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Nr. 82 PAPIER-ZEITUNG 3071 nisses der Bahn so hohe Kosten aufzuerlegen. Die Baufirma führte den Bau aus, obwohl sie wusste, dass die Papierfabrik nur den billigeren Satz für Innen-Ausbau zu bezahlen bereit war. Die Baufirma überlässt den von der Bahnverwaltung wegen verspäteter Lieferung ihr zugebilligten Schadenersatz von 75 M. an die Papierfabrik. Sie giebt hierdurch zu, dass sie für den Schaden haftbar ist, welcher der Papierfabrik durch die ver spätete Ankunft der Werkzeuge erwuchs. Dieser Schaden ist aber grösser als 75 M., er ist gleich dem Unterschied der Bau kosten von aussen und von innen. Es ist kein Grund ersicht lich, warum die Baufirma diesen Schaden nur in Höhe von 75 M. ersetzt, denn das Interesse der Papierfabrik an der recht zeitigen Lieferung betrug den Unterschied der Baukosten, und die Baufirma hätte, wenn sie sich sichern wollte, diesen Unter schied als Lieferfrist-Interesse angeben sollen. Der Kostenanschlag der Baufirma ist nicht fehlerfrei. Die mit rother Tinte geschriebenen Zahlen für den Aufbau von aussen sind unrichtig addirt. Richtige Addition würde 670 M. ergeben, während als Summe 732 M. angegeben ist. Ein weiterer Schreibfehler ist, dass die eisernen Binderinge unter der Rubrik »Geldbetrag« nicht eingesetzt wurden, sondern nur unter der Rubrik »Einzelpreis« mit 30 M. das Stück angegeben sind. Der Besteller brauchte diese Zahlen nicht zu prüfen, da er sich mit der Baufirma auf die Ausführung des Baues von innen geeinigt hatte. Die Kosten für die Ringe wären beim Aufbau von innen fortgefallen. Die Anfertigung von aussen ohne Blitzableiter hätte nach Voranschlag bei richtiger Rechnung 972 M. ausgemacht, die von innen 514 M. Die Rechnung über den thatsächlich aus geführten Bau beläuft sich sammt Blitzableiter auf 1046 M. 50 Pf. Die Papierfabrik ist bereit, sammt Blitzableiter usw. 697 M. 50 Pf. zu bezahlen. . Die Papierfabrik B. brauchte die Rechnung des Schmiedes in Y. nicht zu bezahlen, insoweit die Schmiedearbeit für den Schornsteinbau geleistet wurde. Wir entscheiden unter Be rücksichtigung obiger Erwägungen, dass die Papierfabrik den Preis für den Innenaufbau, sowie die im Brief der Papierfabrik vom 6. August aufgeiührten sonstigen Spesen im Gesammt- betrage von 697 M. 50 Pf. bezahlen muss. Es ist jedoch nicht billig, dass die Baufirma allein die Folgen der zu späten Ankunft der Werkzeuge trägt, welche sie so zeitig aufgegeben hat, dass sie unter gewöhnlichen Um ständen und ohne Verschulden seitens der Bahn bestimmungs gemäss hätten ankommen müssen. Auch hatte die Papierfabrik von dem Aufbau des Schornsteins den Vortheil, dass sie von diesem Zeitpunkt an ihre Dampfanlage besser ausnutzen kann, was nicht der Fall gewesen wäre, wenn die Baufirma wegen Ausführung des Baues von aussen Schwierigkeiten gemacht hätte. Aus diesen Billigkeits-Gründen entscheiden wir, dass die Papierfabrik äusser den von ihr anerkannten 697 M. 50 Pf. noch 120 M., also zusammen 817 M. 50 Pf. für den Bau usw. zahlen muss. Hiervon gehen bereits geleistete 575 M. ab, bleiben 242 M. 50 Pf., durch deren Zahlung sie aller Ver pflichtungen der Baufirma A. gegenüber ledig wird. Die beim Schmied in Y. bestellten Ringe usw. gehen auf Rechnung der Baufirma, und die von der Bahnverwaltung bewilligten 75 M. Entschädigung wegen verspäteter Lieferung bleiben Eigenthum der Baufirma. Beklebte Strohpappe h Einer unserer Kunden, G., bestellte bei uns 6250 kg rohe und Deklebte Strohpappen in 8 verschiedenen Sorten. Anstatt dieser be- mderten 6250 kg hat nun unser Fabrikant 7150 kg, mithin 900 kg mehr herausgebracht, und zwar vertheilen sich die einzelnen Sorten 801 dass auf die eine kein, auf andere wenig, auf noch andere viel Metergewicht entfällt. . Abgesehen davon, dass die Ueberschreitung der aufgegebenen • engen im Allgemeinen die zulässige Grenze nicht übertreffen dürfte, ar bei Sorten 1 und 4 ist das Mehr verhältnissmässig erheblich, kann de unserem Kunden nicht die geringsten Schmerzen bereiten, weil wirselbe eine in gleicher Weise wie oben zusammengesetzte Ladung, sch er uns wiederholt mittheilte, 4 bis 5 mal im Jahr, also durch- f ndnittlich alle drei Monate gebraucht. Wie G. uns nun schreibt, be- M det er sich in dem Glauben, wir hätten die »gegenwärtig so hohen senkt preise« benutzt, um ihm möglichst viel Waare auf den Hals zu danden. Obwohl von einer absichtlichen Mehrlieferung und noch d o aus einem solchen Grunde keine Rede sein kann, wir müssen Uns hq”die 80 hohen Marktpreise« gerade so gut zahlen, hatten wir s tj , ^- gegenüber trotzdem bereit erklärt (um zu zeigen, wie wenig dreihaltig sein Einwand sei), wir wollten einen etwa in den nächsten Monaten eintretenden Preisunterschied selbst tragen, er solle zu! seiner Sicherheit für das gelieferte Mehr von 900 kg einstweilen 20 M. bei der Zahlung einhalten, an noch grösseren Preisabschlag als 2 M. 25 Pf. auf 100 kg dürfte für die nächsten drei Monate selbst der grösste Optimist nicht glauben. G. genoss übrigens als guter Zahler und grösserer Verbraucher die derzeit billigsten Marktpreise. Aber auch hierauf will sich G. nicht einlassen, sondern besteht auf Rück nahme der 900 kg. Unserer Fabrik werden wir natürlich mit einer gleichen Reklamation nicht kommen, da man uns dort — und wohl mit Recht — schön heimleuchten würde. An Zurücknahme ist schon der hohen Fracht wegen (über 3 M. die 100 kg) nicht zu denken, auch würde uns ein anderweitiger Verkauf der besonderen Formate wegen äusserst schwer fallen. Ausserdem sind wir auch der festen Ueberzeugung, dass G. nicht berechtigt ist, uns die 900 kg zur Ver fügung zu stellen, weder aus Rechts- noch aus Billigkeitsgründen. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns Ihre Ansicht hierüber mit- theilen wollten. Grosshändler Nach Handelsbrauch ist unseres Wissens eine gewisse Mehrlieferung auf beklebte Pappen bei eigens angefertigten Grössen und Schweren zulässig, denn der Fabrikant kann nicht auf das Kilo berechnen, wie gross der Ausfall sein wird, er darf auch nicht zu knapp fabriziren, da der Kunde eine Minder lieferung sicher beanstanden würde, und man kann dem Fabri kanten nicht zumuthen etwaige mässige Mehrlieferung von Sonderformaten zu behalten, denn diese sind unverkäuflich. Dasselbe gilt, wenn Sonderanfertigungen beim Grosshändler bestellt werden. Freilich empfiehlt es sich, dass bei Annahme solcher Bestellungen die Mengen - Schwankung durch das Wörtchen »etwa« vorbehalten wird. Aber nach Handelsbrauch ist, wie gesagt, ein mässiger Spielraum auch ohne diesen Vor behalt zulässig. Wir halten in diesem Fall Mehrlieferung bis zu 10 pCt. bei jeder Sorte für zulässig. Demnach müsste der Kunde die Sorten 5, 6 und 8 glatt übernehmen, von den anderen Sorten dürfte er soviel Päcke zurückweisen, dass die übernommene Menge nicht mehr ausmacht als Bestellgewicht + 10 pCt. Auf keinen Fall darf er die Ladung als untrenn bares Ganzes behandeln und 900 kg zurückweisen. Dass in diesem Fall der Grosshändler nicht beabsichtigte aus irgend einer Konjunktur Nutzen zu ziehen, liegt auf der Hand. Es wäre schade wegen dieser Angelegenheit vor Gericht zu gehen, gütlicher Vergleich wird sich zum Nutzen beider Theile leicht erzielen lassen. Arbeitsverhältnisse der Kontorbeamten Verschiedene Firmen, die sich als »Prima« bezeichnen, bemühen sich aus Sparsamkeit, die Gehälter ihrer Angestellten immer tiefer herabzudrücken, umsomehr, als zur Zeit Stellen sehr gesucht sind. Viel Schuld liegt auch daran, dass in solchen Firmen jetzt meist Damen aufgenommen werden, welche nichts gelernt zu haben brauchen, als Stenografie und Schreibmaschine. Weitere Kenntnisse werden hier garnicht verlangt, und dies ist umso trauriger für uns Kaufleute, als wir dadurch schwerer Stellungen finden können. Eine Firma stellte z. B. mich seinerzeit mit einem Monats-An fangsgehalt von 100 M. an, welcher auf 110 M. stieg. Im vorigen Jahre bin ich von dieser Firma weggegangen, am 1. Juni d. Js. kam ich wieder als Aushilfe dorthin und bekam einen Wochenlohn von 20 M. (ausschliesslich Krankengeld). Um wenigstens etwas zu ver dienen, musste ich der Noth gehorchend zugreifen. Leider können wir Kaufleute gegen solches Vorgehen der Ge schäftsherren nicht viel thun, besonders weil derartige Missbräuche auf dem Arbeitsmarkt zu wenig an den öffentlichen Pranger gestellt werden. Die Kollegen schämen sich, derartige gedrückte Arbeitsver hältnisse bekannt zu geben, damit sie sich nicht blamiren und schliess lich äusser Stellung kommen. Die kaufmännischen Vereine müssten viel rücksichtsloser mit solchen Firmen umspringen und dieselben in ihren Listen öffentlich bekannt geben, damit die Kollegen gewarnt wären, bei derartigen Firmen Stellung, anzunehmen. Sie würden gewiss im Interesse aller Kaufleute handeln, wenn Sie das Vorgehen solcher Firmen, ohne Nennung der Firma, im All gemeinen einer öffentlichen Kritik unterziehen wollten. Wo kein an ständiges Gehalt gezahlt, die Arbeitszeit übermässig ausgedehnt wird, und die Behandlung schlecht ist, kann man nicht mit Lust und Freude arbeiten, und sehnt sich nach einer anderen Stellung. Es ist nichts Neues, dass Kaufleute mit einem durch Unterschrift zu verein barenden Abkommen auf 8 Tage probeweise angestellt werden. Da durch ist es der Firma möglich, ihren Angestellten binnen 8 Tagen wieder den Laufpass zu geben. Junger Kaufmann Infolge der Verschiedenheit der menschlichen Anlagen wird es stets Unterschiede in der Behandlung der Angestellten seitens der Firmen geben. Gesetzliche und Tarif-Beschränkungen können die Härten mildern, aber hindern nicht, dass in Zeiten schlechter Geschäftslage das übermässige Arbeits-Angebot Ver schlechterung der Arbeitsbedingungen nach sich zieht. Der Mitbewerb der Frauen wird von jungen Kaufleuten oft