Volltext Seite (XML)
3496 PAPIER-ZEITUNG Nr. 94 Gebräuche der alten Papiermacher Herr Walter Erüger, Papierfabrikant in Neubrandenburg, hat vor einigen Jahren eine »Chronik der Papiermühle bei Neu brandenburg seit dem Gründungsjahre 1760« ausgearbeitet, worin er unter Anderm sämmtliche Handwerksgebräuche der wandernden Papiermacher aus früherer Zeit niederschrieb. Sein Vater, der in den Jahren 1844—1845 als Papiermacher mit dem Felleisen auf dem Rücken Deutschland, Oesterreich usw. durchwanderte, hat ihm die nöthigen genauen Angaben und Ueberlieferungen mitgetheilt. Aus dieser Chronik stellt uns der Verfasser freundlichst folgende Theile zur Verfügung, zur Ergänzung der in Nrn. 83 bis 88 der Papier-Zeitung von 1898 abgedruckten Aufsatzreihe über »Gebräuche der alten Papiermacher«. * * * I. Oie Ausbildung zum Papiermacher Die Söhne ordentlicher Eltern wurden, nachdem sie ihrer Schulpflicht genügt hatten und konfirmirt waren, als Lauf burschen angenommen und zur Erfüllung kleinerer Aufträge und zu leichteren Arbeiten, wie Papieraufhängen, Lumpen- sortiren und dergleichen verwendet. War so ein Jahr ver flossen, und hatte sich der Bursche anständig benommen und anstellig gezeigt, so wurden eines Tages alle Gesellen mitten aus der Arbeit vom Meister zusammenberufen und ihnen mit getheilt, dass der eine oder mehrere Burschen nun als zünftige Lehrlinge aufgenommen werden sollten, und dass sie Alle nach besten Kräften den Lehrling, sobald er ihnen zugetheilt würde, belehren und in seinem Wunsche, etwas Tüchtiges zu lernen, unterstützen sollten. Der Lehrling dagegen wurde zum Ge horsam gegen Jedermann, zum Fleiss und Aufmerksamkeit für alle Dinge ermahnt. Dann folgte die Eintragung des Namens in das Lehrbuch mit Datum der Aufnahme. Am nächsten Morgen trat der Lehrling bei der Schöpfbütte ein, zuerst am Legestuhl, dann als »Gautscher« und zuletzt als »Schöpfer«. In diesen verschiedenen Thätigkeiten vergingen vier Jahre, und wurde vielfach bei den verschiedenen Bütten gewechselt, um dem Lehrling Gelegenheit zu geben, alle verschiedenen Arten Papier anfertigen zu lernen und sich auf diese Weise möglichst zu vervollkommnen. Hatte sich der nun zum Jüngling herangewachsene Lehrling brav geführt und Tüchtiges gelernt, so erfolgte die Freisprechung zum Gesellen. 2. Der Lehrbraten Ungefähr 14 Tage vor dieser Festlichkeit wurden die Ein ladungsbriefe an die Meister und Gesellen der befreundeten Papiermühlen, welche nach dem Handwerksbrauch bei der Freisprechung zugegen sein mussten, abgesandt. Da ein solcher Einladungsbrief, welcher seinerzeit von der Godendorfer an die Neubrandenburger Papiermühle abgeschickt wurde, sich hier noch vorgefunden hat, möge er nachstehend wiedergegeben werden: Wohlgeborene, insonders ehrenfeste, grossachtbare, kunsterfahrene Meister und Gesellen! Es wird dieselben nicht unbekannt sein, dass wir vor 4 Jahren in hiesiger Werkstatt einen Lehrburschen, Nahmens Georg Perlin zum Lernen angenommen baten. Da nun derselbe seine Lehrzeit zurückgelegt, so sind wir entschlossen, Ihn den 6. October frei zu sprechen. Indem dieses aber, ohne Beisein fremder Herrn Meister und Gesellen nicht geschehen darf, so ersuche ich Ew. Wohlgebn., sich von Ihren Geschäften soviel abzumüssigen, und Tags zuvor sich bei mir einzufinden, um meinen Lehrburschen zu einen Gesellen zu machen, und sich als dann mit einem kleinen Mahle freundschaftlichst bewirthen zu lassen. Für solche uns erzeigte Ehre werden wir jeder Zeit in ähnlichen Fällen wieder dienen. Nach ergebenstem Complimente beharre zu sein: Ew. Wohlgeboren Insbesondere ehrenfeste u. grossachtbare kunsterfahrene Meister und Gesellen ergebenster Diener Godendorfer Papiermühle W. Kowalschky. d. 20 sten Septbr. 1833. Um 9 Uhr morgens des besagten Festtages fanden sich die Gesellen im Papiersaal zusammen, frühstückten, spielten Karten und rauchten dazu aus Thonpfeifen, während sonst unter allen Umständen das Rauchen in und um die Fabrik gebäude verboten war. Dazu spielte die bereits eingetroffene Musik (auf der Neubrandenburger Papiermühle in der Regel 8 Mann) ihre lustigen Weisen. Gegen 11 Uhr wurde abge räumt, die grossen Sortirtische aneinandergerückt, woran dann sämmtliche Gesellen unter Vorsitz des Meisters und des Fabrik herrn Platz nahmen; die ausgelernten Lehrlinge traten im Arbeitsanzuge heran und wurden vom Brotherrn ermahnt, sich ferner brav und wacker zu halten, und wenn sie in die Fremde gingen, ihrer Lehrfabrik überall in ihrer Leistung und ihrer Aufführung Ehre zu machen; dann wurde vom Meister an bei allen Gesellen Umfrage gehalten, ob sie etwas gegen den oder die freizusprechenden Lehrlinge einzuwenden hätten, was in der Regel mit den Worten: »Ich habe nichts dagegen, und wünsche nur Liebes und Gutes« beantwortet wurde. Dann erfolgte unter Namensaufruf und Handschlag die eigentliche Freisprechung. Der neue Ge selle schüttelte jedem der Umsitzenden die Hand und gelobte Alles, was er gelernt, in Zukunft treu und fleissig anzuwenden, womit der feierliche Akt beschlossen wurde. Nun wurde im Saale die Festtafel gedeckt und um 1 Uhr begann unter Musik das Festmahl. Die Braten wurden von den freigesprochenen Gesellen im schwarzen Anzuge ’ und seidener Schärpe (letztere war ihnen von Schwestern, Basen oder wohl gar von dem Schatz eigens zu diesem Zwecke gestiftet), herbeige tragen und vorgesetzt. • Zum Nachtisch gab es Napf kuchen, Jeder erhielt ausserdem ein halbes Quart Wein. Nach aufgehobener Tafel wurden um 4 Uhr die Frauen und Mädchen der Fabrik mit Kaffee und Kuchen in der Meisterwohnung be- wirthet und gleichfalls von den Lehrlingen und jüngeren Ge sellen bedient. War nun im grossen Saale wieder abgeräumt, so begann in diesem oder zur Sommerzeit meist in einem zu diesem Zwecke eigens errichteten Zelt der Tanz. Den ersten Rundtanz hatten die neuen Gesellen für sich allein, und es war eine besondere Ehre für die Tänzerin, dazu auf gefordert zu werden; altem Herkommen gemäss musste der Tänzer dafür ein Extra-Geschenk von einem Reichs thaler an die Musik entrichten. Dann wurde das Tanzen all- emein und Jung wie Alt, Herrschaft wie Beamte mit ihren 'amilien, Alles, was zur Fabrik gehörte bis zum jüngsten Lehr burschen, betheiligte sich nach Wunsch und Gefallen. Um 8 oder 9 Uhr trat eine Pause ein für das aus belegten Butter- bröden und Bier bestehende Abendbrot, und für das zarte Ge schlecht wurde sogar süsser Wein herumgereicht. Später wurde das Tanzen und die allgemeine Fröhlichkeit bis zum hellen Morgen des folgenden Tages fortgesetzt. Am Morgen nach dem Lehrbraten erschienen die neuen Gesellen bei der Arbeit zuerst mit der braunen Schürze mit messingener Schlusskette, dem alten Papiermacher-Abzeichen, angethan. Die Kosten für die Musik wurden gemeinsam von allen Anwesenden be stritten. Nicht jedes Jahr wurde ein Lehrbraten gefeiert, son dern mitunter gewartet, bis zwei oder mehrere ihre Lehrzeit beendet hatten. In sehr vielen Papiermühlen wurde der Lehr braten 3 Tage lang gefeiert. Schluss folgt Fachpresse. Der Verein Französischer Papierfabrikanten hat nach Ableben seines bisherigen Geschäftsführers (Herrn Person du Bief) mit der Herausgabe seines amtlichen Organs, des vierzehntägig erscheinenden »Moniteur de la Papeterie Franaise«, den Civil-Ingenieur Herrn A. Kaindler in Paris betraut. Pappenpreise in Amerika. Die Nachfrage nach Pappen hat in den Vereinigten Staaten in der letzten Zeit so zugenommen, dass die Vereinigung (trust) der Graupappenfabrikanten die Pappenpreise vom 1. November ab bei Wagenladungs- Bezügen um durchschnittlich 21/2 Dollar die Tonne (etwa 1 Pfg. das Kilo) erhöhte. Strohpappen stiegen gleichfalls, auch der Papiermarkt ist in den Vereinigten Staaten fest. Probenschau Uatez dieser Ueberachrift werden alle voa Bexiehern der Papier-Zeitung eingenandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren-Faches die Neues oder Bemerkenawerthes bieten, kostenfrei beschrieben Postkartenverkaufstafel (DRGM. 161135) von Paul Mohr, Papierhandlung und Buchbinderei in Grünberg, Schl. Diese Verkaufstafel besteht aus einer Pressspanplatte, auf welcher 10 Postkarten bequem Platz finden. Die Befestigung der Satten geschieht mittels über die Ecken der Karten ge spannter kleiner Gummiringe. Letztere werden um Messing- knöpfchen gespannt, die kragenknopfähnliche Form haben