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1876 PAPIER-ZEITUNG Nr. 51 Verein Deutscher Papier-Fabrikanten Fortsetzung zu Nr. 50 4. Aenderung der Zollbchandlung von Zellstoff-Seidenpapier. Die in dem letztjährigen Geschäftsbericht erwähnten Schritte des Vereins auf Herbeiführung einer Aenderung der Zollbehandlung von Zellstoff- Seidenpapier, welches theilweise zu dem für Packpapier normirten, viel billigeren Zollsatz als Packpapier eingeführt worden war, sind leider nicht von dem gewünschten Erfolg begleitet gewesen, da der Bundesrath es ohne Angabe irgend welcher Gründe ablehnte, in der Sache etwas zu thun. 5. Tarifirung des Papiers auf der Eisenbahn. Hierin ist im letzten Geschäftsjahr keine Aenderung eingetreten. Wie im vorjährigen Geschäftsbericht mitgetheilt ist, ist der Antrag des Vereins von dem Ausschuss der Verkehrs-Interessenten angenommen worden, und zwar in der nachfolgenden Fassung: 1. Die Position Papier 1, 2 ucd 3 in Spezialtarif I zu fassen: Papier, nicht weiter verarbeitet (Papier in Kisten verpackt, tarifirt nach allgemeiner Wagenladungsklasse), 2. Die Position Pappe 1 und 2 im Spezialtarif I zu fassen: Pappe aller Art, auch auf einer Seite mit weissem Druck papier beklebt (Pappe, in Kisten verpackt, tarifirt nach der allgemeinen Wagenladungsklasse). Von der Eisenbahntarifkommission wurde der Antrag verworfen und beschlossen, Papiere aller Art, ebenso Pappe aller Art, beide im Falle der Ausfuhr nach Spezialtarif II zu verweisen. Diese Bestimmung ist mit dem 1. Januar 1900 in Kraft getreten. Die in der vorjährigen Generalversammlung beschlossene Reso lution ist dem Ausschuss der Verkehrs-Intere s senten, dem Kgl preuss. Minister der öffentlichen Arbeiten und der ständigen Tarifkommission der Eisenbahnen Deutschlands vorgelegt worden, ohne dass jedoch daraufhin eine Aeusserung einer dieser Stellen erfolgt wäre. Die Resolution lautete wie folgt: Der Verein Deutscher Papierfabrikanten steht nach wie vor auf dem Standpunkt, dass eine möglichste Einheitlichkeit und Vereinfachung der Eisenbahnfrachtsätze für Papier ein unab weisbares Erforderniss und dass eine Verbilligung des Tarifs sowohl für die Fabrikanten der geringen als auch der besseren Papiere eine dringende Nothwendigkeit ist. Er beharrt deshalb bei seiner früheren Stellungnahme und unterstützt den Antrag, den die sächsische Staatseisenbahn in der 67. Sitzung der ständigen Tarifkommission der deutschen Eisenbahnen vom 17. Februar 1899 einbrachte, sowie den vom Verkehrsausschuss gestellten Ergänzungsantrag. Der Antrag lautet: Punkt 1—3 der Position »Papier« des Spezialtarifs I wie folgt zu fassen: »Papiere aller Art nicht weiter verarbeitet, mit Ausnahme von Papier in Kisten.« Der Ergänzungsantrag lautet: Papier, das auf der Oberfläche nachgeleimt, satinirt, durch Aufeinanderkleben mehrerer Bogen hergestellt, beschnitten oder in Bogen oder kleine Rollen zerschnitten ist, gilt nicht als weiter verarbeitet. Ferner wurde an die sämmtlichen deutschen Handelskammern unter Mittheilung der gestellten Anträge die Anfrage gerichtet, ob sie mit dem Vorgehen des Vereins einverstanden seien. Auf diese Anfrage sind 41 Antworten eingegangen. In 36 der selben wird Einverständniss mit dem Vorgehen des Vereins ausge sprochen, darunter von einer Seite eine andere Fassung des Antrags vorgeschlagen, von zwei anderen Seiten gewünscht, dass auch Düten in den Antrag aufgenommen würden, während eine dritte Aeusserung sich gegen den Ergänzungsantrag ausspricht. Die übrigen fünf Ant worten gehen dahin, dass ei ne Kammer die Ansicht ausspricht, dass es dem Antrag an durchschlagenden Motiven fehle, nachdem seit dem 1. Januar 1900 für Papiere zur Ausfuhr eine Detarifirung stattgefunden habe; ei ne andere Kammer erklärt sich bereit, der Sache näher zu treten, sobald die von den Gegnern des Antrags erhobenen Be denken beseitigt seien; ei ne dritte Kammer sieht von einer Stellungnahme ab, weil die Interessen ihres Bezirks nicht berührt seien; di e vierte Kammer sieht von einer Stellungnahme ab, weil die Ansichten über die Frage in ihrem Bezirk getheilt seien; die fünfte Kammer nimmt keine Stellung, sondern theilt lediglich mit, dass die Interessenten ihres Bezirks für den Antrag seien. Der Antrag wurde von der Tarifkommission abgelehnt, in Wirk lichkeit nur deshalb, weil ein westfälischer Papierfabrikant, unter stützt von dem Vertreter einer Handelskammer, Widerspruch erhob und den Glauben bei den Mitgliedern der Tarifkommission zu er wecken wusste, dass durch die Annahme des Antrags die Absatz verhältnisse zu Ungunsten einzelner Papierfabriken, insbesondere der westfalischen, verschoben würden. 6. Tarifirung von Lumpenhalbzeugmasse. Ferner ist der Verein von Seiten der Grossh. Generaldirektion der Staatseisenbahnen in Karls ruhe um Aeusserung über einen der ständigen Taritkommission vor liegenden Antrag, betreffend Tarifirung von Lumpenhalbzeugmasse, befragt worden, der erwähnte Antrag ging dahin, bezüglich der in den Spezialtarif I des deutschen Eisenbahngütertarifs eingereihten Lumpen halbzeugmasse eine Unterscheidung hinsichtlich ihres Wassergehaltes zu machen, und zwar soll Lumpenhalbzeugmasse trocken, d. h. mit einem Wassergehalt von 40 pCt. und weniger im Spezialtarif I ver bleiben, feuchte Lumpenhalbzeugmasse aber, d. h. solche mit einem Wassergehalt von mehr als 40 pCt. in den Spezialtarif II versetzt werden. Zur Begründung dieses Antrages wurde angeführt, dass für den Eisenbahnversand nur geringerwerthige Lumpenhalbzeugmasse aus Baumwollstoffen in Betracht komme, die mit einem Wassergehalt von 50—55 pCt. versandt werden müsse. Eine Verfrachtung auf weitere Entfernung sei mit Rücksicht auf die hohen Frachtkosten und den Wettbewerb, den diese geringerwerthige Lumpenhalbzeugmasse mit dem Holzstoff auszuhalten habe, nicht möglich, zumal letzterer in feuchtem Zustande nach Spezialtarif HI tarifire. Die erbetene Aeusse rung wurde in der Weise abgegeben, dass der Vorstand sich mit dem Antrag und der zu demselben gegebenen Begründung einverstanden erklärte und die Ansicht aussprach, dass feuchte Lumpenhalbzeugmasse zu dem gleichen Frachtsatz befördert werden sollte wie feuchter Holz schliff und Holzzellstoff. 9. Postzeitungstarif. Was den am 1. April d. J. zum Gesetz ge wordenen Post-Zeitungstarif anbetrifft, so sind die im letzten Geschäfts bericht angeführten Beschlüsse der Reichstags-Kommission zu dieser Angelegenheit in der dritten Lesung des Reichstags zwar etwas abge ändert worden, aber keineswegs in dem Maasse, wie es den Interessen der Papier-Industrie entsprochen hätte. Die neue Zeitungsgebühr setzt sich zusammen aus einer Grundgebühr, die 2 Pf. für jeden Monat der Bezugszeit beträgt; dazu kommt die Erscheinungsgebühr von 15 Pf. jährlich für das wöchentlich einmalige Erscheinen und 15 Pf. für jede weitere Ausgabe in der Woche, und schliesslich die Gewichts gebühr 10 Pf. jährlich für jedes Kilogramm des Jahresgewichts unter Bewilligung eines Freigewichts von 1 Kilogramm für soviel Ausgaben, wie sie der Erscheinungsgebühr unterliegen. Die Beförderung von Zeitungen durch expresse Boten bleibt unbeschränkt gestattet. Auch hier ist zu bedauern, dass bei dieser Gesetzesvorlage so wenig Rücksicht auf die deutsche Papier-Industrie, insbesondere die hochentwickelte Druckpapier-Industrie, genommen worden ist, die ohne hin schon aufs schwerste in ihrer Lebensfähigkeit durch die schwedische, norwegische und amerikanische Konkurrenz bedroht ist. Bei den Reichstagsverhandlungen hat sich insbesondere der Reichs tagsabgeordnete Horn aufs Wärmste der Interessen der Papier industrie angenommen. Derselbe hatte beantragt, den Abonnements preis in die Zeitungsgebühr einzuführen und zwar in Höhe von 121/2 pCt. Die Wochengebühr sollte auf 12 und die Gewichtsgebühr auf 5 Pf. festgesetzt werden. Dem genannten Herrn wurde schriftlich der Dank des Vereins mitgetheilt. Fortsetzung folgt Vereinigung für die Zollfragen des Papierfachs Die der »Zentralstelle für Vorbereitung von Handelsver trägen« angegliederte »Vereinigung für die Zollfragen des Papierfaehs« hat soeben eine Denkschrift herausgegeben, welche das »Interesse der Papier - Industrie an der Gestaltung des künftigen Deutschen Zolltarifs« behandelt. Die von dem Ge schäftsführer der Vereinigung, Herrn Referendar a. D. Eugen Hager, Dezernenten der »Centralstelle für Vorbereitung von Handelsvorträgen«, verfasste Schrift stellt sich die Aufgabe, die bisher viel zu wenig gewürdigte wirthschaftliche Bedeutung der deutschen Papier- und Papierverarbeitungs-Industrie ein schliesslich des Kunstdruckgewerbes im Hinblick auf die Auf stellung eines neuen Zolltarifs und die Erneuerung der Handels verträge klarzulegen. Die deutsche Papier-Industrie, die erste der Welt, hat eine durchaus gesunde und kraftvolle Entwick lung genommen. Die Ausfuhr an Rohstoffen und Fabrikaten der Industrie ist seit 1872 von 18,5 auf 105,7 Mill. M. im Jahre 1899, also um mehr als das Fünffache gestiegen; die Einfuhr erhöhte sich während dieser Zeit von 8,8 auf 27,5 Mill. M., also um das Dreifache. Hierzu kommt aber noch das zu hoher Bedeutung gelangte Kunstdruckgewerbe, dessen Ausfuhr (allerdings unter Einschluss der in der Statistik des Reichs nicht getrennten Kupferstiche, Stahlstiche, Holzschnitte) im letzten Jahre 62,2 Mill. M. betrug. Insgesammt ergiebt sich also eine Ausfuhrleistung von nahezu 170 Mill. M. Der Werth der Gesammt-Erzeugung in der Papier- und Papierverarbeitungs industrie wurde für das Jahr 1897 (nur für die fabrikmässig betriebenen Unternehmungen) mit über 550 Mill. M. ermittelt. Das sind gewiss achtunggebietende Erfolge. Gleichwohl besteht in den Kreisen des Papierfachs die Ueberzeugung, dass zwischen der wirthschaftlichen Leistungsfähigkeit dieses Industrie zweigs und den thatsächlichen Absatzgelegenheiten auf dem Weltmarkt infolge künstlicher Erschwerungen (Prohibitivzölle im Ausland u. a.) ein Missverhältniss besteht. Diese Erschwe rungen sind theilweise so schlimmer Art, dass sich in Fach kreisen die Meinung festsetzen konnte, es sei bisher seitens der maassgebenden Stellen (bei Aufstellung des Zolltarifs, bei Abschluss der Handelsverträge usw.) der Entwicklung der Industrie und ihrer Leistungsfähigkeit nicht gebührend Rech nung getragen worden. Anderseits müssen die Interessenten