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1796 PAPIER-ZEITUNG Nr. 48 Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt 2389. Frage: Ich lieferte vor 2 Jahren an einen schweize rischen Fabrikanten einen Wagen Strohkarton, der — weil dünn — auf Rollen geliefert wurde. Wie sich nun bei Angriff der Sendung herausstellte, war diese Waare theilweise sehr fehler haft fabrizirt, einzelne Bogen weisen Löcher auf, andere sind aber ganz gut. Mein Abnehmer machte mir eine diesbezügliche Reklamation, die ich natürlich auch meinem Fabrikanten gegen über machen musste. Dieser erbot sich mir einen Abzug zu machen auf die Partie, die nicht verwendbar ist, auch in dieser Hinsicht habe ich mich mit meinem Abnehmer verständigt. Nun lässt sich aber der Mangel nicht feststellen, bevor die Waare ganz aufgebraucht ist, und inzwischen ist zufällig der Bedarf meines Kunden in .diesem Artikel bedeutend zurück gegangen. Daher kommt es auch, dass die Lieferung bis heute noch nicht aufgebraucht ist, und mir deswegen der Betrag, der als Garantie zurückbehalten wurde, nicht bezahlt wird. Kann ich meinen Schuldner zur Zahlung des Betrages verpflichten, falls ich nachher den Mangel, der jedenfalls nicht sehr gross ist, mit Zins für den dafür vorbezahlten Betrag vergüte, oder bin ich berechtigt, Schadenersatz für die mir alljährlich ent gehenden Zinsen, die 15 Frank per Jahr ausmachen, zu ver langen? Wer muss die Kosten für Untersuchung des Mangels durch Sortiren der Waare tragen? Antwort: Wir kennen die schweizerischen Gesetze nicht. Nach deutschem Recht müsste der Käufer in obigem Fall den Preis der Waare bezahlen, hätte aber das Recht, nach Verbrauch der Waare den Preis des sich ergebenden Ausschusses vom Lieferanten sich erstatten zu lassen, ebenso die Zinsen des zu viel bezahlten Betrages. Grund: Der Lieferant kann nichts dafür, dass der Käufer so wenig verbraucht, daher ist er auch für den durch langsamen Verbrauch entstehenden Verlust nicht verantwortlich. Lieferant hat Anrecht auf Zins-Vergütung des nicht bezahlten Betrages. Da Lieferant die Mangelhaftigkeit der Waare anerkannt hat, so muss er die Kosten der Sortirung tragen. 2390. Frage: Wenn ich franko D. kaufe, geht dann die Sendung auf meine Gefahr oder auf Gefahr des Versenders? Wenn zum Beispiel per Dampfer unterwegs befindliche Waaren nicht versichert sind und Havarie erleiden, habe ich als Empfänger dann den Schaden zu tragen, oder der Absender? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Der Empfänger trägt den Schaden. Versendet nämlich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers den Kaufgegenstand nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat (§ 447 BGB). Aus dem Umstande allein, dass der zur Absendung Verpflichtete die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu ent nehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu geschehen hat, der Erfüllungsort sein soll (§ 269 Abs. 3 BGB). Aus dem Ver merke Franko D. folgt also für Tragung der Gefahr nichts. Da nicht vereinbart ist, dass D. Erfüllungsort sein und der Absender die Gefahr der Beförderung tragen soll, so hatte der Verkäufer nach § 269 Abs. 1 B. G.-B. nur von seinem Wohnorte die Ver sendungspflicht zu erfüllen, und ist mit der Uebergabe der Waare an den Schiffer die Versendungsgefahr auf den Käufer über gegangen. Auch im See verkehre gelten diese Grundsätze. Auch wenn der vorliegende Fall sich vor Januar 1900 zugetragen hatte, würde so zu entscheiden sein. 2391. Frage: Als Absolvent der Realschule mit Reife- zeugniss habe ich vom 18. Lebensjahre an eine 3jährige kauf männische Lehrzeit in einer Spritfabrik bestanden und kon- ditionirte weitere 3 Jahre bis gegenwärtig in einer Papier- und Pappen-Grosshandlung (Spezialität Packpapiere), womit ich mich eingehend vertraut gemacht habe, und die ich hinsichtlich Qualität und Stoffzusammensetzung zu beurtheilen verstehe. Um das Papiermaohen in seiner stufenweisen Aufeinanderfolge kennen zu lernen und in den Besitz von technischen Kennt nissen im Papierfach zu kommen, habe ich die Absicht praktisch in der Papierfabrikation zu arbeiten, oder auch einige Zeit die mechanisch-technische Versuchsanstalt in Charlottenburg zu besuchen. Können Sie mir im gegenwärtigen Alter von 24 Jahren zu diesem Vorhaben rathen? Wieviel Zeit wäre nöthig, um sich abgerundete praktische Kenntnisse anzueignen ? Welcher Zweig der Fabrikation wäre zunächst hierzu geeignet? Zur Be kleidung welches Postens wäre man später im Fabrikbetrieb befähigt? Antwort: Diese Fragen lassen sich nicht beantworten ohne den Fragesteller zu kennen, denn bei der Berufswahl kommt Alles auf die Fähigkeiten, Neigungen und den Charakter an. Wer sich unwiderstehlich zu einem Beruf hingezogen fühlt, wird diesen trotz Abrathens ergreifen oder, falls ihm dies unmöglich, sich zeitlebens unglücklich fühlen. Im Allgemeinen ist man mit 24 Jahren zu alt um ohne technische Vorkenntnisse sich der Papiermacherei zu widmen, denn man müsste die schönsten Lebensjahre ohne Entgelt mit Lernen zubringen, und der dafür in der Ferne winkende Preis ist unsicher. Besser ist es für den Fragesteller, eine kaufmännische Stellung in Papierfabriken anzustreben. Solche Stellen werden bei guten Leistungen gut bezahlt und bieten, besonders in kleineren Fabriken, auch Ge legenheit zur Erwerbung technischer Kenntnisse in der Papier- Herstellung, die durch Studium guter Fachwerke so erweitert werden können, dass dem so Vorgebildeten unter günstigen Umständen die Oberleitung einer Papierfabrik anvertraut werden kann. 2392. Frage: Wie verhalten sich Leistungen und Kraft verbrauch bei Kollergängen mit konischen gegen solche mit zylindrischen Läufern, bei gleichen Dimensionen? Wie stellen sich diesen gegenüber Kollergänge mit hoher Schaale ohne Schaber? Welcher ist der empfehlenswertheste? Antwort: Diese Fragen werden in Nrn. 99 und 103 von 1897 und 2, 3, 18, 21, 23 und 57 von 1898 unter »Kollergang mit hoher Schaale ohne Schaber« sehr ausführlich behandelt. 2393. Frage: Einer meiner Kunden verlangt von mir ein dünnes Schreibpapier, welches ohne Indigopapier pausfähig sein soll. Dieser Kunde behauptet, in Deutschland solches Papier, welches auf ein zweites Papierblatt ohne Indigo-Einlage pausfähig ist, gesehen zu haben. Da ich derartiges nie gehört habe und auch nicht für wahrscheinlich halte, bitte ich Sie, mir diesbezüglich eine kurze Mittheilung zu machen. Antwort: Es ist unmöglich, dass ein Papier blaue Kopien ergebe, ohne dass eine blaue Farbstoff-Schicht mit im Spiel wäre. Ist das Schreibpapier auf einer Seite mit blauer Kopir- schicht gestrichen, so kann es zur Herstellung einer Blaukopie verwendet werden, ohne dass man eine Indigo-Einlage nöthig hätte. Empfehle [118207 ^apierzDalzQn I aus Asbestpapier I die ich bereits seit 1898 liefere E C. 5. Qaubold jr., I Chemnitz, Sachsen E 0000600060860000060006 Verantwortlicher Redakteur Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W9 erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 29. — Papier von Sieler & Vogel, Berlin, Leipzig und Hamburg