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3494 PAPIER-ZEITUNG Nr. 94 schaftliche Untersuchung erhältlich, sodass sich durch chemische Behandlung die Formen und gewisse Struktur-Eigen schaften der Fasern verändern lassen. Zweitens sind künst- liche Zellstofffasern wesentlich anders nnd stärker hydratirungs- fähig als natürliche, und in der Viscose (lösliches Cellulose- Xanthat) ist ein Mittel gegeben, um gelatineartige oder form lose Zellstof-Hydrate in beliebigen Mengen dem Papierstoff zuzusetzen. Die Papiermacher werden sich aber weniger für die streng wissenschaftliche Forschung als für die Frage erwärmen, welchen Einfluss solche Untersuchungen auf die Herstellung und die Verwendung von Papier haben. Wir wollen nach weisen, dass die Prüfungen mit Nutzen erweitert werden können, weniger indem man ganz neue Gesichtspunkte heran zieht, wie oben angedeutet, sondern vielmehr durch gründliche Ausnutzung gebräuchlicher Prüfungsmittel. Grundlage der jetzt gebräuchlichen Papierprüfung sind die Vorschriften der »Königlichen mechanisch - technischen Versuchsanstalten in Charlottenburg-Berlin«. Die dort üblichen Untersuchungsver fahren bezwecken hauptsächlich die Feststellung der Zusammen setzung und der Eigenschaften des Papiers mit Rücksicht auf dessen Verwendung, sie dienen nur mittelbar zur Verbesserung der Papierherstellungs-Verfahren. Deshalb und aus anderen Gründen ist in Papierfabriken die regelmässige Prüfung der Erzeugnisse nur ausnahmsweise eingeführt. Unseres Erachtens haben die heute in Geltung befindlichen Charlottenburger Vor schriften einen wesentlichen Mangel. Das spezifische Volumen, d. h. das Verhältniss zwischen der Dicke des Papiers und dessen Gewicht, wird darin vernachlässigt, und doch spielt das spezifische Volumen des Papiers im Handel eine Rolle und liefert zusammen mit der Reissfestigkeit einen guten Maassstab zur Beurtheilung der Güte des Papiers. Bei der heute üblichen Papierprüfung wird statt der Reissfestigkeit die Reisslänge ermittelt, denn auf diese Weise wird die schwierige Prüfung der Papierdicke sowie auch die Ermittlung der Breite des Papierstreitens überflüssig. So genial auch die Einführung des Begriffs »Reisslänge« genannt werden muss, so trug sie doch dazu bei, dass die Wichtigkeit der Raumverhältnisse für die Eigenschaften des Papiers nicht beachtet wurde, und man auf die Bestimmung des spezifischen Volumens verzichtete. Unseres Erachtens giebt die Reisslänge kein zutreffendes Bild von dem Gefüge des Papiers. Unbeschwertes Papier kann betrachtet werden als bestehend aus Fasern und mit Luft gefüllten Hohlräumen. Die Festigkeit dieses Papiers wird ab hängen von der Faserdichtiglceit oder — mit andern Worten — von dem Verhältniss der Fläche, die die Papierfasern eines mittleren Querschnitts des Papierblattes ausfüllen, zu der ge- sammten Fläche. Angenommen, das spezifische Gewicht von Zellstoff sei 1,5, und angenommen, 1g einesPapiers nehme 0,8ccm, 1 g eines anderen Papiers 0,75 ccm Raum ein, so ist der Raum, den die Nichtfaser (d. h. die Luft) einnimmt, im ersten Falle (0,80—0,66) ccm = 0,14 ccm und im zweiten Falle (0,75—0,66) = 0,09 ccm. (Zu obigen Ergebnissen gelangt man durch folgende Ueberlegung: 1 g Papier hat 0,8 ccm Volumen. Wäre das Papier lediglich Zellstoff, so müsste es, da 1,5 das spezifische Gewicht von Zellstoff ist, 1, = 0,66 ccm Raum einnehmen. Da 1,5 es aber 0,8 ccm Raum einnimmt, so nimmt die Luft 0,8—0,66 = 0,14 ccm Raum ein. Red.) Angenommen, diese Ergebnisse seien Durchschnitts-Ergebnisse, so macht im einen Falle der Faserquerschnitt 86 pCt. des Papierquerschnittes aus, im andern Falle 91 pCt. Sind nun diese Papiere, wenn sie in Bezug auf die mechanischen Prüfungen gleiche Eigenschaften zeigen, auch gleich werthvoll? Gewiss nicht! Auf den ersten Blick ist man geneigt zu glauben, dass dasjenige Papier besser sein wird, welches die grössere Faserdichtigkeit besitzt, also spezi fisch schwerer ist. Bei genauerer Prüfung kommt man aber zu entgegengesetzter Ansicht; jenes Papier ist das beste, in welchem die Fasern bei gleichem Gewicht und gleicher Reiss festigkeit den grössten Raum einnehmen. Diese Erwägungen zeigen, dass die zahlenmässige Feststellung des spezifischen Gewichts für den Papiermacher wichtig ist und ihm bessere Ueberwachung der Fabrikation ermöglicht. Wir haben diesen Gegenstand erwogen und fanden Folgendes: a) Volumen V und spezifisches Gewicht des Papiers lassen sich mit genügender Genauigkeit feststellen durch Abwägen einer gemessenen Fläche und Ermittlung der Dicke. Be zeichnet man mit G das Gewicht eines Blattes Papier (in Gramm), mit f die Fläche des Blattes (in Quadratcentimeter) und mit d die Dicke (in Centimeter), so ist Fd = v das Ge wicht eines Kubikcentimeters Papier, d. h. das spezifische Ge wicht des Papiers. 8) Der Raum V„ den der wirkliche Papierstoff (mit Aus schluss der Lufträume im Papier) einnimmt, wird wie folgt er mittelt : Die Fysik kennt Mittel, um einen Raum zu messen nach der Ausdehnung oder Zusammenziehung, den das darin be findliche Gas erleidet, wenn man es unter verminderten oder erhöhten Druck von bestimmter Grösse bringt. Da die in und zwischen den Papierfasern befindliche Luft sich ebenso aus dehnt und zusammenzieht wie die das Papier umgebende Luft (Die Verfasser scheinen diese interessante Thatsache ermittelt zu haben. Red.), kann man den Luftraum des Papiers wie folgt bestimmen: Man misst auf die angedeutete Weise, wie viel Luft ein Papier von gemessener Fläche f und Dicke d, also vom Volumen V=fd, verdrängt. Der Raum der verdrängten Luft ist unter obiger Annahme gleich dem Raum V„ den der feste Stoff des Papiers einnimmt. V—V, ist demnach der Raum der im Papier vorhandenen Luft. y) In gewissen Fällen kann der Luftraum im Papier er mittelt werden durch den Raum oder das Gewicht des vom Papier aufgesaugten Wassers. Folgende Prüfungen wurden mit einem Bogen Löschpapier gemacht: 1 ccm dieses Papiers wog 0,56 g; nimmt man das spezi fische Gewicht des Zellstoffs als 1,5 an, so hätte das Papier 37,3 pCt. thatsäcbliche Zellstoffdichte, d. h. 37,3 pCt. des Papier raumes werden von Zellstoff und 62,7 pCt. von Luft ein genommen. Mehrere abgewogene Streifen dieses Löschpapiers wurden in kochendes Wasser gebracht, herausgenommen und zwischen Bogen desselben Papiers gepresst. Das aufgesaugte Wasser hatte in sechs Fällen folgenden Rauminhalt (durch Ge wichtszunahme der Streifen bestimmt; 1 g Wasser = 1 ccm): 60,8; 63,1; 63,7; 62,8; 62,6; 60,6 im Mittel 62,3 pCt. Das Endergebniss der Wägung stimmt also mit dem berechneten Luftraum (62,7 pCt.) überein. 6) Von uns vorgenommene, noch nicht vollendete Versuche machen es wahrscheinlich, dass man den Luftraum im Papier noch weiter wird trennen können in 1. Den Zwischenzellenraum, 2. in den Raum, der in den Faserkanälen enthalten ist. Enthält das Papier Beschwerungs- und Leimstoffe, so bleiben die unter « und s angegebenen Verfahren giltig, und für die unter y und d angedeuteten müssen andere Flüssigkeiten als Wasser benutzt werden. Für solche Papiere ist die Er mittlung des spezifischen Gewichts noch wichtiger, denn je mehr dieses durch Füllstoffe vergrössert wird, um so weniger giebt die Reisslänge ein eufriedenstellendes Bild von der Festigkeit des Papier es. Schlussfolgerungen: Wir müssen bei Prüfung der Papiere die Festigkeitsziffern genauer gestalten durch Berücksichtigung des spezifischen Gewichts und des Fasergehaltes, mit anderen Worten: Wir müssen das Verhältniss des von den Papierfasern thatsächlich eingenommenen Raumes feststellen. Hierzu be dürfen wir der Ermittlung des Gesammt-Papierraumes und des vom Papierstoff thatsächlich eingenommenen Raumes. Unsere jetzigen Verfahren sind auch in anderer Beziehung mangelhaft und können durch zahlenmässige Feststellungen ergänzt werden. So erhält man oft werthvolle Fingerzeige, indem man die Festigkeit des Papiers in gefeuchtetem Zustande untersucht. Wir beschäftigen uns zur Zeit mit eingehenden Untersuchungen dieser bisher ziemlich vernachlässigten Frage. Vorstehende Arbeit ist nur eine Einleitung für eine Reihe von Veröffentlichungen in dieser Zeitung, welche zeigen sollen, dass die soeben erörterten wissenschaftlichen Prüfungen und Versuche werthvolle Fingerzeige für die Erzeugung und Ver arbeitung von Papier geben können. London, 4 New Court W. C., 14. Oktober 1901 Vorsicht! Trier, 15. November 1901 Von befreundeter Seite werde ich auf Ihre Artikel über R. Serbe in Dresden aufmerksam gemacht, und obgleich ich nach etwa 80 Jahren in Düren und hier nunmehr aus dem Papierfach ausgetreten bin — es sind dies 8 Jahre her —, so habe ich doch noch ein unliebsames Anhängsel mit in meine neue Thätigkeit hinüber genommen. Dies betrifft einen langwierigen Prozess mit R. C. Serbe in Leipzig, Verlag des Leipziger Mess-Adressbuches, dem ich vermeintlich zur Gratis-Insertion eine Anzeige aufgab und nicht wenig erstaunt war,