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Nr. 89 :326 © Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck *** * * * Buchhandel * * * Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme Bezahlung lithografischer Entwürfe Zu Nr. 86 ^ us Baiern Mit vielem Interesse habe ich die verschiedenen Ausführungen in der Papier-Zeitung gelesen. Die Streitfrage dreht sich im Wesent lichen darum, ob es wirklich handelsüblich geworden ist, dass die Ent würfe nicht bezahlt werden. Nach meiner Erfahrung muss diese Frage bejaht werden. Es ist Thatsache, dass jedem Interessenten, der eine Plakat- oder sonstige in lithografischem Druck herzustellende Reklame zu machen beabsichtigt, von Kunstanstalten Gratis-Entwürfe angeboten werden. Durch diese Gepflogenheit sind letztere handelsüblich ge worden. Das in Nr. 86 aufgeführte Beispiel mit dem Musterkoffer ist voll kommen zutreffend. Man erwartet den Musterkoffer allerdings nicht umsonst, aber nur deshalb, weil der Mitbewerb der Koffer-Fabriken, die nicht so zahlreich wie die Kunstanstalten sind, keinen solchen Unfug gezeitigt hat, wie er in unserem Fach nun leider einmal ein gerissen ist. Sorgen wir für Abhilfe! Schliessen wir uns zusammen und einigen uns über die Bedingungen, unter denen wir arbeiten wollen! Möchten doch alle Anstaltsbesitzer sich dem »Verein deutscher Steindruckerei- Besitzer in Leipzig« anschliessen, und möge es letzterem gelingen, neben der Beseitigung anderer Missstände in unserem Gewerbe es auch dahin zu bringen, dass nach einigen Jahren die Lieferung von Gratis-Entwürfen nicht mehr handelsüblich sei. Kunstanstalts - Direktor *** Ueber die Frage, ob Entwürfe für Plakate u. dergl. m., welche von einer Steindruckerei auf Bestellung gefertigt sind, ohne besondere Abmachung zu bezahlen sind, wenn auf dieselben ein Auftrag nicht erfolgt, haben sich die Fachgenossen bereits genügend ausgesprochen. Der unter obiger Ueberschrift in Nr. 86 der Papier-Zeitung erschienene Artikel giebt mir aber zu folgenden Bemerkungen Veranlassung, um unsere Fachgenossen zu ermahnen, sich durch das ergangene gericht liche Urtheil nicht von einer Verfolgung gleichartiger Ansprüche ab halten zu lassen. Das Gericht hat als erwiesen angenommen, dass dem Verfertiger des Entwurfs in Aussicht gestellt war, dass Auftrag ertheilt werden würde, wenn die angefertigten Entwürfe dem Besteller gefielen. Aus dem nächsten Satze des Urtheils, aus der aufgeworfenen Frage, ob es handelsüblich sei, dass in solchem Falle für zum Wettbewerb ein gereichte Entwürfe ohne besondere Verabredung Vergütung verlangt werden könne, geht aber hervor, dass das Gericht von der Voraus setzung ausgeht, dass ein Wettbewerb zur Erlangung geeigneter Ent würfe von dem Besteller veranstaltet worden sei. Aus der für erwiesen erachteten Thatsache folgt diese Annahme keineswegs. Es entzieht sich aber nach den gemachten Angaben der Beurtheilung, ob diese Voraussetzung richtig ist. Hat der Besteller eine Firma zur Betheiligung an einem Wett bewerb um einen Auftrag durch Einreichung von Entwürfen aufge fordert und hat er — das ist die Hauptsache — der Firma gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass es sich um einen solchen Wettbewerb handle, dass er Mehreren die gleiche Aufforderung hat zugehen la sen, so wird sich ein Anspruch auf Bezahlung kaum rechtfertigen lassen, wenn die Firma in dem Wettbewerb unterliegt. Der Einreicher der Entwürfe muss sich bewusst sein, dass es dem Besteller nur um Er langung geeigneter Vorschläge für den zu vergebenden Auftrag zu thun ist. Dieser Wille des Bestellers ist klar erkennbar, und mit Rücksicht auf diese Absicht des Bestellers muss sich jeder Fach genosse schlüssig machen, ob er an dem Wettbewerb durch Vorlegung von Entwürfen, Anschlägen usw. theilnehmen bezw. ob er die Anfertigung von Entwürfen von der vorherigen Zusage einer Bezahlung der letzteren abhängig machen will, falls ihm der Auftrag nicht er theilt wird. Ganz anders liegt die Sache, wenn, wie hier von dem Einsender des Artikels in Nr. 86 der Papier-Zeitung vorgetragen wird, der Be steller mit Rücksicht auf einen zu vergebenden Auftrag auf Prospekte die Anfertigung von Zeichnungen verlangt hat. In diesem Falle ent scheidet § 682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach welchem eine Ver gütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werks — der Entwürfe — den Umständen nach nur gegen eine Ver gütung zu erwarten ist. Als ein solcher Umstand, nach dem eine Ver gütung nicht zu erwarten ist, würde es anzusehn sein, wenn es in der That handelsüblich wäre, derartige, zur Vorbereitung eines Auftrags bestellte Entwürfe nicht zu bezahlen, sofern der Auftrag nicht er theilt wird. Der vernommene Gutachter hat das Bestehen eines solchen Handelsbrauchs behauptet. Was er aber zur Rechtfertigung dieser Behauptung dem im Prozess unterlegenen Anfertiger des Entwurfs mitgetheilt hat, ist nicht geeignet, dieselbe zu stützen. Denn Alles, was er vorträgt, giebt nur seiner eigenen Auffassung Ausdruck, wie er bezw. seine Firma über die vorliegende Frage denkt, wie er bezw. seine Firma in ähnlichen Fällen zu handeln pflegt. Durch die Uebung einer oder auch mehrerer Firmen entsteht aber kein Handelsbrauch. Ein Handelsbrauch setzt vielmehr zu seiner Entstehung voraus, dass ein gewisser Kreis von Fachgenossen während einer längeren Zeit bestimmte Rechtsverhältnisse in gleicher Weise in der Ueberzeugung geordnet hat, dass diese Ordnung rechtlich nothwendig und richtig sei. Wenn der Gutachter sich die Mühe genommen hätte, sich vor Abgabe seines Gutachtens bei einer grösseren Zahl von maassgebenden Firmen zu erkundigen, wie sie über die vorliegende Frage denken, und wie sie dieselbe zu behandeln pflegen, so hätte er leicht fest stellen können, dass die in seiner Firma bestehende Auffassung keineswegs der Rechtsüberzeugung seiner Fachgenossen entspricht, dass vielmehr von der Mehrzahl der letzteren die Bezahlung derartiger Entwürfe gefordert wird, und dass dieselben jedenfalls der Ueber zeugung sind, dass sie auf Vergütung der ausdrücklich bestellten Entwürfe, falls ein Auftrag nicht erfolgt, rechtlichen Anspruch haben, wenn sie auch oft auf die gerichtliche Durchführung des Anspruchs aus verschiedenen, hier nicht in Betracht kommenden Gründen ver zichten. Diese Uebung weiter Kreise der Fachgenossen und diese Ueber zeugung derselben schliesst aber die Entstehung eines Handelsbrauchs aus. Dem Gutachter kann somit der Vorwurf nicht erspart werden, dass er das Gutachten, dass der von ihm behauptete Handelsbrauch bestehe, unrichtig und ohne genügende Vorbereitung abgegeben hat. Allerdings ist dieser Vorwurf gegen viele Sachverständige zu er heben, welche vor Gericht über Handelsbräuche vernommen werden. Den Meisten dieser Sachverständigen fehlt die Erfahrung, um über Handelsbräuche ein Urtheil abgeben zu können. In vielen Fällen halten sie zu Unrecht diejenige Uebung, welche sie in einem oder mehreren Geschäften kennen gelernt haben, für allein richtig und allgemein anerkannt. So erinnere ich mich, dass vor einigen Jahren meine Unterstützung gegen einen meiner Angestellten angerufen wurde, der ein Gutachten dahin abgegeben hatte, dass es in meinem Geschäftszweige handelsüblich sei, von den Kleinhändlern bestellte Waare ohne Weiteres zurückzunehmen, wenn sie dem Besteller bei der Lieferung nicht gefiele, oder derselbe einen Irrthum bei der Bestellung behauptete. Es gelang mir klarzustellen, dass der Gut achter nur in meinem Geschäfte thätig gewesen war und die in dem selben bestehende Uebung, dem Kleinhändler ein wohlwollendes Ent gegenkommen zu beweisen, fälschlich als auf einem allgemein aner kannten Rechtsgrundsatze bestehend angesehen hatte. Nicht anders ist es dem Gutachter in dem vorliegenden Prozesse ergangen. Zur Vermeidung ähnlicher Vorkommnisse möchte ich die Fach genossen dringend bitten, falls sie von Gerichten als Sachverständige über Handelsbräuche vernommen werden, sich auf die Mittheilung ihrer eigenen Erfahrungen und der von ihnen etwa eingezogenen Auskünfte zu beschränken, die Frage nach dem Bestehen von Handelsbräuchen aber dahin zu beantworten, dass ihnen Weiteres als das Vorgetragene über das Bestehen eines Handelsbrauchs nicht bekannt sei. Sache des Gerichts ist es dann, nach dem Vorgetragenen zu entscheiden, ob die mitgetheilten Thatsachen zur Annahme eines Handelsbrauchs genügen. Man sollte sich in dieser Beziehung die Gutachten der Handelskammern und besonders der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin zum Vorbild nehmen. Obwohl diesen Körperschaften für ihre Ermittlungen ein bei Weitem vielseitigerer Apparat zur Verfügung steht als Einzelpersonen, kommen sie doch in der Mehrzahl der Fälle nach Mittheilung der erhobenen Thatsachen zu dem Schlüsse, dass sie das Bestehen des behaupteten Handels gebrauchs festzustellen nicht in der Lage waren. Dr. H. Gerschei Falsche Angabe der Auflage Ist unlauterer Wettbewerb. Der Verleger der »Oberschlesischen Volksstimme« in Gleiwitz hatte für die Kataloge 1901 der Anzeigen-Firmen Rudolf Mosse, Haasenstein & Vogler und Daube & Co. als Auflage der genannten Zeitung 6500 angegeben. Da diese Zahl der Wirklichkeit nicht annähernd entsprach, verklagte der Verleger des »Oberschi. Wanderers« den der »Oberschi. Volks stimme« wegen unlauteren Wettbewerbe, und der Verklagte wurde kostenpflichtig und unter Strafandrohung verurtheilt, die Veröffent lichung unwahrer Auflageziffern zu unterlassen.