrer. Auf eine Beschwerde der Buch- und Schreib- waarenhändler in Döbeln, Sachsen, giebt der Schulausschuss bekannt, dass zur Vermeidung von Unzuträglichkeiten künftig Schulbücher, Hefte, Schreibwaaren usw. nicht mehr durch Vermittlung der Lehrer schaft verkauft, dass aber nur vorschriftsmässige Waaren zum Ge brauche in Döbelner Schulen zugelassen werden. K. Vorsicht! Ueber die Machenschaften der Firma »C. H. Serbe in Leipzig« bei Herausgabe des »Export-Handbuches für das deutsche Reich« erhielten wir von der Firma »Nese- mann & Fritzsche in Gommern« eine Mittheilung, wonach der in Nrn. 87, 90 und 94 erwähnte Richard Serbe Mitinhaber der Firma »C. H. Serbe in Leipzig« sei. Mit letztgenannter Firma haben Nesemann & Fritzsche einen Prozess geführt, worin die Buchhändler Arthur Hermann Serbe und Richard Alfred Serbe in Leipzig des Betruges und versuchter Nöthigung angeklagt waren. Nesemann & Fritzsche sandten uns die gesammten Akten, die diesen Fall betreffen, und woraus unter Anderem hervorgeht, dass die Firma »C. H. Serbe« Anzeigegebühren für Anzeigen gefordert hat, die nicht erschienen sind. Die Firma Nesemann & Fritzsche ist bereit, die Akten gegen Er stattung von 20 Pf. Porto jedem Geschädigten zur Verfügung zu stellen. Die Akten liegen zur Zeit bei uns. Red. Zu unrecht beschlagnahmte Ansichtskarten Ich liess nach Heliogravüren, fotografischen Aufnahmen meines Konkurrenten, Postkarten anfertigen. Derselbe verklagte mich auf Grund des Urheberrechts und liess mir meine Postkarten beschlag nahmen, obgleich ich dem Amtsrichter vorher bei einer Vorladung ausdrücklich erklärte, dass die Nachbildung laut reichsgerichtlicher Entscheidung gestattet sei. Meine Postkarten wurden vier Wochen, gerade in der regsten Geschäftszeit, dem Vertrieb entzogen. Der Kläger wurde abgewiesen, und mir wurden die Postkarten nach vier Wochen zurückgesandt. Bin ich berechtigt auf Schadenersatz zu klagen, weil mir die Postkarten gerade in der regsten Zeit entzogen wurden? Inzwischen kam der Herbst, und jetzt habe ich keinen Ab satz mehr dafür. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Eigenthum oder sonstige Rechte eines Anderen widerrechtlich verletzt, ist zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Vorsätzlich hat zwar der Kläger nicht gehandelt, da ihm anscheinend die zu treffenden gesetzlichen Bestimmungen unbekannt waren, wohl aber fahrlässig, weil er vor der folgenschweren Erstattung der Anzeige den Rath eines Rechtskundigen einholen musste. Dass anfänglich die Behörde seiner Anschauung folgte und die Be schlagnahme verfügte, spricht ihn nicht frei. Der Fragesteller hat darunter nicht zu leiden. Der zu ersetzende Schaden um fasst auch den entgangenen Gewinn. Nur Deutsch! Vergl. Nrn. 90 und 94 Ich habe mit Freude bemerkt, dass der Herausgeber dieser Zeitung, wie schon öfter in den letzten Jahren, auch meiner letzten Anregung sofort Folge gegeben hat und den Anzeigern mit gutem Beispiel vorangegangen ist, indem er die Verdeutschung des leider viel gebrauchten Ausdrucks »Offerten unter Chiffre an die Ex pedition d. BL« angeordnet hat. Mögen sich nun auch die Anzeigenden eines reinen Deutsch be- fleissigen und die vielen unnützerweise angewendeten Fremdwörter vermeiden! Es ist nicht zu verstehen, wie Jemand, der eine deutsche Schule besucht hat, sich mit Vorliebe fremdsprachiger Ausdrücke bedient. Dies ist, wie die englischen Papiervertreter (nicht Agenten) eich in Nr. 94 ausdrücken, ein Zeichen von mangelhafter Schulbildung oder Denk faulheit. Per bald, Salair (für Gehalt), Tour (für Reise), Station im Hause (für Wohnung und Kost im Hause), müssen in einer deutschen Zeitung verschwinden! Freilich sollten Erzieher, Lehrer, auch kaufmännische Lehrherren bei jeder Gelegenheit ihre Zöglinge, Schüler, Lehrlinge und Gehilfen in Schrift und Sprache verbessern, wenn diese aus Denkfaulheit oder Gewohnheit französische, englische oder lateinische Ausdrücke ge brauchen, für die es gute deutsche giebt. Ich erinnere an den meist sehr schlecht ausgesprochenen Gruss Adieu, bei dessen Anwendung sich wohl kein Deutscher an dessen Sinn oder Bedeutung erinnert. Die Lehrer sagen ihn täglich oft zu ihren Schulkindern oder heissen es gut, wenn diese sie so begrüssen. 1870/71 beobachtete ich, wie sich französische Kriegsgefangene über zehnjährige deutsche Schulmädchen lustig machten, die sich auf französisch (Adjeh!) von einander verabschiedeten. Auch ich tadelte unsere Lieferanten von Schachtelpackungen, dass eie ihre Waare meistens mit französischen oder englischen Bezeich nungen versehen. (Die beliebten Menu- und Gratulations- und Kon dolenz-Karten nicht zu vergessen!) Mein Einkäufer hat strengen Auftrag, derartige Papier-Ausstattungen nicht zu kaufen. Die Lieferanten entschuldigen sich oft damit, dass ihre ausländische Kundschaft keine Schachteln mit deutschen Bezeichnungen kauft.