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1056 PAPIER-ZEITUNG Nr. 28 Briefkasten Anor yms Anfragen bleiben unberüoksichtigt 2247. Frage: Am 26. Juni v. J. empfing ich von einer Berliner Lichtdruck-Anstalt 3 Postpakete, worin sich angeblich 1000 Stück dreitheilige Ansichtskarten ungefalzt befinden sollten. Diese Karten wurden bei mir gefalzt und an den Käufer weiter gesandt und zwar am selben Tage der Ankunft 1 Postpaket und am folgenden Tage 2 Postpakete, die Sache war sehr eilig, Nachzählen fand nicht statt. Beim Empfang der letzten Sendung (2 Postpakete) reklamirte der Käufer, dass die der Sendung beigefügte Rechnung zu hoch ausgestellt sei, und ersuchte die Kosten für die fotografischen Aufnahmen nicht in Anrechnung zu bringen. Am 5. August dagegen erfolgte eine abermalige Reklamation, dass in der Sendung 115 Stück Karten ge fehlt haben, um deren Nachlieferung Käufer ersucht. Da meines Erachtens eine solche Reklamation nach einem Zeitraum von 6 Wochen von mir nicht mehr berücksichtigt werden konnte, und der Käufer nicht zahlte, so kam es zum Prozess, welcher noch schwebt; Käufer stellte einen Zeugen, welcher beschwor, dass die 3 Pakete nur 785 Stück Postkarten enthielten. Die Karten sind von mir selbst längst bezahlt und auf Anfrage bei der Lichtdruck-Anstalt wurde mir zur Nachricht, dass sie 1000 Stück dreitheilige Postkarten abgesandt hat. Ist der Käufer berechtigt, nach einem Zeitraum von 6 Wochen eine solche Ausstellung zu machen? Mein Rechtsanwalt behauptet, dass der Käufer hierzu auch berechtigt ist, weil die Sendung angeblich einen Mangel an der »Erfüllung« aufweist, was auch nach langer Zeit zu reklamiren berechtigen soll, im Gegensatz zu einem Mangel an der Waare, welche nur bei sofortiger Reklamation anerkannt werden dürfte. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Das bis 1.1. 1900 gütige alte HGB kommt zur Anwendung. Die im Artikel 347 vorgeschriebene sofortige Mängelanzeige bezieht sich nur auf Mängel an bedungenen oder gesetzmässigen Eigenschaften der Waare, nicht auf Quantitätsmängel. (Obertrib. 12. X. 1865, Strieth. 60,208.) Die Rüge fehlender Stückzahl ist daher auch nach 6 Wochen zulässig. Das neue HGB erstreckt zwar im § 378 die Nothwendigkeit unverzüglicher Anzeige auf Quantitätsmängel, macht jedoch eine Ausnahme für den Fall, dass die gelieferte Waare offensichtlich von der Bestellung so erheblich abweicht, dass der Verkäufer die Genehmigung des Käufers als ausgeschlossen betrachten musste. Diese Aus nahme würde hier bei einem Fehl von 211/2 v. H. zutreffen. Dem Fragesteller ist doch vielleicht zu helfen. Nach Art. 345 HGB geht nach Uebergabe der Waare an den Frachtführer (Eisenbahn, Post, Spediteur) die Gefahr auf den Käufer über. Könnte Fragesteller beweisen, dass er 1000 Stück abgesandt habe, so könnte er Zahlung für die abgesandte Menge fordern, auch wenn während der Versendung oder nachher in den Räumen des Käufers 250 Stück abhanden gekommen sind. Zwar hat beim Fragesteller eine Nachzählung nicht stattge funden. Vielleicht aber lässt sich der Nachweis mittelbar führen durch die Leute der Lichtdruck-Anstalt, welche Vollabsendung bekunden, und durch das Personal des Antragstellers, welches sich von der unversehrten äusseren Beschaffenheit der 3 Post pakete überzeugt hat. 2248. Frage: Wir bitten zu begutachten, welche von beiliegenden zwei Proben Zeitungsdruck fester ist. Unser Ge schäftsfreund behauptet, der bedruckte Bogen sei viel fester als der unbedruckte, während wir keinen Unterschied finden können. Antwort: Obwohl das unbedruckte Papier laut Versuch mit Dr. Wursters rothem Reagens etwas weniger Holzschliff enthält als das bedruckte, ist es doch etwas fester, was ent weder von geringerem Erdezusatz (Aschengehalt) oder davon herrührt, dass der zum bedruckten Papier benutzte Holzschliff zäher ist. Der Unterschied ist aber so gering, dass er bei Papier dieser Art keinen Grund zur Annahme-Weigerung bildet. 2249. Frage: Ich habe von A. & B. seit einiger Zeit nat. Cellulose-Papier bezogen. Dasselbe genügte mir stets und war in Güte wie beifolgendes Muster Nr. la; die letzte Lieferung ist meines Erachtens nicht so gut ausgefallen wie die frühere, beifolgendes Muster Ha ist von letzter Lieferung, denn dieses Papier, ich brauche solches zur Düten- und Beutel fabrikation, bricht fortwährend in dem Falz unten am Boden. Nachdem ich meinen Lieferanten die Sendung zur Verfügung gestellt hatte, schickten mir dieselben einen Vertreter zu, der sich Muster der letzten Lieferung mitnahm. Hierauf schrieb mir die Firma, sie könne an den ihr durch den Vertreter über brachten Mustern in Bezug auf Qualität nichts Tadelnswerthes entdecken und müsste vielmehr annehmen, dass das Papier bei mir zu scharf gefaltet würde. Was halten Sie von der Sache? Bin ich berechtigt, die Sendung zur Verfügung zu stellen? Antwort: Muster Ha ist spröder als la und hält infolge dessen das Falten nicht so gut aus. Das Papier der aus Ila gefertigten Beutel ist durch den Bodenfalz so geschwächt, dass es beim Aufrichten der Beutel bricht. Die aus Ila gefertigten Beutel sind unbrauchbar, während die aus I a hergestellten gut sind. Trotzdem ist es fraglich, ob Annahme-Weigerung be rechtigt wäre. Hat Fragesteller nat. Gellulose-Papier bestellt, selbst mit dem Zusatz »wie gehabt«, ohne zu fordern, dass das Papier mindestens so zäh sein muss wie la, so wird das Gericht schwerlich entscheiden, die Lieferung Ila sei musterwidrig, da die Unterschiede durch die unvermeidliche Verschiedenheit der Rohstoffe entschuldbar sind. 2250. Frage: Nach reichsgerichtlichen Entscheidungen dürfen Fotografien für Werke der Industrie, wie z. B. Post karten, auf mechanischem Wege reproduzirt und vervielfältigt werden. Würde wohl eine Mappe mit Städteansichten als Industrie werk angesehen werden können? Geniessen foto mechanische Reproduktionen von Städteansichten, wie z. B. Lichtdruck, denselben Schutz wie Fotografien oder sind die selben frei für die Vervielfältigung, auch wenn der Name des Fotografen unter denselben steht? Antwort: Mappen dürften im Allgemeinen als Werke der Industrie gelten. Lichtdruckbilder von fotografischen Stadt- Ansichten usw. geniessen denselben Schutz wie Fotografien, falls sie den durch § 9 des Gesetzes zum Schutz der Foto grafien vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen. 2251 Frage: Sindwir berechtigt,wegen einer Lieferung grünen Umschlagpapiers auf Preisminderung Anspruch zu machen? Wir übersenden einen mit A bezeichneten Umschlag, wie wir solche bereits seit Jahren geliefert haben, und fügen sodann noch einige andere Bogen bei, in welcher Ausführung die letzte Lieferung von Seiten der Papierfabrik angekommen ist. Wir haben diese Bogen mit B bezeichnet. Sowohl das früher bezogene Papier als auch das jetzt ein gesandte stammt aus ein und derselben Fabrik. Wir haben das Papier immer genau unter derselben Bezeichnung bestellt und faktuirt bekommen und zwar auch zu demselben Preise. Da die letzte Bestellung ausserordentlich eilig war, und der Papierfabrikant uns zudem mit der Lieferung im Stich liess, haben wir bei Ankunft des Papiers dasselbe im Vertrauen darauf, dass die Qualität den früheren Lieferungen entsprechen würde, einer genauen Prüfung nicht unterzogen und haben das Papier sofort verdruckt. Zufolge Reklamation des Bestellers mussten wir die Be rechtigung derselben anerkennen und haben uns damit ein verstanden erklären müssen, per 1000 Formulare eine Gut schrift von 3 M. eintreten zu lassen. Unser Gesammtverlust beziffert sich infolgedessen auf 180 M. Die Papierfabrik lehnt jede Vergütung rundweg ab, wir können uns aber mit einem derartigen Standpunkt keineswegs einverstanden erklären. Wir haben dieser Firma geschrieben, dass wir uns Ihrem sachverständigen Urtheil unterwerfen würden. Antwort: Die Farbe des gelieferten Musters B weicht ziemlich stark von der des Bestellmusters ab, ferner ist B etwas lappiger und weniger glatt als A. Diese Umstände würden zur Preisminderung berechtigen, falls nach Muster A oder »genau wie gehabt« bestellt wurde, jedoch hätte die Be anstandung unverzüglich nach Erhalt der Waare erfolgen sollen. Da dies nicht geschah, die Waare vielmehr weitergegeben und verarbeitet wurde, steht dem Fragesteller dem Lieferanten gegenüber kein Recht auf Preisminderung zu. 2252. Frage: Fällt es unter das Gesetz gegen den un lauteren Wettbewerb, wenn ein Konkurrent Federn, Tinte, Blei stifte unter Vorsetzung seiner Firma, also z. B. X-Tinte, X-Federn usw., ohne dieselben selbst zu fabriziren, in hiesigen Zeitungen empfiehlt? Wird die Kundschaft nicht in den Glauben versetzt, es handle sich um ein eigenes Fabrikat? Was kann man gegen derartige Manöver thun? Antwort: Sobald der Mitbewerber sich nicht als Hersteller der Waaren bezeichnet, kann man ihm nicht an. Es giebt viele Grosshändler, die Waaren ausschliesslich für ihre Firma mit besonderer Bezeichnung, Verpackung usw. herstellen oder ihre Firma auf die Waare drucken, prägen usw. lassen. Dies ist im Handel gebräuchlich und nicht strafbar. Verantwortlicher Redakteur Siegmund Ferenczi, Friedenau. Z/uachritten nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von ▲. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 29. — Papier von Sieler & Vogel, Berlin, Leipzig und Hamburg Hierzu eine Beilage von Gebr. Körting, Körtingsdorf b. Hannover